The Return of the Space Cowboy

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Catweazle

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The Return of the Space Cowboy


Er lehnte sich in seinem Sitz zurück und blickte durch das Fenster im Cockpit auf seine Herde. Dutzende der Tiere schwebten fast regungslos im All. Die nahe Sonne spiegelte sich auf ihren glänzenden schwarzen Panzern. Ihre Fühler und Mäuler richteten sich aus in ihre Richtung. Seit mehreren Wochen grasten sie nun den Sonnenwind. Sie ernährten sich nur vom Licht und von der Sonnenenergie, die dieses besondere Gestirn abstrahlte.
Solche Weideplätze waren selten und hart umkämpft.


Er richtete sich ein wenig auf, um die Roboter besser sehen zu können, die sein kleines Raumschiff verließen, um die Tiere zu melken.
Außer den Robotern war keiner mehr auf dem Schiff. Für einen anderen Menschen gab es auch keinen Platz in dem engen Raumgleiter.
Nachdenklich blickte er auf die Tankanzeige. So langsam füllten sich die Behälter, die das Lichtsekret der Tiere speicherten. Die letzten Ernten waren nicht besonders ertragreich gewesen. Dabei brauchte er das Geld, das er aus dem Verkauf des Sekrets erzielte. So weit hier draußen war das Sekret alles. Es war Treibstoff für die Raumschiffe oder für die Roboter. Aber es war auch Nahrung und Lebenselixier. Ein Mensch konnte vom Sekret alleine leben.


Die Tiere waren bisher eine der wenigen Lebensformen, die der Mensch auf seinem Weg ins All gefunden hatte. Sie schienen nicht sonderlich intelligent oder ambitioniert, doch die Früchte der Tiere ermöglichten den Menschen den großen Schritt in die Tiefen der Unendlichkeit. Und ganz selten, ohne dass bisher ein Mensch verstanden hatte warum, verwandelten sie sich.
Die Lichtblüte war der Zugang zu allem. Sie war wertvoller als die wochenlange Ernte des Sekrets. Aber sie war selten.
Die Tier grasten friedlich in der Sonne. Die Einsamkeit lastete wie seine Erinnerung auf ihm.
Er dachte an das Motel, das einige Tage entfernt lag. Es war die nächste menschliche Einrichtung in alle Richtungen und lag an einer entlegenen Durchfahrtslinie. Von dort konnte man ein größeres Schiff erwischen, das einen in die großen Siedlungen brachte. Doch das brauchte er eigentlich nicht. Er dachte an Jinca.
Jinca arbeitete an der Bar im Motel. Wenn er bei ihr in der Bar saß und aus dem Fenster blickte, sah er über die Steine des Asteroiden auf dem die Station erbaut war in die Dunkelheit. Und in der Dunkelheit der Scheibe spiegelte sich das Licht der Bar und Jinca. So konnte er sie beobachten ohne dass sie es merkte.
„Irgendwann gehe ich weg von hier“, sagte sie ihm diesmal. „Dann kommt einer, mit viel Geld, der nimmt mich mit.“
„Ich würde Dich auch jetzt mitnehmen“ erwiderte er nach einer kurzen Pause.
Sie lachte leise.
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. Dann sah sie ihn an. Ihre Augen waren komplett weiß, nur auf den Pupillen schimmerten wie bei Perlmutt abwechselnd mehrere Farben. Ihre Familie lebte schon seit Generationen im All. Ständig einer wechselnden künstlichen Schwerkraft ausgesetzt, ohne direkten Kontakt zu Sonnenlicht, hatte sich die Menschheit an die Begebenheiten im All angepasst. Auf natürliche und auch biomechanische Art. Ihre Augen waren Teil der natürlichen Evolution. Was sie mit anderen Teilen ihres Körpers anstellen konnte, verdankte sie der Sachkenntnis der durchs All ziehenden Biotechnikerkolonnen. Jeder Gast im Motel, der genug Geld hatte, konnte mit ihr ihre Modifikationen ausprobieren.
Ihn hatte sie noch nie mitgenommen.
Was sie dann sagte, blieb ihm seitdem schmerzhaft in Erinnerung.
„Du bist anders“ sagte sie ihm.
„Ein netter Typ eigentlich. Aber was sollen zwei wie wir hier miteinander anfangen. Hier draußen. Gefangen im All. Du hast nur Deine Tiere. Und ich? Habe nur mich und diesen lausigen Job.
Nein, Geld bräuchte man, richtig viel Geld, um hier wegzukommen.“
Sie drehte sich um.
„Vielleicht bin ich schon nicht mehr da, wenn Du wiederkommst.“
Die Tiere merkten seine Unruhe, seitdem sie wieder unterwegs waren.
Mehrmals hatte er bereits gespürt, wie das gemeinschaftliche Bewusstsein der Tiere sich dem seinem näherte. Er lag auf seinem Bett in der Kapsel und schloß die Augen. Hörte das Surren der Geräte und das leise Rauschen der Belüftung.
Doch diesmal schob sich langsam, wie eine blau schimmernde, schwarze Masse, langsam und träge das Bewusstsein der Tiere in seine Gedanken. Zuerst berührten sie ihn vorsichtig, dann bedeckten sie ihn, nahmen ihn auf und er verschmolz mit ihnen und ihren Gedanken. Was er sah und spürte, war so fremdartig in der Wahrnehmung wie es vertraut in seiner Bedeutung war. Große Mengen von Bedürfnissen nach Sonne und Licht, nach Schutz. Hier verstand er, dass er keineswegs die Herde führte oder gar besaß. Sie tolerierten ihn und zeigten ihm freundliches Interesse. Aber er erkannte, dass er keine Möglichkeit hatte, die Herde zu halten, wenn sie gehen wollte. Warum sie blieben, oft über Generationen, blieb ihm Rätsel.
Dann erspürte er ein neues Gefühl. So wie er Teil ihres Bewusstseins wurde und fühlte, was sie bewegte, so erkannten sie seine Träume und seine Gefühle. Sie fühlten mit ihm seine Traurigkeit und Einsamkeit, sie zogen Jincas Bild aus seinen Erinnerungen und ließen es zwischen ihren Gedanken fließen. Dann schlief er ein.
Als der Cowboy am nächsten Morgen erwachte, stand eins der Tiere in voller Blüte.


Während alle Tiere einen Kreis um die Blüte schlossen, und sich das Sonnenlicht auf ihren Panzern spiegelte, hatte das Blütentier den Panzer abgeworfen. Aufrecht stand es alleine zwischen den anderen, die weissen Flügel wie Blütenblätter rund um den Körper gezogen und richtete sich zur Sonne. Langsam drehte es sich um sich selbst. Die anderen Tiere umrundeten sie erfurchtsvoll. Und in die immerwährende Stille des Alls, ertönte nun ein einzelnes Kreischen. Er hatte das Gefühl, die Blüte würden singen, doch erklangen die Töne in jedem Stücken Raumkapsel, das zum Klingen gebracht werden konnte. Dann folgte ein zweites Kreischen, tiefer diesmal, langestreckt, schien es aus den tiefen Erinnerungen des Alls zu rühren. Nun folgten die Gesänge in kurzen Abständen. Die ruhigen, langsam brummenden Töne mit hohen kaum wahrnehmbaren Eskapaden, erinnerten den Cowboy an die Lieder der Wale auf der Erde.
Er riss sich zusammen. Der Nektar dieser Blüte war einzigartig. Er sandte alle Roboter aus, die Blüte zu melken, leerte gleichzeitig einige bereits volle Tanks, um Platz zu schaffen für den Saft.
Auf dem Weg zurück zum Motel, füllte er eine kleine Phiole voll mit Blütensaft. Die goldene Flüssigkeit schimmerte verheißungsvoll.
Er hatte die Herde zurückgelassen. Sie würde ihn nicht mehr brauchen. Und sie hatten ihm alles gegeben, was er sich wünschen konnte.
Diese kleine Flasche würde vorerst reichen. Vor ihm lagen ein paar lange Nächte im Motel. Allein mit Jinca und allen Träumen, die sie träumen konnten.
 
P

Pete

Gast
Hallo Catweazle,

bist Du der mit dem Elektrik-Trick?

Deine Geschichte ist SF vom Feinsten. Sie transponiert scheinbar bekannte Dinge in eine bizarre Konstellation, die doch irgendwie vertraut scheint.

Nachdenklich blickte er auf die Tankanzeige. So langsam füllten sich die Behälter, die das Lichtsekret der Tiere speicherten. Die letzten Ernten waren nicht besonders ertragreich gewesen. Dabei brauchte er das Geld, das er aus dem Verkauf des Sekrets erzielte. So weit hier draußen war das Sekret alles. Es war Treibstoff für die Raumschiffe oder für die Roboter. Aber es war auch Nahrung und Lebenselixier. Ein Mensch konnte vom Sekret alleine leben.
Dein "Sekret" klingt ekelig, was vor allem in der häufigen Wiederholung sauer aufstößt. Ist es nicht vielleicht doch eine Essenz, die uns diese lieben Tiere schenken? Isst Du auf Deinem Morgenbrot Bienensekrete? Verfeinert mit Blütensperma? Menschen würden diesem Mana, diesem Ambrosia, diesem Elixir sicher andere Bezeichnungen geben.

Interessant, dass trotz moderner Umwelt, sich die Motivationen nicht verändert haben.

Er hatte die Herde zurückgelassen. Sie würde ihn nicht mehr brauchen.
Wozu haben sie ihn gebraucht? Du hast es möglicherweise angedeutet: Sie finden sein persönliches Drama unterhaltsam und entlohnen ihn für diese geschenkte Kurzweil. Dies ist eine gewagte Hypothese von mir, die Dein Text noch nicht unterstützt.

Trotzdem klasse Geschichte!
 

Catweazle

Mitglied
Hallo Pete

ja, der bin ich. :) Und Kühlwalda habe ich auch dabei. ;-)


Es freut mich sehr, dass Dir der Text gefallen hat.

Danke auch für den Hinweis, daß der Begriff Sekret ekelig wirkt. So wie Du es sagst, kann ich das gut nachvollziehen. Ich bin sicher, dass die Menschen dafür einen passenderen Namen wie "Sonnentau" o.ä. finden würden.
Zuerst habe ich auch mit dem Gedanken gespielt, es zu ändern.
Aber, es ist ein Sekret. Vielleicht haben die Menschen, die es konsumieren einen anderen Namen dafür, bestimmt sogar. Der Space-Cowboy allerdings weiss, was es wirklich ist, quasi ein Blick in die "rauhe, eklige" Wirklichkeit. :)

Daher habe ich mich entschieden, "Sekret" erstmal stehen zu lassen, gerade weil es das ist, was der Begriff hervorruft.
Vielleicht verstehst Du in dem Punkt meine Motivation.

Warum die Herde bei den Cowboys bleibt? Keine Ahnung, das weiß eigentlich nur die Herde....
 



 
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