Spiralschalen

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Joh

Mitglied
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Spiralschalen



Meine Füße folgen den Augen über das wellengerippte Seeland. Im Graubraunsand schimmert eine perlmuttene Schneckenschale, zerbrochen. Ich hebe sie auf, lasse mich von den Windungen in zurückliegende Zeiten gedankend entführen. Finde vor und zurück die Unendlichkeit, verschlungen darin das Leben, deren Spiralen auch mich entworfen - belebt und wieder fortgeweht mit einem Blinzeln der Zeit. Sehe die Ahnen der Schalen. Sie verbrachten ihr Leben in Röhren, wurden von einer kleinen Ewigkeit aufgedreht, verkammert, um den Atem des Meeres zu sammeln und schwebend zu flüchten, vor den Feinden mit mächtigen Scheren. Längst sind die von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein im gehobenen Meergrund geworden. Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.

Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, daß ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verschwommen durch Gefühlfilter, die Bilder schaffen, die nie das zeigen, was wirklich war. Ich werde wieder zu Erde, die nichts ist, als zermahlenes Gestein, einst tief aus dem Kern als rotglühender Feuerfluß hervorgebrochen. Aus der sich das Leben nährt, indem sich Wässriges mit Festem bindet - und die Schneckenhäuser sich winden läßt.

Zu plötzlich holen mich die Gezeiten kalt zurück. Mit nassen Flutfüßen laufe ich in die Dünen, die Schale noch in der Hand, um den Hals - Gedanken von der Zeit.




Johanna Pless
4.2008


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N

nobody

Gast
Ja, ja, die Zeit ... und die Vergänglichkeit ... und soviele Dinge, die uns daran erinnern...

Poetisch, ein ganz kleines bisschen hochgestochen, manches nicht beim ersten Lesen verständlich (Kalksammler, Äste von den schützenden Hüllen befreit - da muss man wohl schon ein kleiner Meeresbiologe sein), aber insgesamt doch wieder ein Text, der "irgendwie" anspricht - auf jeden Fall klingt er gut im Ohr...
Liebe Johanna, ich habe mal einige blaue Anmerkungen gemacht und hoffe, damit nicht allzusehr in deinen Stil - nein, Stil möchte ich es hier nicht nennen, eher in deine assoziative Schreibe - einzugreifen.
Gruß Franz

"... Längst sind die [blue](sie?)[/blue] von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein im gehobenen Meergrund geworden [blue](umkehren: oder zu Stein geworden im gehobenen Meergrund?). [/blue]Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.

Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, daß [blue](das)[/blue] ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verschwommen ([blue]konturlos, nebelhaft, unbestimmt, undeutlich, vage, verwaschen?)[/blue]durch Gefühlfilter, [blue]streichen: die Bilder schaffen, die nie das zeigen, was wirklich war?[/blue]..."

PS: Die "4" ist nicht von mir
 

Joh

Mitglied
Lieber Franz,

es freut mich, daß Du auch diesen Text annehmen konntest.

Da ich mich sehr für das interessiere, was in weitestem Sinne biologisch auf diesem Planeten so vor sich geht, und außerdem gern schreibe, sind diese Gebiete in meinem Denken eins, ohne das es mir bewußt ist. Mach mich ruhig darauf aufmerksam, wenn etwas zu unverständlich ist.
Deine Korrekturen nehme ich auch dieses Mal sehr gern an, weil Du meinen Ton triffst und mich auf Ungelenkes aufmerksam machst, also ruhig weiter so.

ein lieber Gruß, Johanna
 

Joh

Mitglied
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Spiralschalen



Meine Füße folgen den Augen über das wellengerippte Seeland. Im Graubraunsand schimmert eine perlmuttene Schneckenschale, zerbrochen. Ich hebe sie auf, lasse mich von den Windungen in zurückliegende Zeiten gedankend entführen. Finde vor und zurück die Unendlichkeit, verschlungen darin das Leben, deren Spiralen auch mich entworfen - belebt und wieder fortgeweht mit einem Blinzeln der Zeit. Sehe die Ahnen der Schalen. Sie verbrachten ihr Leben in Röhren, wurden von einer kleinen Ewigkeit aufgedreht, verkammert, um den Atem des Meeres zu sammeln und schwebend zu flüchten, vor den Feinden mit mächtigen Scheren. Längst sind sie von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein geworden im gehobenen Meergrund. Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.

Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, daß ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verwaschen durch Gefühlfilter. Ich werde wieder zu Erde, die nichts ist, als zermahlenes Gestein, einst tief aus dem Kern als rotglühender Feuerfluß hervorgebrochen. Aus der sich das Leben nährt, indem sich Wässriges mit Festem bindet - und die Schneckenhäuser sich winden läßt.

Zu plötzlich holen mich die Gezeiten kalt zurück. Mit nassen Flutfüßen laufe ich in die Dünen, die Schale noch in der Hand, um den Hals - Gedanken von der Zeit.




Johanna Pless
4.2008


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N

nobody

Gast
Meine Vorschläge sind nicht immer sehr durchdacht, also Vorsicht! Und vielleicht abwarten, was andere dazu sagen.
Nur auf dem "das" mit einem "s" bei "daß ich in andere Herzen" möchte ich bestehen...
LG Franz
 

Joh

Mitglied
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Spiralschalen



Meine Füße folgen den Augen über das wellengerippte Seeland. Im Graubraunsand schimmert eine perlmuttene Schneckenschale, zerbrochen. Ich hebe sie auf, lasse mich von den Windungen in zurückliegende Zeiten gedankend entführen. Finde vor und zurück die Unendlichkeit, verschlungen darin das Leben, deren Spiralen auch mich entworfen - belebt und wieder fortgeweht mit einem Blinzeln der Zeit. Sehe die Ahnen der Schalen. Sie verbrachten ihr Leben in Röhren, wurden von einer kleinen Ewigkeit aufgedreht, verkammert, um den Atem des Meeres zu sammeln und schwebend zu flüchten, vor den Feinden mit mächtigen Scheren. Längst sind sie von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein geworden im gehobenen Meergrund. Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.

Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, das ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verwaschen durch Gefühlfilter. Ich werde wieder zu Erde, die nichts ist, als zermahlenes Gestein, einst tief aus dem Kern als rotglühender Feuerfluß hervorgebrochen. Aus der sich das Leben nährt, indem sich Wässriges mit Festem bindet - und die Schneckenhäuser sich winden läßt.

Zu plötzlich holen mich die Gezeiten kalt zurück. Mit nassen Flutfüßen laufe ich in die Dünen, die Schale noch in der Hand, um den Hals - Gedanken von der Zeit.




Johanna Pless
4.2008


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Joh

Mitglied
:) ich war zu schnell, habe das Daß beim korrigieren unterwegs verloren. Ich halte es beim Annehmen immer so, daß ich mir die Rosinen aus den Vorschlägen nach Gefühl herauspicke. Deine schmecken meinen Texten, also nehme ich sie (lach).

noch ein LG Johanna
 
G

Gelöschtes Mitglied 7520

Gast
hi joh,

was für ein schöner text. die stimmung ist sehr gelungen eingefangen und mitgenommen.

ich mag es, wenn die gedanken in die ritzen flitzen und sich darin verlaufen, plötzlich in einer leeren halle stehen und staunen.

2 kleine anmerkungen habe ich dann doch noch:

gedankend liest sich sehr skurill, gedanklich reicht, kann aber auch ganz weg, weil ja klar ist, dass lyrich da nicht reinkriecht.

"Zu plötzlich holen mich die Gezeiten kalt zurück." gezeiten sind ja immer beide und die sind nicht gleichzeitig da. die flut ist schon an den füßen, daher vielleicht auf wellen oder brandung etc "ausweichen.

schade, dass mal wieder ein anonymer vorbeigeschaut hat...:(

liebe grüße
nofrank
 

Joh

Mitglied
Hallo Nofrank,

es tut gut, wenn man so ein Lob bekommt. Da werden schlechte Bewertungen zur Nebensächlichkeit :)

Deine Anmerkungen werde ich umsetzten, das "gedankend" ist wirklich ein bißchen zu viel des Guten.

Ich danke Dir, Johanna
 

Joh

Mitglied
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Spiralschalen



Meine Füße folgen den Augen über das wellengerippte Seeland. Im Graubraunsand schimmert eine perlmuttene Schneckenschale, zerbrochen. Ich hebe sie auf, lasse mich von den Windungen in zurückliegende Zeiten entführen. Finde vor und zurück die Unendlichkeit, verschlungen darin das Leben, deren Spiralen auch mich entworfen - belebt und wieder fortgeweht mit einem Blinzeln der Zeit. Sehe die Ahnen der Schalen. Sie verbrachten ihr Leben in Röhren, wurden von einer kleinen Ewigkeit aufgedreht, verkammert, um den Atem des Meeres zu sammeln und schwebend zu flüchten, vor den Feinden mit mächtigen Scheren. Längst sind sie von den Zeitgezeiten zerrieben oder zu Stein geworden im gehobenen Meergrund. Doch die Kalksammler sind dem Großen Tod entschwommen, haben einen ihrer Äste von den schützenden Hüllen befreit, um nun mit saugenden Armen, mimikrierend an den Felsen geschmiegt – auf Beute zu lauern.

Was bleibt von mir zurück, außer einem Lächeln, das ich in andere Herzen gelegt? Eine Erinnerung, verwaschen durch Gefühlfilter. Ich werde wieder zu Erde, die nichts ist, als zermahlenes Gestein, einst tief aus dem Kern als rotglühender Feuerfluß hervorgebrochen. Aus der sich das Leben nährt, indem sich Wässriges mit Festem bindet - und die Schneckenhäuser sich winden läßt.

Zu plötzlich holen mich kalte Wellen zurück. Mit nassen Flutfüßen laufe ich in die Dünen, die Schale noch in der Hand, um den Hals - Gedanken von der Zeit.




Johanna Pless
4.2008


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