Stumme Jahre

4,30 Stern(e) 9 Bewertungen

Perry

Mitglied
Stumme Jahre


Auch dieses geht zu Ende, wie es begonnen hat: Alles ist auf seinem Platz, unverrückbar. Ich lege mich spät ins Bett, stehe noch später auf. Wärme den Rest Bohnen vom Sonntagsessen auf, das du immer mit mehr Hingabe bereitet hast, als ich es jemals könnte. Ein Korn zur Verdauung regelt Manches und erwärmt zumindest kurzzeitig den Hohlraum in mir, lässt die Eisblumen am Fenster farbig blühen im Licht der alternden Sonne.

Abends gehe ich mit dem Hund von Laterne zu Laterne in der Hoffnung jemanden zu treffen, der sich freut wie er nach den glitzernden Flocken springt. Mein Leben besteht aus Polaroidfotos in einem Album, deren Lachen immer mehr verblasst. Auf dem Regal liegen Muscheln von Stränden, die mir längst fremder sind als die Bilder.

Manchmal setzte ich den Jeanshut auf, den ich mir damals in der Carnebystreet gekauft habe, als die Beatles noch Love me do zu unseren Küssen sangen. Heute stehen ihre Platten verstaubt im Regal neben all den Worten, die keiner lesen will, in diesen Jahren ohne Sprache.
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Perry,

ein melancholischer Text, der meiner Meinung nach eine Spur zuviel Selbstmitleid beinhaltet. Er gefällt mir durchaus, manche Wortspiele finde ich sehr gelungen. Vielleicht wäre es gut, ihn am Ende nach einer Platte greifen zu lassen. Nur so eine Idee.
Anbei noch ein paar Vorschläge (wie es "mir" besser gefiele):


Auch dieses geht zu Ende, wie es begonnen hat: [strike]Alles ist auf seinem Platz, unverrückbar[/strike] [red]Es hat sich nichts verändert.. [/red]Ich lege mich spät ins Bett, stehe noch später auf. Wärme den Rest Bohnen vom Sonntagsessen auf, das du immer mit mehr Hingabe bereitet hast, als ich es jemals könnte. Ein Korn zur Verdauung [strike]regelt Manches und [/strike]erwärmt [strike]zumindest[/strike] [strike]kurzzeitig[/strike] den Hohlraum in mir, lässt die Eisblumen am Fenster farbig blühen[strike] im Licht der alternden Sonne[/strike]. [red]Kurzzeitig.[/red]

Abends gehe ich mit dem Hund von Laterne zu Laterne in der Hoffnung[blue], [/blue]jemanden zu treffen, der sich freut[blue],[/blue] wie er nach den glitzernden Flocken springt. Mein Leben besteht aus [strike]Polaroidfotos in [/strike]einem Album voller Polaroidfotos, auf denen das
[strike], deren[/strike] Lachen immer mehr verblasst. Auf dem Regal liegen Muscheln von Stränden, die mir längst fremder sind als die Bilder.

Manchmal setz[strike]t[/strike]e ich den Jeanshut auf, den ich mir damals in der Carnebystreet gekauft habe, als die Beatles noch Love me do zu unseren Küssen sangen.

Vielleicht kannst Du was davon gebrauchen. Auf jeden Fall gern gelesen.

LG, KaGeb
 

Perry

Mitglied
Hallo KaGeb,
Danke für deine Einschätzung und die Anregungen. Manche sind stilbedingt, andere wie die "Polaroidfotos" und "deren" greife ich gerne auf.
Natürlich war es nicht meine Absicht den Text wehleidig klingen zu lassen, eher resignierend und wehmütig erinnernd.
LG
Manfred
 

Perry

Mitglied
Stumme Jahre


Auch dieses geht zu Ende, wie es begonnen hat: Alles ist auf seinem Platz, unverrückbar. Ich lege mich spät ins Bett, stehe noch später auf. Wärme den Rest Bohnen vom Sonntagsessen auf, das du immer mit mehr Hingabe bereitet hast, als ich es jemals könnte. Ein Korn zur Verdauung regelt Manches und erwärmt zumindest kurzzeitig den Hohlraum in mir, lässt die Eisblumen am Fenster farbig blühen im Licht der alternden Sonne.

Abends gehe ich mit dem Hund von Laterne zu Laterne in der Hoffnung jemanden zu treffen, der sich freut wie er nach den glitzernden Flocken springt. Mein Leben besteht aus einem Album mit Polaroidfotos, auf denen das Lachen immer mehr verblasst. Auf dem Regal liegen Muscheln von Stränden, die mir längst fremder sind als die Bilder.

Manchmal setzte ich den Jeanshut auf, den ich mir damals in der Carnebystreet gekauft habe, als die Beatles noch Love me do zu unseren Küssen sangen. Heute stehen ihre Platten verstaubt im Regal neben all den Worten, die keiner lesen will, in diesen Jahren ohne Sprache.
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Manfred,

ja, vielleicht ist Selbstmitleid nicht das richtige Wort, tatsächlich eher resignierend. Schön, dass ich teilweise mithelfen konnte. Wie gesagt: Er gefällt mir.
Sehen ja auch andere so, wie die guten Bewertungen zeigen.

Man liest sich,

LG, KaGeb
 

revilo

Mitglied
Hallo Perry,
hol doch einfach wieder die Beatles- Platten aus dem Schrank und die Sache ist geritzt! Ich höre auch wieder die alten
Rockpalast LP´s. Hin und wieder revilo
 

Perry

Mitglied
Hallo bluefin,
danke fürs "a."

Hallo revilo,
es gibt Erinnerungen, die können nicht mehr geweckt werden, auch wenn unsere Sehnsucht noch so sehr an ihnen hängt.
Danke für deine aufmunternden Worte und LG
Manfred
PS: Habe mir zu Weihnachten einen USB-Plattenspieler schenken lassen, damit kann ich die Lieder nun zu neuem digitalen Leben erwecken (lächel).
 
B

bluefin

Gast
wer wird denn in diesen spannenden zeiten der depression anheimfallen wollen, lieber @perry?

tipp: erst mal http://www.youtube.com/watch?v=rLxTpsIVzzo, dann den alten hut mitsamt den vergilbten polaroids wegschmeißen und ein paar neue sachen ins regal stellen.

wirst sehen, wie das hilft!

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
K

KaGeb

Gast
Hi bluefin,

super-Tip für´s Schwelgen in der Vergangenheit. Toller Link!

Grüße, KaGeb
 
K

Kasper Grimm

Gast
Ich finde den Text so, wie er ist, gut, einfach gut. Er fängt eine Stimmung ein, die wir alle nur zu gut kennen, wir mählich Alternden, die bis vorgestern noch in dem Wahn gaukelten, ewig jung und entscheidend zu sein. Der Text ist auch darum nicht selbstmitleidig, weil er vielmehr mittelaltermitleidig ist, also eine ganze heutige Generation mitmeint. Knappe, treffende Bilder. Eine Art Prosagedicht.
LG Kasper
 
Sauber gearbeiteter Text - und das dargestellte larmoyante Gefühl kennt wohl jeder = kleine Zwischendepression ...

Trotzdem kann ich mich mit dem Text nicht anfreunden, denn schlimmer finde ich, dass gar keine Zeit ist, solch angenehmer Depressivität nachzuhängen, denn es hat sich noch nie eine Nacht so richtig in ihr Dunkelkleid hüllen können, ehe nicht schon wieder, und immer wieder, eine neue Morgendämmerung aufzog - und alle Pausen im Spiel des Lebens sind nichtmal Pinkelpausen, sondern nur Momente, in denen das Orchester die Grundmelodie wechselt.
Es heißt nicht zufällig "Du sollst dir keine Bilder machen", denn damit ist immer die Vergangenheit gemeint, deren Bilder nur vorgeben zu sein, wo doch nur Werden ist.
Der Ankerplatz eines Schiffes ist tatsächlich verlassen, wenn das Schiff einmal auf hoher See ist.
 

Perry

Mitglied
Hallo Waldemar,
interessante Sichtweise, aber es wäre schlimm, wenn man sich mit den Inhalten aller Gedichte anfreunden müsste. Gut, dass du toleranterweise Textdarstellung und Aussage trennst.
Ich würde nicht unbedingt von einer Zwischendepression sondern eher von dem wehmütigen Erkennen sprechen, dass jede Zeit ihre Sprache hat. Das schließt übrigens nicht aus, dass das Lebenschiff nicht noch einmal seinen Ankerplatz verlässt.
Danke und LG
Manfred
 
B

Beba

Gast
Mir gefällt der Text, habe aber auch gern mal einen Hang zu Melancholie! Diese Dame hat ja auch etwas. ;)

Im Ernst, in unserem Alter kommen solche Szenen, Gedanken, Gefühle. That's life.

Gut in Worte gefasst!

Ciao,
Bernd
 
B

bluefin

Gast
hallo @perry, ich hab mir den schönen text nochmal angesehn und mach dir ein paar kleine vorschläge dazu, die ihm bestimmt nicht schaden würden.

Auch dieses geht zu Ende, wie es begonnen hat: Alles ist auf [blue]besser: an [/blue]seinem Platz, unverrückbar. Ich lege mich spät ins Bett, stehe noch später auf. Wärme den Rest Bohnen vom Sonntagsessen auf, das du immer mit mehr Hingabe bereitet hast, als ich es jemals könnte. Ein Korn zur Verdauung regelt [blue]m[/blue]anches und erwärmt zumindest kurzzeitig den Hohlraum in mir, lässt die Eisblumen am Fenster farbig blühen im Licht der alternden [blue]besser: jungen [/blue]Sonne.

Abends gehe ich mit dem Hund von Laterne zu Laterne in der Hoffnung[blue]Komma[/blue] jemanden zu treffen, der sich freut[blue]Komma[/blue] wie er nach den glitzernden Flocken springt. Mein Leben besteht aus einem [blue]besser: ist zu einem [/blue]Album [strike]mit[/strike] [blue]voller[/blue] Polaroidfotos [blue]geworden[/blue], auf denen das Lachen immer mehr verblasst. Auf dem Regal liegen Muscheln von Stränden, die mir [strike]längst[/strike] [blue]noch[/blue] fremder sind als die Bilder.

Manchmal setzte ich den Jeanshut auf, den ich mir [strike]damals[/strike] in der Carn[blue]a[/blue]bystreet gekauft ha[blue]tt[/blue]e, als die Beatles noch [blue]"[/blue]Love me do[blue]"[/blue] zu unseren Küssen sangen. Heute stehen [strike]ihre[/strike] [blue]die[/blue] Platten verstaubt im Regal neben all den Worten, die keiner [blue]mehr[/blue] lesen will, in diesen Jahren ohne Sprache.
melancholie ist etwas ganz anderes als selbstmitleid; der text ist keine spur wehleidig, sondern sagt nur, was ist. nach weihnachten werden die tage schon wieder länger, und weil das wort "abend" erst später kommt, würde ich die sonne jung machen - das wär ein dezenter kontrast zur schwarzen galle.

ich halte deinen prot für einen mann, wegen der sache mit den bohnen und dem korn und dem hohlraum.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Perry

Mitglied
Hallo Bernd,
danke fürs Verstehen, auch wenn der Text nur autobiagrafisch angelehnt ist (lächel).
LG
Manfred

Hallo bluefin,
danke fürs geneue lesen und deine Korrekturvorschläge. Bis auf die "junge Sonne, das noch und mehr" übernehme ich sie gerne.
LG
Manfred
 



 
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