Sonntage

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Inge Anna

Mitglied
Sonntage

Sonntags
gab's köstlichen Kuchen
nach Hausrezept.
Der Kaffee
stark wie sein Duft
war Verheißung
aus würdigem Porzellan.
Wir ließen passieren,
was nach Leben schmeckte.

Die Zeit geizte nicht -
schenkte uns
das Glück
vieler Sonntage -
doch Jahre sind Schnell-Läufer.

Achten wir nun
ihn
diesen heutigen Sonntag,
den der entrindeten Brotschnitte
auf Pappteller -
meine Hände zittern nur leicht.
Trink' einen Schluck Tee -
aus der Schnabeltasse -
ich schlucke indes
ein paar Tränen -
lasse passieren,
was nach Leiden schmeckt.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Inge Anna,

Dein Text gefällt mir sehr gut. Nur an einer Stelle kann ich zu keinem Verständis gelangen, vielleicht hilfst Du mir?

Trink' einen Schluck Tee -
ich schlucke indes


Da Du das Apostroph gesetzt hast, liest man zwangsläufig: Ich trinke einen Schluck Tee.

Dazu passt dann aber nicht das ich schlucke indes,

Denn da liest man dann zwangsläufig die Aufforderung: Trink Du einen Schluck Tee, während ich indessen ein paar Tränen schlucke.

Nun weiß ich nicht, wie es gemeint ist.

Wenn ein "Du" auch anwesend ist und angesprochen wird, müsstest Du das Apostroph einfach löschen, dann stimmt alles.

Ist kein Du anwesend, könntest Du statt indes [blue] und schlucke währenddessen[/blue] schreiben, dann passt auch wieder alles zusammen.

"Indes" hat für mich mehr die Bedeutung von "Aber", "dementgegen", was ja voraussetzen würde, dass hier noch ein Du im Raume ist.

Vielleicht findest Du das jetzt von mir sehr kleinkariert, mir geht es nicht darum, den Text zu verbessern, der ist sehr gut, mir geht es darum, dass ich verstehen möchte, ob hier von einer Person gesprochen wird oder von zwei Personen.

Ganz liebe Grüße
Vera-Lena
 

Inge Anna

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

hier geht es um 2 Personen. Der Pflegebedürftigen wird die Schnabeltasse gereicht. Ich werde das Apostroph also streichen.
Ich danke Dir für Mühe und Kommentar.
Mit liebem Gruß
Inge Anna
 

Inge Anna

Mitglied
Sonntage

Sonntags
gab's köstlichen Kuchen
nach Hausrezept.
Der Kaffee
stark wie sein Duft
war Verheißung
aus würdigem Porzellan.
Wir ließen passieren,
was nach Leben schmeckte.

Die Zeit geizte nicht -
schenkte uns
das Glück
vieler Sonntage -
doch Jahre sind Schnell-Läufer.

Achten wir nun
ihn
diesen heutigen Sonntag,
den der entrindeten Brotschnitte
auf Pappteller -
meine Hände zittern nur leicht.
Trink einen Schluck Tee -
aus der Schnabeltasse -
ich schlucke indes
ein paar Tränen -
lasse passieren,
was nach Leiden schmeckt.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Inge Anna,

an diesem Text gefällt mir, dass Du im Bild geblieben bist von der ersten bis zur letzten Zeile. Sehr gut finde ich auch, dass da kein Gejammer aufkommt, im Gegenteil:Begegnen wir auch diesem traurigen Sonntag mit Achtung, also mit der Anerkennung, dass auch er in unser Leben hineingehört.

Das Wort "passieren" hast Du doppelt belegt. Einerseits bedeutet es, ich lasse die Dinge geschehen, andererseits bedeutet es, ich lasse etwas durch meinen Kehlkopf hindurchgleiten.

Das hast Du sehr geschickt gemacht.

"Verheißung aus würdigem Porzellan" finde ich auch sehr treffend formuliert für die guten Zeiten.

Das doppelte "passieren" eins in der ersten Strophe und eines in der letzten Strophe mit nur einem veränderten Wort in der letzten Strophe ist ein lyrischer Glanzpunkt in diesem Text, zumal Leben und Leiden sich als Worte fast einander berühren.

Wirklich sehr gelungen das Ganze!

Ein sehr trauriges Thema aber kunstvoll umgesetzt!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

MarenS

Mitglied
Dies ist eines deiner Glanzstücke, Inge Anna! Leise sinnend, wehmütig doch nicht jämmerlich jammernd. Ja, während die eine aus der Schnabeltasse trinkt und schluckt die andere an ihren Tränen.
Scheißsituation aber eben sehr lebensnah. Wieder einmal ein Mosaiksteinchen, sitzt und passt.

Grüße von der Maren
 

Inge Anna

Mitglied
Hallo Maren,

vielen Dank für Deinen Kommentar zum Text.
Ich sollte mal wieder einen heiteren Text schreiben. Es will mir zur Zeit einfach nicht gelingen.
Mit liebem Gruß
Inge Anna
 



 
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