Sommertage

Marc Appat

Mitglied
Sommertage



Alles könnte so schön sein. Warum ich? Warum nur, warum? Ich habe sie noch immer im Ohr. Meine Freunde. Wie sie sich freuen auf diesen Sonntag. An den See wollen sie fahren, ja. Natürlich haben sie mich gefragt, ob ich mit will. Warum sollten sie mich auch nicht fragen? Natürlich will ich mit. Warum hätte ich auch nicht mit wollen? Aber ich gehe nicht mit. Wieder einmal. Schon vor vier Wochen ging ich nicht mit.



Glaubt mir, es ist besser so, wenn ich nicht dabei bin. Ihr hättet alle keine Freude an mir. Und ich am allerwenigsten. Es ist so frustrierend. Jetzt sitze ich hier zu Hause und quäle mich durch den Tag. Es ist so einsam. Wie gerne wäre ich jetzt auch am See? Würde mich auf der Wiese räkeln und der Sonne die Morphose meiner Haut genehmigen. Herumtollen, Federball spielen. Im Wasser abkühlen, wenn es zu warm geworden ist. Es ist so herrlich am See. Aber ich sitze zu Hause und quäle mich durch den Tag.



Gestern Abend sind sie alle zusammen weg gegangen. Auch mich hatten sie angerufen, ob ich nicht mit ginge. In den Biergarten. Und alle waren sie da. Nur ich hatte gefehlt. Ich bin nicht hin gegangen. Es war ein einsamer Abend, gestern. Traurig. Allein gelassen. Verlassen. Aber glaubt mir, es war besser so. Besser, dass ich nicht dabei war. Ihr hättet alle keine Freude an mir gehabt. Und ich am allerwenigsten. Es ist so frustrierend.



Immer wieder übermannt mich das Gefühl. In regelmäßigen Abständen verweigere ich mich jeglicher Aktivität. Ich gehe dann noch nicht einmal mehr zur Arbeit. Möchte nichts und niemanden sehen. Habe das Gefühl, jeder könne es riechen, wie schlecht es mir geht. Verkrampfe elendig. Und fühle mich unendlich einsam. Nein, ich habe mich noch niemals jemandem anvertraut. Warum sollte ich das tun? Ich gehe einfach nicht mit, wenn es mir mal wieder schlechter geht. Zum Glück ist es nur im Sommer so extrem. Ja, den Winter kann ich genießen, obwohl es mich überkommt. Es ist erstaunlich, aber die Luft ist im Winter viel frischer. Habe keine Angst mehr, dass jemand meine Gefühle riecht. Der Duft nach frischem Schnee überdeckt meine Sorge, entdeckt zu werden. Auch der Frühling ist eine herrliche Zeit. Der Duft nach frischen Blumenwiesen. Wie liebe ich es, auch wenn es mich überkommt. Wildblumen, wie herrlich sie duften. Der Herbst, der Geruch nach frischem Laub in den Wäldern, ich liebe ihn. Der Geruch der Natur überdeckt alles.



Der Sommer ist ohne Geruch. Stattdessen hängt meine Witterung bedeutungsschwer in der Luft. Jeder kann es riechen, wie schlecht es mir geht. Alleine der Gedanke daran lässt mich erneut verkrampfen. Mein ganzer Körper wird gepeinigt von diesen Schmerzen. Krämpfe durchzucken meinen Leib. Es ist das Beste für alle, dass ich nicht mit gegangen bin. Auch wenn es jetzt so einsam ist. Ich bin so traurig. Alleine. Allein gelassen. Auf eigenen Wunsch. Glaubt mir, es ist besser so. Vor allem für mich. Ihr hättet alle keine Freude an mir.



Alle vier Wochen wiederholt sich dieses schreckliche Spiel der Natur. Aber nur im Sommer vertrage ich es nicht. Ich hasse meine Sommertage.
 



 
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