Schwammtaucher Nikos

Martin

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Schwammtaucher Nikos

Lange hatte der Junge diesem Moment entgegengefiebert, und nun war es endlich soweit. Im Morgengrauen machte er sich zusammen mit Stefanos bereit zum Hinuntergehen. Er zog sich warme Wollsachen an und setzte seine blaue Wollmütze auf. Nachdem Kapitän Manolis ihm in den weitgeschnittenen Anzug aus doppeltem Baumwollzeug und einer Zwischenlage Gummi geholfen hatte, stieg der Junge in die klobigen Bleischuhe, und dann ließ er sich von Alexander den kupferglänzenden Brustpanzer überstülpen. Der Panzer war breitschultrig und kalt und schwer, und er sah herrlich aus, wenn man ihn angelegt hatte und dann von oben an sich hinterschaute. Jetzt bin ich ein Ritter, dachte der Junge, das große Tauchermesser mit seinem Bronzeköcher in den Händen wiegend, und das ist mein Schwert.
Der gewaltige Gürtel, an dem weitere Gewichte hingen, wog so viel, daß er den Jungen fast in die Knie zwang. Manolis lächelte mitleidig, aber der Junge versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Mit zusammengekniffenen Augen knotete er sich die Signalleine um den Bauch, und als er fertig war, setzte ihm Alexander den schweren kugelrunden Taucherhelm mit seinen vier kleinen Bullaugen auf.
Das Kupferblech, aus dem der Helm gehämmert war, war von vielen Jahren harter Arbeit narbig und verschrammt, aber Manolis hatte es immer wieder poliert, und so blitzte es in der Morgensonne. Im Inneren des bauchigen Gehäuses roch es nach Teer, nach Kautschuk und säuerlich-herb nach blankem Metall.
"Alles in Ordnung?" Manolis schob sein Gesicht an das offene Bullauge.
Der Junge nickte. Sein Gesicht war schmaläugig und konzentriert.
"Üb' erst einmal ein bißchen das Herumlaufen auf dem Grund und guck' dich in Ruhe um. Paß' auf deinen Schlauch auf, und sei vorsichtig mit dem Ablaßventil."
"Ja."
"Wenn du mehr Luft brauchst, ziehst du dreimal an der Leine."
"Ja."
"Und bleib' immer in der Nähe von Stefanos. Er wird dir zeigen, wo gute Schwämme wachsen, wie man sie löst und welche sich lohnen."
Stefanos war der zweite Junge auf dem Boot, mit seinen achtzehn Jahren war er zwei Jahre älter und stand einige Schritte entfernt auf dem Deck. Auch er trug bereits seinen Taucheranzug. Übermütig grinsend beobachtete er den Jungen über den ringförmigen Kragen des Brustschilds hinweg, den Helm lässig unter den Arm geklemmt. Der Junge nickte ihm zu, und Stefanos blinzelte zurück. Er war stämmig und vierschrötig, aber er hatte freundliche Augen, und über seiner Stirn guckten ein paar Strähnen seines dicken schwarzen Haarschopfs unter dem Rand der Wollmütze hervor, die er wie alle Schwammfischer auf dem Kopf trug.
Wenig später sanken sie in die Tiefe hinab. Es wurde immer ein bißchen dunkler und ein bißchen kälter, und dann setzten ihre schweren Stiefel auf dem Boden auf. Sie standen inmitten einer abschüssigen, sandigen Fläche. An der Leine ruckte es zweimal. Manolis wollte wissen, ob alles in Ordnung war. Zur Antwort zog der Junge ebenfalls zweimal. "Alles in Ordnung", bedeutete das.
Er begann, in seinen Taucherschuhen über den Grund zu laufen. Mühsam versuchte er, mit Stefanos Schritt zu halten, der leichtfüßig und mit schimmerndem Helm voranhüpfte, die Arme ausgestreckt, die Forke zum Ablösen der Schwämme in der rechten Hand haltend und immer wieder einen kurzen Blasenschwall ausstoßend.
Aufgekratzt blickte der Junge durch die kleinen Fenster umher. Es war eine eigenartige, neue Welt, in der er in den nächsten Wochen, Monaten und vielleicht auch Jahren arbeiten würde. Er war am Meer aufgewachsen, war oft geschwommen und getaucht, solange sein Atem reichte. Aber so wie jetzt hatte er das Meer noch nie erlebt. Es war herrlich, nicht ans Auftauchen denken zu müssen und alles in Ruhe ansehen zu können. Er wußte nicht, wohin er zuerst schauen sollte: zu den hoch über ihm glitzernden Wellen, in denen sich der schwarze Bootsrumpf und der helle Fleck der Sonne abzeichneten oder zu den wandernden Schattenlinien, die die Wellen auf das Riffelmuster des Sandbodens zeichneten. Zu den Krabben auf dem Boden, zu den kleinen silbrigen Fischen, die überall umherhuschten, oder zu den grünen Tangpflanzen, die sich um die herumliegenden Steinbrocken rankten. Zum rostigen Anker der "Kouros", der sich etwas tiefer am Abhang mit einer der beiden Spitzen in den Boden gegraben hatte und an dessen grober, schräg nach oben zeigender Kette ein paar Tangfetzen hängen geblieben waren. Oder einfach geradeaus, wo sich der Blick in einiger Entfernung wie in einer bläulichen Nebelwand verlor. Wie weit konnte man hier wohl gucken? Bestimmt fünfzehn, zwanzig Meter, dachte der Junge.
Inzwischen war Stefanos stehengeblieben und drehte sich langsam um. Er hob seine Hand und winkte den Jungen heran. Mit seiner Brechstange zeigte er auf eine Unzahl von schwarzen Knollen, die nebeneinander auf dem Boden wuchsen. So sahen also die Schwammkolonien aus. Stefanos griff mit seiner großen Hand nach dem Arm des Jungen und zog ihn dicht an sich heran, bis der Junge durch das Wasser hindurch gedämpft seine Stimme hören konnte:
"Das sind noch keine schönen Schwämme", rief er ihm zu, "aber da hinten, am Anker, da wird es tiefer. Da sind sicher größere." Seine braunen Augen funkelten unter dem Kupferhelm. Stefanos war in seinem Element, in seinem Grienen lag eine Mischung aus robuster Abenteuerlust und verschmitzter Gutmütigkeit. Erneut zwinkerten sie sich zu. Sie mochten sich.
Der Boden war sanft abschüssig, und je weiter sie hinunterstapften, um so mehr Schwämme wuchsen rund um sie herum. Stefanos zeigte dem Jungen, wie man die Schwämme mit der Forke aus dem Boden lösen und in den Sammelkorb befördern mußte. Im Nu war der Korb voll. Manolis zog ihn an der Leine nach oben auf das Boot und ließ ihn wenig später leer wieder hinunter.
Während er arbeitete, verlor der Junge das Zeitgefühl. Er spürte auch seine Rüstung nicht mehr, war bald mit ihr verwachsen, als habe sie schon immer zu ihm gehört. Ab und zu drückte er seine Wange gegen den kalten Messingknauf des Ablaßventils und genoß das laute Gurgeln, mit dem der überschüssige Druck aus dem Anzug entwich, um dann in einer herrlich glitzernden Blasenwolke hinaufzusteigen. Sonst hörte er nur das leise Glucksen des Wassers um sich herum, das stoßweise Zischen der Luft, die hinter seinem Nacken in den Helm strömte, und seinen eigenen Atem, der sich am Glas des Bullauges niederschlug.
Irgendwann hielt er kurz inne und sah zurück auf die Fläche, die sie schon abgeerntet hatten. "Nikos", kratzte er mit dem Stiel der Forke in großen Lettern in den Sand. Daneben malte er sein Erkennungszeichen, einen Seestern mit fünf etwas verschieden langen Zacken, den er sonst mit seinem Taschenmesser überall hineinritzte, wo er gerade war: in die Tische der Schule, die er gerade verlassen hatte, in die Rinde von Bäumen, in die hölzernen Sitzbänke von Kirche und Fährboot.
Die Messingkappe seines Stiefels stieß gegen etwas Hartes, Glattes im Sandboden. Neugierig trat der Junge ein, zwei Schritt zurück, um den Gegenstand durch das Bullauge sehen zu können. Irgendetwas schimmerte matt. Er kniete sich hin und grub es mit seinen Händen aus dem kleinen Sandhügel, der sich darum herum abgesetzt hatte. Es war eine Weinflasche aus dickem weißen Glas, die noch mit einem Korken verschlossen war. Er hielt sie gegen das Licht und sah, daß sie halb mit Sand aufgefüllt war. Außerdem war ein zusammengerollter Zettel darin.
Eine Flaschenpost, dachte er, aber eigentlich konnte es nicht sein. Wer füllte schon Sand in eine Flaschenpost, so daß sie nicht mehr schwamm? Egal, ich nehme sie mit, dachte er, ich muß sie untersuchen, wenn ich wieder oben bin.
Die Frage war nur, wie er sie mitnehmen konnte. Wenn er sie in den Drahtkorb zu den Schwämmen legte, würden Alexander und Manolis sie nach dem Hinaufholen bestimmt gleich wieder ins Wasser werfen. Ich laß' sie erst einmal hier und hole sie vor dem Auftauchen ab, entschied er sich. Er steckte die Flasche mit dem Hals voran in den Sand, gleich neben seinem Namenszug. So würde er sie nachher leichter wiederfinden.
Dann arbeiteten sie weiter, immer am Hang hinunter, unzählige Körbe mit Schwämmen wurden auf das Boot hinaufgeholt, und am Ende waren sie so tief, daß das fahle Licht um sie herum alles grünlich aussehen ließ. Dann merkte der Junge, daß es an seiner Leine viermal ruckte. Komm' hoch, hieß das. Schade, dachte er, dann trat Stefanos neben ihn und deutete nach oben:
"Laß' uns ganz langsam hochschwimmen. Wenn wir an der Oberfläche schwimmen, zieht Manolis uns an der Leine zum Boot."
"Ich will nochmal zurück an den Abhang. Ich habe da oben beim Anker etwas liegenlassen."
"Die Zeit wird zu lang für dich. Du darfst am Anfang noch nicht so lange und so tief."
"Ich weiß" Er lachte. "Es dauert nicht lange."
Er griff nach der rauhen Hand des anderen Jungen und zog ihn ein Stück mit. Stefanos folgte ihm nur widerstrebend. Keuchend arbeiteten sie sich den Hang hinauf, an dessen Kante der Anker und das erste Schwammfeld von vorhin lagen. Immer wieder ruckte es viermal an seiner Leine. Eigentlich hätte er jetzt viermal antworten müssen, um anzuzeigen, daß er hinaufkam. Aber der Junge lachte und zog nur zweimal: "Alles in Ordnung, ich bleibe noch unten."
Sein Schriftzug mit dem Seestern war noch da. Er zog die Flasche aus dem Boden und klemmte sie zwischen seinen Bauch und die Signalleine. Stefanos grinste ihn spöttisch an hinter dem Bullauge, und der Junge puffte ihm in den Bauch.
Plötzlich ebbte das regelmäßige Geräusch der Preßluft ab. Zuerst war der Junge nicht einmal verwundert. Er wußte, daß der Kompressor oft Aussetzer hatte. Weil er bisher selbst noch nicht hatte tauchen dürfen, hatte er sich oft um den Motor gekümmert und kannte fast alle Tücken der altertümlichen Maschine. Wahrscheinlich haben sie ihn gleich wieder angeworfen, dachte er. Aber es passierte nichts. Es blieb gespenstisch still. Dreimal zog er an seiner Leine, wie Manolis es ihm vorhin erklärte hatte: "Mehr Luft!"
Aber es kam keine Luft, stattdessen ruckte Manolis hastig viermal, und dann erneut viermal. Auch Stefanos machte aufgeregte Gesten mit seinen Armen und deutete auf seinen Luftschlauch. Ihre Leinen waren auf einmal straff gespannt und zerrten an ihren Körpern, weil Manolis und Alexander jetzt mit aller Kraft versuchten, die beiden hinaufzuziehen. Aber sie standen noch viel zu weit vom Boot weg. Sie hätten erst minutenlang gegen die Strömung über den Grund laufen müssen, um unter das Boot zu kommen und hinaufgezogen zu werden.
Die Jungen wußten, daß der Sauerstoff unter den Taucherhelmen nach drei Minuten knapp werden würde. Aber ohne Preßluft konnte man den schweren Taucheranzug nicht so weit aufblasen, daß man allein schwimmen konnte. Ohne Luft zogen einen die Bleischuhe und die Gewichte nach ein paar Schwimmzügen immer wieder unbarmherzig auf den Meeresgrund zurück. Zwar konnte man einfach die Brustgewichte fallen lassen und auch die Schuhe abwerfen, aber dann würde man unkontrolliert nach oben schießen, und dabei konnten einem die Lungen platzen. Einen Cousin und einen Bruder hatte der Junge auf diese Weise verloren. Noch nie in seinem Leben hatte er soviel Angst gehabt wie jetzt. Beim Anblick von Stefanos in seiner Rüstung sah er unwillkürlich das schmale Gesicht seines Bruders vor sich. Als Johannis vor zwei Jahren an der Taucherkrankheit starb, war er gerade neunzehn geworden, nur zwei Wochen später wollte er das Schwammfischen aufgeben und bei der Fährlinie anheuern, die inzwischen immer mehr Urlauber auf die Inseln brachte. Der Taucherhelm, in dem Johannis umgekommen war, zierte jetzt die Grabreihe der Familie auf dem Inselfriedhof.
"Wir können uns an der Ankerkette hochziehen", rief Stefanos mit sich überschlagender Stimme, "dafür reicht die Luft in unseren Anzügen vielleicht noch."
Richtig, das war vielleicht die Rettung. Mühsam hielten sie sich an den Eisengliedern fest, Meter um Meter hangelten sie sich mit ihren ungeschützten Händen unter der flach aufsteigenden Kette entlang, der Oberfläche entgegen. Schnell waren ihre Arme lahm, aber Gott sei Dank plusterten sich die Taucheranzüge immer mehr auf, je höher sie kamen, weil der Wasserdruck abnahm, und so wurden die Anzüge wenigstens ein bißchen leichter. Bloß nicht die Kette loslassen, hämmerte es mit jedem seiner Herzschläge im Kopf des Jungen, bloß nicht wieder hinunterschweben. Doch das rostige Eisen der Ankerkette hatte seine Hände schon bald blutig gerissen. Ihm schwindelte beim Anblick seines Blutes, das im Wasser dünne, dunkle Streifen zog, und die Luft unter dem Helm wurde immer heißer und stickiger. Ihr metallischer Geruch ließ Übelkeit in ihm hochsteigen. Er begann, verzweifelt nach Luft zu schnappen. Ich will hier raus, ich will raus aus diesem mörderischen Kupferkessel, schoß es ihm durch den Kopf. Halt dich an der Kette fest, nur nicht loslassen, redete ihm eine zweite Stimme ein.
Plötzlich setzte ein leises Geräusch ein. Wie eine Erlösung begann wieder etwas Luft zu fließen. Zwar nur schwach und in langsamen Zügen, aber doch gleichmäßig strömte sie hinein. Manolis und Alexander mußten die alte Handpumpe angeschlossen haben, die es auf der "Kouros" gab. Sie war zwar verschlissen und lieferte nicht mehr genug Luft zum Arbeiten, aber wenn man nicht allzu tief war, reichte sie. Vorsichtig und flach atmete der Junge ein. Er blickte hinter sich zu Stefanos und sah, daß ihm sein hinter den Bullaugen schemenhaft erkennbarer Kopf zunickte. Ganz langsam stiegen sie dann weiter hinauf, bis ihre Köpfe die Oberfläche durchbrachen. Das grelle Sonnenlicht, das durch die milchigen Scheiben in sein Gesicht fiel, blendete den Jungen so, daß er im ersten Moment niesen mußte. Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel, denn es war schon spät am Vormittag. Manolis zog sie nacheinander ans Boot heran und streckte ihnen von oben die Hände entgegen. Mit letzter Kraft kletterten sie die Leiter hoch und fielen auf die Holzkiste, die neben der Leiter bereitstand.
Als das kleine Bullauge herausgeschraubt war, sog der Junge erleichtert die kalte, saubere Luft in die Lungen. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Wortlos und schwer atmend ließ er sich von Manolis aus der Rüstung befreien. Alexander war inzwischen mit Verbandszeug gekommen und begann, seine aufgerissenen Hände zu verarzten.
"Unser Kompressor ist schon wieder kaputt", sagte Alexander.
"Das habe ich gemerkt", knurrte der Junge.
"Hattest du viel Angst?", fragte Alexander ein bißchen verlegen.
"Nein", antwortete der Junge erschöpft und wich seinem Blick aus, "ich kümmere mich nachher um den Motor."
"Paß' auf meine Flasche auf", sagte er dann knapp zu Manolis, der gerade die abgelegten Taucheranzüge beiseite schaffen wollte. Manolis drückte ihm die Flaschenpost mit einem fragenden Blick in die Hand, und der Junge drehte sie in seinen frisch verbundenen Händen hin und her.
Stefanos war neben ihn getreten, ohne Taucheranzug, ohne Mütze und ohne den schweren Harnisch sah er viel schmächtiger und kindlicher aus. Er schaute den Jungen ernst an:
"Deine Flaschenpost hat uns gerettet", sagte er, "nur deswegen waren wir so dicht am Anker. Sonst wäre es knapp geworden." Stefanos legte seinen Arm um ihn und drückte ihn an sich, und der Junge ließ es sich gefallen.
"Was ist da denn drin?", fragte Stefanos dann.
Mit einem entschlossen Hieb schlug der Junge an der Reling den Flaschenhals ab und zog vorsichtig den Zettel heraus. Der Flaschenkorken hatte unter dem Wasserdruck in der Tiefe nicht völlig dichtgehalten, und das Papier war ein bißchen aufgeweicht. Langsam rollte er das Blatt auseinander, um es nicht zu zerreißen.
Eine Kinderzeichnung kam zum Vorschein. Sie zeigte einen Mann mit dicken Stiefeln und einer kugelförmigen Glocke auf dem Kopf, der zwischen Fischen, Quallen und großen schwarzen Knäueln über den Meeresgrund spazierte, einen Korb und eine lange Stange in der Hand. Hinter den Bullaugen der Taucherglocke war ein grinsendes Gesicht zu sehen. Darunter standen einige Zeilen in ungelenker Schrift. Gerührt las der Junge den Brief, den er wahrscheinlich sein Leben lang im Gedächtnis behalten würde:

"Ich bin Nikos, ich bin 9 Jahre alt und möchte Schwammtaucher werden, wenn ich 16 bin und nicht mehr in die Schule muß. Aber morgen fahren wir erst einmal mit der Fähre zurück auf das Festland. Dann werde ich diese Boje bei den Schwammgründen ins Wasser werfen. Mein Vater sagt zwar, daß die Flasche niemals gefunden wird, aber das sagt er nur, weil er nicht will, daß ich zu den Schwammtauchern gehe. Meine Mutter möchte mich zum Militär schicken und mein Vater möchte einen Rathausbeamten aus mir machen, aber mir gefällt beides nicht. Wenn du unter Wasser meine Post findest, schreibe bitte an meine Adresse. Wenn wir nächstes Jahr dann wieder zum Urlaub auf der Insel sind, kannst du ja mal mit meinem Vater reden. Ich würde mich darüber freuen. Nikos."
 
K

Katia Hénriette

Gast
hallo Martin!
Eine total schöne geschichte! Mir gefällt sie wirklich gut, man kann in der Situation unten im Meer richtig mitfühlen, wie schön es erst ist und wie dann die Luft auf eineal wegbleibt, es stickig und heiß wird, man angst bekommt...
Die Namen und der Ort sind griechisch oder was? Kenne mich da nicht aus. Freue mich, mehr von dir zu lesen!
bis dann, Katia
 

Martin

Mitglied
Hallo Katia,

habe mich ein bißchen von meinen Urlaubserlebnissen in Griechenland inspirieren lassen, auf ägäischen Inseln wie Symi und Rhodos gibt es immer noch Spuren aus dieser Zeit.
Aber in der Geschichte wollte ich keinen konkreten Ort nennen...

Viele Grüße

Martin
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ja, die Geschichte ist sehr schön. Vor allem das letzte Drittel ist auch gut erzählt. Der Anfang ist mir ein wenig zu langatmig. Was mich ebenfalls ein wenig gestört hat, war die Tatsache, daß Du deinen Protagonisten immer nur "Junge" nennst. Er hat doch einen Namen - und der taucht sogar im Titel auf! Ziemlich zum Anfang taucht "Junge" in drei Sätzen gleich dreimal auf, und das noch in nicht ganz eindeutiger Form.
"Stefanos war der zweite Junge... Übermütig grinsend beobachtete er den Jungen... Der Junge nickte ihm zu... Immer der gleiche Begriff - und hier sogar für zwei Personen.
Ich kann immer nur raten, überarbeiten, liegen lassen, wieder überarbeiten, ganze Sätze verändern usw. bis einem die Geschichte aber auch so richtig rund erscheint. Dann schleichen sich solche kleinen Patzer nicht ein. Kurzgeschichten, die gleich beim ersten Anlauf gelingen sind seltene Glücksfälle.

Gruß Ralph
 

Martin

Mitglied
Ralph,

ja, das mit den Wortwiederholungen stimmt..

das Stilmittel, den Jungen nicht beim Namen zu nennen, hat mir bei Alfred Andersch (Sanisbar oder der letzte Grund) ganz gut gefallen, aber dort wird der Name des Jungen tatsächlich im gesamten Buch kein einziges Mal genannt, während er bei mir schon im Titel steht. Insofern ist es hier tatsächlich unlogisch...

Mit der Langatmigkeit im ersten Teil ist es ein bißchen schwieriger, weil es um eine ungewöhnliche Umgebung geht, die man irgendwie atmosphärisch vermitteln muß - anders als bei der Kasimir-Geschichte, die sich in einer jedem vertrauten Umwelt abspielt, welche nicht erklärungsbedürftig ist.

Ich glaube, das ist ein bißchen so wie bei ausgiebigen Naturschilderungen in Romanen, die man entweder mag und nachempfinden kann oder nicht. Wahrscheinlich auch eine Frage der eigenen Lebenswelt; mich selbst langweilen zum Beispiel ausgiebige metaphorische Schilderungen von Konzert- oder Theaterszenen oder auch die in Filmen oft übliche Schachspiel-Symbolik (Protagonisten sitzen beim Schachspiel...)

Na gut, trotzdem vielen Dank für Deine Zeilen

Martin
 

Martin

Mitglied
Nur ein Test

Ich weiß zwar, daß man sich eigentlich nicht selbst antwortet... aber trotzdem muß ich mal ausprobieren, ob man dann wieder weiter oben landet...
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Martin,

wie Du siehst, klappt das tatsächlich :))
Da seit dem Dezember noch ne Menge neuer Mitglieder aufgetaucht sind, findest Du für deinen Text sicherlich noch ein paar Leser (und/ oder Kritiker) mehr. Bei dir sehe ich in dieser Handlungsweise auch kein Problem. Sogenannte Vielschreiber sollten meines Erachtens nur das auswählen, was sie für tatsächlich lohnenswert halten.

Gruß Ralph
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
re

eine sehr gut geschriebene geschichte. man glaubt gar, selbst wie ein schwammtaucher zu fühlen. der schuß romantik ist auch sehr wohltuend. allerdings - auf eins möchte ich dich hinweisen: "Die Wollmütze, die er auf dem Kopf trug . . ." ist nicht gerade super formuliert. besser wäre: "Auf dem kopf trug er . . ." oder "Seine Wollmütze . . ." daß er sie auf dem kopf trägt, ist doch wohl logisch oder sollte es zumindest sein. naja, man kann sie auch noch anderswo tragen . . . aber jetzt wird das zu platt. ganz lieb grüßt
 
J

Jasmin

Gast
Sehr gut

Hallo Martin!

Du kannst wirklich sehr gut schreiben. Vielleicht fuer meinen persoenlichen, ungeduldigen Geschmack passagenweise etwas zu langatmig, aber trotzdem spuere ich, dass du sehr begabt bist.
Uebrigens lebe ich in Athen und deine Geschichte erinnert mich daran, dass ich eigentlich kaum etwas ueber Griechenland schreibe. Das soll sich aendern.

Polla Chairetismata

Jasmin
 

Martin

Mitglied
Ja, Jasmin und Marion,

danke für Eure Kritik. Wenn ich irgendwann mal Zeit habe, werde ich vielleicht wirklich mal eine etwas gestraffte Fassung daraus machen...

Viele Grüße
 



 
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