Sonettenkranz "Genau das sind die Leselupenforen" (Koproduktion)

4,70 Stern(e) 3 Bewertungen

HerbertH

Mitglied
Wer hätte das gedacht? Hier ist die Koproduktion von
Maren, Rhea, Stator und mir, die als Fingerübung entstand, und die ich auf Stators Anregung jetzt hier mit kleinen glättenden Änderungen einstelle. :)


Sonettenkranz "Genau das sind die Leselupenforen"

1

Was für ein Glück, wenn Worte sich verwinden,
so wie der Kranz, den man der Jungfrau reicht,
so grundlos tief verfasst und doch so leicht.
Es fordert viel Geduld sie auch zu finden.

Das ist des Autors wahre Eigenschaft,
aus ihr bezieht er seine Energie.
Besonnenheit erschafft die Poesie
in deren Handlung keine Lücke klafft.

Denn das wär doch fatal für den Erfinder
wenn Leser seine Werke nicht verstehen.
So mancher Dichter schreibt ja auch für Kinder,

dann sollte es sich auch um diese drehen.
Es sei ein jedes Werk, nichtsdestominder,
so wie man es bislang noch nicht gesehen.


2

So wie man es bislang noch nicht gesehen,
erscheint ein Thema aus dem grauen Dunst
und schwingt mit weiten Schwingen sich zur Kunst
hinauf. Wie konnte das so schnell geschehen?

Er grübelt noch, wie er es sagen soll,
da sprudeln schon die Worte dieses Themas
an ihm vorbei heraus, bar jeden Schemas,
und tanzen elegant die Zeilen voll.

Bestürzt besieht er sich der Worte Toben,
den Schneesturm, den sie ihm ins Zimmer wehen,
entsetzte Blicke schickt er gleich nach oben.

Wem tritt er mit dem Ausbruch auf die Zehen?
Wer soll ihn denn nach diesen Worten loben,
wo aus Erdachtem Handlungen entstehen?


3

Wo aus Erdachtem Handlungen entstehen,
sich formen zu Erzählungen, Geschichten,
zu inhaltschweren, tragischen Gedichten
gewoben, eh der Schreiber sich versehen.

Der Welten Auf- und Untergang beschrieben,
der Menschen Ach und Weh beklagt, belächelt,
dem Atemlosen wortreich Luft gefächelt
und manches auf die Spitze auch getrieben.

Wenn Witz zur Ironie, gar zum Sarkasmus
sich wandelte und aufs Papier sich streute,
wenn Blumen mittels Bienchen zum Orgasmus

verleiten, wird der Dichter Wege finden,
die Worte zu verknüpfen, was ihn freute,
Die jeden Leser fesselnd an sich binden.


4

Die jeden Leser fesselnd an sich binden,
sind meist Geschichten die das Leben schrieb.
Was uns den Schauer in den Nacken trieb
kann aus dem Kopf nicht mehr so schnell verschwinden.

Wer seine Zugstation dereinst verpasst,
weil ihn ein Buch so sehr in seinem Zauber hielt,
dass alles Drumherum auf Nebenrollen zielt,
der hat den wahren Zweck der Dichterei erfasst.

Das ist doch klar, wer mag schon Langeweile?!
Doch fällt so schnell nichts in des Schreibers Schoße,
und oft zerfällt der Stoff in Einzelteile.

Doch führt die Muse erst den Dolch zum Stoße
dann wünscht' er, dass sie lang' dabei verweile.
So sitzt der Dichter da und plant das Große.


5

So sitzt der Dichter da und plant das Große,
das wahre Meisterwerk soll nun entstehen,
er will die Muse mit Gewalt, nicht flehen,
will, dass sie dient, hätt' gern sie auf dem Schoße.

Nie diente sie, denn das hat sie nicht nötig,
erscheint nur wann sie will, nicht wenn sie sollte,
wenn ihr ein Dichter keine Achtung zollte,
dann blieb sie fern. Sie ist nicht anerbötig!

So harrt er nun, der Schreiberling des Wollens,
der Druck nur Meisterwerke zu erschaffen,
er lastet schwer. Die Muse, Bild des Schmollens,

erscheint ihm nicht, er findet sie gemein.
Er wünschte doch, dass alle ihn begaffen,
doch schreibt er nur für's stille Kämmerlein.


6

Doch schreibt er nur für's stille Kämmerlein?
Er will dies Fatum lieber nicht bedenken,
dies ignorierend sich das Hirn verrenken,
und träumt davon, die Muse doch zu frein.

Er will, er muss der Welt noch Verse schenken,
es will heraus, es drängt sich aus der Brust,
kein Wort zuviel, das rechte Metrum, Lust
erfinden, Bilder schaffen, Worte lenken.

Nur Ruhe braucht er, dann wird's diesmal klappen.
Er spürt es tief im Herzen, so wird's fein
uns munden, freut sich schon auf leck're Happen.

Des Dichters Festmahl ist kein Gänseklein,
er reitet resch auf Phantasiens Rappen
bei Kerzenlicht und fahlem Dämmerschein.


6a

Doch schreibt er nur fürs stille Kämmerlein,
wo niemand sieht, wie sehr er manchmal leidet
und jedes Wort zum Werk ganz streng vermeidet.
Die Angst vor Häme drückt ihn schwer wie Stein.

Dort schafft er Welten, lässt sie sich entfalten,
und wenn ihm danach ist, auch wieder untergehen.
Was für ein Abenteuer, zuzusehen,
dem Werden der erfundenen Gestalten.

Da fühlt er sich zum Schöpfertum ermächtigt.
Was steht und fällt bestimmt er ganz allein.
Als Gott ist man zu jeder Tat berechtigt.

So flieht er dem realen Tun und Sein
und hat am Text schon öfters übernächtigt,
bei Kerzenlicht und fahlem Dämmerschein.

7

Bei Kerzenlicht und fahlem Dämmerschein
ergreift ihn die Erkenntnis wie im Sturme,
er sei doch ohne Muse gleich dem Wurme,
der kriecht durchs Dunkle, Kalte, winzig klein.

Er drängt den Stolz zurück, hebt an zu bitten,
erklärt und findet Worte sie zu locken
und bietet ihr das Canapé zum Hocken
in seiner Näh' zu weilen wohl gelitten.

Und siehe da! Die Muse so gebeten,
schleicht leis' herbei, sie lässt sich bei ihm nieder
und sieh, die er mit Füßen schier getreten,

sie treibt ihn nun, wie Wasser treibt die Floße
wohl wissend, schmunzelnd, streckt die feinen Glieder:
Sein Fazit liegt zu oft bei Quatsch mit Soße!

8

Sein Fazit liegt zu oft bei: Quatsch mit Soße!
Da ist der Dichter mit sich selbst nicht fein.
Die Muse hört's und macht sich wieder klein,
lässt ihn zurück inmitten seiner Chose.

Er grübelt, zweifelt, legt die Stirn in Falten,
glaubt nicht daran, dass es ihm noch gelingt
und eines Tags ein Werk zum Leser dringt.
Ihm bleibt, sein reiches Schaffen zu verwalten.

Es stapeln sich im Eck die Kurzgeschichten,
die sich ihr Schicksal dort mit Lyrik teilen.
Sie zu bewerten traut er sich mitnichten.

Besinnt er sich, so fällt ihm ein, zuweilen,
er muss auf Wichtiges schon lang verzichten:
ihm fehlt das Feedback auf die vielen Zeilen.

9

Ihm fehlt das Feedback auf die vielen Zeilen,
so fleht und jammert er die Muse an.
Die schert sich leider keinen Deut daran,
wie er auch bittet, bettelt, zu verweilen.

Die Muse lacht und reicht Papiere hin,
die er beschrieben schon vor langer Zeit,
sagt: "Lies nur selbst, bist du dazu bereit?"
Er liest und staunt, versteht hernach den Sinn:

Für sich, für Liebste hat er einst gedichtet.
Manch Herz mit schönen Worten sich erkoren
und meistens ungefragt das Werk verrichtet.

Doch hat er nie den Spaß daran verloren,
Geschichten nicht nach Feedback schwer gewichtet,
die sein Gehirn im Lauf der Zeit geboren.

10

Die sein Gehirn im Lauf der Zeit geboren,
die Dinge sind es, die ihn jetzt erdrücken.
Es schmerzt vom falschen Sitzen ihm der Rücken
und Rauschen füllt, statt Stille, seine Ohren.

Es ist ein hartes Brot, das Verseschmieden,
der Klang der Wörter fordert Harmonie.
Doch mit der Zeit fiel er in Agonie
und findet nimmer mehr den inn'ren Frieden.

Weil niemand da ist, mal zu applaudieren,
die wunde Seele aufmunternd zu heilen.
Er spürt die Lust am Dichten zu verlieren,

hängt angeschlagen, ratlos in den Seilen.
Ihn retten könnte, vor dem Kollabieren,
ein Ort, wo Gleichgesinnte gern verweilen.


11

Ein Ort, wo Gleichgesinnte gern verweilen,
weil der Gedankenaustausch sie vereint,
wo man zusammen lacht, und wer da meint
den großen Drang, sich andren mitzuteilen

an dieser Stelle sorglos auszuleben,
der sei willkommen. Aber nur im Traum.
Der Dichter glaubt an die Erfüllung kaum,
ist nahe dran sich selber aufzugeben.

Wie sehr wünscht er sich lang schon im geheimen,
dass seine Kunst, die scheinbar angeboren,
und sich artikuliert in wilden Reimen,

mal wahrgenommen wird, auch von Lektoren.
So wär, wo einmütig die Verse keimen
ein Mekka für geschundene Autoren.



12

Ein Mekka für geschundene Autoren,
zu dem sie reisend ihre Hadsch vollenden,
um sich und uns ein wenig Ruh zu spenden?
Das Ziel ist neuer Sprit für Reimmotoren,

und volle Kraft für frische Versesporen,
und mehr noch für die lieben Lyriklenden,
die müssen stetig rege Samen senden,
denn daraus nur wird ein Gedicht geboren.

So müßt es idealerweise sein,
und könnt man dies mit andern glücklich teilen,
wärs Paradies im vollen Wonnenschein.

Doch öfter hängt man etwas in den Seilen,
das Paradies ist Dichtern oft nur Schein,
die sich mit Wortgewalt auch manchmal keilen.

13

Die sich mit Wortgewalt auch manchmal keilen,
sie raufen, dass Gedankenfetzen fliegen,
sie wechselnd obenauf sind, unterliegen
und wieder Glück und Leid des Dichtens teilen.

Man liest die and'ren, wühlt in ihren Werken
grad wie ein Trüffelschwein um zu entdecken,
was sie in ihren Versen tief verstecken
an raren Perlen, die sich dortselbst stärken

bis sie erlesen werden, filetiert
von Dichterfreunden, doch auch Feindautoren
zerlegen Zeilen, rupfen, skeletiert

bleibt dann zurück, was mutig man beschworen,
es wird mit Lob, mit Häme mariniert.
Genau das sind die Leselupenforen!

14

Genau, das sind die Leselupenforen!
Begrünte Seiten, virtueller Art,
wo man mit Lob sowie Kritik nicht spart.
Ein Ort der Denker und der Diktatoren.

Die Mischung macht's, so ist's auch dort, wie immer,
so manche Diskussion verläuft recht heiß
und doch, am Ende schließt sich meist der Kreis.
Zurück bleibt der Erkenntnis heller Schimmer.

So ruft die Seiten auf, wem Austausch wichtig,
und wer die Muse sucht, der kann sich binden.
Sie fliegt ihm zu, verschafft ihm folgerichtig,

in Kopf und Herz befreites Wohlempfinden.
Und dies Gefühl ist nicht gebührenpflichtig!
Was für ein Glück, wenn Worte sich verwinden.


15 (Meistersonett)

Was für ein Glück, wenn Worte sich verwinden,
so wie man es bislang noch nie gesehen,
wo aus Erdachtem Handlungen entstehen,
die jeden Leser fesselnd an sich binden.

So sitzt der Dichter da und plant das Große,
doch schreibt er nur für's stille Kämmerlein,
bei Kerzenlicht und fahlem Dämmerschein.
Sein Fazit liegt zu oft bei: Quatsch mit Soße!

Ihm fehlt das Feedback auf die vielen Zeilen,
die sein Gehirn im Lauf der Zeit geboren.
Ein Ort, wo Gleichgesinnte gern verweilen,

ein Mekka für geschundene Autoren,
die sich mit Wortgewalt auch manchmal keilen:
genau das sind die Leselupenforen!
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Herbert, liebe FreundInnen des Sonettenkranzes!

Wie ich schon im Hauptthread schrieb, habt ihr hier etwas ganz Besonderes geschaffen. Und zwar etwas besonders Gutes! - Es ist nicht allein der Inhalt der so mundet, nicht allein die hohe Kunstfertigkeit des Sonettierens ...

Ich bewundere darüber hinaus die gelungene Kooperation, die ihr durchweg zeigt, die geradezu freundschaftliche Zusammenarbeit, die von großem Respekt und ebensolcher Kritikfähigkeit geprägt ist.

Aktive und passive Kritikfähigkeit sind m. E. die Fundamente eines gelingenden Literaturforums. - Oft findet man diese leider nur in den Übungsthreads.

Meinen Glückwunsch jedenfalls.

Heidrun
:)

P.S.: Darf ich hier werten? Oder wie?
 
G

gitano

Gast
Hallo an die Soenttista Kommune!
Euer Engagement, daß durch dieses Werk zum Ausdruck kommt ist schlichtweg grandios!
Für dieses gemeinschaftliche Erarbeiten gäbe es von mir für jeden Einzeltext eine 10, macht zusammen 150!

Was meine Gedanken und Eindrücke zum Handwerk, zum inhaltlichen Gestus betrifft, halte ich es so wie mit meinen besten Freunden:
wenn sie mir nicht unverblühmt ihre Gedanken äußern können, wären wir keine besten Freunde!

es ist für mich im Moment nicht möglich alle 15 Sonette genau anzuschauen (vielleicht hilft mir ja jemand dabei?).
Ich äußere daher zunächst einmal einige Eindrücke zum Soentt 1 und 2.
Ich bitte ausdrücklich darum, daß meine Hinweise so zu verstehen, daß eine Weiterentwicklung des Begonnenen möglich ist. Wenn ich mich dabei LEIDER zu sehr auf eher kritische Punkte beziehe, ist es daher, dass man Gutes ja nicht unbedungt ändern muß...und sicher auch weil so eine Analyse auch anstrengend ist. Z. B. den faden zu behalten etc.

Sonett 1:
Reimschema: aBBa CDDC efe fef
Vers 1: Was für ein Glück
Als Ausruf gedacht lese ich "Was" metrisch deutlich schwerer als das nachfolgende "für".

Vers 2: so wie der Kranz, den man der Jungfrau reicht,
das "den" nach dem Komma bezieht sich inahltlich auf Kranz und nimmt damit mehr Betonung an als "man"

Vers 12: dann sollte es sich auch um diese drehen
"es sich auch" ist in bezug auf die metrische Umgebung sehr uneindeutig, nach meiner Lesart kann "es" hier nicht tragend fü eine Betonung sein.

Vers 13:es sei ein jedes Werk, nichtsdestominder
brr :( nichtsdestominder was für eine schlimme Kreation für ein Sonett, ein Füllwort, kaum Handlung tragend, und dazu metrisch nicht wirklich einfügend wenn "Werk" betont ist kann "nichts...) als nachbar ja schlecht auch betont sein (Metrikproblem)

Vers 14: so wie man es bislang noch nicht gesehen.
"man es bis-" ist metrisch sehr unklar. Ich persönlich lese hier kein jambisches Metrum, denn "es" ist nicht wirklich tragend dazu, und relativ zur Betonungsumgebung, besonders in Bezug zum "bis-" eher schwach

Sonett 2:
Reimschema: aBBa CDDC efe fef
Vers 1: so wie man es bislang noch nicht gesehen.
siehe V14 Sonett 1

Vers 2: erscheint ein Thema aus dem grauen Dunst
"Thema" leseabhängig, uneindeutig, könnte auch ein - - (Spondeus) sein.

Vers 5:Es grübelt noch, wie er es sagen soll,
nach meiner Lesart und dem Sinnbezug müßte das "wie" Betonung annehmen, keinenfalls aber das "er" (Metrikproblem)

Vers:6: es sprudeln schon die Worte dieses Themas
Hier ist "Themas" unkritischer weil am Ende und mit verlängerter Endung"s", das folgende "an" ist schwächer

Vers 9: Bestürzt besieht er sich der Worte toben
"-sieht er sich der" "sieht" ist betont eindeutig, aber "sich" erscheint mir hier sehr fragwürdig, zumindest nicht eindeutig betont oder unbetont

Vers 10: der Scheesturm, den sie ihm ins Zimmer wehen
"Schneesturm" galt mal in einigen Metrikeinführungen als Beispiel für einen Spondeus (- -) wirklich gelesen werden ja mehr Silben: Sch nee sch t urm...

Vers 12:
Wem tritt er mit dem Ausbruch auf die Zehen?
(P.S. frag ich mich manchmal auch :)) )
"Wem" ist länger und metrisch schwerer als "tritt"..auch danach holperts..

Vers 13: Wer soll ihn denn nach diesen Worten loben?
"soll ihn denn" wieder sehr auffallende metrische Unklarheiten

Vers 14: wo aus Erdachtem Handlungen entstehen?
Nach meiner Meinung "Erdachtem Handlungen" wegen:
"Erdachtem"= zweite Silbe betont, dann kann nicht "Handlungen" auf der letzten Silbe betont sein

Kurzes Fazit zu metrik und Reimklang:
Viele Metrikabweichungen/Uneindeutigkeiten
wenig jambisch durchgehende Sentenzen
weinig klangvolle Reimideen
kaum (fast kein Enjabement)
sowie ein vom klassischen Vorbild abweichendes Reimschema
teilweise sprachlich recht bemühte/verquere (unglückliche?) Formulierungen z. B. So1 V5 und 12,14 So 2, V3 (und schwingt mit weiten Schwingen= Tautologie...sich zur Kunst hinauf)
Füllungen ohne tragende Funktion

sind insgesamt dann die Hauptpunkte weshalb nach meinem Leseeindruck die rechte Sonettfreude nicht aufkommen mag.

Von den Formulierungen lehne ich persönlich den plakativ pathetischen Sprachgestus ab (z.B. So 2 V3). Er klingt mir zu sehr aufgesetzt im Verhältnis was tatsächlich als Aussage da steht...und ist meiner Meinung nach auch inhaltlich an einigen Stellen sehr überzeichnet...will sagen: Dichter sind wir alle nicht hier (vielleicht gibt es ganz wenige Ausnahmen). Autoren ist angemessen, ok, Ob dies Kunst ist was hier manchmal zu Lesen ist...hm, Übungen, Veröffentlichungen.
Ich persönlich bin vorsichtiger mit beudeutungsschwangeren Worten

ich hätte mir insgesamt etwas mehr Schlichtheit gewünscht...

das dialogische bewegte Moment, das Argumentieren findet sich im 2. Sonett stärker wieder als im Ersten.

Zum Reimschema:
Ungewöhnlich, nach meinem Eindruck weniger Klangtragend als die alte italienische Form: abba abba

Klangmalerei/Lautschwergewichte
...ehrlich gesagt finde ich da kein Konzept in den Texten.
War vielleicht auch gar nicht beabsichtigt...obwohl "Klinggedicht"...


Auf die innere Konzeption des gesamten Kranzes will ich hier an dieser Stelle noch nicht eingehen, da ich ja auch zunächst nur Sonett1 und 2 angeschaut habe.

ENDE (vorläufig) FAZIT: Sorry für die mittlere Härte, aber Honig ums Maul bringt uns alle nicht weiter...ODER ist es nun soweit, dass mir als Überbringer schlechter Nachrichten...
Ich habe den Text kritisiert, nicht euch als Person

...war ne Menge Arbeit..
Nu muss ich aber erst mal mit einem Freund was speissen gehen (heute Mittelmeerküche, hm lecker!)
Bis bald! und Grüße aus dem Taunus
gitano
 

MarenS

Mitglied
Dir, Heidrun, Dank fürs Lesen (ist ja wirklich Masse genug) und Loben. Ja, die Zusammenarbeit war wirkich erfreulich.

Es grüßt die Maren
 

MarenS

Mitglied
Dir, gitano, lieben Dank für deine große Mühe, die du dir mit dem Lesen und "Auseinanderdrieseln" gemacht hast. Böse sind wir ganz sicher nicht über deine intensive Auseinandersetzung mit unserem ersten Sonettenkranz. Ich finde deine Anmerkungen eher interessant und konstruktiv.

Sonett 1:
Reimschema: aBBa CDDC efe fef
Vers 1: Was für ein Glück
Als Ausruf gedacht lese ich "Was" metrisch deutlich schwerer als das nachfolgende "für".
Da schlage ich dem Sonettschreiber (ich weiß nicht mal mehr wer von uns...Stator?) vor:
Welch großes Glück...
Das sollte von der Betonung her einwandfrei sein.
Vers 2: so wie der Kranz, den man der Jungfrau reicht,
das "den" nach dem Komma bezieht sich inahltlich auf Kranz und nimmt damit mehr Betonung an als "man"
Hier finde ich die Betonung nicht als so unglücklich, dass man sie ändern müsste.

Ich möchte aber nicht dem Verfasser dieses Sonetts vorgreifen und halte mich erstmal etwas bedeckt.

Es grüßt die Maren
 
Herzlichen Glückwunsch ihr Vier, zu eurer Koproduktion dieses Sonettenkranzes!

Ich hatte in der Fingerübung schon immer gelesen und dort bereits gewertet, weil ich begeistert war von eurer Zusammenarbeit, den Einfallsreichtum und das Können. Aber hier nun so das Kunstwerk vollendet zu sehen, ist ein besonderer Genuss.

Anerkennende Grüße,
Estrella
 

Rhea_Gift

Mitglied
Oh, fein, es jetzt hier zu lesen :)
Als Mitautor kommt werten net so gut, drum lass ichs mal - und oje, bin auf gitanos Kritik gespannt, da ich ja ein ungeübter Sonett-Autor bin ;) Toll, dass du dir die Mühe machst, gitano!

Gesamtkonzept - naja - bis auf übliche Kranzvorgaben - gabs sonst keins (meines Wissens) - also eher wie bei ner Endlosgeschichte zu betrachten, daher auch ne spannende Stilmischung geworden - wie ich zumindest finde :)

LG, Rhea
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Gitano,

erstmal danke für den ausführlichen Kommentar.

Auf Deine Kritik, insbesondere auf diverse "metrisch unklar" und auch die Kommentare zum Reimschema, möchte ich gerne im Einzelnen eingehen, dafür ist allerdings mehr Zeit nötig, als ich im Augenblick habe.

Nur ganz kurz: Die meisten Deiner Einwände teile ich nicht, es gibt gerade bei "metrischen"/rhythmischen Fragen oft eine "klassische" und eine "moderne" Sichtweise, die sich durchaus widersprechen, ebenso bei den akzeptablen Reimschemata ...

Aber das soll nicht heißen, dass man nicht an einzelnen Stellen durchaus noch feilen kann, wie z.B. der Vorschlag von Maren zeigt, den ich durchaus gutheiße. Bei der Stelle lagst Du mit Deiner Kritik richtig.

lG

Herbert
 
G

gitano

Gast
Anmerkungen zum Sonett 3

Hallo,
Einige Tage sind vergangen.
Herbert hat leider, wie er schrieb, aktuell wenig Zeit um näher auf meine kritischen Anmerkungen einzugehen. Dies kann ja auch später geschehen.
Um den Kranz nicht unkommentiert einfach so in der Versenkung verschwinden zu lassen, fahre ich zunächst mit meinen Anmerkungen fort.

Ich hoffe und wünsche, dass diese Arbeit meinerseits, obwohl sie kritische Anmerkungen enthält, eher als Anregung verstanden wird – denn so ist sie auch gemeint. Mir geht es dabei um Entwicklung, Austausch, Lernen…dies ist spannend für mich – auch gerade dann wenn die Meinungen verschieden sind.

Hätte ich nicht aus der Vergangenheit sehr anregende Begegnungen mit dem Autorenkreis –(wofür ich sehr dankbar bin) würde ich mir diese Mühe hier nicht machen…auch für dieses nicht alltägliche Engagement möchte ich euch danken!

Letztendlich sind es aber die konkreten Hinweise, die weiter helfen…dafür braucht man einwenig Distanz (die man als Autor oft nicht hat).


Nun meine Anmerkungen zum Sonett 3:

Sonett 3:
Reimschema: abba cddc efe gfg
anders als in Sonett 1 und 2

Vers 2: sich formen zu Erzählungen, Geschichten
Die letzte Silbe von Erzählungen ist nach meiner Lesart unbetont, die nachfolgende erste Silbe von „Geschichten“ ebenso (Metrikproblem).
Generell verhalten sich Substantive mit den Endsilben „ungen“ (nach meiner Erfahrung und Kenntnis) oft schwierig zu ihrer metrischen Umgebung.

Vers 3: zu inhaltsschweren, tragischen Geschichten
Als nicht ganz eindeutig fällt mir hier „inhaltsschweren“ auf.
Beide Silben von „inhalt-“ sind je nach Lesart und metrischer Umgebung als betont möglich.

Vers 4:gewoben eh der Schreiber sich versehen
Das „eh“ ist abostrophiert (unzulässig verkürzt) und würde eigentlich „ehe“ heißen sollen,
die unschöne Verkürzung und die wenig gelungene Formulierung ist anscheinend der Metrik geschuldet, also im Sinne eines metrischen „Hilfskonstruktes“.

Vers 7:dem Atemlosen wortreich Luft gefächelt
DIESE ZEILE STICHT HERAUS, hier ist Poesie! Gefällt mir sehr!
Ich gratuliere dem/der AutorIN zu dieser Idee!

V 10: sich wandelte und aufs Papier sich streute
Die letzten beiden Silben von „wandelte“ stehen neben „und“
„und“ wiederum lese ich schwächer als „aufs“. Somit stehen mehrere unbetonte Silben nebeneinander.

Kurzfazit.
Es fallen mir hauptsächlich auf:
Metrik:
Einige „metrische“ Hilfskonstrukte/Uneindeutigkeiten

Reimschema.
Anders als in den vorangegangenen Sonetten 1 und 2
Ich wiederhole hier meine persönliche Auffassung, das diese Schemata weniger klangtragend sind, als die historische Form der 4 pedi (abba abba)…auch wenn in diesem Sonett hier erstmalig durchgehend weilbliche Kadenzen erstellt wurden.

Formulierungen:
Einige Verse empfinde ich, sowohl von der Syntax als auch von der Gefälligkeit, dem Lesefluss, der Wortstellung: als eher Sonettuntypische Konstrukte.
Wie z.B. in V4,

die häufigen Anleihen aus einem nicht zeitgemäßen „antiquierenden“ Stil, fallen deshalb auf, weil sie nicht durchgehend als Stilmittel (Troubadourgestus z.B.) genutzt werden, sondern als zeitweiliges Hilfskonstrukt um Formulierungsschwächen zu beheben – oder in ihrer Mischung- einem Sprachgeschmack zu folgen, der sich aber im Text eher als fragmentarisch zeigt….eben im Schwanken von antiquiertem und zeitgemäßen Sprachstil zeigt sich dies deutlich.

Beispiele: V5, V6 versus V8, V10, V13

Die Irritationen, die dabei entstehen, sind hinderlich für den Sprachfluss, sie sind nicht sonetttypisch anaphisch, nicht besonders ausdrucksvoll…der Gedankenfluss beim Lesen wird gestört weil Sprachgestus nebst Syntax, Metrik und Metaphorik nicht wirklich ins Fliessen kommt.


Vielleicht wäre es hilfreich, wenn sich noch andere Leser dazu äußern.
…und ich frage mich beim dritten Sonett dieses Kranzes, wer sind eure Vorbilder, eure Orientierungen, eure schönsten, beeindruckensten Erinnerungen an ein Sonett? (und warum!?)

Bis bald und herzliche Grüße aus dem Taunus
gitano
 



 
Oben Unten