Marcus Richter
Mitglied
Silbermond und Stöckchen
Muss ich also ganz von vorn anfangen? Bei jener Gesellschaft, die die Humain, Julie Humain im Chateau du Prix gab? Soll ich vom Rauschen der Ballkleider berichten, dem Nippes und Tand, dem Dom Perignon, den gebückten Lakaien? Ihre Schritte flüsterten nur über den Marmorfußboden, während die Sohlen der Gäste ebenso unbarmherzig die Mosaike schlugen, wie Madame Julie einen untersetzten Chinesen, der ihr beim Reichen des Aperitifs die italienische Seide versaute.
„Sie ist zu gütig“, flüsterte ich, den weichen, fleischigen Teil ihrer Ohrmuschel kauernd, während sich der Chinese tausendmal entschuldigend entfernte.
„Sie ist die Quelle aller Liebe unter den Menschen, und Ihr Busen trägt das Herz, dessen wohlwollender Schlag den Hunger aus den Hütten der Gemeinen vertreibt.
Sie ist die Brust, an die sich die Lippen der Liebeskranken schmiegen und an der Milch gesunden. Sie ist der Schoss, der jeden Tag die Sonne gebärt und die Lilie ernährt. Sie ist der Kuss…
…an dem auch ich verzweifeln muss.“
„Nespas!“
Ihre Stimme stolperte so zärtlich in mein Ohr, dass ich mit meinen Lippen über den Flaum auf ihren Wangen bis zu den ihren kroch, um dort das rote Fleisch zu tupfen.
Als der Mond aufging, da hätte ich mich fast verwandelt.
Die Soiree war nicht von solcher Art, dass meine ungebührlichen Avancen auf sonderliche Aufmerksamkeit gestoßen wären. Ich glaube, hinter einem Vorhang trieb es ein Marquis sogar mit einem Schaf. Das Blöken machte mich ganz wild.
„Er ist ein Tier“, so hauchte die Humain. Mir stellten sich die Nackenhaare auf und wurden schwarz und spitz und krochen aus der Haut, dass ich´s kaum halten konnte.
Da verschwand der Mond für Augenblicke hinter einer Wolke, und ich war nah am Heulen.
Und spürte schon das weiche Haar an meiner Hand und kraulte den süßen Flaum in ihrem Schoß. Ich war gewiss, ich würde meinen Biss noch heute Nacht in diese warme Wolle graben.
„Ist sie nicht süß“, sprach die Humain.
Und eben in diesem Augenblick, da schleckte mich ein Zünglein. Ein Näschen schnupperte an meiner Haut, und Zähnchen gruben sich hinein und kniepten. Meine Hand war im Fell einer jungen Hündin, die im Schoß der Humain lag und mir den Bauch zudrehte. Da war ganz weiches Fell, so weich wie Seide. Oder soll ich sagen, was weiß ich schon von Seide, so weich war das Fell! Ich war verliebt, schon in dem Augenblick, als ich ihr in die kleinen, schwarzen Augen sah. Da sprang sie aus meinen Händen und tänzelte in Richtung der Terrasse und wandte mir dabei ganz ungeniert ihr Allerheiligstes zu. Wie eine Königin ließ sie es mich betrachten, während sie davon stolzierte.
„WO KANN ICH MIT IHR ALLEIN SEIN“, platzte ich heraus, denn eben gerade kroch der Mond, der silbergraue, wieder hinter einer Wolke hervor. Ich packte die Humain, die einer Ohnmacht entgegenirrlichterte wie ein Stück Vieh und zerrte sie der Hündin nach.
„Er ist ein Tier“, schrie sie und ließ sich reißen, dorthin, wo meine Sehnsucht eben, flüchtig, durch den Spalt der Flügeltüren ins Freie glitt.
ICH ROCH DEN MOND! Ich roch den wilden Wald, der keine Meile entfernt im Nachtwind paradierte. „ICH MUSS SIE LIEBEN“, schwor ich, und die Humain wurde ganz fahl, als ich sie rüttelte. „HÖREN SIE, MADAME, ICH MUSS SIE LIEBEN!“
Das war der eng geschürten Brust zu viel, und sie begann an ihrem Mieder zu zerren, als ob´s ums Leben ginge. In eben diesem Augenblick strich mir ein Schweif den Schritt, und ich erschauderte und wankte in die Arme der Humain, die ihre welken Brüste grade aus dem Mieder schälte, wie eine lose Wurst aus einem Darm. Ich sank zu Boden, das Gesicht in ihren Schoss vergraben und schwer atmend. Die Hündin leckte mir die Hand, und ich knurrte und wand mich, weil mir schon die Hände zu Pfoten wurden und das Gesicht zum Maul. Im nächsten Augenblick würden mir die Reißzähne wie Dolche aus den Oberkiefern stoßen.
ICH BIN EIN TIER, NESPAS?
Man ist schnell zur Hand mit dem Jagdgewehr, wenn sich einer in einen Wolf verwandelt. Auch die Humain schrie nur zwei Mal, bevor sie sich besann und mir mit einem Zweischüsser hinterher knallte. Ein Marquis, über ein verliebtes Schaf stolpernd, fiel in einen Degen und verletzte sich schwer.
Ich aber sprang dem Wald entgegen, einem schweren, bleiernen Geruch folgend. Sie war ganz nah und ließ mich irre werden an ihrer Spur. Dort im Dunkel, unter den Farnen blitzten ihre Augen.
Liebestoll setzte ich nach.
Muss ich also ganz von vorn anfangen? Bei jener Gesellschaft, die die Humain, Julie Humain im Chateau du Prix gab? Soll ich vom Rauschen der Ballkleider berichten, dem Nippes und Tand, dem Dom Perignon, den gebückten Lakaien? Ihre Schritte flüsterten nur über den Marmorfußboden, während die Sohlen der Gäste ebenso unbarmherzig die Mosaike schlugen, wie Madame Julie einen untersetzten Chinesen, der ihr beim Reichen des Aperitifs die italienische Seide versaute.
„Sie ist zu gütig“, flüsterte ich, den weichen, fleischigen Teil ihrer Ohrmuschel kauernd, während sich der Chinese tausendmal entschuldigend entfernte.
„Sie ist die Quelle aller Liebe unter den Menschen, und Ihr Busen trägt das Herz, dessen wohlwollender Schlag den Hunger aus den Hütten der Gemeinen vertreibt.
Sie ist die Brust, an die sich die Lippen der Liebeskranken schmiegen und an der Milch gesunden. Sie ist der Schoss, der jeden Tag die Sonne gebärt und die Lilie ernährt. Sie ist der Kuss…
…an dem auch ich verzweifeln muss.“
„Nespas!“
Ihre Stimme stolperte so zärtlich in mein Ohr, dass ich mit meinen Lippen über den Flaum auf ihren Wangen bis zu den ihren kroch, um dort das rote Fleisch zu tupfen.
Als der Mond aufging, da hätte ich mich fast verwandelt.
Die Soiree war nicht von solcher Art, dass meine ungebührlichen Avancen auf sonderliche Aufmerksamkeit gestoßen wären. Ich glaube, hinter einem Vorhang trieb es ein Marquis sogar mit einem Schaf. Das Blöken machte mich ganz wild.
„Er ist ein Tier“, so hauchte die Humain. Mir stellten sich die Nackenhaare auf und wurden schwarz und spitz und krochen aus der Haut, dass ich´s kaum halten konnte.
Da verschwand der Mond für Augenblicke hinter einer Wolke, und ich war nah am Heulen.
Und spürte schon das weiche Haar an meiner Hand und kraulte den süßen Flaum in ihrem Schoß. Ich war gewiss, ich würde meinen Biss noch heute Nacht in diese warme Wolle graben.
„Ist sie nicht süß“, sprach die Humain.
Und eben in diesem Augenblick, da schleckte mich ein Zünglein. Ein Näschen schnupperte an meiner Haut, und Zähnchen gruben sich hinein und kniepten. Meine Hand war im Fell einer jungen Hündin, die im Schoß der Humain lag und mir den Bauch zudrehte. Da war ganz weiches Fell, so weich wie Seide. Oder soll ich sagen, was weiß ich schon von Seide, so weich war das Fell! Ich war verliebt, schon in dem Augenblick, als ich ihr in die kleinen, schwarzen Augen sah. Da sprang sie aus meinen Händen und tänzelte in Richtung der Terrasse und wandte mir dabei ganz ungeniert ihr Allerheiligstes zu. Wie eine Königin ließ sie es mich betrachten, während sie davon stolzierte.
„WO KANN ICH MIT IHR ALLEIN SEIN“, platzte ich heraus, denn eben gerade kroch der Mond, der silbergraue, wieder hinter einer Wolke hervor. Ich packte die Humain, die einer Ohnmacht entgegenirrlichterte wie ein Stück Vieh und zerrte sie der Hündin nach.
„Er ist ein Tier“, schrie sie und ließ sich reißen, dorthin, wo meine Sehnsucht eben, flüchtig, durch den Spalt der Flügeltüren ins Freie glitt.
ICH ROCH DEN MOND! Ich roch den wilden Wald, der keine Meile entfernt im Nachtwind paradierte. „ICH MUSS SIE LIEBEN“, schwor ich, und die Humain wurde ganz fahl, als ich sie rüttelte. „HÖREN SIE, MADAME, ICH MUSS SIE LIEBEN!“
Das war der eng geschürten Brust zu viel, und sie begann an ihrem Mieder zu zerren, als ob´s ums Leben ginge. In eben diesem Augenblick strich mir ein Schweif den Schritt, und ich erschauderte und wankte in die Arme der Humain, die ihre welken Brüste grade aus dem Mieder schälte, wie eine lose Wurst aus einem Darm. Ich sank zu Boden, das Gesicht in ihren Schoss vergraben und schwer atmend. Die Hündin leckte mir die Hand, und ich knurrte und wand mich, weil mir schon die Hände zu Pfoten wurden und das Gesicht zum Maul. Im nächsten Augenblick würden mir die Reißzähne wie Dolche aus den Oberkiefern stoßen.
ICH BIN EIN TIER, NESPAS?
Man ist schnell zur Hand mit dem Jagdgewehr, wenn sich einer in einen Wolf verwandelt. Auch die Humain schrie nur zwei Mal, bevor sie sich besann und mir mit einem Zweischüsser hinterher knallte. Ein Marquis, über ein verliebtes Schaf stolpernd, fiel in einen Degen und verletzte sich schwer.
Ich aber sprang dem Wald entgegen, einem schweren, bleiernen Geruch folgend. Sie war ganz nah und ließ mich irre werden an ihrer Spur. Dort im Dunkel, unter den Farnen blitzten ihre Augen.
Liebestoll setzte ich nach.