Seelenurlaub

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D

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Ach,das dumpfe Volk der Welt,
hält mich stets in seinen Schranken.
Darum leb' ich, wie's gefällt,
nur in Träumen und Gedanken.

Und so mag, aus Langeweile,
mir der große Wurf gelingen,
mich in eine bess're, heile,
Schein und Zauberwelt zu bringen.

Wenn ich dann in ihren Reihen,
sitze schau ich aus dem Fenster,
mich von ihnen zu befreien,
mal' ich mir im Traum Gespenster.

Tauche ein in Licht und Schatten,
trete über Stück für Stück,
lass' derweil den ewig matten,
Körper in der Welt zurück.

War ich auch wie angekettet,
streif' ich nun mein Leben ab,
von dem Seraphim gerettet,
der mir seine Flügel gab.

Stoße durch die Wolkendecke,
überschaue meine Welt,
in der ich das Leben wecke,
eine ohne Neid und Geld.

Ohne Stolz und ohne Kummer,
ohne heuchlerischen Glanz,
niemand ist die große Nummer,
dafür gibt's Gesang und Tanz,

statt die Teilung aller Gaben,
Anspruch auf umzäuntes Land,
Aushebung von Schützengraben,
Häuser, wo ein Wäldchen stand.

Alles ist mit sich im Reinen,
jeder freut sich, weil er ist,
es gibt keinen Grund zu weinen,
keinen,der den andern frisst.

Auch kein Platz für hohle Reden,
Liebe, die nur einer fühlt,
weder Sturm, noch Eis, noch Regen,
nichts, was dir das Herz verkühlt.

Doch auf einmal ist's verdorben,
meine Flügel fallen ab,
der Gedanke ist gestorben,
und ich sink' zurück ins Grab,

jener hoffnungslosen Enge,
die wie Fesseln mich umschlingt,
die mich jede Tageslänge,
näher an mein Ende bringt.

Und, was ist der Sinn von allem,
die Moral von der Geschicht'?
Träume können zwar gefallen,
doch der Welt entrinnt man nicht.
 



 
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