Sprachecken legen kurze Brände

Sprachecken legen kurze Brände

Ich mag keine Grütze singen,
kein Gnom kann meine Scheine gilben
doch die Wachtel mag's mit Speck
viele Lieder kannst du mir verschweigen

Ich gehe nicht!
Zieh nur mit den Wolken fort!
kein Hahn kann den Kummer kühlen
doch schöner wär es schon gewesen

Mir ist wie Girren im Juli
hör ich dein Kehlchen schwelgen
Froh war ich nur mit Gnomenspeck
doch du magst auch ihre gelbe Grütze

Weh, Weh! mir!
Eins kann's nicht sein
ich zweifle an der lichten Stimmung
keine Wut mag sich zur andern fügen
 

Omar Chajjam

Mitglied
Ich will den Satzecken (für mich sinds eher Satzecken, nicht mal Syntaxecken) nicht ausweichen, weil sie mir sehr gefallen. Sie sind sehr hart gegeneinander gebaut, ein Stückchen Romantik, eine Ecke lyrische Metapher, es schimmert eine Beziehung durch fein zugedeckt, ein Ich und Du.

Gruß
Omar
 
J

Jasmin

Gast
Null Durchblick

Lieber Prince,

ich tappe hier vollkommen im Dunkeln. Kannst du mir wenigstens ein Stichwort geben, damit ich ansatzweise weiss, worum es eventuell gehen koennte?

Mit freundlichen, virtuellen Gruessen

Deine Erbse
 
omar,

ja, in der tat - wie soll ich sagen, hinter den
symbolen und metaphern verbirgt sich wirklich
eine gewisse sprachlosigkeit.
und was ich da nicht in einfache worte fassen kann,
das draengt sich in wilden symbolen hervor,
die beziehung zwischen dem ich und dem du ist
schon gut gefunden, die beziehung, die
entwicklung der selben, die probleme dabei
haben diese sprachlosigkeit ausgeloest.
ja in diesen formulierungen steckt natuerlich
auch selbstironie ueber meine unfaehigkeit,
das alles in einfache worte zu fassen,
doch was kann man tun, ich denke, so komme
ich der situation immer noch am naechsten.


jasmin,

fuer den aussenstehende betrachter prasseln da
sicher wilde bilder auf dich ein, die nicht so einfach
zu verstehen sind, ich denke, das wirkt alles
etwas bizarr - und so ging es mir auch - ist
noch gar nicht so lange her, dass ich das
geschrieben habe, doch heute kann ich schon ueber
meine sprachlosigkeit schmunzeln ;o)
wichtig sind inhaltlich sicher die vorlieben
zweier personen - und die auseinandersetzungen
damit und darueber - allerdings sollte man das
mit dem gnomenspeck insbesondere nicht so
woertlich nehmen.
 
durchblicken

jutta,

ich glaube, das waere auch ein sehr gewagter
anspruch, wenn man davon ausgeht, alles auf
der welt verstehen zu koennen.
verstehen heisst beschreiben koennen.

nunja, bei dem gedicht hier ist das aber
im grossen und ganzen doch nicht soooo
schwierig.

in ganz anderem zusammenhang entstand im
letzen jahrhundert die richtung der sprachskepsis,
bei der autoren die sprachlosigkeit zu gewissen
themen zu papier bringen wollten - ein widerspruch
in sich, sollte man meinen, doch viele zweige
der literatur beschaeftigen sich im grunde mit
nichts anderem - eigene gefuehle und emotionen
sind genaugenommen anderen menschen nicht vermittelbar.
trotzdem ist das eines der hauptanliegen der literatur.
wie wird das nun versucht?
man bemueht sich, im leser assoziationen freizusetzen,
erinnerungen an eigene gefuehle und emotionen -
dabei unterstellt der autor, dass der leser gleiche
gefuehle und emotionen hatte wie er selbst, um dies
nachvollziehen zu koennen - das muss aber nicht immer
so sein (kann ein kind die gefuehle einer erotischen
liebe nachvollziehen? kann man deshalb als kind
liebesgedichten recht wenig abgewinnen?).
was aber tun, wenn man selbst die eigenen gefuehle
nicht in worte fassen kann? wenn man nicht einmal
davon ausgehen kann, dass der leser solche gefuehle
jemals hatte (das war auch einer der ausloeser der
sprachskepsis). nun, zumindest ueber die eigenen
verbalisierungsdefizite kann ich mich hier gut mit
selbstironie hinwegsetzen. selbst wenn der leser
aehnliche erlebnisse hatte, was koennte mir das
bei der beschreibung helfen? ich kann natuerlich
versuchen, ihn eben gerade an diesem verstaendnisproblem,
diesem beschreibungsproblem teilhaben zu lassen.
mit aehnlichem ironischen anspruch mag auch der leser
aus den symbolen eigene bilder hervorrufen und sich
amuesieren bei dem versuch, in eigene worte und
gedanken zu fassen, was er da liesst...
 



 
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