Sie ist schuld!
Ich weiß heute nicht mehr genau, warum ich es getan hatte. Mir war schlecht. Das Gefühl der Übelkeit musste ungefähr nach dem siebten Whiskey Cola aufgetaucht sein, aber so genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Es kann auch irgendwann während der darauf folgenden Whiskey Pur Runden eingesetzt haben.
Eine junge Frau setzte sich neben mich. Sie war völlig in schwarz gekleidet und trug eines dieser modischen Netzshirts, die völlig überflüssig waren, da man sowieso durchsehen konnte. Es war schwarz, genau wie ihre restliche Garderobe. Ihre Lippen waren knallrot und raubten mir die Sprache. Sie war eine Erscheinung, die mich faszinierte. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Und das wirklich Unglaubliche daran ist eigentlich, dass ich mich noch daran erinnern kann. Sie grüßte mich freundlich, nahm wahrscheinlich an, dass ich auf der Suche nach einem Gespräch war.
War ich nicht!
Sie begann von einem Erdhaufen zu reden. Allein bei dem Wort „Erdhaufen“ wurde mir schon wieder schlecht. Ich entschied, dass es unhöflich wäre in ihr Gesicht zu kotzen und unterließ es lieber.
Sie redete und redete.
Ich hörte nicht zu. Vielmehr kreisten meine Gedanken um diese unglaublich große Nase des Barkeepers. Ob er schon mal an eine Schönheitsoperation dachte? Vielleicht würde ihm auch irgendwann mal jemand eine draufhaun. Dann wären sie eh gebrochen und er könnte sich eine Operation ersparen. Vielleicht übernimmt den Part des Schlägers ein guter Freund von ihm. Ist wohl leichter, als ihm zu sagen, dass seine Nase scheiße aussieht.
Die schwarz gekleidete Dame redete immer noch.
Ich befand mich in einer dunklen Gasse. In einem leider nur sehr kurz andauernden lichten Moment fragte ich mich, wie ich dorthin gelangt war.
Ja, es wäre wirklich schön gewesen die Antwort darauf zu erfahren.
Die Frau redete noch immer. Warum war sie nur an meiner Seite? –dies dachte ich mir in meinem zweiten, leider auch nur kurz andauernden, lichten Moment-
„So, da sind wir“ sagte die Ständig-Redende.
Ich antwortete nicht, folgte ihr nur die Stufen des dunklen Treppenhauses hinauf.
Als wir oben ankamen, begann alles.
Seitdem ist mein Leben nicht mehr so wie es war. Es war einmal schön gewesen. Zugegeben, ich erlebte es meist besoffen. Aber es war schön gewesen. Jetzt ist es dunkel, ich sehe das Licht nicht mehr. Und wenn ich es sehe, dann hasse ich es. Es blendet.
Sie hatte mich in eine Wohnung geschleppt, wo bereits eine weitere in schwarz gekleidete Dame mich empfing. Sie setzten mich auf einen Stuhl. Und ab dann weiß ich nichts mehr.
Erst am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich wusste, dass es Morgen war, da ein Radiowecker neben mir stand. Die roten Zahlen leuchteten mir ein grausames 6:30 entgegen. Dies war absolut nicht meine Zeit und nach hause wollte ich auch. Ich stand auf und hatte eigentlich vor zu gehen.
Sie hielt mich fest. Als ich mich umdrehte sah ich sie. Die Frau. Die Erscheinung. Diese war sie immer noch. Allerdings –und das verwunderte mich sehr- redete sie nicht.
Sie deute mir mich wieder zu setzen. Ich wollte nicht, aber tat es dennoch. Alles war dunkel, doch ihre leuchtenden Augen sah ich. Sie sahen plötzlich nicht mehr freundlich, sondern vielmehr grausam aus.
Ich wachte auf. Wo war ich nur? Ich hatte den abartigen Geschmack von Blut in meinem Mund. Der Spruch „Frauen bringen nur Pech“, bekam plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Diese vorher noch so nette „Erscheinung“ hatte mich niedergeschlagen und ließ mich einfach in meinem eigenen Blut liegen.
Sie hatte mich verhext. Ich war ihren Anweisungen gefolgt, tat Alles, was sie von mir wollte und als Dank für diese Unterlegenheit schlug sie mich? Nein, also das musste ich mir nicht mehr gefallen lassen. Ich würde aufstehen und ich würde zurückschlagen. Jawohl, genau das würde ich tun.
Und da war sie auch schon. Die Tür öffnete sich, und sie war wieder präsent.
Die Erscheinung, sie sah so liebenswürdig aus. Ich wollte dieses Mal wirklich gehen. Doch ich blieb schon wieder, willig, wie zuvor. Sie war wundervoll. Hatte ich etwas von grausamen Augen gesagt? Ich musste mich geirrt haben. Denn sie war einfach umwerfend, wunderschön. Ich hätte wirklich Alles für sie getan.
Denke ich zurück, so wünschte ich, ihr niemals begegnet zu sein.
Und wieder wachte ich auf. Oh mein Gott, da waren viele Menschen. Ich befand mich auf einer Trage. Notärzte, die versuchten lebensrettende Maßnahmen an mir durchzuführen. War ich tot? Sie hatte mich erschlagen! Sie hatte mich umgebracht! Wie konnte sie nur?
Da stand sie, ich sah sie ganz klar und deutlich. Sie redete mit Polizisten. Ich konnte ihre Worte hören.
„Ich verstehe es einfach nicht“ schluchzte sie.
„Beruhigen sie sich bitte“ sagte der Polizist schlichtend.
„Er kam nach Hause und war so anders. Er hat wieder getrunken, aber dieses Mal war es anders. Er erkannte nicht einmal die Wohnung, mich und meine Kinder!“ rief sie und schluchzte wieder.
Diese Lügnerin! Sie war diejenige, die mich zur Strecke gebracht hatte. Sie hasste mich! Wollte mich loswerden! Sie hatte mich umgebracht! Warum wollte mir nur niemand glauben?
Er wachte auf. Zum wievielten Mal, das wusste er nun auch nicht mehr. Sie hatte ihn angezeigt, wegen schwerer Körperverletzung. Vor Gericht wurde seine Schuldfähigkeit eingeschränkt. Geistige Verwirrtheit wurde nachgewiesen. Er verbringt seine Tage nun in der Psychiatrie. Seine Frau ist mit den drei Kindern sehr weit weg gezogen, nach Australien. Er hatte noch im Gerichtssaal behauptet, dass eine schwarzhaarige Frau Schuld sei. Dieselbe Dame, die er später mit der Polizei reden sah und hörte.
Als er in dieser einen Nacht nach Hause kam, schlug er auf sie ein. Er beschimpfte sie, nahm noch einen Schluck aus der halbleeren Wodkaflasche und schlug erneut zu. Die gemeinsame Tochter kam zur Hilfe und wollte ihn mit einem Baseballschläger niederstrecken. Er griff nach ihm, nahm ihn ihr ab und schlug auf sie ein. Daraufhin stolperte er benommen über ihren leblosen Körper und schlenderte gemütlich in die nächste Kneipe.
Ich lebe nun in einer anderen Welt. Nie wieder werde ich so glücklich sein wie zuvor. Ich weiß nicht, was vorher war, doch es war schöner. Diese Frau hat mich umgebracht und nun lebe ich in einer dunklen Welt. Menschen, die bereits tot sind, reden tagtäglich mit mir. Sie greifen nach mir und reden. Sie reden soviel wie diese unbekannte Erscheinung. Ich hasse sie und würde sie noch einmal auftauchen, würde ich wirklich zurückschlagen.
Ja, dieses Mal würde ich es tun und alles würde sich ändern.
Ich zittere.
Wo ist meine Wodkaflasche?
Ich weiß heute nicht mehr genau, warum ich es getan hatte. Mir war schlecht. Das Gefühl der Übelkeit musste ungefähr nach dem siebten Whiskey Cola aufgetaucht sein, aber so genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Es kann auch irgendwann während der darauf folgenden Whiskey Pur Runden eingesetzt haben.
Eine junge Frau setzte sich neben mich. Sie war völlig in schwarz gekleidet und trug eines dieser modischen Netzshirts, die völlig überflüssig waren, da man sowieso durchsehen konnte. Es war schwarz, genau wie ihre restliche Garderobe. Ihre Lippen waren knallrot und raubten mir die Sprache. Sie war eine Erscheinung, die mich faszinierte. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Und das wirklich Unglaubliche daran ist eigentlich, dass ich mich noch daran erinnern kann. Sie grüßte mich freundlich, nahm wahrscheinlich an, dass ich auf der Suche nach einem Gespräch war.
War ich nicht!
Sie begann von einem Erdhaufen zu reden. Allein bei dem Wort „Erdhaufen“ wurde mir schon wieder schlecht. Ich entschied, dass es unhöflich wäre in ihr Gesicht zu kotzen und unterließ es lieber.
Sie redete und redete.
Ich hörte nicht zu. Vielmehr kreisten meine Gedanken um diese unglaublich große Nase des Barkeepers. Ob er schon mal an eine Schönheitsoperation dachte? Vielleicht würde ihm auch irgendwann mal jemand eine draufhaun. Dann wären sie eh gebrochen und er könnte sich eine Operation ersparen. Vielleicht übernimmt den Part des Schlägers ein guter Freund von ihm. Ist wohl leichter, als ihm zu sagen, dass seine Nase scheiße aussieht.
Die schwarz gekleidete Dame redete immer noch.
Ich befand mich in einer dunklen Gasse. In einem leider nur sehr kurz andauernden lichten Moment fragte ich mich, wie ich dorthin gelangt war.
Ja, es wäre wirklich schön gewesen die Antwort darauf zu erfahren.
Die Frau redete noch immer. Warum war sie nur an meiner Seite? –dies dachte ich mir in meinem zweiten, leider auch nur kurz andauernden, lichten Moment-
„So, da sind wir“ sagte die Ständig-Redende.
Ich antwortete nicht, folgte ihr nur die Stufen des dunklen Treppenhauses hinauf.
Als wir oben ankamen, begann alles.
Seitdem ist mein Leben nicht mehr so wie es war. Es war einmal schön gewesen. Zugegeben, ich erlebte es meist besoffen. Aber es war schön gewesen. Jetzt ist es dunkel, ich sehe das Licht nicht mehr. Und wenn ich es sehe, dann hasse ich es. Es blendet.
Sie hatte mich in eine Wohnung geschleppt, wo bereits eine weitere in schwarz gekleidete Dame mich empfing. Sie setzten mich auf einen Stuhl. Und ab dann weiß ich nichts mehr.
Erst am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich wusste, dass es Morgen war, da ein Radiowecker neben mir stand. Die roten Zahlen leuchteten mir ein grausames 6:30 entgegen. Dies war absolut nicht meine Zeit und nach hause wollte ich auch. Ich stand auf und hatte eigentlich vor zu gehen.
Sie hielt mich fest. Als ich mich umdrehte sah ich sie. Die Frau. Die Erscheinung. Diese war sie immer noch. Allerdings –und das verwunderte mich sehr- redete sie nicht.
Sie deute mir mich wieder zu setzen. Ich wollte nicht, aber tat es dennoch. Alles war dunkel, doch ihre leuchtenden Augen sah ich. Sie sahen plötzlich nicht mehr freundlich, sondern vielmehr grausam aus.
Ich wachte auf. Wo war ich nur? Ich hatte den abartigen Geschmack von Blut in meinem Mund. Der Spruch „Frauen bringen nur Pech“, bekam plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Diese vorher noch so nette „Erscheinung“ hatte mich niedergeschlagen und ließ mich einfach in meinem eigenen Blut liegen.
Sie hatte mich verhext. Ich war ihren Anweisungen gefolgt, tat Alles, was sie von mir wollte und als Dank für diese Unterlegenheit schlug sie mich? Nein, also das musste ich mir nicht mehr gefallen lassen. Ich würde aufstehen und ich würde zurückschlagen. Jawohl, genau das würde ich tun.
Und da war sie auch schon. Die Tür öffnete sich, und sie war wieder präsent.
Die Erscheinung, sie sah so liebenswürdig aus. Ich wollte dieses Mal wirklich gehen. Doch ich blieb schon wieder, willig, wie zuvor. Sie war wundervoll. Hatte ich etwas von grausamen Augen gesagt? Ich musste mich geirrt haben. Denn sie war einfach umwerfend, wunderschön. Ich hätte wirklich Alles für sie getan.
Denke ich zurück, so wünschte ich, ihr niemals begegnet zu sein.
Und wieder wachte ich auf. Oh mein Gott, da waren viele Menschen. Ich befand mich auf einer Trage. Notärzte, die versuchten lebensrettende Maßnahmen an mir durchzuführen. War ich tot? Sie hatte mich erschlagen! Sie hatte mich umgebracht! Wie konnte sie nur?
Da stand sie, ich sah sie ganz klar und deutlich. Sie redete mit Polizisten. Ich konnte ihre Worte hören.
„Ich verstehe es einfach nicht“ schluchzte sie.
„Beruhigen sie sich bitte“ sagte der Polizist schlichtend.
„Er kam nach Hause und war so anders. Er hat wieder getrunken, aber dieses Mal war es anders. Er erkannte nicht einmal die Wohnung, mich und meine Kinder!“ rief sie und schluchzte wieder.
Diese Lügnerin! Sie war diejenige, die mich zur Strecke gebracht hatte. Sie hasste mich! Wollte mich loswerden! Sie hatte mich umgebracht! Warum wollte mir nur niemand glauben?
Er wachte auf. Zum wievielten Mal, das wusste er nun auch nicht mehr. Sie hatte ihn angezeigt, wegen schwerer Körperverletzung. Vor Gericht wurde seine Schuldfähigkeit eingeschränkt. Geistige Verwirrtheit wurde nachgewiesen. Er verbringt seine Tage nun in der Psychiatrie. Seine Frau ist mit den drei Kindern sehr weit weg gezogen, nach Australien. Er hatte noch im Gerichtssaal behauptet, dass eine schwarzhaarige Frau Schuld sei. Dieselbe Dame, die er später mit der Polizei reden sah und hörte.
Als er in dieser einen Nacht nach Hause kam, schlug er auf sie ein. Er beschimpfte sie, nahm noch einen Schluck aus der halbleeren Wodkaflasche und schlug erneut zu. Die gemeinsame Tochter kam zur Hilfe und wollte ihn mit einem Baseballschläger niederstrecken. Er griff nach ihm, nahm ihn ihr ab und schlug auf sie ein. Daraufhin stolperte er benommen über ihren leblosen Körper und schlenderte gemütlich in die nächste Kneipe.
Ich lebe nun in einer anderen Welt. Nie wieder werde ich so glücklich sein wie zuvor. Ich weiß nicht, was vorher war, doch es war schöner. Diese Frau hat mich umgebracht und nun lebe ich in einer dunklen Welt. Menschen, die bereits tot sind, reden tagtäglich mit mir. Sie greifen nach mir und reden. Sie reden soviel wie diese unbekannte Erscheinung. Ich hasse sie und würde sie noch einmal auftauchen, würde ich wirklich zurückschlagen.
Ja, dieses Mal würde ich es tun und alles würde sich ändern.
Ich zittere.
Wo ist meine Wodkaflasche?