Sommerende

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wondering

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Sommerende

Die Kraft der Sonne, sie läßt nach
der Tag verliert an Stunden,
das satte Grün des Sommers, ach
so langsam ist's verschwunden.

Verschwenderisch greift die Natur
noch einmal in die Farben,
holt alles raus, färbt mit Bravour
die Blätter als sie starben.

Der harte Sturm bläst Tag und Nacht
verwirbelt was gefallen,
die Wolken tragen feuchte Fracht
und Vogels Rufe bald verhallen.

Nebel hat den Wald verschlungen
er deckt auch Weg und Wiesen zu,
in feuchtem Duft und Dämmerungen
legt sich die Welt ganz bald zur Ruh'.

Nur noch einmal bricht die Sonne
unaufhaltsam durch den Raum,
spinnt ihre Fäden voller Wonne
läßt uns wandeln wie durch Flaum.

Ein Blatt so gelb aus diesen Tagen
ich nehm' es so beim Gehen mit,
es soll im zähen Winter sagen,
wie grün der Wald den ich durchschritt.

Sinnend in geheimer Klage
denk' ich an das Sommerglück,
seh' das Leuchten in der Heide
weiß genau, er kommt zurück.
 
@ wondering

Das Gedicht ist ja nun nicht schlecht.
Auffallend eine Unlogik:

"Ein Blatt so gelb aus diesen Tagen
ich nehm' es so beim Gehen mit,
es soll im zähen Winter sagen,
wie grün der Wald den ich durchschritt."

Wie nur erinnert Dich ein "gelbes Blatt" an das Grün des Sommers?

Und Theodor Storm schrieb 1850 in der Novelle "Ein grünes Blatt":

"Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
Ich nahm es so beim Wandern mit,
Auf daß es einst mir könne sagen,
Wie laut die Nachtigall geschlagen,
Wie grün der Wald, den ich durchschritt."

Die math. Wahrscheinlichkeit, daß diese Koinzidenz Zufall ist, ist außerordentlich gering!
 

wondering

Mitglied
Hallo Waldemar,
"nicht schlecht" ist für mich schonmal gut, danke.
Zum gelben Blatt: da habe ich doch nach allen Vorgaben der Strophen vorher, dem Leser ein bißchen Denken überlassen (auch wenn ich selbst darüber stolperte). Und weiterhin, es spricht für dich und deine Belesenheit, diesen kleinen Diebstahl aufzudecken, dem ich mich bediente, nachdem es "hing"... der gute Storm ist mehr als siebzig Jahre nicht mehr unter uns, so ist es legitim, sich "an ihm anzulehnen"... für mich gilt, es fühlt sich gut an.
 
Das Gedicht fühlt sich in der Tat gut an, freundlich und irgendwie "abgeklärt", ein schönes Kleinod !

Das mit dem Storm war nicht so sehr "allgemeine Belesenheit" (hab seit Jahren kaum noch Zeit Lit. zu lesen), als die Tatsache, daß Storms Novellen usw. einen Teil meiner Jugend nachhaltig füllten, und ich ihn vor Kurzem wieder vornahm, weil mir seine Form der Novelle zu Text- und FormAnalysen dient (Semiotik).
Deshalb hatte ich sofort die Verbindung (kann Teile Storms mittlerweile "fast auswendig")
 



 
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