Sie ist schuld!

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Penny

Mitglied
Sie ist schuld!

Ich weiß heute nicht mehr genau, warum ich es getan hatte. Mir war schlecht. Das Gefühl der Übelkeit musste ungefähr nach dem siebten Whiskey Cola aufgetaucht sein, aber so genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Es kann auch irgendwann während der darauf folgenden Whiskey Pur Runden eingesetzt haben.
Eine junge Frau setzte sich neben mich. Sie war völlig in schwarz gekleidet und trug eines dieser modischen Netzshirts, die völlig überflüssig waren, da man sowieso durchsehen konnte. Es war schwarz, genau wie ihre restliche Garderobe. Ihre Lippen waren knallrot und raubten mir die Sprache. Sie war eine Erscheinung, die mich faszinierte. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lösen. Und das wirklich Unglaubliche daran ist eigentlich, dass ich mich noch daran erinnern kann. Sie grüßte mich freundlich, nahm wahrscheinlich an, dass ich auf der Suche nach einem Gespräch war.
War ich nicht!
Sie begann von einem Erdhaufen zu reden. Allein bei dem Wort „Erdhaufen“ wurde mir schon wieder schlecht. Ich entschied, dass es unhöflich wäre in ihr Gesicht zu kotzen und unterließ es lieber.
Sie redete und redete.
Ich hörte nicht zu. Vielmehr kreisten meine Gedanken um diese unglaublich große Nase des Barkeepers. Ob er schon mal an eine Schönheitsoperation dachte? Vielleicht würde ihm auch irgendwann mal jemand eine draufhaun. Dann wären sie eh gebrochen und er könnte sich eine Operation ersparen. Vielleicht übernimmt den Part des Schlägers ein guter Freund von ihm. Ist wohl leichter, als ihm zu sagen, dass seine Nase scheiße aussieht.
Die schwarz gekleidete Dame redete immer noch.
Ich befand mich in einer dunklen Gasse. In einem leider nur sehr kurz andauernden lichten Moment fragte ich mich, wie ich dorthin gelangt war.
Ja, es wäre wirklich schön gewesen die Antwort darauf zu erfahren.
Die Frau redete noch immer. Warum war sie nur an meiner Seite? –dies dachte ich mir in meinem zweiten, leider auch nur kurz andauernden, lichten Moment-
„So, da sind wir“ sagte die Ständig-Redende.
Ich antwortete nicht, folgte ihr nur die Stufen des dunklen Treppenhauses hinauf.
Als wir oben ankamen, begann alles.
Seitdem ist mein Leben nicht mehr so wie es war. Es war einmal schön gewesen. Zugegeben, ich erlebte es meist besoffen. Aber es war schön gewesen. Jetzt ist es dunkel, ich sehe das Licht nicht mehr. Und wenn ich es sehe, dann hasse ich es. Es blendet.
Sie hatte mich in eine Wohnung geschleppt, wo bereits eine weitere in schwarz gekleidete Dame mich empfing. Sie setzten mich auf einen Stuhl. Und ab dann weiß ich nichts mehr.
Erst am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich wusste, dass es Morgen war, da ein Radiowecker neben mir stand. Die roten Zahlen leuchteten mir ein grausames 6:30 entgegen. Dies war absolut nicht meine Zeit und nach hause wollte ich auch. Ich stand auf und hatte eigentlich vor zu gehen.
Sie hielt mich fest. Als ich mich umdrehte sah ich sie. Die Frau. Die Erscheinung. Diese war sie immer noch. Allerdings –und das verwunderte mich sehr- redete sie nicht.
Sie deute mir mich wieder zu setzen. Ich wollte nicht, aber tat es dennoch. Alles war dunkel, doch ihre leuchtenden Augen sah ich. Sie sahen plötzlich nicht mehr freundlich, sondern vielmehr grausam aus.
Ich wachte auf. Wo war ich nur? Ich hatte den abartigen Geschmack von Blut in meinem Mund. Der Spruch „Frauen bringen nur Pech“, bekam plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Diese vorher noch so nette „Erscheinung“ hatte mich niedergeschlagen und ließ mich einfach in meinem eigenen Blut liegen.
Sie hatte mich verhext. Ich war ihren Anweisungen gefolgt, tat Alles, was sie von mir wollte und als Dank für diese Unterlegenheit schlug sie mich? Nein, also das musste ich mir nicht mehr gefallen lassen. Ich würde aufstehen und ich würde zurückschlagen. Jawohl, genau das würde ich tun.
Und da war sie auch schon. Die Tür öffnete sich, und sie war wieder präsent.
Die Erscheinung, sie sah so liebenswürdig aus. Ich wollte dieses Mal wirklich gehen. Doch ich blieb schon wieder, willig, wie zuvor. Sie war wundervoll. Hatte ich etwas von grausamen Augen gesagt? Ich musste mich geirrt haben. Denn sie war einfach umwerfend, wunderschön. Ich hätte wirklich Alles für sie getan.
Denke ich zurück, so wünschte ich, ihr niemals begegnet zu sein.
Und wieder wachte ich auf. Oh mein Gott, da waren viele Menschen. Ich befand mich auf einer Trage. Notärzte, die versuchten lebensrettende Maßnahmen an mir durchzuführen. War ich tot? Sie hatte mich erschlagen! Sie hatte mich umgebracht! Wie konnte sie nur?
Da stand sie, ich sah sie ganz klar und deutlich. Sie redete mit Polizisten. Ich konnte ihre Worte hören.
„Ich verstehe es einfach nicht“ schluchzte sie.
„Beruhigen sie sich bitte“ sagte der Polizist schlichtend.
„Er kam nach Hause und war so anders. Er hat wieder getrunken, aber dieses Mal war es anders. Er erkannte nicht einmal die Wohnung, mich und meine Kinder!“ rief sie und schluchzte wieder.
Diese Lügnerin! Sie war diejenige, die mich zur Strecke gebracht hatte. Sie hasste mich! Wollte mich loswerden! Sie hatte mich umgebracht! Warum wollte mir nur niemand glauben?

Er wachte auf. Zum wievielten Mal, das wusste er nun auch nicht mehr. Sie hatte ihn angezeigt, wegen schwerer Körperverletzung. Vor Gericht wurde seine Schuldfähigkeit eingeschränkt. Geistige Verwirrtheit wurde nachgewiesen. Er verbringt seine Tage nun in der Psychiatrie. Seine Frau ist mit den drei Kindern sehr weit weg gezogen, nach Australien. Er hatte noch im Gerichtssaal behauptet, dass eine schwarzhaarige Frau Schuld sei. Dieselbe Dame, die er später mit der Polizei reden sah und hörte.
Als er in dieser einen Nacht nach Hause kam, schlug er auf sie ein. Er beschimpfte sie, nahm noch einen Schluck aus der halbleeren Wodkaflasche und schlug erneut zu. Die gemeinsame Tochter kam zur Hilfe und wollte ihn mit einem Baseballschläger niederstrecken. Er griff nach ihm, nahm ihn ihr ab und schlug auf sie ein. Daraufhin stolperte er benommen über ihren leblosen Körper und schlenderte gemütlich in die nächste Kneipe.


Ich lebe nun in einer anderen Welt. Nie wieder werde ich so glücklich sein wie zuvor. Ich weiß nicht, was vorher war, doch es war schöner. Diese Frau hat mich umgebracht und nun lebe ich in einer dunklen Welt. Menschen, die bereits tot sind, reden tagtäglich mit mir. Sie greifen nach mir und reden. Sie reden soviel wie diese unbekannte Erscheinung. Ich hasse sie und würde sie noch einmal auftauchen, würde ich wirklich zurückschlagen.
Ja, dieses Mal würde ich es tun und alles würde sich ändern.
Ich zittere.
Wo ist meine Wodkaflasche?
 

Rainer

Mitglied
hallo penny,

dein text gefällt mir, der beginn und das ende sind sehr interessant geschrieben; herrlich nebulös bevor man die auflösung kennt.

um den clou herauszuarbeiten und die leser zu einem stärkeren nachdenken zu veranlassen möchte ich dir empfehlen, den gesamten, erklärend wirkenden (und das hat der text nicht nötig) vorletzten abschnitt herauszunehmen.
natürlich müßtest du dann noch ein bißchen feilen, aber ich glaube, dass trotzdem erkennbar wird, dass die schwarze frau die "schuld" ist.

bitte mehr solcher texte,
viele grüße

rainer
 

katia

Mitglied
liebe penny

also ich schließe mich rainers meinung an. dieser text ist wirklich gut geschrieben, hat aber wesentlich mehr potenzial. zu anfang fand ich einen stolperstein: "Sie war eine Erscheinung, derer ich mich nicht lösen konnte." nach dem komma klänge es in meinen ohren besser: "von der ich mich nicht lösen konnte". ansonsten paar kommas oder so...aber mich hat der plot so fasziniert, dass ich über stolperstein und kommas einfach drüberhüpfte, weil ich unbedingt weiterlesen MUSSTE.

ja, auch ich will mehr dieser texte von dir lesen!

erwartungsvolle und sonnige grüße
von
katia
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Penny,

hier nur mal so Gedanken dazu mit drin.
Ist nicht einfach zu begreifen. So einige Wechsel drin. Vielleicht muss da noch bissl was klarer rausgestellt werden.

Vorerst liebe Grüße
Stoffel

Sie ist schuld!

Ich weiß heute nicht mehr genau, warum ich es getan hatte. Nur dass mir schlecht war. Das Gefühl der Übelkeit musste ungefähr nach dem siebten Whiskey Cola aufgetaucht sein, aber so genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Es kann auch irgendwann während der darauf folgenden Whiskey Pur Runden eingesetzt haben.
Eine junge Frau setzte sich neben mich. Sie war völlig in Schwarz gekleidet und trug eines dieser modischen Netzshirts, die völlig überflüssig waren, da man sowieso durchsehen konnte. Ihre Lippen waren knallrot und es raubte mir fast die Sprache. Sie war irgendwie atemberaubend und ich konnte mich kaum von ihr lösen. Und das wirklich Unglaubliche daran war? eigentlich, dass ich mich noch an sie genau erinnern kann.
Sie grüßte mich freundlich und setzte sich zu mir. Sie nahm wohl an, ich wäre an einem Gespräch interessiert.
War ich aber nicht!
Dann begann sie von einem Erdhaufen zu reden. Allein bei dem Wort Erdhaufen wurde mir schon wieder schlecht. Am liebsten hätte ich ihr ins Gesicht gekoztzt, aber das ließ ich lieber sein.
Sie redete und redete.
Ich hörte nicht zu. Vielmehr kreisten meine Gedanken um diese unglaublich große Nase des Barkeepers. Ob er schon mal an eine Schönheitsoperation dachte? Ging es mir durch den Kopf. Vielleicht würde ihm auch irgendwann mal jemand eine draufhaun? Dann wäre sie eh gebrochen und er konnte sich eine OP sparen.[red]Die Nase hat nen KNORPEL[/red]
Aber was interessiert mich seine Nase? Wieso soll ich ihm sagen, daß sie Scheiße aussieht?

Die schwarz gekleidete [strike]Dame[/strike] redete immer noch.
Ich befand mich in einer dunklen Gasse. In einem leider nur sehr kurz andauernden lichten Moment fragte ich mich, wie ich dorthin gelangt war.
Ja, es wäre wirklich schön gewesen die Antwort darauf zu erfahren.
Die Frau redete noch immer. Warum war sie nur an meiner Seite? -dies dachte ich mir in meinem zweiten, leider auch nur kurz andauernden, lichten Moment-
"So, da sind wir" sagte die Ständig-Redende.
Ich antwortete nicht, folgte ihr nur die Stufen des dunklen Treppenhauses hinauf.
Als wir oben ankamen, begann alles.
Seitdem ist mein Leben nicht mehr so wie es war. Es war einmal schön gewesen. Zugegeben, ich erlebte es meist besoffen. Aber es war schön gewesen. Jetzt ist es dunkel, ich sehe das Licht nicht mehr. Und wenn ich es sehe, dann hasse ich es. Es blendet.
Sie hatte mich in eine [strike]mir fremde[/strike] Wohnung geschleppt, wo bereits eine weitere in schwarz gekleidete Dame mich empfing. Sie setzten mich auf einen Stuhl. Und ab dann weiß ich nichts mehr.
Erst am nächsten Morgen wachte ich auf. Ich wusste, dass es Morgen war, da ein Radiowecker neben mir [strike]im Raum [/strike]stand. Die roten Zahlen leuchteten mir 6:30 entgegen. Dies war absolut nicht meine Zeit und nach hause wollte ich auch. Ich stand auf und wollte gerade gehen, als sie mich festhielt. An meiner Hand.

Ich spürte das Drücken eines überdimensionalen Ringes auf meinem Handrücken. [red]Nun, wenn sie dich hält, egal wie dick der Ring ist, so spürtst du nur die UNTERSEITE des Ringes und der ist immer flach.[/red].
Als ich mich umdrehte sah ich sie. Die Frau. Die Erscheinung. Diese war sie immer noch. Allerdings -und das verwunderte mich sehr- redete sie nicht.
Sie deute mir mich wieder zu setzen. Ich wollte nicht, aber tat es dennoch. Alles war dunkel, doch ihre leuchtenden Augen sah ich. Sie sahen plötzlich nicht mehr freundlich, sondern vielmehr grausam aus.
Ich wachte auf. Wo war ich nur? Ich hatte den abartigen Geschmack von Blut in meinem Mund. Der Spruch "Frauen bringen nur Pech", bekam plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Diese vorher noch so nette "Erscheinung", hatte mich doch glatt niedergeschlagen und ließ mich in meinem eigenen Blut einfach liegen.
Sie hatte mich verhext und ich war ihren Anweisungen gefolgt, tat alles, was sie von mir wollte und als Dank für diese Unterlegenheit schlug sie mich? Nein, also das musste ich mir nicht mehr gefallen lassen. Ich würde aufstehen und ich würde zurückschlagen. Jawohl, genau das würde ich tun.
Und da war sie auch schon. Die Tür öffnete sich, und sie war wieder präsent.
Die Erscheinung, sie sah so liebenswürdig aus. Ich wollte dieses Mal wirklich gehen. Doch ich blieb schon wieder, willig, wie zuvor . Sie war wundervoll. Hatte ich etwas von grausamen Augen gesagt? Ich musste mich geirrt haben. Denn sie war einfach umwerfend wunderschön. Ich hätte wirklich alles für sie getan.
Denkeich zurück, so wünschte ich, ihr niemals begegnet zu sein .
Und wieder wachte ich auf. Oh mein Gott, da waren viele Menschen. Ich befand mich auf einer Trage. Notärzte, die versuchten lebensrettende Maßnahmen an mir durchzuführen. War ich tot? Sie hatte mich erschlagen! Sie hatte mich umgebracht! Wie konnte sie nur?
Da stand sie, ich sah sie ganz klar und deutlich. Sie redete mit Polizisten. Ich konnte ihre Worte hören.
"Ich verstehe es einfach nicht" schluchzte sie.
"Beruhigen sie sich bitte" sagte der Polizist beruhigend zu ihr.
"Er kam nach Hause und war so anders. Er hat wieder getrunken, aber dieses Mal war es anders. Er erkannte nicht einmal die Wohnung, mich und meine Kinder!" rief sie und schluchzte wieder.
Diese Lügnerin! Sie war diejenige, die mich zur Strecke gebracht hatte. Sie hasste mich! Wollte mich loswerden! Sie hatte mich umgebracht! Was in aller Welt erzählte diese Person da? Ich kannte sie doch überhaupt nicht. Glaubte man ihr etwa?

Er wachte auf. Zum wievielten Mal, das wusste er nun auch nicht mehr. Sie hatte ihn angezeigt, wegen schwerer Körperverletzung. Vor Gericht wurde seine Schuldfähigkeit eingeschränkt. Geistige Verwirrtheit wurde nachgewiesen. Er verbringt seine Tage nun in der Psychiatrie. Seine Frau ist mit den drei Kindern sehr weit weg gezogen, nach Australien. Er hatte noch im Gerichtssaal behauptet, dass eine Frau Schuld sei.
Dieselbe Dame, die er später mit der Polizei reden sah und hörte. Diese allerdings war seine Frau. Sie ist auch nicht schwarzhaarig, sondern blond. Netzshirts trug sie nicht einmal in ihrer Jugend, und knallroten Lippenstift würde sie nicht einmal in ihren wildesten Fantasien auftragen.
Als er in dieser einen Nacht nach Hause kam, schlug er auf sie ein. Er beschimpfte sie, nahm noch einen Schluck aus der halbleeren Wodkaflasche und schlug erneut zu. Die gemeinsame Tochter kam zur Hilfe und wollte ihn mit einem Baseballschläger niederstrecken. Er griff nach ihm, nahm ihn ihr ab und schlug auf sie ein. Er stolperte benommen über ihren Körper und schlenderte gemütlich in die nächste Kneipe. Dort traf er seine Schuld.


Ich lebe nun in einer anderen Welt. Nie wieder werde ich so glücklich sein wie zuvor. Ich weiß nicht, was vorher war, doch es war schöner. Diese Frau hat mich umgebracht und nun lebe ich in einer dunklen Welt. Menschen, die bereits tot sind, reden tagtäglich mit mir. Sie greifen nach mir und reden. Sie reden soviel wie diese unbekannte Erscheinung. Ich hasse sie und würde sie noch einmal auftauchen, würde ich wirklich zurückschlagen.
Ja, dieses Mal werde ich es tun und alles würde sich ändern.
Ich zittere.
Wo ist meine Wodkaflasche?
 

Penny

Mitglied
@Rainer
Vielen Dank für deine netten Worte und du hast recht, der vorletzte Abschnitt ist wirklich überflüssig. Manchmal ist weniger eben doch mehr, und das gilt wohl auch für Worte ;)

@katia
Auch dir vielen Dank für deine Antwort. Und (logischerweise) muss ich auch dir recht geben. Mehr von diesen Geschichten gibt es auf jeden Fall, wobei ich mir dabei jetzt lieber etwas mehr Zeit lasse. Aus dem Gefühl zu schreiben, ist manchmal doch nicht alles...

@stoffel
Ich saß heute in einem Seminar über amerikanische Literatur, in dem wir darüber nachdachten, ob der Verfasser eines Textes sprachliche Schwächen hat oder er die Situation des Protagonisten mit siener Ausdricksweise verdeutlichen wollten. Letzendlich war zweiteres für uns zutreffender (wahrscheinlich weil es sich um ein Werk James Baldwin´s handelte). Du hast mir wirlkich gute Verbesserungsvorschläge gemacht, die ich morgen noch einmal unter weniger Zeitdruck in Ruhe anschauen werde. Dann werde ich mir überlegen, ob es zum Protagonisten passt oder ich noch ein wenig an meinem Sprachstil arbeiten sollte. Aber die Tatsache, dass ich es nicht weiss, lässt wohl eher auf Zweiteres schließen.
Vielen, vielen Dank für deine Antwort. Der Umfang zeigt mir, dass du dir viel Mühe mit der Geschichte gegeben hast. das freut mich wirklich sehr!

Lieben Gruß
Die Penny
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Penny,

da musste ich erstmal drüber nachdenken:)

Ich kann mein eigenes Gefühl, oder das eines Prots, ja nur so gut darstellen, wie es mein Sprachschatz zulässt. Das fiel mir zu Deinem Seminar und die zwei Möglichkeiten ein. Wobei ich sie nicht als ZWEI ansehe.
"Sprachliche Schwächen"....hab ich sicherlich auch. Dann helfen mir andere hier bissl weiter. So lernt man was dazu und erweitert (auch durch lesen anderer) ja seinen Sprachschatz.
Nur mal Gedanken dazu:)

lG
Stoffel
 

bluesnote

Mitglied
... put some Water in your Whiskey!

Hallo Penny

Das Thema ist nicht schlecht gewählt, doch ich finde, du hast den Weg zum Ziel ein wenig verworren angelegt.
Die Mitte des Textes ist mir nicht verständlich. Die Hauptfigur träumt oder wacht einige Male zu oft auf. Vielleicht täte es dem Text gut, wenn du ihn gerade dort gnadenlos straffst, wo alles beginnt. Ich habe einige Stellen heraus gesucht, die mir aufgefallen sind und hoffe, das ich dir damit ein paar Anregungen geben konnte.

Sie ist schuld!

Gedanke der Hauptfigur:

Ich weiß heute nicht mehr genau, warum ich zuschlug?
Mir war schlecht. Das Gefühl der Übelkeit musste ungefähr nach dem siebten Whiskey Cola aufgetaucht sein, aber so genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Es kann auch irgendwann während der darauf folgenden Whiskey Pur Runden eingesetzt haben.
Eine junge Frau setzte sich neben mich. Sie war völlig in schwarz gekleidet Ihre Lippen waren knallrot und raubten mir die Sprache. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr lösen.

Der erste Grundsatz amerikanischer Autoren von Kurzgeschichten:

Show, don't tell! Das er von ihr fasziniert ist, hast du ja schon oben aufgezeigt.

Dieser Satz ist also eigentlich nicht nötig: Sie war eine Erscheinung, die mich faszinierte.

Sie grüßte mich freundlich, nahm wahrscheinlich an, dass ich auf der Suche nach einem Gespräch war.
War ich nicht!
Sie begann von einem Erdhaufen zu reden. Allein bei dem Wort „Erdhaufen“ wurde mir schon wieder schlecht. Ich entschied, dass es unhöflich wäre in ihr Gesicht zu kotzen und unterließ es lieber.
Sie redete und redete.
Ich hörte nicht zu. Vielmehr kreisten meine Gedanken um diese unglaublich große Nase des Barkeepers.
Die Frau redete noch immer. – Warum war sie nur an meiner Seite?

In der deutschen Rechtschreibung gibt es keinen Gedankenstrich am Ende eines Satzes, deshalb formatiert Word den zweiten Strich auch nur kurz.
Das habe ich hier in der LL gelernt!

Ich befand mich in einer dunklen Gasse. In einem lichten Moment fragte ich mich, wie ich dorthin gelangt war.
„So, da sind wir“, sagte die Ständig-Redende.
Ich antwortete nicht, folgte ihr nur die Stufen des dunklen Treppenhauses hinauf.
Als wir oben ankamen, begann alles.

Sie hatte mich in eine Wohnung geschleppt, wo bereits eine weitere in schwarz gekleidete Dame mich empfing. Sie setzten mich auf einen Stuhl.
Seitdem ist mein Leben nicht mehr so wie es war. Es war einmal schön gewesen. Zugegeben, ich erlebte es meist besoffen. Aber es war schön gewesen. Jetzt ist es dunkel, ich sehe das Licht nicht mehr. Und wenn ich es sehe, dann hasse ich es. Es blendet.


Am nächsten Morgen wachte ich auf.

Ich wusste, dass es früh war, da ein Radiowecker neben mir stand.

Show, don’t tell! Zeig es dem Leser! Der obere Satz wird nicht gebraucht.

Die roten Zahlen eines Radioweckers leuchteten mir ein grausames 6:30 entgegen.


Dies war absolut nicht meine Zeit und nach hause wollte ich auch. Ich stand auf und hatte eigentlich vor zu gehen.


Sie hielt mich fest. Als ich mich umdrehte sah ich die weibliche Erscheinung wieder. Allerdings, und das verwunderte mich sehr, redete sie nicht.

Ein Komma vor dem Bindewort „und“ setzen, darf der Schreibende selbst entscheiden.

Sie deutete mir, mich wieder zu setzen. Ich tat es. Alles war dunkel, doch ihre leuchtenden Augen sah ich. Die Todesfee gab also mit den Augen die Anweisung, das er sich setzen soll?

Sie sahen plötzlich nicht mehr freundlich, sondern vielmehr grausam aus.

Aus der Traum?
Ich wachte auf. Wo war ich nur? Ich hatte den Geschmack von Eisen in meinem Mund. Der Spruch „Frauen bringen nur Pech“, bekam plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Diese vorher noch so nette „Erscheinung“ hatte mich niedergeschlagen und ließ mich einfach in meinem eigenen Blut liegen.
Sie hatte mich verhext. Ich war ihren Anweisungen gefolgt, tat Alles, was sie von mir wollte und als Dank für diese Unterlegenheit schlug sie mich? Nein, also das musste ich mir nicht mehr gefallen lassen. Ich würde aufstehen und ich würde zurückschlagen. Jawohl, genau das würde ich tun.
Und da war sie auch schon. Die Tür öffnete sich, und sie war wieder präsent.
Die Erscheinung, sie sah so liebenswürdig aus. Ich wollte dieses Mal wirklich gehen. Doch ich blieb schon wieder, willig, wie zuvor. Sie war wundervoll. Hatte ich etwas von grausamen Augen gesagt? Ich musste mich geirrt haben. Denn sie war einfach umwerfend, wunderschön. Ich hätte wirklich Alles für sie getan.
Denke ich zurück, so wünschte ich, ihr niemals begegnet zu sein.
Und wieder wachte ich auf.

Vielleicht öffnest du die Tür deines Schreibzimmers und liest das bitte ein paar Mal mit den Augen des Lesers. Zähl doch einfach einmal mit, wie oft du deine Hauptfigur schon geweckt hast!





Oh mein Gott, da waren viele Menschen. Ich befand mich auf einer Trage. Notärzte, die versuchten lebensrettende Maßnahmen an mir durchzuführen. War ich tot? Sie hatte mich erschlagen! Sie hatte mich umgebracht! Wie konnte sie nur?
Da stand sie, ich sah sie ganz klar und deutlich. Sie redete mit Polizisten. Ich konnte ihre Worte hören. Gut eingefädelt!
„Ich verstehe es einfach nicht“ schluchzte sie.
„Beruhigen sie sich bitte“ sagte der Polizist schlichtend.
„Er kam nach Hause und war so anders. Er hat wieder getrunken, aber dieses Mal war es anders. Er erkannte nicht einmal die Wohnung, mich und meine Kinder!“ rief sie und schluchzte wieder.
Diese Lügnerin! Sie war diejenige, die mich zur Strecke gebracht hatte.
Sie hasste mich! Wollte mich loswerden! Sie hatte mich umgebracht! Warum wollte mir nur niemand glauben?

Hier wechselt die Erzählperspektive vom Ich-Erzähler in die des Allwissenden. Derjenige Erzähler, der über allem „segelt“, sieht einfach mehr.

Sie hatte ihn angezeigt, wegen schwerer Körperverletzung. Vor Gericht wurde seine Schuldfähigkeit eingeschränkt. Geistige Verwirrtheit wurde nachgewiesen. Er verbringt seine Tage nun in der Psychiatrie. Seine Frau ist mit den drei Kindern sehr weit weg gezogen, nach Australien. Er hatte noch im Gerichtssaal behauptet, dass eine schwarzhaarige Frau Schuld sei. Dieselbe Dame, die er später mit der Polizei reden sah und hörte.
Als er in dieser einen Nacht nach Hause kam, schlug er auf sie ein. Er beschimpfte sie, nahm noch einen Schluck aus der halbleeren Wodkaflasche und schlug erneut zu. Die gemeinsame Tochter kam zur Hilfe und wollte ihn mit einem Baseballschläger niederstrecken. Er griff nach ihm, nahm ihn ihr ab und schlug auf sie ein. Daraufhin stolperte er benommen über ihren leblosen Körper und schlenderte gemütlich in die nächste Kneipe.


Ich lebe nun in einer anderen Welt. Nie wieder werde ich so glücklich sein wie zuvor. Ich weiß nicht, was vorher war, doch es war schöner. Diese Frau hat mich umgebracht und nun lebe ich in einer dunklen Welt. Menschen, die bereits tot sind, reden tagtäglich mit mir. Sie greifen nach mir und reden. Sie reden soviel wie diese unbekannte Erscheinung. Ich hasse sie und würde sie noch einmal auftauchen, würde ich wirklich zurückschlagen.
Ja, dieses Mal würde ich es tun und alles würde sich ändern.
Ich zittere.
Wo ist meine Wodkaflasche?

Fazit: In der Hölle und in der Psychiatrie gibt es weder Kneipen noch Schnapsflaschen, um Mitmenschen zu erschlagen!

Viele Grüsse.

Udo
 



 
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