Schwärmkraft

4,40 Stern(e) 8 Bewertungen

La Noche

Mitglied
Hallo Khalidah,
Klein aber fein. Honigmich ... seufz ... Muss ja ein Wahnsinnstyp sein:D
Das du würde ich vielleicht ganz nach unten ziehen oder ihm einen eigene Zeile geben. Da wo es jetzt steht irritiert es ein bisschen.

Lieber Gruß,
La Noche
 
Hi Khalidah,

schön, mal wieder was von dir zu lesen. Sehr suggestiver Titel.
Mit scheinen die Zeilen noch etwas ausbaufähig. Vielleicht schreibst du auch den Titel - der wirklich Schwer- und Schwärmkraft hat - noch einmal direkt über die Gedichtzeilen.

Herzliche Grüße

Monfou
 

Khalidah

Mitglied
Hallo Monfou, Hallo La Noche,

ja, ich gestehe - dies ist eine Art Entrostungswerk für mich, nach einem langen Monat der Dürre und Zwangsabstinenz. Eigentlich hätte ich mehr über dieses Thema zu sagen gehabt, also "Rohmaterial", was da aber auf mein Papier wanderte, war einfach nicht spruchreif. Mag sein, dass es deswegen ein wenig dünn wirkt - (meintest du das mit "ausbaufähig?" )

Jajaja! Das soll es auch! *klatsch spring hüpf*

DENN *atemhol* was hier irritiert, ist eigentlich das Fehlen eines "bist" (o.ä.). Ohne das "du" wärs sehr unbestimmt, "irgendein Mann, der bla bla". Das fehlende "bist" *schulmeisterlichen ton anstimm*
"könnte somit darauf hinweisen, dass für die Attribute des Lyrischen Du ("der leuchtet / Goldduft verströmt etc.") bzw. den Aufbau letzter (der vielleicht im Inneren des Lyrischen Ich stattfindet) nicht einmal eine klare Zuordnung zum Lyrischen Du notwendig ist (diese würde normalerweise eben durch das Wort "sein" hergestellt werden). Die Attribute existieren fast schon unabhängig von ihm. Darauf könnte auch der Titel hinweisen: die "Schwärmkraft" bewirkt wohl die oben dargelegte Trennung, zwischen der realen Person und..."
Jetzt gerade wurde es mir klar - danke, liebe La Noche ! Oft schreibe ich Dinge und weiß nicht wieso gerade so (und nicht anders). Gut, wenn man dann eine Erklärung (er-)finden kann und sich möglichst wortgewaltig gegen jegliche Kritiker wappnet, z.B. mit einem Eigenzitat *gg*
In Wirklichkeit klang es mir ohne das "bist" einfach rhythmisch besser.

Ein "du" am Ende hätte auch seinen Reiz, durch die Spannung zum "Honigmich", aber dann ginge ja mein ganzes schönes Eigenzitat flöten... *grins*

Ich habe brav betitelt und numeriert. Vielleicht zwingt mich das numerieren dazu, weiter zu basteln.
(Ich meine, wenn ein Film, mit dem Titel "Titanic - the Movie I" rausgebracht wird, müsste eigentlich auch ein Teil II folgen...falls nicht, gäbe es bestimmt großes Aufsehen...irgendwann... :D )

Und da ich durch Eure Anregung mir selbst erklären konnte, was "Schwärmkraft" tatsächlich bedeutet, kann ich mich wagemutig an die Teile II-LVI machen. Nicht weitersagen: bei der Titelsuche dachte ich nur an den Tropfen Honig in der Milch, wie er auf den Boden der Tasse wandert (Schwerkraft). Und natürlich an den Wahnsinnshonigkerl... *achja seufz schnüff hechel seufz* :D


Lieben Gruß Euch

Khali
 

Khalidah

Mitglied
Schwärmkraft III

der ruht als ufer
in gezeitenwende
als mond
die see in aufruhr treibt

schleicht ein sich in austern
und willst du kommen
schenke ich dir gestalt
hülle dich in
seide
sei






Nummer II folgt dereinst...
 

La Noche

Mitglied
Der ist perfekt. Also deine Schöpfung:D
Nein, im Ernst: Nummer III ist eine wunderbare Mischung aus Erotik und dem Geheimnisvollen. Gezeitenwende ist ein schönes Wort.
Bin begeistert.

Lieber Gruß,
La Noche
 
Liebe Khalidah,

für die Schwärmkraft III kann ich nur kräftig schwärmen. Sehr stimmig. Allerdings geh ich dir nicht so leicht auf dem Leim, der Begriff "Gezeitenwende" ist akzeptiert, aber für mich ein etwas verbrauchter "Lyrismus". Es gibt sogar ganze Lyrik-Anthologien, die so heißen. Aber das nur am Rande, ich kann das Gedicht mit hohem Genuss lesen. Und bitte, bring uns die Schwärmkraft II. Oder eine Schwärmkraft XXL?

Viele Grüße

Monfou
 

Khalidah

Mitglied
Schwärmkraft V

Lässt die flügel hängen
mein vogelleib
heute
streift durch unsere
durch unsere wälder
wälder

Aber ich
bei den wäldern
bei den wäldern
eines tages
erkenne dich

Fang frei
im flug mich
durch meinen vogelleib
durch meinen vogelleib

Wohl angerichtet
verkohlte taube
beiß mich
da

Aber ich
bei meinem vogelleib
bei meinem vogelleib
vieler dunkel
bin



_____________________

Lieber Monfou,
nein, die Gezeitenwende ist nicht meine Schöpfung - aber dennoch ein (zugegeben abgegriffenes) Wort, welches ein faszinierendes Phänomen beschreibt und genau, was ich da brauchte und meinte. Um meinen Lyrikschamanin-die-in-den-Horizont-blickt-und-weise-Dinge-sagt-Ton anzuschlagen *gg* : "Ja, es ist ein schöne, abgegriffenes Wort, das etwas bezeichnet, das ebenso schön und abgegriffen ist - denn damals war es eine abgegriffene Schönheit und eine ebensolche Zeit, jedes Wort das du sprichst, spricht für sich - von dir..."

Soll heißen: Jepp, den technischen Fehler, mich als Selbstversorger in Punkto Metaphern im Ton vergriffen zu haben, lass ich mir ankreiden.
Andererseits war ich mir der obigen Verbraucht-Oder-Nicht-Zusammenhänge nicht so sehr bewußt wie meine Schweifende Lyrikschamanin und es war halt so, dass ich eine Gezeitenwende wollte. Auch wenn das jetzt stark nach dem typischen "Oh-Ich-Erhabener-Genialistischer-Dichterfürst-Weiß-Doch-Was-Ich-Tue"- Rausgerede bei Kritik nach einfach schlechten Texten klingt...wir wissen alle: ich bin keiner von denen (Erhabene Genialistische usw.)
Was sagt meine Wortwahl dann aber aus - über mich ??? :eek

(Jetzt bin ich aber wieder ins Schwafeln gekommen...dabei wollte ich doch nur noch das posten: )

Die geraden Zahlen wollen einfach nicht kommen, fragt nicht warum...

Lieben Gruß

Khali
 

Khalidah

Mitglied
Schwärmkraft II

Schwärmkraft II

Dich pries ich
an zu lieben
Dir flocht ich
als Speise mich in die See
Dein Mund ist
aus meiner Hand
Stets ein' Biss Du
hab ich
knietief in mir

Ein Schön
ihr
mein Herzenshoher

An euch
hab ich mich
festgesagt
 
Liebe Khalidah,

ich schwärme von deiner Schwärmkraft II. Für mich mit das stärkste Gedicht. Ich habe schon etwas Abstand genommen, sonst hätte ich zu viel geschwärmt Wie du das schaffst! Ich gestehe: Deine Gedichte vereinen Sprachkraft, Originalität und zauberhafte Raffinesse. Dazu eine Sicherheit im Umgang mit den eigentlichen Möglichkeiten des Dichtens. Ich weiß nicht, wo du es hernimmst. Aber es ist da. Hast du schon einmal ordentlich gesammelt? Bleibe dran, bleibe dran. Ich maile dir mal in dieser Angelegenheit. Dieser kleine Zyklus Schwärmkraft (Es könnte doch eine kleine Sammlung werden, oder?) ist mit nichts aufzuwiegen.

Liebe Grüße
Monfou

PS:

Orthografisch könntest du eventuell hier und da dem Leser das Lesen erleichtern. Ich würde den Akkusativ (einen Biss) ausschreiben. Rhythmisch ist das doch möglich, ja sogar einwandfrei und sehr gut, wenn man sich darauf einlässt. Sonst bin ich mir noch etwas unsicher mit den großen Anfangsbuchstaben am Beginn mancher Zeilen. Die Anrede an sich würde ich klein schreiben, aber du schreibst „Dir“ und „Dein“ groß, weil du offensichtlich einen neuen Satz siehst, aber weil man das nicht sogleich versteht, ist auch der „Biss Du“ zunächst schwerer zu begreifen, also die Großschreibung signalisiert hier nicht sogleich, dass der Sonderfall einer Substantivierung vorliegt. Ich setze das Gedicht einmal mit den formalen Vorschlägen hier her. Ich weiß jetzt – offline – nicht genau, wie du sonst Zeichensetzung und Großschreibung handhabst. Oder nimm statt der von mir gesetzten Punkte Leerzeilen. Danach kann man dann wie bei einem Strophenbeginn großschreiben.

Schwärmkraft II

Dich pries ich
an zu lieben
dir flocht ich
als Speise mich in die See (. oder Leerzeile?)
Dein Mund ist
aus meiner Hand
stets einen Biss Du
hab ich
knietief in mir (.??)

Ein Schön
ihr
mein Herzenshoher

an euch
hab ich mich
festgesagt (.??)
 

Khalidah

Mitglied
Schwärmkraft II

Dich pries ich
an zu lieben.
Dir flocht ich
als Speise mich in die See.
Dein Mund ist
aus meiner Hand.
Stets einen Biss Du
hab ich
knietief in mir.

[alternativ:
Dich pries ich
an zu lieben(.)

Dir flocht ich
als Speise mich in die See(.)

Dein Mund ist
aus meiner Hand(.)

Stets einen Biss Du
hab ich
knietief in mir(.)
]

Ein Schön
ihr
mein Herzenshoher

an euch
hab ich mich
festgesagt.


Lieber Monfou,

du lässt mich ja ganz vollständig erröten...:D

Zu deinen Vorschlägen: Mit Interpunktion, Großschreibung etc. bin ich in letzter Zeit peinlicherweise ziemlich inkonsequent bis nachlässig geworden. Meistens mache ich von Fall zu Fall das, was gerade am besten aussieht oder mir in den Kram passt.

Ich habe mal zwei Alternativen des ersten Teils reingestellt: eine, bei der ich die einzelnen Sätze mit Punkten abtrenne,
und eine zweite, bei der es im ganzen Gedicht nur einen Schlußpunkt gibt und der erste Teil durch Leerzeilen gegliedert ist.
Aber ich finde fast, dass die Variante mit den Punkten die Sätze besser von einander abtrennt - man könnte natürlich auch Leerzeile UND Punkte bringen *einfüg*...ist eigentlich auch ganz gut. Betont fast noch mehr die 4-Fall-Struktur und gefällt mir langsam von den drei Möglichkeiten am besten.
Den Akkusativ habe ich glatt übernommen.

Am Sammeln bin ich schon recht fleißig, ich bauche nur noch einen IVer.

Lieben Gruß
von
Khali
 

Khalidah

Mitglied
IV


wie wandelst du?

mein schwarm
ist eine knospe
aus schwarzem samt
und federn

der wind
trägt mich aus
dorthin wo mein kopf mündet

der lauf
bewegt die wolken
und berge
wie straßenstaub

all das nimmt der wind

mein schwarm
wird eine blüte
aus luft
und schwarzen federn

fliegt auf
heim in mich
dorthin wo der wind uns hält

vogelfreiheit

wie wandelst du?
 

Khalidah

Mitglied
Zusammenfassung

Hier nochmal alles in Reihenfolge:


I

ein Mann du
der leuchtet
Goldduft verströmt
süßt Trübe als Tropfen
schafft am Boden
Honigmich


II

Dich pries ich
an zu lieben.

Dir flocht ich
als Speise mich in die See.

Dein Mund ist
aus meiner Hand.

Stets einen Biss Du
hab ich
knietief in mir.

Ein Schön
ihr
mein Herzenshoher

an euch
hab ich mich
festgesagt.


III

der ruht als ufer
in gezeitenwende
als mond
die see in aufruhr treibt

schleicht ein sich in austern
und willst du kommen
schenke ich dir gestalt
hülle dich in
seide
sei

IV

wie wandelst du?

mein schwarm
ist eine knospe
aus schwarzem samt
und federn

der wind
trägt mich aus
dorthin wo mein kopf mündet

der lauf
bewegt die wolken
und berge
wie straßenstaub

all das nimmt der wind

mein schwarm
wird eine blüte
aus luft
und schwarzen federn

fliegt auf
heim in mich
dorthin wo der wind uns hält

vogelfreiheit

wie wandelst du?



V

Lässt die flügel hängen
mein vogelleib
heute
streift durch unsere
durch unsere wälder
wälder

Aber ich
bei den wäldern
bei den wäldern
eines tages
erkenne dich

Fang frei
im flug mich
durch meinen vogelleib
durch meinen vogelleib

Wohl angerichtet
verkohlte taube
beiß mich
da

Aber ich
bei meinem vogelleib
bei meinem vogelleib
vieler dunkel
bin
 
IV

Hier mein Kommentar, der schon seit gestern offline schlummert, natürlich über die Schwärmkraft IV (Wie wandelst du):

Liebe Khadilah,

dir ist wieder ein exzellentes Gedicht gelungen. Eine Strophe wie

der wind
trägt mich aus
dorthin wo mein kopf mündet


ist Lyrik. Da kann man nichts machen. Eine der schönsten Zeilen, die ich seit langem gelesen habe.

Je weiter man das Gedicht liest, um so mehr gewinnt es. Der "schwarze Samt" am Anfang könnte im Vergleich zu deiner sonstigen Verdichtung allerdings zu wenig individuell sein. Das Thema Feder und schwarz wird ja am Gedichtende wieder aufgegriffen. (Mit "schwarzen Federn" habe ich keinerlei Probleme.)

Noch ein Gedanke: Man könnte überlegen, den (Unter)Titel "Wie wandelst du?" zu streichen, aber das "Wie wandelst du?" als letzte Zeile beizubehalten. Die Wiederholung von Titel als letzte Zeile ist zwar durchaus beliebt und oft sehr schön, hier glaube ich, wäre der Effekt vielleicht besser, wenn dieser Satz mit dem "Wandeln" so unverhoft kommt, als bekäme jemand im tristetesten Novemberregen eine Rose auf der Straße überreicht. Es blitzt da eine versunkene Sphäre auf in diesem Wandeln. Ganz am Ende.

Du nennst deine Gedichte Schwärmkraft. Die Stärke liegt in dem Wort. Es ist ein spracheliches, dichterisches Versprechen, denn es vereint Gefühl, Spiel und Lust auf ganz innige und souveräne Weise.

Beim wiederholten Lesen bin ich mir nicht mehr so sicher, ob man den Wie-wandelst-du-Titel streichen sollte. Sorry, das musst du entscheiden.

Liebe Grüße. Ich hoffe, das Thema ist doch noch nicht erschöpft!
Monfou
 
H

Holger

Gast
Liebe Khalida,
Monfou hat mich auf Deinen Thread aufmerksam gemacht.
Ich habs mehrfach gelesen und mich gefragt, was ich dazu zu sagen hätte. In diese persönliche Tiefe ist schwer vorzudringen. Natürlich bleibt hier im schnellen Forum dem Leser oft nur der Überflug und da begeisterst Du mit Wortideen. Genau deshalb bin ich durchgewandert und habe noch Fragen.

Zu II

Warum wandelt sich das Du zum Euch. Soll das die Versinnbildlichung für Adelung sein, jemanden erhöhen, auch einen Sockel setzen. Das erscheint mir unmotiviert und ist für mich als Leser nicht nachvollziehbar.
Der dritte Vers: Ist sein Mund aus deiner Hand oder isst sein Mund aus deiner Hand. Die Speise, der Biss assoziieren letzteres. In dem Falle wäre es mir aber fast zu profan. Noch etwas passiert: Im zweiten Vers, wie auch später mehrfach, beginnst Du den Satzbau umzubrechen und ich weiß nicht warum
Dir flocht ich (mich)
als Speise [strike]mich[/strike] in die See.

Es wird dadurch nicht lyrischer. Im Gegenteil, es behindert den Eigenrhythmus.
Ich kann mich nicht zu einem Entschluss durchringen, was eigentlich beschrieben wird. (Ein Mann, ein Strand?) Dazu versteigen sich die Bilder zu sehr, anstatt im selben Kontext zu bleiben. Was sich im ersten Moment interessant liest, muss noch nicht erschließbar sein.

Ich preise dich
Ich flechte dir
Dein Mund ist
Ich habe einen Biss ...
....
ich hab mich festgenagt.
(Außerdem: Die Verse fallen aus der Gegenwart in die Vergangenheit – bzw. Perfektform – zurück)

Der fünfte Vers fällt vollends aus dem Zusammenhang.
Jeder Vers hat ein Verb, der nicht. Das ist reduziert um des Redzierens Willen.
So bleibt es eigentlich nur ein Bildgefüge, in dem nur die Verse 2,3 und 4 in einem Zusammenhang stehen.

Zu III

Warum ist hier nun alles kleingeschrieben. Wieder sind zwei poetische Personen im Text. Der und Du. Wer ist Der? Nun kann ich nur vermuten, wie Du „Der“ und „Du“ personifizieren möchtest. Sonst würde mir das Bild der Auster nicht schlüssig. Gezeitenwende und Mond stellst Du ohne Artikel in den Text, was mir schon wieder zu viel wäre. Wen es heißen sollte:

der ruht als ufer
in der gezeitenwende
als mond


dann stünde die letzte Zeile wieder verdreht, ohne dass es eine Funktion hat.
Ebenso die fünfte Zeile. Warum ist der Absatz nach der vierten und nicht nach der fünften Zeile. Dort erfolgt die Zäsur zwischen DER und DU
Die Aufforderung „sei“ am Ende ist fast zu minimalistisch. Ich kann mir aber vorstellen, dass dir das Buchstabenspiel von Seide und sei untereinander gefällt.

Zu IV

Endlich eine klare Aufteilung der Beteiligungen. Das Wort Schwarm allerdings kann hinsichtlich seiner Doppeldeutigkeit eher Probleme machen (ob nun Schwarm oder Schwärmen). Hier bist Du unpräzise. Das Schwärmen rückt sich zu sehr in Mittelpunkt. Hier geht es doch um Entwicklung, um Veränderung. Das möchtest Du vom „Du“ in deinem Text wissen und stellst aber keine Beziehung zu ihm her. Du schilderst nur deine Metamorphose. Da wirkt mir der Rahmen „wie wandelst du“ als etwas zu gewollt.

Zu V

Ganz ehrlich: Der letzte Text greift nicht mehr nach mir.
Er ist mehr Form als Inhalt. Er ist zwar um ein Ende bemüht. Aber die Dopplungen wollen mir kein poetisches Instrument zur inhaltlichen Tiefe werden.
Vielleicht auch, weil Du im Verlauf der Gedichte Dein Selbst in einer Art wechselt, die ein Schließen des Bogens nicht zulässt. Mir hätte eine gewisse Homogenität gefallen, die wieder auf den Ausgangstext zurück kommt.

Abschließend noch ein großes Lob, das ehrlich gemeint und notwendig ist.
Du hast Deine Arbeit mit einem hohen Anspruch versehen. Man merkt ihr an, dass sie nicht heruntergeschrieben ist. Du kämpfst um Qualität. Ich kann auch nicht ausschließen, dass ich im Regen stehen bleiben werde. Es ist ja nicht zwingend erforderlich, dass ich jeden Deiner Texte bis ins letzte ergründen kann.
Vielleicht kannst Du mich noch etwas an die Hand nehmen.
Vielleicht kannst Du dem letzten Text noch ein Aha-Erlebnis abringen.

Du hebst Dich wohltuend ab, von den Zyklenschreibern hier in der LL. (Erotisches Heilen Nr. sowieso), wo das Thema zur Massenware wird. Klar ist eines:
Es ist nichts zum schnellen Lesen. Es verlangt Beschäftigung.
Das ist es, was ich von Lyrik erwarte.

Beste Grüße
Holger
 

Khalidah

Mitglied
Lieber Holger,

danke für deinen Kommentar und sorry für meine verspätete Antwort. Ich wollte mir erst Zeit nehmen und war dann dank meines Internetanbieters und diversen Umstellungsproblemen längere Zeit offline. Eines der letzten Dinge, die ich möchte, ist Leute bzw. Leser im Regen stehen zu lassen.

Zu II

Warum wandelt sich das Du zum Euch. Soll das die Versinnbildlichung für Adelung sein, jemanden erhöhen, auch einen Sockel setzen.
Ja, genau diese Erhöhung ist gemeint. Der weitere, ebenso gemeinte Aspekt ist, dass das "Euch" (auch als Erhöhungsanrede) sowohl Plural als auch Singular sein kann. Es stellt sich somit auch die Frage, ob die "du" "dich" "dein" usw. immer an die selbe Person gerichtet sind. Das Thema der Erhöhung ist in "Schwärmkraft" wichtig, auch das Unpersönliche/das spezifisch Persönliche als Gegensatz und die Beziehung des "schwärmenden" Lyrischen Ich zu seinem Gegenüber, Attribute anheften - und sie wieder entfernen.
Ich weiß nicht, ob das in SK I schon so herauskommt, auf jeden Fall soll II genau das thematisieren bzw. diese Aspekte in den Raum stellen.

Der dritte Vers: Ist sein Mund aus deiner Hand oder isst sein Mund aus deiner Hand.
Der Mund ist aus meiner Hand - das ist kein Tippfehler. Das Lyrische Ich hat ihn also erschaffen, oder das angeredete "Du" besteht eigentlich nur aus dem Ich.

Wenn hier irgendwie das "Fressen" anklingt, ist es also nicht meine Schuld *summsumm pfeif* ... naja, zugegeben - das gewohnte "aus der Hand fressen" kam mir glücklicherweise gelegen, weil es perfekt in die Aussage passt.

Dir flocht ich (mich)
als Speise mich in die See.


Es wird dadurch nicht lyrischer.
Nein, es soll dadurch auch nicht lyrischer werden! *gott behüte* ;)

Dich pries ich [Imperfekt]
Dir flocht ich [Imperfekt]
Dein Mund ist [Präsens]
Einen Biss Du Habe ich [Präsens]
...habe mich festgesagt. [Perfekt]

Das mich steht an dieser Stelle, weil ich das "mich" rauszögern (glaube ich zumindest) und die Struktur mit den vier Fälle betonen wollte. Mit dem Dich/Dir/Dein so betont am Anfang wird es zudem wahrscheinlicher, dass es verschiedene Personen sind, die angesprochen werden (ich beabsichtige eine 50/50 - Chance zwischen Einer und mehreren Personen) - darauf zurück bezieht sich dann das "Euch" im letzten Vers.

Man könnte (!) nun sagen, dass der erste Vers mit dem preisen/anpreisen als Erhöhung/Werbung in Verbindung mit der Erhöhung im letzten steht. Als Verb könnte man ein "seid" einsetzen, wenn man es nicht als schöne Ellipse abtun will - oder aber es stellt sich die Frage, warum das Gegenüber nicht explizit handelt/ist. Ich habe eben wegen o.g. Themen das "ist" vermieden (auch in I) - gerade weil es nicht sicher ist, ob das Gegenüber tatsächlich ein eigenständig seiendes Subjekt ist, oder ob es nicht nur die Attribute sind, die sich selbständig gemacht haben.
Das "Du" in Vers 4 ist allerdings schon eine leichte Auflösung der Strukur.
Das mein Bildgefüge in II nur von sehr dünnen (roten) Fäden zusammengehalten wird, gebe ich gerne zu - ich hatte auch schon mal stimmigere und glatter fließende Bilder.

Zu III

Warum ist hier nun alles kleingeschrieben.
Vermutlich reine Willkür. Es sah für das IIIer einfach besser aus.

Hier soll die Trennung zwischen den "[einer,]Der" - Attributen und dem echten, lebendigen, persönlichen "Du" angedeutet werden.
Ich meine, ich hätte (in einem anderen Forum) den Absatz auf einen Vorschlag hin nach der fünften Zeile angesetzt. Vermutlich habe ich es hier nur nicht aktualisiert.

Die Aufforderung „sei“ am Ende ist fast zu minimalistisch. Ich kann mir aber vorstellen, dass dir das Buchstabenspiel von Seide und sei untereinander gefällt.
Einerseits das, andererseits rührt es wieder an das zentrale Thema: wenn ich schon sage, "Sei!" - bist du dann eigentlich??

Zu IV

Nachdem ich mein Gegenüber zuvor schon so oft beschrieben und mit Attributen und Bilder überhäuft habe, ist es doch eher eine direktere Anrede als je zuvor (in SK). Mein Lyrisches Ich spricht hier meiner Meinung nach mehr mit dem Du als in den Teilen zuvor. Es beschreibt seine eigene Metamorphose, das auf jeden Fall - aber es FRAGT nach der des "Du". Eine Frage erwartet eine Antwort und setzt eigentlich ein lebendiges, mündiges Du voraus, es ist nun nicht mehr so, dass das "Du" nur ein Bild des Lyrischen Ich ist. Eben im Rahmen der Frage zeigt das Ich seine Wandlung und wartet auf ein Echo. Und es fragt, weil es nicht weiß und nicht wissen kann, es sei denn, durch die Antwort des Du.
Die Doppeldeutigkeit von "Schwarm" (ob Vogel- oder Angebeteter) ist etwas, was mich beschäftigt (hat).
Hier muss ich mich leider, wie auch bei V, daraus rausreden, dass es "aus persönlichen Gründen sein musste".
Der Vogel ist für mein Lyrisches Ich ein Alter Ego, die zweite Erscheinungsform. Der Schwarm, der zum Vogelschwarm wird ist vielleicht eine Art Flucht/Loslösung von dem erhöhten "Du".

Zu V

Ach ja, der berüchtigte V-er...für den habe ich schon Lob und Schläge eingesteckt. Mit der Form habe ich hier experimentiert, ich wollte...vielleicht neue Pfade.
Die Wiederholungen sind zum Teil Echo, zum Teil Anrufung. (Ich kann z.B. BEI Odin sitzen oder BEI Odin schwören)´Es endet alles ganz anders, als es begann - es gelang mir wirklich nicht, den Bogen zu schließen und alles abzurunden, ich hätte mich inhaltlich wiederholen müssen und es war alles übrige schon gesagt.
Hier bezieht sich das lyrische Ich fast ausschließlich auf sich, das "Du" wird nur gestreift angesprochen.


Danke übrigens für das Lob - die Beschäftigung ist ganz meinerseits :)

Lieben Gruß

Khalidah

(hat jetzt einen ganz fusseligen Mund)
 



 
Oben Unten