State of Being

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Walther

Mitglied
State of Being


Und wenn er nach den heißen Sternen griffe,
Er bliebe doch, was er schon immer war:
Im Kopf ein wenig wirr, im Herzen klar.
Am Himmel schweben weiße Wolkenschiffe,

Auf denen sich der Mond ganz lässig schaukelt.
Sein Schatten streift an einem Haus entlang.
Ein letztes Flugzeug rauscht mit leisem Klang.
So wird uns falsche Freiheit vorgegaukelt:

Er denkt’s und fährt sich durch sein feuchtes Haar.
Der Sommer fällt schon von den hohen Bäumen,
Die rechts und links die dunklen Straßen säumen.

Es fühlt sich falsch an, fremd und sonderbar,
Wie aus dem Tal sich erste Nebelschlieren
In Jacke, Haar, in Busch und Baum verlieren.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Walther,

dass das Flugzeug von einer falschen Freiheit künden könnte, leuchtet mir ein. Für einige Euros kann man diesem und jenem Unangemehmen in seinem Leben entfliehen.

"Der Sommer fällt schon von den Bäumen" (eine sehr geglückte Formulierung finde ich), ja hier kann man nicht mehr entfliehen. Die Zeit bleibt nun einmal nicht stehen.

Dennoch, bleibt man im Innern immer jung und es kann irgendwie nicht wahr sein, dass da untrügliche Zeichen auf die Herbstzeit des Lebens hinweisen.

Tucholski war es, glaube ich, der sagte, dass man als Erwachsener wie ein Kind in seinem Innersten auf einer Fußbank steht um aus den Erwachsenen-Augen herausschauen zu können. Daran erinnert mich jetzt Dein Text.

Dein Text ist wunderschön melodisch. Das einzige, was ich nicht wirklich glaube ist die Tatsache, dass das Mondlicht imstande ist, einen Schatten hervorrufen zu können. Ich nehme mal an, dass Du das nicht wörtlich meinst, sondern dass das eine symbolische Aussage ist. Was zu dem lässigen Schaukeln dann auch passen würde, denn schließlich schaukelt sich der Mond ja auch nicht.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Lena Luna

Mitglied
liebe Namensvetterin, über :den Schatten bin ich auch gestolpert.. habe dann aber nach mehrmaligen Lesen gedacht, daß wohl der Protagonist gemeint ist, der den Schatten wirft
lg Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Lena,

Walther wird uns schon noch einen Aufschluss geben, denke ich.
Schön, dass auch wir uns einmal kennenlernen. :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Walther

Mitglied
State of Being


Und wenn er nach den heißen Sternen griffe,
Er bliebe doch, was er schon immer war:
Im Kopf ein wenig wirr, im Herzen klar.
Am Himmel schweben weiße Wolkenschiffe,

Auf denen sich der Mond ganz lässig schaukelt.
Sein Schatten streift an einem Haus entlang.
Ein letztes Flugzeug rauscht mit leisem Klang.
So wird uns falsche Freiheit vorgegaukelt:

Er denkt’s und fährt sich durch sein feuchtes Haar.
Der Sommer fällt schon von den hohen Bäumen,
Die rechts und links die dunklen Straßen säumen.

Es fühlt sich falsch an, fremd und sonderbar,
Wie aus dem Tal sich erste Nebelschlieren
In Bart und Haar, in Busch und Baum verlieren.
 

Walther

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

Deine Kommentar ist ebenso liebenswürdig wie tiefgründig. Dafür meine tief empfundenen Dank. Ich habe am letzten Vers noch ein wenig gefeilt und das Ergebnis eingestellt.

In der Tat schafft es das Mondlicht kaum, Schatten zu werfen; es bedarf der Straßenlaternen, die man sich dazudenken muß, damit das LyrIch an den Häuserwänden verschatten kann. Ich habe diese Formulierung bewußt im Halbdunkel belassen, weil es auf die Beschreibung der Äußerlichkeiten nur in sofern ankommt, als daß sie mit den Innerlichkeiten korrespondieren. Kunst muß nicht exakt sein, solange sie ihr Ziel erreicht, habe ich einmal gelesen.

Letztlich sollten wir Menschen, die wir meinen, die Natur zu beherrschen, ein wenig in uns lauschen, um diesem Innen-Außen-Phänomen auf die Spur zu kommen. Das war das Ziel. Und: Ohne es zu sagen, weiß jeder, daß dies ein universelles Herbstgedicht ist. So habe ich es mir gewünscht.

LG W.

Lb. Lena,

danke für Deine Erläuterung, die in der Tat die Unschärfe erläutert hat, die sich um den "Schattenvers" legte. Ich habe gehofft, daß man diese Weglassung verzeihen könnte. So ganz richtig habe ich dabei allerdings nicht gelegen.

LG W.
 

revilo

Mitglied
Warun muß ich beim Leen dieses Textesan " über den Wolken " von R. Mey denken? da zieht jemand Bilanz.........mitten in der Mutter Natur........oder auch nicht? Auf jeden Fall ein guter Text!
LG revilo
 

Walther

Mitglied
State of Being


Und wenn er nach den heißen Sternen griffe,
Er bliebe doch, was er schon immer war:
Im Kopf ein wenig wirr, im Herzen klar.
Am Himmel schweben weiße Wolkenschiffe,

Auf denen sich der Mond ganz lässig schaukelt.
Sein Schatten streift an einem Haus entlang.
Ein letztes Flugzeug rauscht mit leisem Klang.
So wird uns falsche Freiheit vorgegaukelt:

Er denkt’s und fährt sich durch sein feuchtes Haar.
Der Sommer fällt schon von den hohen Bäumen,
Die rechts und links die dunklen Straßen säumen.

Es fühlt sich fremd an, seltsam sonderbar,
Wie aus dem Tal sich erste Nebelschlieren
In Bart und Haar, in Busch und Baum verlieren.
 
H

Heidrun D.

Gast
Das ist wirklich sehr schön geworden. Das letzte Terzett geradezu zum Dahinschmelzen ...

Liebe Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Lb. Revilo,

an Reinhard Mey darf gedacht werden! Manches von ihm hat inzwischen den Charakter stehender Begriffe. :)

Danke für Deinen freundlichen Eintrag!

LG W.

Lb. Marie-Luise,

danke für Dein Kompliment. Der Gelegenheitsdichter kann's gebrauchen. ;)

LG W.

Lb. Heidrun,

danke, daß ich Dich gut unterhalten habe. :)

LG W.
 

revilo

Mitglied
Da bin ich beruhigt, lieber Walther mit th, ich befürchtete schon, du würdest mir diesen Vergleich verübeln..........irgend jemand kocht Kaffee in der Luftaufsichtsbaracke...........LG revilo
 

Walther

Mitglied
Lb. Estrella,

vielen Dank für Deine Wertung, die mich fast verlegen macht. Ich hoffe, das Gedicht ist der Ehren wert.

Frohes Dichten und Werken.

LG W.
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
In klarer Nacht, bei Vollmond ist ein Schattenwurf durchaus realistisch. Es gibt sogar, fast unvorstellbar, einen Mondregenbogen. Der ist allerdings reinweiß und ganz selten zu beobachten. Für die Lyrik wäre er jedoch mehr als reizvoll.
Dein Sonett hat mich ebenfalls verzaubert, lieber Walther.

Viele Grüße vom
Sta.tor
 
H

Heidrun D.

Gast
Och,
solch einen Regenbogen will ich auch mal sehen!

Neidblasse Grüße
Heidrun
;)
 

Rhea_Gift

Mitglied
Ui, ja, den Mondregenbogen muss man ja unbedingt mal lyrisch verwursten! :)

Ich mal dir nicht den Himmel bunt
mit Hoffnunspinseln, Traumgemälden
ich bin dir ich in allen Farben
die dir Kanten, Ecken, Sprünge
hier im Lichte brechend zeigen

und schaust du hin auch in der Nacht
siehst du des Mondes Regenbogen
den Liebe weiß nur dir entfacht.
 



 
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