Sprache ist der Friedhof vergangener Poesie

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Metaphern - Übersetzungen in die eigene Sprache, übertragen über den Grenzfluss der Gedanken, übertragen, tragen, betragen, ertragen, getragen, betrug, Betrug, übersetzen, setzen, ersetzen, besetzen, ersetzen, Gesetzen, besaß, Besitz, überstehen, stehen, bestehen, erstehen, gestehen, gestand, Bestand, überlegen, legen, belegen, erlegen, gelegen, Gelage, Belag. Ich warte auf den Gast, auf der Hohen Warte halte ich Ausschau und spähe, warte auf den Gast, den Geist, luge, halte Ausschau, finde ihn, wie er übersetzt, es kommt ihm gelegen, er übersteht alles, setzt sich auf die Bank und tauscht Stöcke aus, Kerbstöcke, auf denen er etwas hat, Einkerbungen, viel wert, viel Wert, und er überträgt, metaphert, übersetzt, setzt über, lacht, erliegt, belegt, schanzt mir etwas zu, sonnt sich im Ruhm, verträgt den Sonnenbrand nicht, und ich warte, ich späher, bin ein Warter, ein Wärter, ein Erwarteter, ein Nebel im Wind der Gedanken, danke den Gedanken, dem Denken des Denkers des Denkenden, des Gedachten, des Überdachten, habe ein Dach über dem Kopf, denn meine Kopfnoten waren gut, im Gut lagen sie verstreut, ehe ich übersetzen konnte und nichts verstand von dem Bedankenen, von dem Bedenklichen, von dem Erdachten, nicht von dem Siedachten oder Wirdachten. Ich dichte, du dudelst, er erwacht, es eselt, sie siedet, wir verwirren, ihr irrt, sie sieben aus, was nicht in den Strom gehört, sieben und sieben, waschen Gold, Gold ist so glänzend, ich warte immer noch auf den Besucher. Warten war ausschauen, warten war überwachen. Ich lese Grabsteine und begreife, dass ich nach den Gedanken greife wie der Vogel Greif, habe einen Begriff davon - und alles in meinem Kopf, ich sehe, was ihr denkt, ich denke, was ihr seht, ich nehme Notiz und notiere die Noten für den großen Gesang, der in diesem Gedicht zum Ausdruck kommt, das nicht aussieht, wie ein Gedicht, das nicht ausschaut, wie ein Gedicht, das nicht dicht ist, wie ein Gedicht, sondern dichter. Die Mimikry als besondere Form der Metapher, der Übertragung des Bildes in eine andere Umgebung, der Tarnung des Bildes in einer anderen Umgebung, Unsichtbar ist man, wenn man aussieht, wie alle, denn wie sie auch Ausschau halten, die Aussicht ändert sich nicht und es ist leichter, eine Stecknadel in einem Heuhaufen zu finden, als in einem Haufen von Stecknadeln.
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo Bernd,
ich find das klasse, wie du sprache, worte, deren wirkung und vermögen eins ums ander mal auslotest. cool. gefällt mir. sehr.
das muß mal gesagt werden, find ich.

lg
die dohle
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke, Dohle,
ich habe diese Art sich selbst mäanderförmig wiederholender und auswickelnder Lyrik in den 1980er Jahren für mich entwickelt, aber lange nichts mehr so geschrieben.
 



 
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