Seemannsgarn

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Walther

Mitglied
Seemannsgarn


Das Schiff dreht bei. Der Schiffer kotzt in Kübel.
Es stürmt. Es gießt. Es rauscht. Es wellt sich allerlei.
Die Möwe kreischt. Sie glaubt, sie wäre vogelfrei.
Der Haifisch denkt und stirbt an dem Gegrübel.

Das Meer sprüht Gischt und denkt sich nichts dabei.
Der Schiffer hängt sich an des Fischers Dübel.
Die Seekrankheit nimmt er sich wirklich richtig übel.
Das Lot, es staunt und senkt sich schwer wie Blei

Ins wilde Wasser und verheddert sich in Schrauben.
Hinter den Wolken strahlt sich eins der Mond.
Am Leuchtturm balgen sich die jungen Tauben.

So gern hätt sie der Sommersturm verschont:
Der Schiffer hängt am Dübel und dem falschen Glauben,
Dass sich auf dieser Welt das kurze Leben lohnt.
 

Udogi-Sela

Mitglied
Hallo Walther,

ein klasse Sonett mit wunderbaren Formulierungen.
Obwohl es so nett ist, könnt einem beim Lesen speiübel werden und man würde sich auch gerne an des „Fischers Dübel“ hängen. Man leidet mit und hat Mitleid mit dem Schiffer.

Mit dem Titel „Seemannsgarn“ hebst Du die Aussage der letzten beiden Zeilen wieder auf: Es ist eben doch der richtige Glauben, „Dass sich auf dieser Welt das kurze Leben lohnt.“

Herzlichst
Udo
 

Walther

Mitglied
Lieber Udo,

so sollte es sein. Allerdings sollte man die gesam(mel)ten "Hintersinne" suchen. Da steckt noch mehr drin, als der erste Blick erkennen läßt.

Verschrobene Sonette: Ich liebe das!

Besten Dank für's Kompliment: Ein Kandidat für die Satire Anthologie?

Gruß W.
 



 
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