Sex mit 40

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amuseme

Mitglied
Sex mit 40

Meine Güte, worüber hab ich mir nicht alles Gedanken gemacht, vor so ungefähr 20 Jahren. Über die Speckfalte am Bauch, die im Sitzen offensichtlich die Macht der Schwerkraft demonstrieren wollte. Lufteinziehen war, neben der Tatsache, dass es sich als furchtbar anstrengend erwies auch vollkommen sinnfrei. Über die Verfassung meines Hinterns. Über meine Füsse, deren Zehen restriktive die Kleinen, irgendwie aus der Form geraten waren und mit 20 schon krumm, als litte ich unter Gelenkrheuma. Über mein Schwimmerkreuz, dass ich in meiner Kindheit dank 10 Jahre Kampfschwimmen erworben habe. Wer möchte bitte schön mit einer Frau schlafen, die von hinten aussieht wie eine ukrainische Kugelstoßerin und die läuft wie auf Eiern, damit die Zehen zumindest gerade aussehen.

Aber es gab diese Männer und wahrscheinlich hätte es mir zu denken geben sollen, dass sich keiner meiner Liebhaber an einem meiner, so offensichtlichen Makel stören wollte. Klaglos akzeptierten sie meine Ausreden gegen Sex bei Tageslicht ("findest Du nicht, dass man im Dunkeln viel mehr spürt?") und gegen das ausziehen der Socken (falls er evtl. doch mal auf die irrwitzige Idee kommen sollte, im Dunkeln meine krummen Zehen zu befingern.)

Irgendwie hatten sie beim poppen nichts anderes als poppen im Kopf, was auf mich keineswegs zutraf. Schließlich kann man im Dunkeln besser nachdenken und nachzudenken hatte ich genug: Hält er mich für eine Schlampe, wenn ich stöhne, selbst ein bißchen nachhelfe, oder ihn bitte mich ein wenig zu hauen, oder ist er enttäuscht, wenn ich nicht "Schlampe" genug bin?
Was ist wenn ich zu feucht bin und er vielleicht nicht genug spürt, oder zuwenig feucht bin und er denkt es macht mich nicht an? Haben andere Frauen vielleicht auch diese fiesen Stoppeln an den Beinen, oder bin ich die einzige, die da Haare hat wie ein Pferd?? Oder hoffentlich findet er den Pickel an meinem Rücken nicht.
Warum merkt er nicht, dass ich mir über alles Mögliche Gedanken mache , während ich so tue, als wäre ich voll dabei?
Denkt er vielleicht auch über alles Mögliche nach? Und wenn ja, wie heißt die Schnepfe???

15-20 Jahre später sind diese Fragen immer noch nicht beantwortet, was vermutlich daran liegt, dass ich sie mir einfach nicht mehr stelle. So um meinen 35 Geburtstag herum habe ich beschlossen, dass ich jetzt alt genug bin für hemmungslose Gier.
Sex ist schließlich keine Prüfung, die man bestehen muß um im Leben versetzt zu werden.
Seitdem denke ich nicht mehr über Sex nach!
Nicht davor, nicht während und nicht mehr danach. Ich habe ihn einfach und bin hinterher ausgesprochen zufrieden, auch mit meinen kleinen Zehen. Meine Speckrolle ist noch größer als damals und..? who cares? Ich nenne sie einfach äquatorialer Rettungsring und gut is. Ich habe schließlich 3 Kinder, da darf Frau um die Körpermitte ruhig etwas ausladender sein. Außerdem sind auch die Männer, mit denen ich ins Bett steige ein paar Jährchen und ebensoviele Kilos vom Adonis entfernt.

Zur selben Zeit, als ich mir vornahm nicht mehr jeden Orgasmus totzugrübeln,nicht mehr so entsetzlich "verkopft" im Bett zu sein, habe ich angefangen mir die Zehennägel zu lackieren. Wahrscheinlich eine Übersprungshandlung. Jetzt sind meine Zehen immer noch krumm, aber ich finde sie sexy. Er nicht! Ihm sind meine Zehen noch nie aufgefallen, wahrscheinlich weiß er noch nicht mal, dass ich welche habe, geschweige denn, dass ihn Rasierstöppelchen stören. Und das ist auch absolut unwichtig, denn ich habe meine Gründe dafür, mich sexy zu finden und das genügt völlig.

Seit dieser Zeit ist mein Sex deutlich besser geworden. Die Lust, soviel weiß ich jetzt, wird um so größer ,je hemmungsloser man sich ihr ergibt. Sogar bei Tageslicht. Ich will schließlich etwas zu sehen bekommen!
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo amuseme,

willkommen im diary. Ich finde den Text erfrischend witzig geschrieben. Hat mich sehr amüsiert, ihn zu lesen und gut unterhalten. Ein paar kleine Fehler sind drin, die ich jetzt aufzustöbern zu träge bin. Vielleicht schaust Du selbst noch mal nach. Lese gerne mehr von Dir.

Grüße von Elke
 
ich finde den text sehr witzig geschrieben..

erinnert mich irgendwie bridget jones :)


ich ziehe für mich aus dem text noch die aussage, dass man sinnliches mit den sinnen erfahren soll und nicht mit dem gehirn hinterfragen... was ich wiederum sehr wichtig und richtig finde.. aber das nur nebenbei.. :)
 
"findest Du nicht, dass man im Dunkeln viel mehr spürt?"
Klasse!

Diese pathologische Konzentration auf Deine/lyrIchs Zehen ist faszinierend.
Ich habe niemals die Form der Füße meiner Geliebten beachtet; Ich weiß gar nicht, was Du hast, aber mag deinen verschraubten Text.

lg

Serge
 

Trasla

Mitglied
Ohh, klasse!
Ich weiß genau wie LyrI mit 20 war - fuchtbar anstrengend für einen Kerl, der das große Problem hat, mitzubekommen, was Frau beschäftigt. Ignoranz wäre ein Segen gewesen. Zum Glück findet man manchmal eine, die so ist wie LyrI mit 40.
Schön auf den Punkt gebracht!

Und mir fällt ein Zitat dazu ein (weiß nicht mehr woher):

Sex ist wie Schach.
Wenn man es einmal kann, dann spielt man nicht mehr mit Anfängern.
 

frankotto

Mitglied
Die Geschichte erinnert mich an meine Jugend. Was waren doch damals vierzigjährige Frauen alt, sie standen schon kurz vor der Gruft. Ich hatte eine Deutschlehrerin, noch keine vierzig Jahre, aber recht ansehnlich und manchmal mit dem verräterischen Glitzern in den Augen, wenn sie eine gute Nacht hatte. Das bekamen sogar wir mit siebzehn und achtzehn Jahren mit. Mein Gott, die war schon über dreißig und hatte noch Sex.
Und nun kommst Du mit der Geschichte, wir sind doch auch über vierzig, eigentlich schon über fünfzig, und freuen uns immer noch über Sex. Mir gefällt es, wie Du dieses Thema umsetzt, die Efahrung lehrte uns, lass dich fallen und genieße. Oder anders, lebe deine Träume.
Vielleicht lesen auch einige Untervierzigjährige Deine Geschichte und es hilft ihnen gegen eventuelle Komplexe.
Danke für die Geschichte.
Viele Grüße Frank
 
D

Dominik Klama

Gast
Ich hätte "Sex mit 40" nicht gleich zum "Werk des Monats" ausgerufen, denn der kurze heiter nachdenkliche Text mit seinem Vergleich der Bedenklichkeiten, die man im Alter von 20 hegt, wenn man den Geschlechtsverkehr in "Angriff" nimmt, mit der gelassenen Unbedenklichkeit eines Menschen in der Lebensmitte, der diesen Zeitvertreib immer noch schätzt, notiert ja nur ein paar nahe liegende Gedanken, wie sie von den allermeisten von uns nicht mehr Jungen ebenfalls kommen könnten, ist so ausgefallen und meisterlich nun nicht. Aber feststeht, dass wir mit amuseme ein Mitglied in unseren Reihen haben, wo man sich nach der Lektüre des einen schon aufs nächste Werk freut. Eine Wohltat, ihr umverkrampfter Umgang mit dem Erotischen.

Leicht besorgt fragt man sich daher, was sich unterdessen bei dieser Frau getan hat. Im Juli 2011 trat sie ein und publizierte fünf kleine Prosa-Werke auf einen Schlag. Seither nichts mehr. Es wird doch nicht dabei bleiben? Da wird doch hoffentlich noch was kommen?

Wie auch bei anderen Texten amusemes kann nicht ganz unerwähnt bleiben, dass ihr eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Zeichensetzung eignet und dass ein Werk wie dieses wohl nicht so exakt kontrollgelesen wurde, wie es vor einer Veröffentlichung angeraten wäre. Aber sonst ist alles schön.

Der Text schafft Aufmerksamkeit dafür, dass Sex gleichzeitig etwas sehr Bedeutendes in unserem Leben darstellt wie aber auch etwas letzlich gar nicht so Wichtiges. Jedoch, bedenkt man es recht, über welche anderen existenziellen Erlebnisse ließe sich nicht dasselbe sagen? So ist es mit dem Mensch-Sein nun einmal. Und viel vom Mensch-Sein gestaltet sich beim Sex. Daher muss es ein Schreiben über Sex unbedingt geben.

Ihre spezielle Lässigkeit, der Gebrauch des Wortes "Poppen", die Erwähnung des Details, dass eine Scheide mal sehr feucht wird, mal nicht, die Benennung masochistischer Wünsche en passant, das Vorhandensein eines "gierigen Blicks" auf Männerkörper, das alles liest man eher selten bei Autorinnen, auch in der Leselupe. Es macht die Unverwechselbarkeit und den Rang amusemes aus. (Wobei ich doch stark in Zweifel zu ziehen wage, dass ihren Männern der seltsam geformte Fuß niemals aufgefallen ist. War die denn ewig mit blinden Tölpeln im Bett? Man muss ja mal mit blinden Tölpeln ins Bett, kommt man nicht drumrum. Aber alle sind doch nicht gleich.)

Irgendwo benennt amuseme auch das immer noch vorhandene "utopische" Potenzial von Sexualität. Es ist das Feld, wo keine Leistungsprüfungstests absolviert werden. Obwohl es Leute gibt, die auf solche aus sind. Aber die kriegen das Herz der Sache nie mit. Es ist das Feld, wo Leute sich freiwillig, friedlich und produktiv zusammentun, die anhand objektiv messbarer Wert-Anzeiger dieses nicht tun und also auch nicht erreichen sollten. Längst geht es ja sonst allenthalben um das immer neue Erreichen von Höchstleistungen. Und längst hat ja alles sein Preisschild aufgeklebt bekommen, also auch jede Leistung. Längst sind wir sämtlich eingeteilt in solche, die Leistungen der Preiskategorie A und solche, die Leistungen der Preisklasse D zu beanspruchen hätten. Frei ist keiner mehr, alle unter dem Druck, auf dem Niveau ihrer jeweiligen Preisklasse zu produzieren und zu konsumieren. Doch beim Sex ist jeder frei.

Das stimmt natürlich nicht. Wo alles erfasst, genormt, gewertet, ausgepreist, verkauft und verbraucht wird, kann die Sexualität sich nicht entziehen. Aber ein Text wie der von amuseme deutet an, dass es zu unser aller Trost im Bereich der Sexualität weiterhin Tendenzen geben wird, sich gegen diese Strömung zu stellen.
 
D

Dominik Klama

Gast
Bin doch etwas verwundert über DocSchneiders Anmerkung.
Wo sie über 40 ist, kann sie eben auch bereits nicht mehr empfängnisfähig sein. Verhütung spielt dann also nicht mehr die Rolle. Wie viel über 40 steht ja nicht da.

Schutz spielt vielleicht ebenfalls keine Rolle, weil sie über lange Zeit immer nur Sex mit einem Partner hat und davon überzeugt ist, dass auch dieser nur mit ihr macht. Geht aus dem Text ja hervor, dass sie in ihrem Leben schon diverse Männer genossen hatte, aber nicht, dass sie nicht mittlerweile vielleicht längst nur noch einen Festen hat.

Ansonsten spielt Schutz natürlich immer und überall eine Rolle. Leider.

Mal von mir ausgehend, ich schrieb ja etliche Geschichten, in denen gefickt wird. In manchen davon ist von "Schutz" die Rede. Aber in vielen überhaupt nicht. Da wiederum verhält es sich so, dass in einigen der Fälle "gedacht" ist, dass da tatsächlich keinerlei Schutz stattfindet. (Was mir nicht ganz lebensfremd zu sein scheint.) In anderen findet der sehr wohl statt, wird aber mit keinem Wort erwähnt. Schließlich führt jedes einzelne weitere Wort und jeder Satz (wie man hier gerade sehen kann) dazu, dass ein Text lang wird.

Und man hat ja eine Vorstellung davon, welche "Stimmung" man erzeugen möchte. Oder worauf man vor allem hinauswill. Und wenn es dafür überhaupt nicht dienlich ist, dann lass ich in einem Text das Kondom einfach weg. Wie man das Rumpeln im Bauch oder das Fernsehgeräusch aus der Nachbarwohnung oder die Luftfeuchtigkeit weglässt, wenn sie nicht zu dem beitragen, was man mit der Geschichte eigentlich vorhat.

Sehe überhaupt nicht ein, wieso amuseme nicht so vorgegangen sein sollte.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Dominik Klama: Der Text heißt eindeutig "Sex MIT 40"! Nicht über. Mit 40 ist Verhütung noch eindeutig ein Thema für Frauen. (Für Männer natürlich auch!) Schutz ist ein ganz sensibles Ding. Ich lese den Text natürlich auch so, dass es dem Autor in erster Linie nicht um diese Themen ging, sondern um eine Loslösung davon.
Aber es hätte angesprochen werden können, dass Sex mit 40 auch deshalb so befreiend ist, weil der Kinderwunsch offensichtlich abgeschlossen ist und dann stellt sich die Frage, wie wird nun verhütet?
Auf jeden Fall werden Sexualität und Fortpflanzung getrennt und das wird ja offenbar sehr positiv erlebt.
Und außerdem wollte ich mal ein bisschen Traffic hierein bringen.;-))
LG Doc
 
D

Dominik Klama

Gast
Traffic... a-haaa? Aber es melden sich ja wieder mal nur immer dieselben, die ihren Rand nie halten können ;-))

Ich war sehr davon überzeugt, dass, ungeachtet der Überschrift im Text irgendwo was steht, woraus hervorgeht, dass sie schon noch paar Jahre älter als 40 ist. Hab ihn jetzt noch mal gelesen. Du hast Recht. Davon steht nichts da. Seinerzeit, da war sie etwa 20, jetzt ist sie 15 bis 20 Jahre älter und hat Kinder... Sie könnte also 40 sein und noch weitere Kinder bekommen.

Außerdem steht da: "die Männer, mit denen ich ins Bett steige". Sie sollte sich also auch Gedanken um Schutz machen. Na ja. Aber man merkt doch, dass es ein augenzwinkernder Text ist, der klein sein will und in dem es um ein per Lebenserfahrung geändertes Verhältnis zur eigenen Unperfektheit und die Erwartungen an Sexualität geht. Insofern spielen mögliche Schwangerschaft und mögliche Ansteckungen mit Krankheiten eine so marginale Rolle, dass sie außen vor bleiben dürfen.

Dass allerdings der Kinderwunsch oder Nicht-Kindewunsch so sehr viel ausmacht, denke ich nicht. Es geht doch wohl hervor, dass sie auch vor Jahren schon... ganz einfach gerne Sex hatte. Find ich nichts Verwerfliches dabei. Obwohl, als Frau, hat es den Anschein, zieht man es sonst eher vor, so was für sich zu behalten.

So sehr viel Traffic darf man sich wohl nicht versprechen, ganz egal, was man schreibt. Wenn aber ein Werk deutlich über zehnmal bewertet wurde und sich da dann auch eine ganz eindeutige Merheitseinschätzung abzeichnet und wenn ein Werk von mehr als drei Lesern "beantwortet" worden ist und wenn ein Werk zum "des Monats" ernannt worden ist, dann kann man, glaube ich, zufrieden sein. Ich wollte, es wäre allen meinen Werken so ergangen.

Nein, worüber ich mir mehr Gedanken machen würde, ist der Traffic seitens der Autorin. Da tritt jemand als Mitglied ein, postet in einem Monat eine Handvoll Werke und lässt dann nie wieder was von sich hören. Wir wissen nicht mal, ob sie diese Antworten überhaupt noch erreichen.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Dominik Klama, Sex sells und wenn man hier solche Gedanken einer Frau lesen kann, dann zieht das halt. Stilistisch fand ich den Text nicht so gelungen, thematisch mehr.
Und was das Phantom Autor angeht: Es kann ja sein, dass jemand hier sehr breit seine Werke streut und sich ansonsten für nichts interessiert. Liest die Resonanz und gut ist. Oder sitzt jetzt vor dem PC und amüsiert sich über unsere Kommentare.
Kommt alle gut durch die Nacht, ob mit oder ohne!
;-))
 



 
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