Stoppelfeldrennen

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Nina K

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Stoppelfeldrennen




Grün taumelt ein Blatt im Wind, denn noch ist es Sommer. Heute Abend ist ein Stoppelfeldrennen angesagt. Seit Wochen schraube ich an dem alten Taunus rum, damit der Motor schnurrt, er leichter wird und das Rennen noch schafft.

Meine Mutter ist meist ziemlich sauer, wenn ich heimkomme. Das ist nichts für ein Mädchen, meint sie. Abgebrochene Fingernägel und die Arme voll Öl, so ginge das nicht. Na ja, sie hätte halt gern die Tochter im Kleid. Ich geh erst mal duschen, das Öl abwaschen und ein wenig die bösen Worte von ihr.

Unter der Dusche muss ich daran denken, dass der Taunus ziemlich fit ist, dass ich es schaffen kann. Die Rückbank habe ich rausgeworfen, das macht ihn leichter. Ich habe die Maschine ausgebaut und gründlich überholt. Einen neuen Ventilkopf hab ich vom Kanter bekommen, das hat ein Lächeln und fünfzig Euro gekostet.

Der Kanter findets toll, dass ein Mädchen an Autos schraubt. Der ist anders, als Mutter, aber das ist auch ein Mann.

Den Motor wieder reinzukriegen, war das schwerste, aber da hat mir Olli geholfen. Der ist gelernter Mühlenbauer und sehr geschickt, was so was angeht. Die Innenverkleidung und Scheiben habe ich ausgebaut - natürlich nicht die Frontscheibe. Auch die Stosstange und Scheinwerfer sind weg, denn das alles ist Ballast und den kann ich nicht brauchen.

Nein, das Auto ist fit, nun muss ich nur gut sein. Gedanklich laufe ich noch mal über das Stoppelfeld und merke mir jede Vertiefung. Das Wasser tut gut auf der Haut, nur auf der rechten Hand brennt es: Die offene Wunde. Ich mache nachher besser Jod drauf.

Mit noch nassen Haaren gehe ich runter in die Küche und frag Mutter, wann wir essen, weil ich ja weg muss. „Ist gleich fertig“, sagt sie und guckt mich vorwurfsvoll an. Das gibt mir das Gefühl, dass sie ahnt, wo ich hin will. Ich hoffe, dass sie es Paps nicht sagt. Das hieße dann Hausarrest und ich käme nicht zum Rennen. Darum sag ich: „Dann föne ich schnell meine Haare“, denn das hört sie gern, wenn ich mich hübsch mache. Widerwillig stehe ich also im Bad, lasse die heiße Luft um den Kopf streichen und nehme sogar eine Bürste. Dann zieh ich meine abgeschnittene Jeans an und darüber den Rock, den Mutter so mag. Nun wird sie wohl still sein.

Es gibt Graupensuppe. Ich finde, das ist eine gute Grundlage, für das Rennen. Mutter kann das Meckern nicht lassen und meint, die Trauerränder vom Öl unter meinen Nägeln seien eine Schande. Paps mustert mich, sagt „dass ich eine Tochter habe, glaubt sowieso keiner mehr“ und löffelt weiter die Suppe. Ich sag: „Ich will nachher noch zu Mirko, das geht doch wohl klar?“. Mutter guckt Paps an, der zuckt die Schultern und meint „solange das nicht Dein fester Freund wird“. Also essen wir auf.

Ich wasch noch mit ab, was Mutter tatsächlich mal freut. Dann trolle ich los und nun kommt die Unruhe, pocht und dann verdräng ich es lieber. Ich nehme das Rad und fahre zum Schrottplatz. Olli wartet schon und hat die Frontscheibe poliert. „Ich will doch, dass Du siehst, wenn Du in Dein Unglück fährst“ frotzelt er und ich lache. Dann bin ich wieder aufgeregt. „Also los“, sag ich und er schwingt sich auf den Beifahrersitz. Ich trete die Kupplung, drehe den Schlüssel und der Taunus heult auf; ein tolles Geräusch. Olli meint, ich soll auf dem Schrottplatz ordentlich Gas geben, damit ich das Gefühl noch mal hab, ehe es ernst wird. Dann wird er ganz grün, denn Gas gebe ich gerne. Ich muss grinsen, wir tauschen die Plätze und er fährt uns zum Rennen.

Als wir ankommen sind fast alle schon da. Ich steige aus und begrüße erstmal Torben, denn das ist mein schärfster Gegner. Er ist mit einer Berlinetta hier, einem Fiat. Plötzlich sehe ich, dass Schnottenralle ein Lancia Beta-Coupé hat. Da weiß ich, dass es heute wohl schwer wird. Schnottenralle muss ich rammen, sonst wird das nichts mit dem Sieg. Aber bei dem ist mir das egal. Nur der Torben hat dann einen Vorsprung und das wird schwer, den einzuholen. Das sag ich dem Olli und da lacht er „das wirst Du schon schaffen, wofür habe ich sonst all die Wochen gebastelt?“. Dann haut er mir mit der Faust auf die Schulter und ich weiß, dass ich’s kann.

Tina macht heute das Fahnenmädchen. Ich bin froh, dass ich fahre und nicht so dumm rumwedeln muss. Aber eigentlich bin ich mehr aufgeregt. Gleich geht es los und meine linke Hand liegt am Lenkrad, die rechte am Schalthebel, das Herz pocht sehr schnell und der Taunus heult auf. „Miststück“, denk ich, „nu mach aber“, da schwenkt sie die Fahne und das Stoppelfeldrennen beginnt.
 
M

MDCremer

Gast
Hallo Nina!

Vielleicht solltest Du den ersten Satz streichen. Er ist sichtbar nur einleitend, bringt keine wesentliche Information und kann m. E. getrost wegfallen.

Ansonsten finde ich die Geschichte gut zu lesen. Vielleicht hättest Du ein wenig mehr vom Fahrgefühl als von den Eltern erzählen können? Nun, vielleicht auch nicht, denn eigentlich finde ich die Idee, vom Rennen selbst nichts zu schreiben, gut.

Gruß

MDCremer
 



 
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