Schwarzer Krauser

Dulcinea

Mitglied
Montag Nachmittag 16.30 in O.

Wenn so ein Schwarzer in den Laden kommt, Neger darf man ja nicht mehr sagen, und es soll ja jetztsogar Diskussionen über die Umbenennung der Negerküsse oder Mohrenköpfe geben, also wenn so ein Schwarzer in den Laden kommt, dann drehen schon sehr viele Leute den Kopf entweder zu ihm hin aus Neugier oder von ihm weg, wer weiß warum. Und viele fragen sich dann sicherlich, was der Schwarze hier im Laden will, denn wahrscheinlich ist das ein Asylant oder ein Asylbewerber, das darf man ja nicht in einen Topf werfen, und was will der schon in einem Buchladen? Und wenn der dann nur einen Stadtplan kauft, dann tuscheln hinten in der Ecke bestimmt wieder welche, die genau wissen, daß das ja nur ein Drogendealer ist, der den Stadtplan für seine Geschäfte braucht, denn womit kann so ein Schwarzer denn hier schon seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Art und Weise verdienen. Das fragen sich einige, und einige wissen darauf auch eine Antwort. Aber wenn dieser Schwarze dann ein normales Buch kauft, also eines, in dem man richtig lesen kann, dann staunen auch einige, weil die dann nicht verstehen können, was der Schwarze mit dem Buch will. Und auch dann, wenn der Schwarze keinen Stadtplan gekauft hat, den er ja für das Auffinden seiner Drogenumsatzplätze braucht, also wenn dieser Schwarze ein richtiges Buch gekauft hat, sogar eines in normaler deutscher Sprache, dann drücken sie ihre Nasen platt an der Scheibe und wundern sich trotzdem, weshalb der Schwarze auf ein Fahrrad steigt, nicht in einen Jeep oder einen ähnlichen Zuhälterwagen. Und dann tuscheln sie und sind sich ziemlich schnell einig, daß das Fahrrad geklaut und außerdem nur Tarnung ist. Und sie fragen sich in dieem Zusammenhang auch, warum man die Goldkettchen und die Rolex nicht gesehen hat, als der Schwarze im Laden war, und sie fragen mich, ob ich denn nichts gesehen habe, und sie vergessen nicht zu fragen, was für ein Buch der Schwarze denn gekauft hat.
 
L

leonie

Gast
Hi Dulcinea

Du beschereibst treffend, wie schnell Menschen in ihrer Überheblichkeit, mit Vorurteilen und manchmal beschämender Neugier reagieren. Sie kennen einen nicht,aber wissen alles.
Das hat mir gut gefallen.
liebe Grüße leonie
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Dulcinea,

also wenn ich die Vermutung anstelle, warum ein Schwarzer ein Buch in deutscher Sprache kauft, würde ich mir selbst die Antwort geben: "Reneè - du Dappes, er liest das Buch." Also ich fand die Geschichte schön anschaulich, was doch so in den Köpfen einiger Menschen vor geht, wissen wir aber leider nicht genau, und ich denke, das du durch Beobachtung genau das zum Vorschein gebracht hast.

Liebe Grüße
Reneè
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
auch

mir gefällt die geschichte sehr gut. ich habe übrigens einen spruch an der wand: "Der liebe Gott sieht alles, die Nachbarschaft noch mehr". ich finde solche leute zum kotzen. ganz lieb grüßt
 

Neziri

Mitglied
Hätt' ich's nicht schon am eigenen Leib erfahren, hätt' die Geschichte für mich vielleicht sogar ein Schmunzeln in der Hinterhand gehabt, es auf meine Lippen gezaubert und mich wohlwollend nicken lassen.
So aber kann ich nur sagen, daß du eine treffende Beschreibung der breiten Masse geliefert hast, ohne dabei zu lächeln, denn Erinnerungen sind oft bitter. Schön durchgezogen der Stil, solide Qualität. Gute Geschichte, gut geschrieben, und leider nur all zu wahr.
 



 
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