The Sun After The Storm by Myself

LinhNguyen

Mitglied
Kapitel eins

„Liz, Zeit zum Aufstehen!“, rief Mrs. Coogan wie jeden Morgen durch das kleine Haus in Kansas City, in dem sie und ihre junge Tochter, Liz, wohnten, da die ältere in New York studierte.

Mr. Coogan war am zwanzigsten Hochzeitstag wegen Herzversagen gestorben. Ihre beiden Töchter hießen Liz und Jen, Liz war sechzehn und Jen neunzehn. Liz hatte blond gelockte Haare und wunderschöne braunen Augen, so wie ihr Vater damals, Jen dagegen hatte blonde glatte Haare und blaugrünen Augen, so wie ihrer Mum, aber sie trug immer braune Kontaktlinsen und färbt sich die Haare jeden Monat neu, und Liz war der Meinung, dass sie dadurch nur ihre Mutter ein wenig erschrecken wollte, denn ihre Mutter hasste es, wenn sich ihre Töchter einfach so die Haare färbten.



„Liz, wie lange willst du denn noch schlafen?“, fragte ihre Mutter. „Du musst in einer Stunde zur Schule!“

„Ist ja gut... ich bin doch schon wach!“, murmelte Liz und versuchte aus dem Bett zu steigen, aber dies gelang ihr noch nie wirklich am frühen Morgen.

Und wie jeden Morgen, griff sie heute auch wieder zu ihrer Anlage hinüber, um dann die Musik laut aufzudrehen, damit sie richtig wach werden konnte.

Während „What a girl wants“ aus den Boxen trällerte, hüpfte sie zu der Melodie ins Badezimmer und versuchte sich die Zähne zu putzen, was ihr nicht so gut gelang, da sie nebenbei versuchte, mitzusingen, auch wenn man kein Wort verstehen konnte. Aber das war ihr lieber, als wenn die ganze Nachbarschaft hören könnten, wie schlecht sie sang.

„Guten Morgen, Mum“, sagte sie wie immer fröhlich, wenn sie die Küche betrat, da es in der Küche morgens immer besonders gut und lecker nach Pfannkuchen roch.

Sie setzte sich an den Tisch und frühstückte, dabei ging sie die Briefe durch, die auf dem Esstisch lagen.
Werbung, Werbung, Werbung, Mums Brief, Rechnung, Werbung und Werbung, dachte sie gelangweilt. Dann trank sie noch schnell ein Glas Milch und ging auf ihr Zimmer, um ihre Tasche zu packen, da sie wusste, dass in ein paar Minuten ihre Freundinnen vor der Tür stehen würden, genau so wie jeden Morgen, wenn es Schule hieß.

Ding Dong... kam es von unten... Liz schnappte schnell nach ihrer Tasche und rannte die Treppe hinunter, während sie noch versuchte, ihre Schuhe beim Laufen anzuziehen. Unten angekommen riss sie die Tür auf und begrüßte die Mädchen mit einem Lächeln, und rannte noch schnell in die Küche um sich mit einem Kuss von ihre Mum zu verabschieden.

„Na Liz, hast du das auch schon gehört?“, fragte Tine mit gehobenen Augenbrauen.

Liz schaute sie nur fragend an, aber sie wunderte sich eigentlich nicht so sehr darüber, wieso Tine wieder was Neues erfahren hatte, da sie immer die Erste von der Clique war, die das Neuste erfuhr. Die anderen Mädchen lauschten auch gespannt zu.

„Na ja...“, fing Tine an zu erzählen, „ihr kennt doch alle diesen super heißen Typ von der Schulband, Ben, oder?“
Alle nickten und ihre Augen weiteten sich noch weiter auf, denn Ben war mit Abstand der absolut heißeste Typ an der Schule. Er war, bevor er in den Schulband einstieg Footballspieler, aber auf Grund einer Sportverletzung, musste er seinen Lieblingssport ausfallen lassen. Er war groß, muskulös, sportlich, hatte dunkle Haare, grüne Augen und war absolut beliebt, insbesondere bei den Mädchen.

„Er hat sich von seiner Freundin... ähm... wie hieß die doch noch mal... diese hübsche Brünette, die letztes Jahr zur Ballkönigin gewählt wurde...“, überlegte sie.

„Du meinst Nadine“, warf Liz ein.

„Ja genau“, antwortete Tine schnell und erzählte weiter. „Na ja, jedenfalls habe ich gehört, dass er mit ihr Schluss gemacht hätte, da sie zu aufdringlich sei. Also, wenn ich ehrlich sein soll... ich würde ihn mir echt gerne angeln, aber ihr wisst ja, meine Chancen bei ihm zu landen, sind gleich null.“

Die Freundinnen schauten sich gegenseitig an und fingen an zu lachen und Witze über Tine herzuziehen, denn alle wussten, dass sie total auf Ben stand.

Liz war echt froh, dass sie Freundinnen wie Tine, Andie, Mel und Liza hatte, denn sie waren wirklich die besten Freundinnen der Welt. Sie teilten alles miteinander, und unternahmen auch alles miteinander. Bei ihnen füllte Liz sich nie einsam oder im Stich gelassen.

In der Schule angekommen, liefen sie wie immer den Gang endlang und holten ihre Schulbücher aus den Schließfächern. Plötzlich knallte die Tür zum Sporthalle auf und zehn Cheerleader liefen in die Gänge und führten mit ihren Pompons einen Tanz vor, das bei dem Footballspiel am Ende der Woche statt finden sollte. Alle gaben Beifall, nur Liz und ihre Freundinnen ließen es kalt, da es ihnen überhaupt nicht interessierte, was die Cheerleader drauf hatten. Liz verdrehte wie immer die Augen, da sie Cheerleader nicht besonders mochte, denn sie sind ihrer Meinung nach total eingebildet, versnobt und total arrogant und halten sich immer für die Besten der Besten.

Aber womit Liz nicht gerechnet hatte war, dass die Gründerin der Cheerleader, eine schlanke hübsche Blondine mit schönen grünen Augen, auf Liz und ihre Freundinnen zu ging und Liz das Pompon ins Gesicht hielt und meinte, dass sie nicht cool genug sei und sich deswegen nicht über die Cheerleader lustig machen sollte. Liz fegte mit einer Handbewegung den Pompon auf den Boden und sagte: „Ich weiß wohl, wer hier cool ist und wer nicht. Ihr Cheerleader haltet euch wohl für besonders toll, wenn ihr alle die gleichen Klamotten trägt und eure Pompons schwingen könnt, oder? Aber nicht jeder will so hirnlos sein wie ihr! Und ich kann dir versprechen, dass ein Schwein sogar viel intelligenter ist als ihr Cheerleader.“

Sie ging mit ihren Büchern in der Hand weiter und schaute nicht ein Mal zurück.

„Liz...“, flüsterte Liza.

„Was? Wieso flüsterst du denn so?“, fragte sie ein wenig entnervt und verdrehte dabei die Augen.

„Als du die Cheerleader deine Meinung gesagt hast, stand Ben in der Nähe!“

„Na und?“, entgegnete Liz. „Wenn schon, ist mir doch egal, ob er in der Nähe stand oder nicht.“

„Hey... reg dich mal wieder ab!“, beruhigte Tine sie. „Wir meinen ja nur...“

„Schon gut! Muss jetzt in den Unterricht. Sehen uns dann nachher in der Cafeteria. Ciao!“, sagte Liz und öffnete die Tür zum Klassenraum und ging hinein.

Obwohl es noch nicht geklingelt hatte, und sie die Schule verabscheute, wollte sie im Klassenraum bleiben... sie wusste aber nicht wieso sie das wollte. Vielleicht, weil sie einfach mal etwas Ruhe brauchte. Schließlich hatte sie genug Stress zu Hause, jeden Tag musste sie Geschirr spülen und Wäsche zusammen legen und abends muss sie auch meistens kochen.

Wieso reg ich mich in letzter Zeit eigentlich so auf, fragte sie sich, und war wütend auf sich selbst.

Und endlich hat es gegongt und alle gingen in die Klasse. Liz schmiss ihre Bücher auf den Tisch und bereitete sich auf den langweiligen Geschichtsunterricht von Mr. Tyler vor... sie nahmen im Moment Frankreich durch, was die Schüler wenig interessierte.

„Guten Morgen allerseits...“, rief der Lehrer wie jeden Morgen in die uninteressierte Runde, aber diesmal fügte er noch was hinzu. „Heute haben wir einen neuen Schüler in unserem Kurs... er ging zwar schon immer auf dieser Schule, aber er hat jetzt alle Kurse gewechselt... deswegen hoffe ich mal, dass ihr nett zu ihm seid!“

Keiner im Raum machte einen Mucks, und sie schauten alle zur Tür hinüber, denn sie waren gespannt, wer es war... und endlich, er betrat den Raum mit einem charmanten Lächeln im Gesicht... es war Ben!

Ohne zu überlegen ging er auf einen der vielen freien Plätze zu und setzte sich hinter Liz.

Liz spürte, wie sie rot anlief... ihr wurde mal warm und mal kalt... sie wagte es nicht nach hinten zu schauen, denn sie würde sich wahrscheinlich nur blamieren... das vorhin im Gang hat ihr schon gereicht. Also saß sie die ganze Stunde still auf ihrem Platz und gab keinen Laut von sich, sie hat noch nicht mal einen Witz gerissen, was natürlich nicht zu ihr passte, denn sie musste mindestens einmal im Unterricht einen Witz über etwas reißen, was Mr. Tyler erzählte.

Schon wieder hat es gegongt, die erste Unterrichtstunde war nun um und alle packten eilig ihre Taschen, um zum nächsten Unterricht zu eilen.
„Liz“, hörte sie von hinten, und sie war sich sicher, dass Ben das gesagt hatte.

Sie drehte sich langsam um und schaute ihn fragend an, dabei versuchte sie möglich cool zu bleiben, was ihr, ihrer Meinung nach, allerdings nicht so gut gelang.

„Das vorhin im Flur war echt mutig von dir“, sagte er und lächelte sie an. „Ich hoffe doch, dass wir uns mal treffen könnten.“

Ohne auf Liz’ Antwort zu warten, ging er aus dem Raum und schaute sie noch ein Mal an.

Liz stand wie fest genagelt da und ihr schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Wollte er sich wirklich mit ihr treffen, war das gerade nicht eine Anmache, fand er die Aktion vorhin auf dem Flur wirklich cool, oder hat sie jetzt nur geträumt?

Dann riss sie ein weiterer Gong aus ihren Gedanken, und sie erinnerte sich, dass sie noch Unterricht hatte, also rannte sie so schnell wie möglich über den Flur, um in den nächsten Unterricht zu kommen.

Sie schaffte es zum Glück noch, bevor der Lehrer kam. Sie machte sich gerade auf dem Weg zu ihrem Platz, als sie ihn wieder entdeckte... diesmal saß er vor ihr. Er lächelte sie wieder an und diesmal bemühte sie sich, ihm auch einen Lächeln zu schenken.

Hat er jetzt etwa auch noch mit mir Französisch, wunderte sie sich.

Kaum hatte sie sich hingesetzt, schon drehte er sich um und fragte sie, wann sie denn Zeit hätte, und ob sie denn überhaupt mit ihm ausgehen wollte. Sie schrieb etwas auf einem Zettel und gab es ihm, dazu meinte sie, dass er sie mal anrufen und sie dann noch mal fragen sollte. Dann betrat der Französischlehrer den Raum und begrüßte sie auf Französisch.

„Liz, Zeit für deinen Vortrag!“, sagte er und wies sie nach vorne.

Sie schnappte sich noch einen Block, wo sie ihre Notizen stehen hatte und lief damit nach vorne. Eigentlich waren das die selben Notizen von Geschichte, aber sie hatte keine Zeit und keine Lust gehabt, neue Informationen über Jeanne d’Arc für Französisch rauszusuchen. Außerdem war es doch umweltfreundlich von ihr, die Notizen zwei Mal zu benutzen, denn schließlich würde ein weiteres Notizblatt Papierverschwendung gewesen, und die Bäume würden deswegen wo möglich noch mehr gefällt.

Sie hielt ihren Vortrag und beantwortete Fragen von ihren Mitschüler zum Thema, anschließend konnte sie sich setzen, und sie war froh, dass der Französischlehrer nicht darauf geachtet hatte, was das für Notizen waren, sonst hätte sie mit Sicherheit eine sechs bekommen.

Der Lehrer sagte ihnen noch schnell die Hausaufgaben zum nächsten Tag, bevor es wieder gongt. Dann packten alle schnell ihre Bücher und stürmten aus dem Raum, Liz war auch darunter, denn sie musste ihre Freundinnen von der Sache mit Ben erzählen. Sie war auf ihre Gesichter gespannt und vor allem, was Tine dazu meinte. Also lief sie wie ein Blitz in die Cafeteria und setzte sich wie immer an ihrem Stammtisch. Und endlich, da kamen die anderen... sie machten aber nicht gerade den Eindruck, als würden sie noch etwas essen können, denn sie sahen alle so schrecklich blass aus.

Tine setzte sich hin und legte ihren Kopf auf den Tisch und stöhnte auf, und die anderen machten es ihr nach. Liz hob nur eine Braue, denn sie konnte sich nicht vorstellen, was sie denn in Biologie gemacht hatten.

„Bäh... ich hasse Frösche!“, stöhnte Tine und setzte einen Blick auf, den sie immer hatte, wenn sie sich vor etwas ekelte.

„Wir mussten Frösche anfassen!“, klagte Mel mit einem angewiderten Blick.

Liz lachte herzhaft und erzählte ihnen von der Sache mit Ben. Die Freundinnen staunten nicht schlecht und stellten Liz immer und immer wieder neue Fragen. Denn nicht jede hatte das Glück, von einem beliebten Jungen aus der Schule angesprochen zu werden. Sie kicherten und flüsterten, wie es sich für Mädchen in ihrem Alter üblich war. Plötzlich hatten sie Ben im Blick, und sie dachten, dass er gleich wahrscheinlich an ihnen vorbei gehen würde und mit einem Mal waren sie still.

Aber er blieb auf einmal vor ihnen stehen... Liz’ Herz schlug ihr bis zum Hals... sie konnte kein Wort raus bringen, obwohl sie ihren Mund bewegte... sie wollte etwas sagen, nein, sie hatte das Gefühl, dass sie was sagen musste, aber ihr Hals war wie zugeschnürt.

Er legte ihr Französischbuch neben ihr Tablett, und meinte, dass sie das nächste mal lieber auf ihre Bücher aufpassen sollte, es sei denn, sie wollte, dass er ihr ihre Bücher bringt. Dann verschwand er auch wieder. Sie atmeten alle tief durch und Liz schaute ihm nur noch hinterher, bis er sich bei seinen Freunden hingesetzt hatte.

„Ach Gott...“, atmete Mel auf, „du hast echt Glück! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich dich beneide, Liz!“

Die anderen Mädchen stimmten Mel zu und nickten. Liz wurde wieder rot im Gesicht und schaute weg. Ihr Blick fiel auf das Französischbuch, dass ihr Ben gerade hingelegt hatte... da war eine rote Rose dran geheftet. Sie packte das Buch schnell in ihre Tasche, und hoffte, dass die anderen die Rose noch nicht bemerkt hatten, dann stand sie auf und verabschiedete sich von den Freundinnen und lief in die Bibliothek.

In der Bibliothek setzte sie sich in den hintersten Ecken und genoss ihre einzige Freistunde in der Woche, indem sie ein Buch las. In der Nähe von ihr saßen zwei oder drei Mädchen, die wahrscheinlich auch in die gleiche Stufe gingen wie sie, die Mädchen unterhielten sich schon fast zu laut für eine Bibliothek, deswegen konnte Liz ein paar ihrer Wörter lauschen.

Auf einmal redeten sie von Ben, und als Liz dies hörte, spitzte sie ihren Ohren, tat aber trotzdem noch so, als würde sie lesen.

„Hast du das schon gehört? Ben interessiert sich für so eine Liz... ähm... wie hieß die jetzt...“, hörte sie das eine Mädchen flüstern.

„Du meinst Liz Coogan?“, fragte das andere Mädchen.

Dann herrschte erst mal ein wenig Ruhe.

„Da drüben sitzt sie.“, deutete das eine Mädchen. „Sie hat eine große Schwester, die in New York studiert. Aber meinst du wirklich, dass er was von ihr will? Ich meine... sie ist ja ganz hübsch, aber wegen ihr hat er sich von der Ballkönigin getrennt?“

„Du hast mir anscheinend nicht zugehört, oder?“, ärgerte sich die eine. „Er hat sich von Nadine getrennt, weil sie ihn zu sehr gedrängt hätte, mit ihr zu schlafen! Aber er wollte noch nicht, weil er Angst davor hat... er ist ja auch noch unschuldig! Außerdem wäre Nadine nicht Ballkönigin, wenn sie nicht mit Ben zusammen wäre!“

Dann wurden die Mädchen von einer Bibliothekarin zum Schweigen gebracht. Die Bibliothekarin war eine rundliche Frau, die mindestens fünfzig war, sie hatte wie immer ein schwarzes Oberteil und eine schwarze Hose an und machte einen schlecht gelaunten Eindruck. Na ja, kein Wunder, sie musste ja auch jeden Tag, die sie in der Schule – eigentlich eher in der Bibliothek – verbrachte, mit Schüler auskommen, die einen schrecklichen Lärm von sich gaben.

Liz saß noch ein paar Minuten am Tisch, dann beschloss sie, aufzustehen und mal kurz an die frische Luft zu gehen, außerdem wollte sie nicht diese Ben-Nadine-Geschichte hören.

Draußen schien die Sonne, so schön wie noch nie... sie hatte das Gefühl allein auf der Welt zu sein. Sie versuchte jede einzelne Sonnenstrahlen einzufangen, die sie sehen konnte. Sie ging über die grüne Wiese und atmete dabei die frische Luft tief ein und wieder aus, sie war froh, dass sie eine Freistunde hatte, denn die brauchte sie wirklich, vor allem heute. Die Geschichte mit Ben beschäftigte sie immer noch... wieso wollte er sich denn mit ihr treffen? Hatte er nur eine Wette verloren? Was war hier eigentlich los? Sie fand auf gar nichts eine vernünftige Antwort. Und sie verstand die Welt nicht mehr.

Ach was soll das ganze, Liz, dachte sie, wieso zerbrichst du dir den Kopf über so ein paar Kleinigkeiten, es gibt wirklich besseres zu tun!

Sie genoss noch ein paar Minuten lang die frische und freie Natur und die warmen Sonnenstrahlen, bis sie von dem Gong aus ihrem friedliche Welt geholt wurde. Sie lief wieder in das große Schulgebäude, über den langen, großen und vollen Flur, wo es nur so von Schüler der Unter- und Oberstufe wimmelten. Sie hatte an manchen Stellen schon Probleme durch zu kommen, aber letzt endlich schaffte sie es doch noch zum nächsten Raum. Jetzt heißt es Kunst. Kunst war die zweite Unterrichtstunde, in dem sie mit ihren Freundinnen Unterricht hatte. Sie setzte sich wie immer möglichst nahe ihrer Freundinnen. Bevor sie überhaupt ein Wort sagen konnte, betrat der Kunstlehrer, ein kleiner Mann mit einem französischen Schnauzbart, den Raum und begrüßte sie. Dann erklärte er, was sie in der Stunde machten, und wie sie zu zeichnen hatten. Zu Liz’ Glück ging die Stunde schneller rum, als erwartet.

Sie und die anderen gingen in der Pause nach draußen und genossen das Wetter in Kansas City.

„Und Liz, was hast du vor?“, fragte Mel neugierig und schloss dabei die Augen, um die Sonnenstrahlen auf ihre Haut spüren zu können.

„Wie was habe ich vor?“, wunderte Liz über die blöde Frage von Mel, denn sie waren alle am Nachmittag mit einander im Cafe verabredet.

„Na, Mel meinte bestimmt die Sache mit Ben!“, half ihr Tine auf die Sprünge.

Liz runzelte die Stirn und schloss die Augen... sie wusste selber nicht, was sie vor hatte, und erst Recht nicht, was sie sagen sollte, wenn er sie anrief.

Die Freundinnen bemerkten Liz’ ahnungsloser Ausdruck, also bohrten sie nicht weiter nach.

Der restliche Tag verging wie im Fluge, und die Schüler der High School in Kansas City stürmten aus dem Gebäude, um nach Hause zu gehen, denn wer war in dem Alter denn schon gern in der Schule.

Auf dem Nachhauseweg, war Liz allerdings alleine, denn Tine, Mel, Andie und Liza hatten noch Chor. Also nutzte sie diese Gelegenheit aus, um noch mal über Ben nachzudenken. Plötzlich tippte ihr jemand von hinten auf die Schulter, und sie schrak auf. Langsam drehte sie sich um, und erkannte aus dem Augenwinkel, dass Ben sie angetippt hatte.

Sie lächelte ihn an und er lächelte zurück. Sie spürte zwar, wie sie rot anlief, aber dennoch versuchte sie dies zu unterdrücken. Er lief neben ihr her und fragte sie, ob sie sich denn über die Rose gefreut hatte.

Den ganzen Weg entlang unterhielten sie sich, als würden sie sich schon so lange kennen und als ob es nur sie beiden auf der Welt gäbe. Mit der Zeit verschwand auch Liz’ Verlegenheit.

Als sie dann an Liz’ Haus ankamen, blieben sie noch stehen und zwischen ihnen herrschte eine peinliche Stille.

„Das ist ja lächerlich“, lachte Ben.

Liz schaute ihn erschrocken an, denn sie dachte, dass er mit das ist ja lächerlich die Sache mit ihr und ihm meinte.

„Ich meine...“, beruhigte er sie, „wir haben den ganzen Weg hier her, ununterbrochen über alles mögliche geredet und jetzt stehen wir stumm hier und sagen nichts!“

Sie schauten sich an und fingen an zu lachen.

„Liz, wie lange willst du denn noch draußen stehen? Das Essen wird langsam kalt!“, rief ihre Mutter aus dem Küchenfenster.

„Du hast es ja gehört“, atmete sie auf und verdrehte dabei die Augen, „ich muss rein, bevor Mum wieder Krämpfe bekommt.“

„Okay“, nickte Ben, „ich rufe dich nachher noch an, okay?“
Sie wandte sich um und ging ins Haus, aber bevor sie die Haustür hinter sich schloss, drehte sie sich noch mal um und winkte ihm zu.

Dann warf sie ihre Sachen auf den Flur und tanzte buchstäblich ins Esszimmer. Sie war so glücklich wie nie zu vor, es war so, als hätte sie einen Oscar gewonnen, oder sogar besser. Sie konnte das Gefühl nicht beschreiben, sie war verliebt! Sie war über beide Ohren in Ben verliebt.

Sie versuchte zu essen, aber sie musste immer und immer wieder an ihn denken, an diese wunderschönen grünen Augen, die hoch gestylten schwarzen Haare und die Muskeln von ihm... aber was sie an ihm mochte, war die Art, wie er mit ihr auf dem Nachhausweg gesprochen hatte.

„Liz... bitte... du musst jetzt was essen... an diesen gut aussehenden Jungen von vorhin kannst du auch nachher denken!“, scherzte ihre Mutter.

„Mum!“, sagte sie und gab ihr einen kleinen Tritt gegen ihre Füße.

Kapitel zwei



Es war schon längst Abend, und Liz hockte in ihrem Zimmer und tanzte zu der Musik von Shakira. Das Telefon lag natürlich auch in der Nähe, nämlich auf dem Schreibtisch... sie wartete immer noch auf Bens Anruf.

Vielleicht wird er auch gar nicht anrufen, wäre ja auch viel zu schön um wahr zu sein, dachte sie traurig und drehte die Musik leiser, dann warf sie sich auf ihr großes Doppelbett, das mit Kissen überfüllt war.

Und endlich, das Telefon klingelte... sie sprang wie ein Blitz auf und eilte zum Hörer, dabei stolperte sie über ihre Schultasche, welche mitten im Zimmer lag.

„Ja?“, lies sie von sich hören.

„Hi Liz! Ich bin’s... Ben!“

„Hi! Ich dachte schon, dass du mich gar nicht mehr anrufst“, sagte sie erfreut und fügte noch schnell hinzu, „nicht dass ich den ganzen Tag vor dem Telefon gesessen habe...“
„Das wäre ja wirklich mal was neues gewesen!“, unterbrach er sie und lachte vergnügt.

Sie unterhielten sich erst mal wieder stundenlang, dann kam Liz’ Mutter ins Zimmer und zeigte auf die Uhr, das hieß, dass es Zeit war ins Bett zu gehen.

„Ähm... du Ben...“, sagte sie.

„Oh... ich weiß, es ist schon spät...“, unterbrach er sie wieder, „also kommen wir jetzt mal zur Sache, wann hättest du denn mal Zeit? Wie wäre es denn mit morgen Abend? Da könnten wir doch ins Kino gehen und danach irgendwie in ein Restaurant was essen gehen.“

„Okay“, stimmte sie ihm zu. „Also dann, schlaf gut!“

Sie legte auf und warf sich wieder auf ihr Bett, diesmal sprang sie noch ein paar Mal auf und ab. Schließlich hatte sie ein Date mit Ben, mit dem beliebtesten Jungen der Schule, was für ein Glück musste sie haben! Sie schwebte auf Wolke sieben. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass Ben sie eingeladen hatte, es kam ihr alles wie ein Traum vor, und sie hatte aber auch Angst, dass wenn sie wieder aufwacht, alles wieder so sein würde, wie vorher... nämlich dass sie sich gar nicht kannten. Aber, daran mochte sie nicht zu lange denken, denn sie war im Moment einfach viel zu glücklich, um an negativen Sachen zu denken.

In dieser Nacht schlief sie besonders gut, na ja, ist ja auch nicht verwunderlich, vor allem weil sie jetzt ein Date mit Ben hatte.

Beep beep beep beep beep... ertönte auf einmal etwas neben ihr, sie öffnete die Augen und schlug es mit einer Handbewegung tot. Sie wandte dann wieder mit ihrer Hand auf der linken Seite ihres Bettes, wo ihre Anlage stand, und drehte ihre Musikanlage auf.

Im Radio lief „Dirrty“ von Christina Aguilera.

Liz stand wie jeden Morgen auf und putzte sich die Zähne... aber an diesem Morgen war irgend etwas anders als sonst. Lag es am Wetter? Oder lag es an der Geschichte mit Ben? Richtig! Es lag an Ben! Sie war ja verliebt, und sie hatte ein Date mit ihm, und zwar an diesem Abend!

Unten in der Küche angekommen, war ihre Mutter nicht da, auf dem Tisch war ein Teller Pfannkuchen und daneben eine Nachricht von ihrer Mum, sie meinte, es sei etwas wichtiges, weshalb sie nicht mehr zu Hause war, und sie sollte wie normal zur Schule gehen.

Da ihre Mutter nicht da war, trug sie den Teller nach oben auf ihr Zimmer und versuchte zu essen und gleichzeitig zu tanzen. Sie war so glücklich, dass sie so viel Energie hatte, das sie aber nicht zum Vorschein bringen konnte.

Nach ein paar Minuten klingelte es unten und sie rannte so schnell wie sie konnte hinunter.

Das konnten doch nicht ihre Freundinnen sein, die erscheinen doch nie im Leben so früh, dachte sie, bevor sie die Tür aufriss.

Und sie traute ihren Augen nicht, sie konnte nicht glauben, wer vor ihrer Haustür stand, es war Ben... Ben und er hatte einen Blumenstrauß in der Hand, die er ihr überreichte.

„Oh... ähm... d... d... danke...“, stotterte sie, „das... das wäre doch nicht nötig gewesen.“

Er lächelte und betrat das kleine Haus. Liz rannte in die Küche und holte eine Vase aus dem Schrank, in die sie den schönen Blumenstrauß aus Rosen und Orchideen stellen konnte.

„Ich hoffe, dass ich jetzt nicht irgendwie ungelegen erscheine.“, sagte er.

Sie schüttelte den Kopf und bat ihm mit nach oben zu kommen. Oben angekommen, streckte sie ihm den Teller mit Pfannkuchen entgegen, worauf er aber dankend ablehnte, weil er schon gefrühstückt hatte.

Danach hatte sie noch genau fünfzehn Minuten Zeit, um sich fertig zu machen, bevor die anderen erschienen. Sie ließ ihn also alleine im Zimmer und verschwand mit ihren Klamotten im Badezimmer.

Ben ging im Zimmer rum und guckte sich jedes einzelne Bild, das am Wand hing genau an, und er erkannte, wie hübsch und unschuldig Liz doch schon immer gewirkt hatte. Und er sah die vielen Bücher in ihrem Bücherregal, aber was ihm komisch vorkam, war, dass sie da hauptsächlich nur Romane und normale Bücher hatte, und keine Schulbücher. Er hatte geglaubt, dass sie eigentlich tausend Bücher für die Schule in ihrem Regal haben müsste, denn wenn man nur ihre Noten angeguckt hatte, dann geht man selbstverständlich davon aus.

Dann betrat sie wieder das Zimmer und Ben ging zu ihr hinüber... er schaute ihr tief in die Augen und flüsterte ihr zu, wie hübsch sie doch sei... und eh Liz darauf antworten konnte, beugte er sich zu ihr und küsste sie.

Sie spürte, dass sie diesmal wirklich zu schweben begann... sie hätte nie damit gerechnet, dass er ihr jemals sagen würde, dass sie hübsch sei, und sie hätte erst Recht nicht damit gerechnet, dass er sie küssen würde. Aber das war jetzt unwichtig, ihr ging es nur darum, den Kuss zu genießen, also erwiderte sie seinen Kuss.

Dann hörte er auf sie zu küssen und schaute ihr wieder in die Augen. In diesem Augenblick erlebte sie seine Augen noch näher als sonst... und sie spürte seine Nähe... sie war wirklich glücklich, wahrscheinlich war sie der glücklichste Mensch im ganzen Universum.

„Hat er dir gefallen?“, fragte er sanft.

Sie nickte und sie küssten sich noch mal, aber diesmal war der Kuss viel länger und intensiver... der Kuss enthielt eine Art Romantik, doch der Kuss wurde von dem Klingel unten unterbrochen.

Liz schaute auf die Uhr und sie wusste, dass es ihre Freundinnen sein mussten. Also gingen die beiden hinunter und öffneten die Tür. Und kaum war die Tür offen und man Ben sehen konnte, waren die Mädchen ein wenig verwirrt. Er lächelte in die Runde und gab Liz noch einen Kuss auf die Wange, dann verschwand er auch wieder, denn er wusste, dass es sich nicht gehörte mit einen Haufen Mädchen zur Schule zu gehen.

„Liz, verheimlichst du uns etwas?“, fragte Andie aufdringlich.

„Echt, ey!“, warf Tine beleidigt ein.

„Was hatte der Kerl schon am frühen Morgen hier bei dir zu suchen?“, bohrte Liza nach.

„Also...“, sagte Mel, „du bist uns ja wohl eine Erklärung schuldig! Wieso siehst du so glücklich aus?“

Liz lächelte und sie erzählte auf dem Weg zur Schule alles... und zwar bis ins Detail, sie hatte absolut keine Kleinigkeit ausgelassen. Die Freundinnen konnten kein einziges Wort rausbringen, denn die Sache war auch für ihnen wie ein kleines Traummärchen.

Als sie dann in der Schule ankamen und den Flur entlang gingen, spürte Liz, wie ein paar Schülerrinnen auf sie zeigten. Aber sie wusste nicht, warum sie dies taten, sie war absolut ahnungslos. Auch ihre Freundinnen wurden ein wenig unsicher.

„Na Liz, kommst du dir jetzt cool genug vor?“, fragte sie ein Cheerleader von hinten.

Liz drehte sich um und erkannte sie sofort wieder, es war das Mädchen, das sie am Vortag blöd angemacht hatte.

„Was willst du damit sagen?“, fragte sie kalt.

„Na ja“, fing sie an, „ich habe gehört, dass du mit Ben geschlafen hättest und ihn dadurch Nadine, unsere Ballkönigin, ausgespannt hättest!“

Liz wollte sich gerade verteidigen, als Nadines Stimme ertönte.

„Hör zu Sarah“, sagte sie wütend, „halt dich lieber aus Sachen raus, die dich nichts angehen! Außerdem kann ich dir versichern, dass Liz nichts im Geringsten mit der Trennung von mir und Ben zu tun hat! Also, lass sie in Ruhe! Und hör auf andauernd nur Gerüchte zu verbreiten, das kann ja kein Mensch mehr ertragen. Und falls es dich interessiert, Ben hat sich nicht von mir getrennt, und ich habe mich auch nicht von ihm getrennt, wir haben uns nämlich gleichzeitig und zwar in Freundschaft getrennt.“

Die Cheerleader, Sarah, lief auf einmal rot an und verschwand so schnell sie konnte. Dann wandte sich Nadine Liz zu und lächelte sie an.

„Liz, ich hoffe du wirst mit ihm glücklich, wenn zwischen euch was laufen sollte!“, sagte sie. „Und... übertreib es nicht mit ihm, denn sonst wirst du ihn verlieren, genau so wie ich ihn verloren habe. Ehrlich, das war nur ein Tipp von mir.“

Und ohne zu hören, was Liz sagen wollte, verschwand sie auch wieder.

Die halbe Schule hatte den Vorfall auf dem Flur mit bekommen und sie sprachen von nichts anderem mehr, außer über die Geschichte mit Liz, Nadine, Sarah und Ben.

In der Pause war es für Liz besonders schlimm, denn jeder aus der Schule kannten sie und schauten deswegen immer zu ihr, wenn sie über die Schlagzeile in der Schule redeten. Und zu allem Überfluss kam Ben auch noch zu ihnen rüber, eigentlich freute sie sich ja darüber, nur der Augenblick war nicht gerade der Beste, denn dadurch zogen ihre Freundinnen, sie und Ben ungewollt alle Blicke auf sich. Dennoch versuchte sie vollkommen normal zu wirken, so als würde sie es gar nicht bemerken, dass alle rüber starrten.

Ben beugte sich zu ihr und fragte sie, ob sie denn mal eben zusammen raus gehen könnten.

Das kam ihr dann schon besser entgegen, denn sie konnte die Blicke der anderen nicht mehr ertragen, also gingen die beiden aus der Cafeteria hinaus in die Freie.

„Weißt du“, fing er an, „also... diese Gerüchte, die Sarah in der Schule verbreitet, ist nicht wahr... und jetzt hat sie halt irgendwie mit bekommen, dass ich mich mit dir treffen möchte, also hat sie noch mehr dazu gedichtet.“

„Das weiß...“, sagte sie.

„Bitte hör mir jetzt nur zu“, bat er sie und erzählte weiter. „Ich hab mich nicht von Nadine getrennt, weil sie mich irgendwie gedrängt hätte oder so... ich hab mich von ihr getrennt, weil ich die Beziehung für nichts hielt... ich meine, ich kam mit ihr echt super aus, aber irgendwie hat da noch was gefehlt, und die Beziehung ging dem Ende nahe, deswegen hat sich im Grunde genommen niemand von niemandem getrennt... ich war halt der erste, der den Schritt gewagt hatte.“

Jetzt konnte Liz so gut wie gar nichts mehr verstehen, aber das war jetzt auch egal, denn er schaute ihr tief in die Augen und sie wusste, dass er sie gleich wieder küssen würde, und sie freute sich darauf. Jedoch hatte sie sich getäuscht, denn er gab ihr nur einen kleinen Kuss auf die Stirn und sagte mit sanfter Stimme, dass er sie dann am Abend abholen würde, und ging.

Sie schaute ein wenig traurig hinterher, freute sich aber dennoch auf dem Abend, denn es war das erste Mal, dass sie ein Junge ins Kino einlud.

Der Tag verlief wie im Fluge, denn es war schon Abend, und sie saß am Esstisch mit ihrer Mum, und summte vor sich hin. Aber ihre Freude verflog wieder, als sie bemerkte, dass was mit ihrer Mutter nicht stimmte, denn seit dem sie zu Hause war, sah ihre Mutter ziemlich blass und am Boden zerstört aus.

„Was ist denn mit dir los, Mum?“, fragte sie ihrer Mutter mit besorgter Stimme.

„Ähm... nichts...“, schreckte sie auf, „ist schon gut Schatz! Sieh zu, dass du rechtzeitig fertig wirst, bevor Ben nachher auf dich warten muss.“

Obwohl ihre Mutter ihr versicherte, dass nichts wäre, machte sie sich Sorgen. Aber sie gab sich trotzdem Mühe, ein gut gelauntes Gesicht hinzuzaubern, als Ben klingelte. Sie gingen also los und schauten sich den neusten Streifen im Kino an, aber Liz konnte sich nicht auf den Film konzentrieren, denn ihre Gedanken schlichen sich immer wieder zu ihrer Mum... als Ben merkte, dass sie etwas auf dem Herzen hatte, schlug er vor früher aus dem Film zu gehen. Als sie draußen waren, schlug sie vor, erst noch Spazieren zu gehen, bevor sie in ein Restaurant gingen.

Sie gingen in den Park und setzten sich vor einen Brunnen.

„Was ist denn los, Liz?“, fragte Ben. „Gefällt dir der Abend nicht, oder habe ich etwas falsch gemacht?“

„Nein“, fing sie langsam an, „es ist wegen meiner Mum... sie hatte schon den ganzen Tag irgendwas auf dem Herzen, aber sie will mir nicht sagen, was sie hat.“

Eine Zeit lang sagten beide nichts.

„Sie war schon heut Morgen weg... wenn ich doch nur wüsste, wo sie war.“, sprach sie weiter. „Weißte Ben, ich hab nur noch sie... und meine große Schwester ist in New York, um zu studieren. Deswegen mache ich mir ja so viel Sorgen um meine Mum.“

„Wie wäre es“, überlegte Ben, „wenn wir uns wann anders treffen würden, und du gehst jetzt nach Hause und versuchst dann mit deiner Mutter zu reden?!?“

„Aber macht...“, versuchte sie zu fragen.

„Nein, es macht mir nichts aus.“, unterbrach er sie. „Ich weiß, dass die Familie wichtiger ist, als so ein Treffen. So was kann man jeder Zeit wiederholen, Liz, aber in der Familie kann man nie etwas wiederholen, also labere hier nicht länger rum und geh nach Hause!“

Sie gab ihm einen Kuss und lief so schnell wie sie konnte nach Hause.



„Liz?“, hörte sie ihre Mutter rufen, als sie die Haustür zu knallte.

Ohne zu antworten rannte sie in die Küche, wo ihre Mutter zwischen einen Haufen Papiere saß und ziemlich niedergeschlagen aussah. Liz konnte noch sehen, wie eilig sie es hatte, all die Papiere wegzustecken, was aber nicht geklappt hatte, denn die Papiere flogen alle auf dem Boden.

„Mum“, fing sie erschrocken an, „was ist denn eigentlich los? Was wird hier gespielt? Und vor allem was sind das für Papiere?“

„Ach Liz“, stotterte sie, „ich... ich... ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll... heute Morgen bekam ich einen Anruf vom Krankenhaus in New York...“

„Ist Jen was zugestoßen?“, unterbrach sie sie.

„Ja... leider...“, sagte sie mit gedämpfter Stimme und einen traurigen und besorgten Blick. „Sie hat leider die Herzkrankheit von deinem Vater geerbt.“

In diesem Augenblick lief Liz einen Schauer über den Rücken, denn sie wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis Jen starb. Sie war so wütend und zu gleich traurig, sodass sie beim Aufstehen den Stuhl mit voller wucht auf den Boden knallte. Sie rannte heulend auf ihr Zimmer und schloss die Tür zu, denn sie wollte nicht, dass ihre Mutter sie so sah, da sie noch nie vor jemandem geweint hatte. Ihr flossen die Tränen nur so über das Gesicht, es wollte nicht aufhören und sie konnte nichts dagegen tun. Sie stellte sich Fragen, die sie nicht beantworten konnte.

Warum musste ihre Schwester diese Krankheit haben? Wann wird sie sterben? Kann sie Jen noch ein einziges Mal besuchen, bevor Jen nicht mehr unter den Lebenden weihte? Wie wird es weiter gehen? Sie war absolut ahnungslos, sie wusste gar nichts mehr, sie wusste einfach nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollte... sollte sie die starke Tochter spielen, damit ihre Mutter nicht so viel Kummer ertragen musste, oder sollte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen?

Plötzlich klingelte das Telefon, Liz versuchte es zu ignorieren, da sie jetzt mit niemandem reden wollte. Aber nachdem das Telefon nicht aufhören wollte zu klingeln, hob sie dann doch ab, und ihre Freundinnen sprachen gut gelaunt in den Hörer, sie hörte aber nur halbwegs zu.

„Liz? Hallo? Bist du noch dran?“, fragte Tine. „Hey Liz, hast du uns überhaupt zugehört? Was ist denn los?“
„Oh... ähm... tut mir Leid... mir... mir geht es jetzt nicht so gut... wir können uns morgen ja unterhalten. Also, bis morgen!“, sagte sie mit heiserer Stimme ins Telefon und versuchte ihr Schluchzen zu unterdrücken.



Am nächsten Morgen wachte sie auf, und sie hatte das Gefühl, dass nichts mehr so war wie es sein sollte, denn ihre perfekte und rosarote Welt existierte nicht mehr, da sich ein schwarzer Schleier über ihre perfekte Welt fallen ließ.

Auch dies konnte man beim Frühstücken spüren, da keiner von beiden was sagten.

„Liz...“, fing ihre Mutter an, „wenn... wenn du möchtest, dann könnten wir beide dieses Wochenende nach New York zu Jen fliegen... und... und sie besuchen.“

Liz nickte und verließ das Haus, nachdem sie ihr Glas ausgetrunken hatte. Sie wusste, dass es noch zu früh war, aber sie wollte nicht von ihre Freundinnen oder von Ben abgeholt werden, da sie noch ziemlich unter der schlechte Nachricht von ihrer Mutter litt.

Sie lief ohne ein Ziel durch die Gegend und gelang so in den Park. Dort blieb sie stehen, und schaute sich um, denn sie hoffte, dass sie den damals so großer und starker Baum entdecken würde, an dem sie und Jen immer gespielt oder rumgealbert hatten. Dort hingen alle Erinnerungen aus ihrer Kindheit, und sie wollte sich noch mal an alles erinnern, bevor sie zu Jen nach New York flog.

Als sie dann im Park stand, überkam ihr ein unglaublich warmes Gefühl, wie an jenem Sommertag, als sie mit ihrer Schwester im Park war und von ein paar Jungen aus der Schule geärgert wurde. Sie hatte noch alles vor Augen... ein großer Junge ging auf sie los und schrie sie ohne einen vernünftigen Grund an, ihr standen schon die Tränen in die Augen, und ihre Schwester, Jen, die auch von den anderen Jungs geärgert wurde, nahm sie bei Hand und rannte mit ihr so schnell sie konnte den Weg entlang, was danach geschah, wusste sie nicht mehr, aber das war auch nicht wichtig.

Liz ging auch immer hier hin, wenn sie traurig war, oder wenn sie einfach nur alleine sein wollte, und ihre Ruhe haben wollte... aber sie war schon sehr sehr lange nicht mehr an dem Baum... sie war, seitdem ihre Schwester nach New York ging, nicht mehr dort, denn sie hielt es nicht für richtig, wenn sie jetzt ohne Jens Nähe einfach so dort hin ging. Aber jetzt war es allmählich Zeit, wieder dorthin zu gehen. Und da sah sie den großen und mächtigen Baum.

„Ach...“, seufzte sie traurig, als sie unter den Blättern stand. „Wenn du doch wüsstest, was meine Schwester im Augenblick durch machen muss. Am Wochenende fahren wir, also, meine Mutter und ich, zu ihr nach New York.“

Sie redete mit dem Baum, als wäre er lebendig, und als würde er ihre Gefühle und ihr Schmerz in ihrem Innern fühlen und verstehen könnte. Auf einmal fing ihre Uhr an zu piepen, es war ein Zeichen dafür, dass sie langsam wieder los gehen sollte, bevor sie zu spät zur Schule kam.

Ohne ein Wort zu sagen, oder überhaupt zu gucken, ging sie an Ben und ihre Freundinnen vorbei. Den Unterricht konnte sie auch nur unruhig verfolgen, denn ihre Gedanken waren immer nur bei Jen, sie konnte sich einfach nicht vorstellen, auf einmal ohne Jens Anrufe zu leben.

Kapitel drei



Die Tage in der Schule verliefen wie in Schneckentempo, dennoch war es nun Wochenende und Liz und ihrer Mutter stiegen in dem Flugzeug ein, um nach New York zu fliegen.

„Mum...“, fragte Liz sehr leise. „Glaubst du, dass Jen das vielleicht überleben würde? Ich meine... Dad war alt und hatte nicht mehr genug Kraft um sich zu wehren, aber Jen... Jen ist jung...“

Ihre Mutter gab darauf keine Antwort, da sie nicht wusste, ob sie ihr die Wahrheit sagen sollte oder lügen sollte, die Wahrheit würde Liz vielleicht nicht ertragen, aber ihre Mutter hat sie noch nie angelogen... also war es besser, wenn sie ihr keine Antwort auf ihre Frage gab.

Der Flug dauerte nicht lang, und sie kamen in New York an. Ohne zu überlegen, riefen sie ein Taxi und ließen sich zum Krankenhaus fahren.

Unterwegs schaute Liz aus dem Fenster und bewunderte New York City. Sie wusste zwar, dass New York eine hektische und große Stadt war, aber dass die Stadt so wunderschön war, hätte sie nicht gedacht. Für einen Augenblick konnte sie den Grund vergessen, weshalb sie in New York war, aber schon bald überholt ihre Erinnerungen ihr Leben wieder, und sie schaute wieder traurig, trauriger als bevor sie den Flughafen verlassen hatte.

„Eine schöne Stadt, oder?“, fragte der Taxifahrer.

Liz nickte und bemühte sich für einen Augenblick glücklich auszusehen, aber das gelang ihr nicht wirklich, aber das war jetzt auch nicht mehr nötig, denn sie waren nun angekommen. Ihre Mutter bezahlte das Taxi und sie gingen gemeinsam in dem großen Krankenhaus hinein.



„Hi Mum und Liz“, sagte Jen erschöpft, als sie die beiden im Türrahmen entdeckte.

„Jen“, rief Liz, und schnellte zu ihrer Schwester hinüber. „Wie geht es dir? Fehlt dir etwas? Soll ich dir vielleicht was bringen?“

„Liz... beruhig dich mal wieder!“, lachte Jen. „Ich werde schon nicht sterben. Versprochen. Heut zu Tage gibt es gute Medikamente!“

Während Liz und Jen sich unterhielten, sprach Mrs. Coogan mit dem Doktor vor der Tür, der Jen betreute.

„Mrs. Coogan, ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll...“, fing der Arzt an, und er sah besorgt aus. „Aber ihre Tochter, Jen, sie wird es vielleicht nicht überleben können. Wir haben alles getan, was in unsere Macht stand, aber die Situation wird von Tag zu Tag kritischer. Die einzige Möglichkeit, die es noch gibt, ist die Maschinen, die Jen noch am Leben erhalten, aus machen lassen, damit sie nicht mehr leiden muss. Aber das müssen Sie entscheiden.“

Der Doktor musste gehen, als sein Melder anfing zu piepen, und er ließ Mrs. Coogan besorgt zurück. Sie war absolut ahnungslos, denn sie wusste nicht, ob sie ihre Tochter einfach sterben lassen sollte, damit sie nicht mehr leiden musste, oder sie durch Geräte so lange am Leben lassen, wie es nur möglich war, und damit sie weiterhin ihren Schmerz ertragen musste.
Sie schaute durch ein Fenster in den Raum hinein, wo Jen und Liz waren, und sie wusste, dass sie es Liz nicht antun konnte, aber sie musste es tun.





„Was hast du denn, Mum?“, fragte Liz, als sie im Hotel waren.

„Liz, wir müssen mit einander reden. Es ist sehr Ernst.“, sagte ihre Mutter.

Liz setzte sich auf ihrem Bett und schaute aus dem Fenster, denn sie wusste, dass jetzt irgend eine Entscheidung kam, aber sie wusste nicht welche.

Ihre Mutter ging im Zimmer auf und ab, und sie schien nervös zu sein. Ihre Schweißperlen liefen langsam über ihre Stirn, und sie machte sich nicht die Mühe es aus dem Gesicht zu waschen.

„Also, Liz...“, fing sie an, und versuchte ruhig zu klingen, in dem sie nur auf den Boden schaute. „Ich weiß, wie hart es jetzt klingen wird, aber es ist wirklich sehr Ernst.“

Sie machte eine Pause und schaute auch aus dem Fenster, während dessen sagte Liz kein Wort, und schaute ihre Mutter an.

„Der Doktor sagte, dass Jens Situation von Tag zu Tag schlimmer wird... und sie haben hier auch schon alles mögliche getan, was in ihre Macht stand, aber es hat nicht gereicht, um Jen zu retten“, sagte sie und machte wieder eine Pause, „und als einzige Möglichkeit steht nur noch, abzuwarten, bis Jen ganz in Koma fällt, oder die Geräte abschalten, damit Jen nicht mehr leiden muss.“

„Hast... hast...“, stotterte Liz, und biss sich dabei auf die Lippen, um die Tränen in ihren Augen zurückzuhalten, „hast du... hast du denn auch schon mit Jen darüber gesprochen?“

Ihre Mutter nickte und setzte sich auf dem andern Bett.

„Und... und sie ist damit einverstanden?“, fragte Liz wütend.

Und wieder nickte ihre Mutter.

Ohne was zu sagen, stand Liz auf und lief aus dem Zimmer. Ihre Mutter wollte sie noch aufhalten, aber sie hatte nicht mehr die Kraft dazu gehabt, denn kurz darauf brach sie in Tränen aus.

Liz saß in dem Café unten, und trank einen Milchshake. Sie wusste nicht, was sie von alldem halten sollte. War das wirklich eine gute Idee, ihr all die Geräte abzuschalten, die ihr im Moment das Atmen ermöglichte? Wie soll es nur weiter gehen? Wird jemals alles so sein wie früher?

„Miss... entschuldigen Sie bitte, Miss...“, ertönte eine junge Männerstimme.

Liz schreckte auf, und sah den großen jungen Mann an.

„Kann ich mich bitte hier hin setzen? All die anderen Tische sind besetzt.“, sagte er und fuchtelte mit der Hand rum.

Liz schaute sich im Restaurant um, um zu sehen, ob das stimmte, und wie der junge Mann schon sagte, es war wirklich voll. Also nickte sie.

Er setzte sich hin und schaute Liz an. Sie konnte seinen Blick spüren, sie konnte spüren, wie sein Blick über ihr Gesicht streifte, und dann anhielt, als er ihre Busen betrachtete. Liz fühlte sich unwohl, also drehte sie sich samt Körper richtig zum Fenster.

„Ich heiße Jack“, sagte er.

Liz tat so, als würde sie ihn nicht hören, und hoffte im Innern, dass er gleich verschwinden würde.

„Und Sie?“, fragte er, um sie in ein Gespräch zu wickeln.

„Mary Kate...“, log sie, da sie es für unhöflich hielt, nicht auf die Frage zu antworten, „Mary Kate Moss.“

„Woher kommen sie?“, fragte er weiter, und sah ihr dabei in den Ausschnitt.

„Louisiana“, log sie wieder.

„Ich komme aus Boston, und studiere hier.“, sagte er, „und was machen Sie hier, Mary Kate?“

„Nichts! Ich mache nichts.“, antwortete sie.

„Aha... Sie sind also einfach nur so hier?“, wollte Jack wissen.

Liz nickte.

„Mary Kate, ich studiere Kunst, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie für mich Modell stehen könnten.“, sagte er und lächelte sie an, „natürlich bekommen sie dafür auch Geld.“

„Was?“, staunte Liz, „ich soll Modell stehen?“

„Ja... Sie haben ein leicht zu zeichnendes Gesicht, und Sie sind hübsch.“, sagte er.

„Und... und was muss ich da machen?“, fragte sie.

„Na ja, Sie müssen sich dann schon ausziehen, da ich ein freies lebendiges Modell zeichnen muss.“, sagte er und grinste.

Liz wusste nicht recht, ob sie das machen sollte. Sie fand ihre Körper zwar schön, aber sie hat sich noch nie vor jemandem einfach so nackt hin gestellt.

„Na gut... aber was kriege ich dafür? Und wann und wo soll ich erscheinen?“, fragte sie interessiert.

„Sie kriegen 250 Dollar, und wenn Sie jetzt Zeit haben, möchte ich sehr gerne jetzt anfangen. Mein Zimmer ist nämlich hier im zweiten Stock.“

Liz nickte, und sie gingen zu ihm hinauf auf das Zimmer. Unterwegs wurde es ihr dann doch noch ein wenig mulmig. Sie sollte sich vor einen total fremden Mann, oder Student, ausziehen... so was hatte sie noch nie gemacht. Andererseits bekam sie dafür eine ganze Menge Geld, und es würde sie vielleicht ein wenig von Jens Krankheit ablenken.

Als sie im zweiten Stock ankamen, und vor der Tür stand, überlegte Liz schon, ob sie doch nicht lieber einen Rückzug machen sollte.

Was soll das, du Feigling, dachte sie, so was kommt doch nicht alle Tage wieder, also reiß dich zusammen.

Er bat sie, hinein zu treten. Als Liz im Zimmer war, schloss er die Tür hinter sich, und ging hinüber in einer Ecke, wo viele Scheinwerfer und Lampen standen. Und gleich daneben, die Utensilien, für das perfekte Zeichnen. Er schaltete alle Lichter im Zimmer an, damit es hell genug war, und damit sie nicht fror, wenn sie ganz nackt da stand.

„Sie können sich hier ausziehen, oder Sie können ins Badezimmer gehen, und sich dort ausziehen, das ist mir egal.“, sagte er, und wandte sich wieder zu seinen Utensilien.

Liz ging ins Badezimmer und zog sich dort aus, dann kam sie wieder.

„Legen Sie sich da bitte auf das Bett“, sagte er, und sie tat es.

Dann schaute er sie an, anscheinend gefiel ihm die Position, in der Liz war, noch nicht, also kam er zu Liz und legte ihre Hände so hin, wie er sie haben wollte, und legte da ein Kissen vor und dort ein Kissen hin.

„Okay, sprechen Sie nicht, und bewegen sie sich nicht, es sei denn, ich sage es.“, sagte er, als er anfing sie zu zeichnen.

Es dauerte ungefähr drei bis vier Stunden, bis er mit ihrer Zeichnung fertig war. Es war mittlerweile elf Uhr, und Liz lag immer noch nackt auf seinem Bett.

„Wir sind fertig, Mary Kate“, sagte er, „wenn Sie wollen, können Sie sich ihr Bild ja ansehen.“

Ohne zu überlegen sprang Liz auf, und schaute sich ihr Bild an. Sie war überrascht, denn das Bild war so schön, dass sie fast glaubte, dass es der Körper eines andere Mädchen war.

„Das Bild ist schön.“, sagte sie, und vergaß, dass sie sich immer noch nicht angezogen hatte.

„Danke“, sagte Jack, „wahrscheinlich ist das Bild nur so gut geworden, weil Sie ein fantastischer Modell waren.“

Sie sah ihn an und sah ihm dabei direkt in die Augen, die waren so dunkel, dass man glaubte, man sähe in ein schwarzes Loch. Ihr wurde klar, wie anziehend Jack doch war.

Auf einmal spürte sie, wie nah er ihr auf stand. Sie schaute ihn immer noch an, und dann spürte sie seine Lippen, seine weichen Lippen und sie erwiderte seinen Kuss. Er umarmte sie noch fester, und wollte sie gar nicht mehr los lassen. Aber auf einmal stieß sie ihn von sich weg, und schnappte nach ihren Klamotten, und rannte ins Bad... dort blieb sie vor dem Spiegel stehen, und betrachtete sich.

Was habe ich mir dabei gedacht?, fragte sie sich. Ich kenne ihn ja noch nicht mal.

Sie zog sich an, und suchte nach einer Ausrede, mit dem sie wieder verschwinden konnte, aber ihr fiel nichts ein, also gab sie auf nachzudenken... sie öffnete langsam die Tür und schaute ins Zimmer... aber er war nirgends mehr zu sehen... er war spurlos verschwunden. Sie atmete auf und ging erleichtert in den Raum hinein... doch plötzlich sprang Jack vor die Tür, und er hielt in seiner Hand ein Messer. Liz ließ einen spitzen Schrei von sich hören, und versuchte weg zu rennen, dies gelang ihr jedoch nicht, denn sie stolperte und fiel zu Boden.

„Hier kommst du nicht lebend raus!“, sagte Jack mit einem fiesen Grinsen und kam auf sie zu.

Liz geriet immer mehr in Panik und sie wusste nicht, was sie tun sollte... alles was sie sagen konnte war „Nein... bitte nicht... nein“ oder „Hören Sie damit auf... bitte...“. Doch dann kam das Zimmermädchen rein, und stieß auch wieder einen lauten und spitzen Schrei aus, kurz darauf kamen alle Hotelgäste in der Umgebung in das Zimmer und überwältigten so den Mörder, nach dem man schon gesucht hatte.

Liz kam mit einem Schrecken davon und war nun in ihrem Zimmer, sie wusste nicht, was aus ihr geworden wäre, wenn das Zimmermädchen nicht in dem Augenblick gekommen wäre. Ja wohl, das Zimmermädchen hat ihr das Leben gerettet, sie war die Heldin!

„Liz, wie geht es dir jetzt?“, fragte ihre Mutter besorgt.

„Mom, mir geht es gut... wie oft soll ich dir denn noch versichern, dass alles okay ist?“, antwortete sie schon etwas entnervt.

„Liz, ich möchte doch nur nicht, dass dir auch etwas zustößt, weil...“, versuchte sie ihre Tochter zu beruhigen.

„Ja, ich weiß es langsam... und ich weiß auch, dass du dir Sorgen um mich machst, aber lass mich doch verdammt noch mal alle in Ruhe!“, unterbrach sie ihre Mutter mit bebender Stimme, sie war kurz davor, alles kaputt zu schlagen, was ihr im Weg stand, oder ihr auf die Nerven ging.

Ihre Mutter wollte noch was sagen, hielt es aber dann für angebracht, wenn sie jetzt aus dem Zimmer ging, und Liz alleine ließ.

Liz weinte... sie weinte und weinte... wieso musste es ausgerechnet ihr passieren... wieso passierten in letzter Zeit immer nur solchen schrecklichen Dingen, das sind Fragen, worauf sie nicht antworten konnte. Sie ließ all ihre Sorgen raus, indem sie weinte... und sie weinte sich in den Schlaf hinein.



Am nächsten Morgen wachte sie sehr früh auf, und ging runter in dem kleinen Restaurant, dort trank sie einen Cappuccino... diesmal ließ sie niemandem auf dem Platz gegenüber von ihr, denn das mit dem Erlebnis am Vortag hat sie noch nicht ganz bearbeitet. Sie trank ihren Cappuccino, und sah aus, als wäre sie nicht anwesend, sie schaute ziellos nach draußen, und hatte auch keine Gedanken. Sie fühlte sich leer und verloren, sie hatte das Gefühl, als wäre sie verloren, oder in ein tiefes schwarzes Loch gefallen, wo sie nicht mehr raus kam. Sie hatte einfach keine Kraft mehr, um weiter zu machen. Sie wusste auch nicht, ob sie das mit dem Ausschalten der Geräte im Krankenhaus überstehen würde, sie war absolut ahnungslos und sie hatte kein Vertrauen mehr, nicht mal zu sich selbst.

„Ach Liz, ich habe dich über all gesucht“, sagte ihre Mutter vorsichtig, denn sie wollte nicht, dass Liz sich schon wieder aufregte.

Liz schaute auf und als sie ihre Mutter sah, schaute sie wieder aus dem Fenster und sagte nichts. Ihre Mutter setzte sich auf dem gegenüberliegenden Stuhl und bestellte einen starken Kaffee.

„Liz...“, fing ihre Mutter an, und wartete auf Liz’ Reaktion. Als Liz aber nichts sagte, fuhr sie fort. „Liz, ich weiß, wie hart das ganze für dich ist... vor allem... vor allem das mit Jen heute...“

„Schön, dass du dir halbwegs vorstellen kannst, wie mir im Augenblick zu mute ist. Aber du kannst nicht die Hälfte von dem fühlen, was ich jetzt durch machen muss.“, sagte sie und schaute ihre Mutter dabei nicht in die Augen.

„Liz...“, sagte ihre Mutter.

„Nein Mom, jetzt wirst du mir zuhören.“, sagte Liz und schaute dabei wieder aus dem Fenster. „Weißt du Mom, ich war vor ein paar Tagen noch so glücklich... ich hatte einen Freund, und er ist sogar der beliebteste Jungen der Schule... ich habe es allen gezeigt, indem ich ein Mädchen von den Cheerleader meine Meinung gesagt habe. Ich hatte die besten Freundinnen auf der Welt, und meine Welt war in Ordnung... vollkommen in Ordnung. Aber jetzt... jetzt ist es ein Desaster! Meine Schwester wird heute das Licht ausgemacht... ich wurde gestern beinahe vergewaltigt oder möglicherweise sogar getötet, und das nur weil ich ein Modell darstellen wollte, um mich von all den schrecklichen Dingen abzulenken. Meine Welt bricht vollkommen zusammen. Ich weiß nicht mehr weiter, Mom.“

„Liz, ich würde dir so gerne helfen, aber ich weiß nicht wie...“, flüsterte ihre Mutter, und ihr traten schon die Tränen in die Augen. „Tut mir leid Liz, ich habe es als Mutter versagt...“
Liz sagte nichts, obwohl sie wusste, dass ihre Mutter nicht als Mutter versagt hatte, aber sie wollte nichts sagen, weil sie sonst in Tränen ausbrechen würde. Sie stand auf und verließ den Raum, denn sie musste schnell an die frische Luft. Sie rannte raus und warf sich auf die grüne Wiese hinter dem Hotel und versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Sie wollte nicht weinen, nicht jetzt... sie musste stark bleiben, sie durfte nicht weinen... aber sie weinte.



Die Zeit verging schnell, denn Liz stand jetzt bei ihrer Schwester am Bett und hielt ihre Hand. Sie suchte nach den richtigen Worten, um sich zu verabschieden, aber sie wusste nicht, wie sie es machen sollte, denn sie musste sich noch nie von jemandem verabschieden, der noch am Leben war, aber gleich „getötet“ wurde.

„Liz“, sagte Jen. „Ich weiß, dass du traurig bist... aber es war mein Wunsch okay? Du musst mir etwas versprechen, Schwesterchen.“

Jen hatte, seit sie zehn war, nie wieder Schwesterchen zu Liz gesagt, deswegen traten Liz jetzt wieder die Tränen in den Augen, und rollten ihr Gesicht langsam hinunter.

„Ja... ja Jen... ich werde dir alles versprechen, was du willst...“, schluchzte Liz und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Du musst mir versprechen, dass du dein Leben weiter lebst, auch wenn ich sterbe, okay? Das ist wirklich wichtig für mich. Ich werde immer bei dir sein, auch wenn du mich nicht sehen kannst. Ich werde immer in deinem Herzen weiter leben, okay? Aber du... du musst dein Leben weiter leben!“, sagte Jen mit ruhiger Stimme und wischte ihre Schwester die Tränen weg. „Bitte versprich es.“

„Okay... okay Jen, ich verspreche es dir... ich werde weiter leben.“, schluchzte Liz noch lauter als vorher.

Sie gab Jen noch einen Kuss auf die Stirn, bevor sie weggezerrt wurde. Die Ärzte gaben Jen noch einen Schlafmittel, anschließend schalteten sie die Geräten alle nacheinander ab, und Jen schlief ruhig ein. Liz schrie und weinte fürchterlich, aber sie wusste, dass ihre Mutter, auch wenn sie ihre Gefühle nicht zum Vorschein brachte, noch mehr darunter litt, als sie.

Kapitel fünf



Ein paar Tage später, ließen sie Jens Körper nach Kansas City liefern, um sie dort zu begraben. Sie flogen also wieder zurück nach Kansas City. Dort wurde Liz von Freundinnen, die mittlerweile wussten, was passiert war, empfangen. Sie fiel ihnen in die Arme, und Morgan versuchte sie zu trösten. In den darauf folgenden Tagen war Liz nicht mehr sie selbst, sie wollte nichts mehr zu sich nehmen, sie wollte mit niemandem reden, sie wollte nichts mehr von Ben hören, sie zog sich ganz zurück, sie machte sogar mit Ben Schluss... in der Schule saß sie in den hintersten Ecken und meldete sich im Unterricht nicht mehr, in den Pausen verschwand sie meistens in dem kleinen Gewächshaus in der Schule, und schrieb dort in ein Buch, aber keiner wusste, was sie dorthinein schrieb. Vielleicht versuchte sie so alles zu verarbeiten, wovon sie sich noch nicht erholt hatte.

Eines Tages vergaß sie das Buch im Gewächshaus, und ein Junge aus dem Kurs fand das Buch. Er hielt es für angebracht, hinein zu schauen, und tatsächlich, dort schrieb sie ihre Trauer und ihre Tränen nieder... er las es durch und wollte es ihr wieder geben, aber er überlegte es sich noch einmal, und kam auf die Idee, das ganze zu kopieren und es in der Schule als Flyer zu verteilen, damit jeder lesen konnte, was Liz auf dem Herzen hatte, und damit auf dem Highschool mal wieder was los war. Außerdem wollte er ihr eins auswischen, denn Sarah, Liz’ Feindin, war seine Freundin, und so konnte er ihr beweisen, dass er sie nicht auf den Arm nehmen wollte.
Ein paar Tage später, nachdem Liz ihr Buch nicht mehr fand und verzweifelt danach suchte, wurden die Flyer bereits verteilt. Aber es wurde erst mal nur die erste Seite in der Schule verteilt.



„Wieso soll man leben, wenn man auch morgen sterben kann? Was ist der Sinn des Lebens? Man lebt und verschwendet seine Zeit, und stirbt dann irgendwann irgendwo ganz alleine! Man muss Zeiten überstehen, die nicht gerade angenehm sind! Also... wieso wurde man dann geboren? Wurde man geboren, um verletzt zu werden, oder wurde man geboren, um zu lieben? Wenn man geboren wurde, um zu lieben, dann wünschte ich, ich wäre nie geboren... denn wenn ich liebe, dann liebe ich von ganzem Herzen, aber wer weiß es schon zu schätzen (???), und wenn ich meine Liebe gestehe, wird ich nur verletzt. Wieso haben die Menschen, die ich liebe, soviel Spaß daran, mir weh zu tun, mich zu verletzen und mir Schaden zuzufügen? Wieso? Kann mir das einer sagen? Manchmal sitze ich allein und im Dunkel auf meinem Bett, und denke über mein gottverdammtes Leben nach... und kleine, nass schimmernden Perlen fließen über meine Wange... ich werfe mich aufs Bett und weine... weine bis ich müde werde, und einschlafe. Aber wieso fühle ich mich nicht besser, obwohl ich doch schon alles aus der Seele rausgeweint habe? Wieso geht es mir nicht besser? Wieso nur? Ich weiß nicht, wieso es mir nicht besser geht... also versuche ich nach Hilfe zu rufen... ich rufe in den Raum hinein... doch niemand antwortet, also rufe ich immer weiter und lauter, aber niemand hört mich... der Raum, der noch vor ein paar Minuten hell erleuchtet gewesen ist, verwandelt sich in ein schwarzes Loch... in ein tiefes schwarzes Loch... es versucht mich hinein zu zerren... ich versuch mich zu wehren... ich versuche wegzulaufen, aber es ist stärker als ich, es hat mich eingeholt, und mich in sich hinein gesogen... alles um mich herum verlor seine Gestalt und es ist dunkel... ich suche einen Ausgang, aber bis jetzt habe ich keins gefunden. Ich bin in meiner Einsamkeit gefangen worden, und ich kann mich nicht befreien, denn ich habe keine Kraft mehr... ich bin einfach viel zu schwach. Der Raum ist mittlerweile schon PECHSCHWARZ und die Tränen fließen mir wieder über mein Gesicht. Ich frage mich, ob es jemals aufhören wird. Ich frage mich, ob mich jemals jemand hören wird, und mich aus diesem Raum holt. Ich frage mich, ob meine Einsamkeit jemals ein Ende nimmt... ich frage mich vieles, finde aber auf nichts eine Antwort. Mein Leben hat einfach keinen Sinn mehr! Wieso weiter leben, wenn man sich in den Schlaf weinen muss? Wieso weiter leben, wenn man sein ganzes Leben lang nur verletzt wird? Ich versuche nicht mehr darüber nachzudenken, sondern versuche neue Kraft zu schöpfen... neue Kraft, die ich jetzt brauche, um einen Ausgang aus diesem dunklen Raum zu finden. Aber wo ist die Kraft, die ich jetzt brauche? Ich habe keine Zeit mehr, um nach diese Kraft zu suchen, denn jede Tag, den ich in diesem Raum verbringe, kostet mich meine Kraft. Ich versuche also aufzustehen, schaffe es aber nicht, denn meine Kräfte reichen nicht mehr aus... aber ich versuche es immer wieder, auch wenn ich weiß, dass es mein Tod sein könnte... meine Wille wird mir helfen. Und tatsächlich... ich stehe... ich stehe jetzt... ich versuche den Gang vor mir entlang zu laufen, in der Hoffnung, dass er mich aus der Dunkelheit raus holt. Ich renne weiter und weiter, ich renne so schnell es geht, doch immer wenn ich geglaubt habe, dem Ausgang nahe zu sein, werde ich immer wieder enttäuscht... ich bleibe stehen, und will gerade aufgeben, aber dann entdecke ich ein Licht am Ende des Ganges, also renne ich weiter, aber diesmal schneller. Das Licht wird immer heller, je näher ich ihm entgegen komme. Und endlich, ich habe eine Tür erreicht. Soll ich wirklich rausgehen? Ich blicke noch ein Mal zurück in den dunklen Gang, aber alles wirkt nun verschwommen, also drehe ich mich wieder um, um die Tür zu öffnen. Aber wieso will der Türgriff nicht so, wie ich es will... er bewegte sich nicht. Verzweifelt lass ich los... anscheinend werde ich für Ewigkeiten hier drin festgehalten. Doch dann hat jemand die Tür auf der andere Seite geöffnet und reicht mir die Hand. Ich sehe diesen Menschen an und gebe ihm meine Hand... er zog mich aus dem Gang und nimmt mich in seine Arme... wer ist er, und woher kommt er? Er sagt mir, dass er die Hoffnung sei, und dass er da sei, um mir zu helfen... dann verblasst auch seine Gestalt, und Licht fällt auf meinem Bett.

Ich denke noch mal nach. Der dunkle Raum war schrecklich, er hat mich müde gemacht, er hat mich verletzt, er hat meine Einsamkeit ausgenutzt und mich hineingesogen, aber mein Wille war stärker, und hat mir die nötige Kraft gegeben, den Gang entlang zu laufen... am Ende hat mir die Hoffnung geholfen... ich war also nicht allein... ich war noch nie allein. Ich habe mich, mein Wille und die Hoffnung... ich bin nicht allein! Aber was ist mit andere Menschen? Gehören sie nicht auch in meinem Leben? Nein... sie haben mir nur bloß weh getan, mich belogen und verletzt... nein, sie gehören nicht in meinem Leben... nein, sie gehören nicht dazu... sie haben noch nie dazu gehört, und werden nie dazu gehören... genau so wenig gehören die Menschen dazu, die meine Liebe nicht zu schätzen wissen... die, die Risse in meinem Leben verursacht haben, und die, die mich ausgenutzt haben. Ich erkenne, dass ich niemandem um mich herum haben muss, wenn ich überleben will... wenn ich überleben will, brauche ich nur mich und die Hoffnung und meine Wille, mehr brauche ich nicht, denn meine Seele ist schwarz wie die Nacht.

Jetzt habe ich nichts mehr zu sagen, denn alles was ich zu sagen habe, wurde gesagt...“



Dies war die erste Seite ihres Buches... sie musste raus kriegen, wo sich das Buch im Augenblick befand, denn sie wollte nicht, dass die ganze Schule ihr Buch und ihre Gedanken kannte.

„Liz...“ , rief ihr jemand hinterher, als sie wieder im Gewächshaus verschwinden wollte.

Sie drehte sich um, und es war Ben... er hielt einen Flyer in der Hand, und Liz wusste sofort, dass es eine Kopie von ihrem Buch war. Sie schaute ihn an, und wartete darauf, was er zu sagen hatte.

„Liz, ich... also... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber wenn du deswegen nichts mehr mit mir zu tun haben willst, dann verstehe ich es vollkommen, aber wir bleiben dann trotzdem Freunde, okay? Und das heißt, dass du mir immer noch alles erzählen kannst, was du auf dem Herzen hast.“

Liz schaute ihn an, und dann schaute sie auf das Blatt Papier, welches Ben in der Hand hielt. Sie antwortete nicht, obwohl sie wusste, dass er auf eine Antwort wartete. Sie rannte weg. Sie konnte noch hören, wie Ben ihren Namen rief, aber sie drehte sich nicht um, sondern rannte weiter und weiter... denn sie hatte Angst, dass wenn sie sich umdrehte, dass er sie wieder küsste, und sie so dazu zwang, wieder mit ihm zusammen zu sein. Sie verließ das Schulgebäude und rannte irgendwohin, möglichst weit weg von der Schule. Sie rannte, ohne zu wissen, wohin und wo lang. Nach ein paar Minuten stand sie in einem ärmeren Viertel der Stadt, und schaute sich um. Überall standen dunkelhäutigen Leuten, und starrten sie an. Sie ging durch den Viertel, und schaute sich immer wieder kurz um, um sicher zu gehen, dass niemand auf sie zukam, oder ihr zu Nahe kam.

Auf einmal hatte Liz das Gefühl, dass sie von einem Mann bedroht wurde, also rannte sie schneller, doch auf einmal lief alles zu schnell, und sie konnte seine Hände an ihren Arme fühlen... er zog sie weg und hielt sie in seinen Armen fest... als sie ihre Augen wieder öffnete, sah sie ein Auto an ihnen vorbei flitzen...

„Glück gehabt, junge Lady!“, sagte er und sah sie dabei an. „Sie sollten hier nicht ganz alleine herum laufen, denn nur wenigen der Leute hier in dieser Gegend mögen weiße Frauen, deswegen wäre es besser, wenn Sie diese Gegend hier sofort verlassen...“
„Ähm...“, stotterte Liz langsam, „ähm... ja... danke...“

Und der junge Mann ließ sie los, und Liz rannte davon. Aber sie drehte sich noch ein Mal um, und lächelte ihn an, aber dann war sie auch schon um eine kleine Ecke gebogen, und verließ so die Gegend der Schwarzen.

Jetzt schossen ihr tausend Gedanken durch den Kopf, wer war er, wieso hat er sie gerettet, und vor allem, wird sie ihn jemals wieder sehen? Sie fand ihn gar nicht mal so schlecht, und hatte nun nur noch sein Bild und sein Auftreten im Kopf... er war ihr Held! Aber was war mit Ben? Empfindet sie denn auf einmal gar nichts mehr für ihn? War er nicht ihre große Liebe? Er war doch immer für sie da, wenn sie ihn gebraucht hatte, und vorhin wollte er ihr sogar helfen, aber wieso ist sie dann weinend weg gelaufen? Aber wenn sie nicht weggelaufen wäre, hätte sie den jungen Mann nicht getroffen. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, sie wusste nicht, für welchen Weg sie sich entscheiden sollte, denn einerseits war Ben ihre große Liebe, andererseits kann sie nur noch an den jungen Mann denken, der ihr das Leben gerettet hatte. Sie wusste einfach nicht mehr weiter.



Es wurde langsam dunkel, und Liz wusste, dass sie eigentlich schon längst zu Hause sein sollte, und sie wusste auch, dass ihre Mutter bestimmt wieder vor Sorge bei ihren Freundinnen anrufen würde, aber das hinderte sie nicht daran, in die nächste Bar zu gehen, und sich dort zu betrinken.

Sie setzte sich also an die Theke und ließ sich einen Wodka nach den andern eingießen, und trank es wie normales Wasser. Es dauerte nicht lange, bis sie richtig betrunken war. Ein wenig später, als sie ihr Gesicht auf die Theke presste, kam ein großer Typ zu ihr hinüber und sprach sie an.

„Lady, sind sie zufällig Liz Coogan?“, fragte er, und rüttelte an ihren Schultern.

Liz schaute auf, und murmelte etwas vor sich hin, das so ähnlich klang wie: „Klar, was haben Sie denn gedacht??“

Der Mann bezahlte also für Liz, und schleppte sie weg. Er hatte draußen vor der Bar ein kleines Problem gehabt, denn es war äußerst schwierig, sie leise in den Auto zu kriegen, ohne viel Aufsehen zu erregen, aber auch dies gelang ihm mit etwas Zeit. Er fuhr also los, und versuchte Liz klar zu machen, wie gefährlich es sei, um diese Uhrzeit in einer Bar rumzuhängen, und sich dort voll laufen zu lassen, aber er wusste auch, dass Liz eh nicht zuhörte, da sie für so was viel zu weggetrieben war.

Als das Auto vor Liz’ Haus anhielt, wusste Liz, wer der Mann war... er war ein Polizist.

„Ach du Scheiße“, murmelte sie, als er ausstieg, und an der Tür klingelte. „Jetzt gibt es aber Ärger mit Mom!“

Nach einer Weile kam Mrs. Coogan aus dem Haus zum Auto gerannt, und versuchte Liz aus dem Auto zu holen... Liz aber wollte nicht raus, denn sie wusste, dass sie nichts außer Stress haben wird, wenn sie aussteigt. Aber letztendlich schaffte ihre Mutter das dann doch noch.

Als der Polizist weg fuhr, und sie drinnen waren, setzte Liz sich auf dem Sofa, und bereitete sich auf eine große Standpauke vor, aber alles was kam, war nur: „Liz, das hätte ich nicht von dir erwartet.“

Klar, ihre Mutter war jetzt enttäuscht von ihr, aber wieso hielt sie nicht eine Standpauke?? Das verstand Liz nicht mehr, und da will einer behaupten, die Welt sei in Ordnung!

Ihre Mutter verließ das Wohnzimmer, ohne auch nur zu schimpfen.



„Autsch, wieso tut mir mein Kopf nur so weh?“, klagte Liz, als sie am nächsten Morgen auf dem Sofa im Wohnzimmer wieder wach wurde.
Ihr tat jede einzelne Knochen weh, und wenn sie auch nur ihren Kopf bewegte tat es noch mehr weh, aber sie konnte nichts gegen machen, das war nun mal der Nachteil, wenn man zu viel getrunken hat.

Sie stand auf, und ging in die Küche, um eine Aspirin zu nehmen, doch das was sie in der Küche sah, damit hätte sie nicht gerechnet... ihre Mom lag auf dem Boden, und neben ihr tausender von verschiedenen Tabletten. Liz schrie auf, und rannte zum Telefon rüber, sie wählte so schnell wie es nur ging die Notrufnummer. Wenig später kam auch der Notarzt zu ihnen, und teilte Liz mit, dass ihre Mutter Glück hatte, dass sie sie so früh entdeckt hatte, weil es sonst wahrscheinlich zu spät sein könnte. Jetzt wurde ihre Mutter mit dem Krankenwagen weg gefahren, und Liz sollte ihr ein paar Sachen von zu Hause einpacken, und dann schnell zum Krankenhaus kommen.

Während sie die Sachen ihrer Mutter packte, schossen ihr Gedanken durch den Kopf. Hat ihre Mutter das nur gemacht, weil sie letzte Nacht so betrunken nach Hause gefahren wurde? Hat sie das gemacht, weil sie sie nicht liebte? Wird sie nun auch nachdem sie ihre große Schwester verloren hatte, auch ihre Mutter verlieren?

Kapitel fünf



Die Tage vergingen schneller, als Liz die Stunden zählen konnte, in der ihre Mutter bewusstlos im Krankenhaus lag. Mittlerweile wusste schon die halbe Stadt, dass ihre Mutter Selbstmord begehen wollte, und die Nachbarn besuchten Liz fast jeden Tag, und schaute täglich bei ihrer Mom im Krankhaus vorbei. Erst jetzt erkannte Liz, was für nette Menschen es in ihrer Umgebung gab, und was für gute Freunde ihre Mom doch hatte. Und was hat sie gemacht? Anstatt ihre Mom über der Sache mit Jen hinweg zu verhelfen, bereitete sie ihr nur noch mehr Sorgen. Sie konnte sich nicht mehr aus dieser Lage raus ziehen, sie war total am Boden zerstört... sie trank, und sie konnte nicht aufhören, und jetzt hat sie auch noch mit dem Rauchen angefangen... was würde als nächstes kommen?? Sie warf einen kleinen Blick auf die Zigarette, die sie in der Hand hielt, und direkt daneben war ein Glas Alkohol. Wird sie bald auch Drogen nehmen? Sie erkannte, dass sie dringend Hilfe brauchte, aber wer wollte ihr denn noch helfen?? Sie hat doch alle Hilfe abgelehnt, die sie damals bekommen hatte.

Sollte sie jetzt zu ihren Freundinnen gehen, und ihnen um Hilfe bitten, und sollte sie Ben anrufen, um sich bei ihm auszuheulen?? Was würde Ben überhaupt dazu sagen, wenn sie ihn jetzt anrufen würde? Und überhaupt... hatte er Zeit, um sich mit ihren Problemen zu beschäftigen???
Ein Klingel an der Tür riss sie aus ihren ganzen Fragen, und sie stand auf, um die Tür zu öffnen. Zu erst zögerte sie, weil sie es nicht mehr ertragen konnte, dass Nachbarn immer bei ihr vorbei schauten, und ihr was zum Essen und Blumen mit brachten, aber dann öffnete sie doch die Tür.

Es war Ben, der geklingelt hatte. Er hielt eine weiße Rose in der Hand, die er ihr gab. Kurz darauf fiel sie ihm in den Armen, und er hielt sie fest, genau so wie damals, als sie sich in ihrem Zimmer küssten. Es war ein schönes Gefühl, wieder in seinen Armen zu sein. Nach einer Weile ließ sie ihn wieder los, und bat ihn hereinzukommen.

„Und... wie geht es dir?“, fragte Ben, als sie sich im Wohnzimmer nieder ließen.

„Na ja...“, fing Liz an, „wie soll es mir schon gehen? Einfach nur schrecklich!“

Es herrschte für eine sehr lange Zeit eine gewisse Stille zwischen ihnen.

„Ben...“, unterbrach sie die Stille. „Ich habe das Gefühl, dass ich an allem Schuld bin.“
Sie legte eine Pause ein, um abzuwarten, wie Ben reagierte, aber er schaute sie nur an, und gab ihr ein Zeichen, dass sie weiter reden sollte.

„Ich meine“, schluchzte sie, „eigentlich war es meine Aufgabe stark zu sein... aber statt dessen war ich nur wütend... ich war wütend auf mich, ich war auf die ganze Welt wütend... meine Schwester hat mich verlassen, und ich wusste einfach nicht weiter, also habe ich viel Mist gebaut... ich habe angefangen zu trinken... und deswegen hat meine Mom versucht, sich das Leben zu nehmen. Ben, ich brauche Hilfe...“

Er nahm sie in seine Arme und flüsterte ihr leise ins Ohr, dass er immer für sie da sein werde.

Also saßen sie lange im Wohnzimmer und redeten, redeten über alles, und Liz fühlte sich besser, denn sie wusste nun, dass sie jemanden hatte, der ihr immer zuhören würde, wenn sie ihn brauchte.

„Danke Ben.“, sagte sie, als sie alles gesagt hatte, was ihr auf dem Herzen lag.

„Danke... wofür denn?“, staunte Ben.

„Na, dafür, dass du deine Zeit mit mir verschwendet hast, und mir zugehört hast.“, sagte Liz stirnrunzelnd.

„Aber Liz...“, sagte er mit einem Lächeln, „du weißt, dass ich dich liebe, und das heißt, dass jede Minute, in der ich mit dir verbringen darf, ist für mich sehr kostbar... außerdem sagte ich doch, dass ich immer für dich da sein werde.“
Sie lächelte ihn an, und stand auf. „Willst du zum Essen hier bleiben?“

Er schüttelte seinen Kopf, denn er müsste zu Hause essen, das hätte er seiner Mom versprochen, also stand auch er auf, und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange, dann verabschiedete er sich auch schon von ihr. Er ging und ließ sie alleine zurück.

Was ist nur aus mir geworden, fragte sie sich, ich brauche dringend professionelle Hilfe... aber zu erst muss ich meine Mom besuchen.

Also machte sie sich auf dem Weg, und kaufte unterwegs noch einen Blumenstrauß.
Als sie im Krankenhaus ankam, überkam ihr wieder das Gefühl, wie damals, als sie Jen in New York besuchen war, aber sie riss sich zusammen und ging weiter den leeren Gang entlang, bis sie im Krankenzimmer ihrer Mutter stand.

„Oh Liz“, ertönte eine Frauenstimme, es war ihre Mutter. „Was verschafft mir die Ehre, dass du mich besuchen kommst?“

„Mom“, stammelte sie, „bitte... sei nicht so... es tut mir ja wirklich leid, dass ich an dem Tag getrunken habe... aber ich war total fertig...“
Sie machte eine Pause und wollte hören, was ihre Mutter jetzt sagen würde, aber sie sagte nichts.

„Mom“, fing sie wieder an, „bitte verzeih mir... ich konnte nun mal nicht die starke Tochter spielen... es tut mir wirklich sehr sehr leid. Ich besuche jetzt auch eine Entzugsklinik...“
„Ist schon gut Liz“, sagte ihre Mutter. „Ich habe eh keine Chance mehr weiter zu leben...“
„Was willst du damit sagen Mom?“, fragte Liz.

„Ich will damit nur sagen, dass ich eine zu hohe Dosis genommen habe, und die Ärzte nichts für mich tun konnten... es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ich sterbe.“, erklärte sie.

„Aber...“, brachte Liz aus ihrem Mund und hielt Inne.

Es herrschte Stille im Raum, bis eine Krankenschwester hereinkam, um den Blutdruck ihres Mutters zu überprüfen. Sie bat Liz darum, für diese Zeit den Raum zu verlassen, was Liz auch tat.

Sie fühlte sich jetzt einfach nur schwach, sie hatte das Gefühl, dass sie an allem Schuld war. Sie stand vor der Tür des Zimmers und machte sich Vorwürfe. Hätte sie nicht so viel getrunken, hätte ihre Mutter das wahrscheinlich nicht gemacht. Wieso hatte sie überhaupt damit angefangen? Wieso ging alles schief, was sie anfasste?

„Miss Coogan“, sagte die Krankenschwester, die aus dem Zimmer ihres Mutters kam. „Wahrscheinlich wissen Sie auch schon, dass wir nichts mehr für Ihre Mutter tun können, da sie eine zu hohe Dosis an verschiedenen Medikamenten genommen hatte, also ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie von uns gehen wird. Es tut mir leid, dass wir nichts mehr für Ihre Mutter tun können.“

Liz nickte und schaute der Krankenschwester in die Augen, und bemühte sich um ein leichtes Lächeln.

Ohne noch mal bei ihrer Mutter vorbeizuschauen verließ sie das Krankenhaus so schnell es ging. Ihr Leben war nun wirklich ein Desaster. Alles ging schief, sie konnte nichts und zwar wirklich gar nichts mehr retten. Zu erst verlor sie ihren Vater, und dann ihre Schwester, und sehr bald schon auch ihre Mutter. Sie war allein auf der Welt, und sie wusste nichts mehr, was sie tun könnte, um alles wieder in Ordnung zu bringen.

„Die perfekte Welt der Liz Coogan brach zusammen“, sagte sie leise, und Tränen rollten über ihr Gesicht.

Sie stand nun ganz allein auf der Straße und weinte. Kein Mensch kam und half ihr, kein Mensch beachtete sie.
Nach ein paar Minuten ging sie wieder los, sie ging einen Weg, welchen sie schon mal gegangen ist, nämlich der Weg, welcher zu der Straße der Schwarzen führte. Sie wusste zwar nicht, wieso sie diesen Weg ging, aber sie vertraute ihr Herz. Wenig später stand sie in der Straße, genau da, wo sie vor ein paar Tagen gestanden hatte, und der junge Mann zu ihr kam, um ihr zu helfen. Sie schaute sich um, und entdeckte eine kleine Gruppe von Kids in ihrem Alter, sie standen dort und nahmen eine Pille nach der andere ein, als wären sie nur ein paar Smarties, die bunt sind, aber nach Schokolade schmeckten. Liz beobachtete diese Jugendlichen, sie wusste, dass sie gerade XTC einnahmen.

Womit Liz aber nicht gerechnet hatte war, dass sie zu ihr herüber kamen. Sie bildeten einen Kreis um Liz und betrachteten sie von oben bis unten. Liz wusste nun, dass sie keine Chance mehr hatte zu entkommen... es war zu spät!
„Hey Kleine!“, sagte eines der Typen und warf seinen Kumpel einen Blick zu, was Liz aber nicht verstand. „Was macht denn so eine kleine möchte gern Prinzessin hier in unserer Gegend? Hat dir dein Daddy nicht gesagt, dass es hier sehr gefährlich sein kann?“
Und alle lachten über den letzten Satz des Jungens.

„Was geht dich das überhaupt an, was ich hier mache?“, fragte Liz mit einer unsicheren Stimme, aber sie bemühte sich sicher rüber zu kommen.

„Ui... Jungs, die Kleine hat gesprochen!“, sprach ein anderer Typ aus dem Kreis.

„Hab ich dich gebeten zu sprechen alter?“, maulte der andere, der immer noch mit Liz im Kreis steht. „Hey Kleine, du siehst ziemlich fertig aus! Wie heißt du denn?“

Jetzt klang er auf einmal lieb und fürsorglich, genau so wie Ben. Er schaute ihr genau so intensiv in die Augen, wie Ben das immer gemacht hatte.

„Liz“, antwortete sie wie hypnotisiert... hypnotisiert von seinen Augen.

„Schon mal so eine Pille genommen?“, fragte er, und hielt eine rosafarbene Pille in der Hand.

Liz schüttelte den Kopf.

„Ist ganz harmlos! Guck...“, sagte er, und schluckte die Pille. „Und, willst du probieren? Ehrlich, ist total harmlos!“
Liz schaute ihn an, und sie wusste in ihrem Innern, dass sie diese Pillen nicht nehmen durfte, da sie nicht davon abkommen würde, aber ihr Herz raste so schnell, dass sie nicht klar denken konnte.

„Was...“, stammelte sie mit noch unsichererer Stimme als vorher, „was, wenn ich die nicht nehmen will?“
Und wieder lachten sie, und wiederholte Liz’ Frage.

„Was wenn du die nicht nimmst?“, wiederholte ein anderer Junge, nachdem sie sich beruhigt hatten, und der, der mit Liz im Kreis stand ein Zeichen gab, dass er antworten sollte. „Wenn du die kleinen schönen Pillen nicht nimmst, dann kommst du nicht lebend hier weg, und wir werden dich immer und überall terrorisieren, wir wissen nämlich, wo du wohnst, wo du zur Schule gehst, wie dein Leben ist, und was für Freunde du hast! Also? Was nun?“

Es gab also wirklich keine Chance mehr für sie, entweder sie nahm die Pille, oder sie nahm sie nicht, und würde dann wahrscheinlich sterben. Es blieb also keine andere Wahl, als die Pille zu schlucken.

Sie streckte ihre Hand aus, und der Typ, der bei ihr stand gab ihr eine kleine rosafarbene Pille, und schaute ihr dabei zu, wie sie die Pille herunterschluckte. Als auch das geschafft war, klatschten alle begeistert in die Hände, und er nahm sie in den Armen, und führte sie die Straße entlang. Sie wusste zwar nicht, wohin sie jetzt gingen, aber das war ihr auch egal, denn sie fühlte sich irgendwie leicht und schwerelos. Es war ein Glücksgefühl, dass sie schon seit ihrer Kindheit nicht mehr hatte. Doch dieses Gefühl verschwand genau so schnell, wie sie kam. Auf einmal fühlte sie sich deprimierte denn je, und dann wusste sie auch wieder, wo sie war... sie war jetzt in einer Wohnung, sie lag da auf dem Bett, aber wessen Bett es war, wusste sie nicht. Dann kam auch wieder der Typ, der ihr die Pille gegeben hatte, und setzte sich zu ihr.
„Ach ja, nenn mich einfach J.!“, sagte er, und gab ihr eine weitere Pille.

Diese wird auch wieder schnell von Liz heruntergeschluckt. Sie lächelte ihn an, und war wieder wie in Trance... sie setzte sich auf und beugte sich über ihn... er legte seine Hände auf ihrer Taille und küsste sie... sie erwiderte den Kuss, und so saßen sie eng umschlungen auf dem Bett und küssten sich lange. Sie küssten sich und schworen, dass das keine einzige Sache blieb. Liz wusste nicht so genau, was sie da eigentlich tat, aber so lange sie dadurch glücklich war, wollte sie nicht aufhören.

Dann spürte sie seine Hände unter ihren Klamotten, und sie spürte sein Atem auf ihrer Haut, er streichelte ihr ganzer Oberkörper, und schnelle als erwartet, lagen sie auch auf einander und taten das, was Liz eigentlich in ihren Träumen, immer anders vorgestellt hatte.

Am Tag darauf wachte sie auf, und sie lag alleine im Bett, und geplagt von Kopfschmerzen. Außerdem konnte sie sich nicht mehr an die letzte Nacht erinnern, alles schien wie weggeblasen zu sein.

„Na, wie geht’s?“; fragte J. mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Scheinst dich ja an gar nichts mehr zu erinnern!“
„Sag mir, was letzte Nacht los war!“, forderte sie ihn raus. „Außerdem solltest du mir schnell eine Pille geben, sonst drehe ich total durch!“

Er lachte und ging zu einer Kommode rüber, und holte von dort eine kleine Tüte, wo die kleinen Pillen waren, und holte eines von ihnen raus. Er kam wieder zurück zu ihr und gab sie ihr.

„Tja, du willst also wissen, was letzte Nacht passiert war?“, fragte er, und legte sich neben ihr auf dem Bett. „Na ja, da gibt es eigentlich nichts großes zu erzählen... wir hatten mit einander die schönste Sache der Welt erlebt! Und ich muss schon sagen, du bist ziemlich gut!“

„Bitte?“, sie traute ihren Ohren nicht. Hatte sie wirklich mit ihm Sex gehabt? Aber wieso weiß sie nichts mehr von. „Du willst mir doch nicht erzählen, dass wir mit einander geschlafen haben!“
Sie schluckte die Pille, und J. lachte, und fing wieder an, ihr an die Wäsche zu gehen.

„Natürlich haben wir es getan, meine Liebe!“, sagte er, und küsste sie. „Aber ich habe bestimmt nicht damit angefangen... du hast mich zu erst geküsst, und wolltest nicht damit aufhören... was blieb mir also anderes übrig?“
Liz riss sich los und stand auf. Aber sie konnte kaum noch stehen, sie dachte, dass der Boden unter ihr verschwand, also legte sie sich wieder ins Bett. Und wieder fing J. damit an sie zu streicheln und ihr die Sachen auszuziehen, aber womit er absolut nicht gerechnet hatte war, dass Liz sich doch dazu zwingen konnte aufzustehen, und rauszurennen.

„Hey Liz“, rief er ihr hinterher, „du kannst ruhig weg laufen, aber ich weiß, dass du wieder zurück kehren wirst, wenn du wieder Stoff brauchst! Du wirst spätestens am frühen Morgen zurückkehren!“
Sie rannte und rannte. Nach einer Weile war sie dann endlich bei sich zu Hause und schloss sich in ihr Zimmer ein. Was hat sie sich nur dabei gedacht? Wie konnte sie nur einfach diese Drogen nehmen, obwohl sie wusste, dass es gefährlich war? Was sollte sie jetzt denn noch machen? Sie wusste auch, dass sie spätestens am Abend wieder dorthin zurück gehen wird, weil sie den Stoff brauchte. Aber sie wollte nicht wieder zurück gehen, denn sie wusste, dass sie dann wieder mit J. schlafen müsste, wenn sie den Stoff umsonst bekommen wollte, sonst müsste sie 25 Dollar blechen, und so viel Geld hatte sie nicht mehr. Was lieb ihr also anderes übrig, außer wieder zurück zu J. zu gehen? Sie steckte total in der Klemme, und sie wusste absolut keinen Ausweg mehr.

Sie ging also nach draußen, und versuchte noch möglichst wie ein normales Mädchen durch die Straße zu gehen, aber der Drang nach den Drogen verriet sie. Sie lief so schnell sie konnte, aber sie schaffte es nicht, denn ihre Sucht wurde so stark, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, sie brach mitten auf der Straße zusammen, und zitterte am ganzen Körper. Die Passanten, die vorbei gingen, machten nur einen Bogen um Liz herum, und taten so, als hätten sie sie nicht gesehen.

„Bitte...“, keuchte Liz mittlerweile, „bitte helfen Sie mir. Holen sie Hilfe... bitte...“
Sie packte einen total fremden Mann am Ärmel an, und flehte diesen Mann auch um Hilfe. Er schaute ihr nur ohne jedes Gefühl in die Augen, und riss seinen Arm los, und ging weiter.

Sie war hilflos, und lag auf der Straße, und flehte schon wildfremden Menschen an, ihr zu helfen.

Ein kleiner Junge im Alter von zehn kam auf Liz zugerannt, und wollte ihr helfen.

„Miss, kann ich Ihnen helfen? Was brauchen Sie denn?“, fragte der kleine Junge.

„Jack, hör auf fremden Menschen zu belästigen! Lass das Mädchen in Ruhe!“, rief seine Mutter von weitem.

„Ja Kleiner, du kannst mir helfen... sag deiner Mom, dass sie für mich ein Krankenwagen rufen soll... und zwar so schnell es geht... ich brauche dringend ärztliche Hilfe.“, keuchte Liz noch, bevor sie bewusstlos wurde.

Zum Glück zögerte die Mutter nicht lange, sondern rief sofort den Krankenwagen an. Bis der Krankenwagen kam, blieb sie und ihr Sohn noch bei Liz, und versuchte Liz wieder wach zu kriegen, was ihnen aber nicht gelang.

Liz wachte erst im Krankenhaus auf. Sie schaute sich um, aber alles wirkte sehr verschwommen... sie konnte nur ein paar Ärzte und Arztassistenten um ihr Bett herum erkennen.

„Wo bin ich?“, fragte sie müde, aber leicht nervös.

„Sie sind da, wo Ihre Mutter vor ein paar Stunden gestorben ist, Miss Liz Coogan.“, antwortete die eine Arztassistentin. „Leider haben wir für Ihre Mutter nicht viel tun können. Es tut uns leid.“
„Aber jetzt müssen wir uns erst mal um Sie kümmern“, meinte der Arzt. „Sie haben, wie ich in den Bluttesten sehen kann, also Drogenproblemen...“
Er guckte Liz an, und sie nickte, dabei vermied sie den Blickkontakt mit dem Arzt, und schaute aus dem Fenster.

„Ich würde Ihnen eine Therapie vorschlagen“, schlug er vor, „aber hier im Krankenhaus, sodass wir noch Aufsicht über Sie haben.“
„Gut“, sagte Liz bestimmt. „Ich bin damit einverstanden! Ich möchte auch nicht länger von Drogen abhängig sein.“

Kapitel sechs



Monate vergingen, und Liz ging es endlich wieder besser. Sie war bei der Beerdigung ihrer Mutter dabei und entschuldigte sich am Grab bei ihr, für alles, was sie jemals getan hatte. Sie wurde inzwischen bei ihrer Tante aufgenommen, und versuchte nun in eine Art Privatschule wieder ein normales Schulleben zu führen.

„Liz“, rief Tante Sharon in den Garten, „hier ist jemand für dich!“
Liz schaute hoch, und traute ihren Augen nicht, es war Ben, der vor ihr steht. Sie stand langsam von dem Blumenbeet auf, und klopfte sich Erde von den Klamotten. Sie wusste nicht recht, was sie machen sollte... sie wusste nicht, ob sie ihn nun umarmen soll oder nicht...

„Hi!“, sagte Ben mit einem Lächeln.

„Hi!“, erwiderte Liz.

Beide schauten sich an und eine Stille herrschte über ihnen. Plötzlich rannten sie auf einander zu und umarmten sich so, als würden sie sich nie mehr wieder los lassen wollen.

„Ich liebe dich immer noch“, flüsterte Ben.

Liz erwiderte nichts, sondern umarmte Ben nur noch fester. Sie hoffte, dass er dadurch erfuhr, dass sie auch immer noch das Gleiche für ihm empfand, wie am Anfang.

Sie setzten sich nach einer Weile auf die Schaukeln, die Liz aus ihrer Kindheit kannte, und unterhielten sich.

„Wann gehst du denn wieder in unsere Schule?“, fragte Ben neugierig.

Liz schwieg, denn sie wusste nicht, wie sie auf diese Frage antworten sollte. Denn sie durfte nie wieder in eine normale Schule gehen, da sie immer kontrolliert sein musste... die Ärzte hatten sich Sorgen gemacht, dass sie vielleicht rückfällig werden könnte.

„Ich...“, stotterte Liz und hielt Bens Hand fester als zuvor. „Ich... ich weiß es ehrlich gesagt nicht... aber...“
„Aber?“, fragte Ben mit gehobenen Augenbrauen.

„Aber... ich glaube, dass ich nie wieder in eine öffentliche Schule gehen kann... denn ich muss immer kontrolliert werden, sonst besteht die Gefahr, dass ich rückfällig werden könnte, und alles wieder von vorn beginnt.“, sagte Liz und schaute dabei beschämt auf dem Boden.

Ben gab einen Seufzer von sich, und schaute dann in den Himmeln. Sie hielten ihre Händen und schwiegen.

„Wieso ist es außerhalb der Stadt eigentlich immer so ruhig und friedlich?“, wunderte sich Liz.

„Tja, wahrscheinlich weil hier kaum Autos fahren... deswegen kann man hier auch besser die Sterne sehen.“, antwortete Ben und schaute ihr tief in die Augen. „Aber ich glaube, dass man die Sterne auch in deinen Augen sehen kann, Liz!“
Sie lächelte ihn an, und lief ein wenig rot an.

Auf einmal fing etwas an zu klingeln... es war Bens Handy.

„Ich muss jetzt“, sagte er und verdrehte dabei die Augen. „Werd bald wieder vorbeischauen... mach’s gut!“

Er stand auf und gab ihr noch einen leichten Kuss auf ihre Wange und verschwand.

Sie schaute ziellos rum und streichelte ihre Wange dort, wo er ihr einen Kuss gab. Es war ein unglaubliches Gefühl, wieder fast ein normales Leben zu führen, und dazu noch zu erfahren, dass der Kerl, den man abgewiesen hatte, einen immer noch von ganzem Herzen liebte. Es grenzte bei nahe an einem Märchen. Aber gleichzeitig machte es sie ein wenig traurig, denn sie hätte nicht erwartet, dass ihre Freundinnen sie nicht besuchen würde. Immerhin kannten sie sich schon von klein an, und nicht so wie das mit ihr und Ben.

„Aber das Leben geht auch ohne ihnen weiter!“, sagte sie zu sich und stand auf.

„Liz, Abendessen!“, rief Sharon in den Garten und winkte sie zu sich.

Liz stand auf und lief ins Haus.

„Aber bevor...“, fing Sharon an.

„Ja ja...“, unterbrach sie Sharon, „zuerst die Hände und das Gesicht wasche und andere Klamotten anziehen, und danach in die Küche!!!“
„Genau!“, stimmte ihr Sharon zu.

Liz wusste ganz genau, dass Sharon das sagen würde, denn sie sagte es jedes Mal, wenn Liz im Garten gearbeitet hatte.



„Und, willst du mir nichts über den jungen Mann von eben erzählen?“, forderte Sharon ihre Nichte Liz beim Essen mit einem Lächeln auf.

„Ach Tantelein...“, scherzte Liz, denn sie wusste, dass Sharon es nicht mochte, Tante Sharon oder Tantelein genannt zu werden.

„Liz...“, ermahnte sie.

„Schon gut“, antwortete Liz und fügte noch schnell „Sharon“ hinzu.
„Also?“, fragte sie neugierig. „Wer ist er? Falls du mich fragst, er scheint ein netter Bursche zu sein!“
„Ja, in der Tat, er ist ein netter Bursche!“, lachte Liz. „Wir waren früher mal ein Paar, was mich und auch ziemlich viele gewundert hatte. Denn bevor er mit mir zusammen kam, war er mit der Ballkönigin zusammen, und sie war ziemlich hübsch! Na ja, er hatte jedenfalls auf einmal die gleichen Kurse wie ich und er saß auch seltsamerweise immer in meiner Nähe. Eigentlich hatte ich mir damals nicht bei gedacht. Na ja, irgendwann fragte er mich, ob ich mit ihm ausgehen wollte, natürlich hab ich da zugestimmt... ich meine... er war heiß begehrt!!! Was sollte ich dann auch anderes machen? Tja, wir verstanden uns ziemlich gut, und dann kamen wir irgendwie zusammen. Aber unsere Beziehung bekam dann Risse, als die Sache mit Jens Tod begann, und dann hing ich ja auch noch an Drogen und Mom ist dann gestorben.“
Es herrschte ein Schweigen und beide sagten nichts. Sie aßen weiter, als hätten sie nie ein Thema am Tisch aufgegriffen.

Liz legte ihr Besteck auf dem Teller und fragte, ob sie schon aufstehen dürfte. Sharon nickte.

„Liz“, sagte Sharon, bevor Liz aus der Küche verschwand, „vielleicht magst du diesen Satz jetzt nicht hören, aber ich meine es vollkommen ernst. Wenn du Hilfe brauchst, oder wenn du einfach nur jemanden brauchst, mit der du einfach nur reden willst, sei es das Thema Jungs oder wie auch immer, ich werde immer für dich da sein!“
„Das weiß ich doch, Sharon.“, lächelte Liz und ging auf ihr Zimmer.

Liz wusste nun endlich, dass sie eigentlich immer Hilfe bekam, egal in welche Situation sie sich befand. Sogar der fremde Junge und seine Mutter haben ihr geholfen, und sie in den Krankenhaus gebracht, obwohl sie Liz nicht mal im Geringsten kannten. Und jetzt wurde sie mit offenen Armen bei Sharon aufgenommen. Plötzlich schämte sie sich, dass sie ihr Leben nicht zu schätzen wusste.

„Von nun an, werde ich mein Leben zu schätzen wissen, und auch andere Menschen helfen, und nicht nur an mich denken.“, nahm sie sich vor.

Aber wo sollte man denn da anfangen? Sie hatte absolut keine Ahnung. Sollte sie vielleicht zu erst Geld an Waisenhäuser spenden?

Sie setzte sich also an den Computer und rief eine Aktion, namens „C.O.W.“, ins Leben („C.O.W.“ = „Child of World“). Sie surfte ins Net und erstellte eine Seite für diese Aktion, in der jeder und zwar auch wirklich jeder mit wirken konnte, der etwas spenden oder los werden wollte.

„Sharon“, rief sie nach unten, „komm mal bitte kurz nach oben! Ich muss dich was fragen!“

„Bin schon unterwegs“, trällerte Sharon.

Sie blickte durch die Tür und guckte Liz fragend an.

„Du hast doch so viel Ahnung von Homepagebau und so, oder?“, fragte Liz.

Sharon antwortete nicht, sondern nickte nur.

„Gut, ich möchte eine Aktion „C.O.W.“ ins Leben rufen, und eine Seite dafür erstellen.“, sagte Liz, und als sie Sharons fragenden Gesicht bemerkte fügte sie noch schnell hinzu: „Es soll arme Kinder und Kinder in Waisenhäuser helfen. C. steht für „Child“ und O. für „of“ und W. für „World“... also heißt es eigentlich „Child of World“!“

„Oh... du willst also was Gutes für die Menschheit tun!“, stellte Sharon voller Freude fest. Denn wenn Sharon etwas an einem Mensch zu schätzen wusste, war das, dass sie andere Menschen, die es nicht so gut haben, helfen wollen. Und genau aus diesem Grund war sie von Liz’ Idee total begeistert, und setzte alles daran, die Homepage mit so vielen Websites wie möglich zu verlinken, damit ja auch jeder, der im Net unterwegs war auf diese Seite gelangen konnte.
Sie druckten Werbeblätter, als würden sie Zeitungen drucken. Innerhalb weniger Minuten, hatten sie alles geschafft, was eine Aktion schaffen musste. Sie hatten genug Werbung ins Net gestellt und genug Werbeblätter für diese Aktion gedruckt, sodass Liz sie am Tag darauf verteilen konnte.

„Danke, Sharon!“, sagte Liz, als Scharon wieder runter gehen wollte.

„Nichts zu danken!“, erwiderte sie. „Ich möchte, dass du weißt, wie stolz ich auf dich bin. Und ich denke deine Eltern und Jen sind auch sehr sehr stolz auf dich!“

Sie lächelten sich an und Sharon verschwand aus dem Zimmer.

„Ach ja...“, stöhnte Liz. „Mom, Dad und Jen... ich hoffe wirklich, dass ihr stolz auf mich seid... und vor allem Mom...“

Kapitel sieben



Die Monate vergingen wie im Flug, und mittlerweile war es Herbst, und die Blätter an den Bäumen verfärbten sich zu einen wunderschönen Goldbraun. Und Liz’ Leben war auch wieder ganz wieder normal. Sie besuchte ab und zu ihre alte Schule und ihre Freundinnen, und diese besuchten Liz jetzt auch wieder. Und was ihre Beziehung zu Ben angeht, die hat sich in eine Freundschaft umgewandelt.

„Wollen wir ein Eis essen gehen?“, fragte Mel, als die Fünf wieder in der Stadt bummelten, aber diesmal waren sie mit Ben unterwegs, also waren sie eigentlich sechs.

Alle schauten sich an und schrieen gleichzeitig wie aus einem Munde: „Ja!!!!!“

„Wisst ihr was?“, fragte Liz voller Lebensfreude.

Tine, Andie, Mel, Liza und Ben schauten sie neugierig an.

„Ihr seid echt spitze!“, sagte sie und schlürfte ihr Milchshake. „Ich meine, ihr gebt euch immer noch mit mir ab, obwohl ich hier in der Stadt nicht mehr so einen guten Ruf habe.“
„Na und?“, warf Andie ein und schaute sich in der Eisdiele um. „Wenn jemand was gegen dich hat, nur weil er diese ganzen bescheuerten Geschichten über dich gehört hat, dann ist er einfach bescheuert!“
„Genau!“, stimmte Mel zu. „Und außerdem... wir kennen uns schon seit wir gerade mal die Welt erblickt haben!“
Und wieder kicherten die Mädchen, wie sie es sonst auch taten.

„Ach Ben... entschuldige bitte, aber wir sind halt Mädchen, und Mädchen kichern halt viel und laut!“, sagte Liza und legte eine Hand auf Bens Schultern.

Ben grinste und meinte: „Na ja, ich werde es heute wohl noch überleben!“
„Hey, willst du damit etwa sagen, dass wir schrecklich sind??“, warf ihm Liz vor.

Und wieder fingen sie an zu lachen, und sogar Ben lachte mit.



„Oh...“, hörten die Sechs neben ihren Tisch sagen. „Da sitzt ja Liz Coogan!“
Sie drehten sich alle zu der Stimme um, aber keine von ihnen kannte diese Person, die dort stand, keine außer Liz.

„Wer bist du denn, Süßer?“, fragte Mel.

„Mel, lass den Scheiß!“, forderte sie Liz auf. „Du kennst den nicht! Das ist J.!!“
„Etwa der J.?“, stellten die andern geschockt fest.

„Richtig! Ich bin der J., der ihr damals die Droge gab, und der damals mit ihr geschlafen hatte.“, lachte J. und versuchte Liz dadurch lächerlich dazustellen. „Ach übrigens, Baby, du warst gar nicht mal so schlecht, dafür, dass es dien erstes Mal war!“
Er und seine Kumpels gingen auch schon von dem Tisch weg und setzten sich wo anders hin, aber sie hatten immer noch einen ziemlich guten Blick auf Liz und ihre Freunde.

„Ihr habt mit einander...“, wunderte sich Liza.

Ben unterbrach sie aber durch einen Blick und einen Stoß unterm Tisch.

„Ja!“, antwortete Liz kurz und knapp, denn sie hatte keine Lust, sich noch mal mit der Geschichte von früher zu beschäftigen.

„Ähm...“, sprach Tine und Mel langsam, „wenn wir gehen sollen, dann musst du es nur sagen!“

„Nein, nein, schon in Ordnung! Ich will halt nicht mehr über die Vergangenheit sprechen, was mit mir und J. war, und wie was war und halt so was!“, antwortete Liz ein wenig bissig.

Und es herrschte plötzlich eine unheimliche Stille mit eine gewisse Grad von Kälte in dem Eiscafé zwischen Liz und ihre Freunde und J. und seinen Kumpels. Liz warf einen Blick zu J. hinüber, und dabei kreuzten sich ihre Blicke und es gab eine Art von eisiger Augenblick zwischen ihren Blicken.



„Ach Leute, mein Appetit ist jetzt vergangen, seit J. und seinen Kumpels hier sind... wollen wir gehen?“, verkündete Liz mit lauter Stimme.

Die andern folgten ihr aus dem Café. Sie gingen direkt in den Park, in der sie immer waren, wenn das Wetter schön war, und sie nicht wussten, was sie tun sollten.

„Hey, alles okay?“, fragte Ben, als die Freundinnen vorne liefen, und Ben hinten bei Liz blieb.

„Ja, mit mir ist wirklich alles in Ordnung!“, erwiderte Liz.

Ben sagte nichts mehr, als Liz seinen Blicken ausweichte. Aber in Wirklichkeit hatte er noch Fragen an sie, zum Beispiel, was da mit J. war oder wie sie sich kennen lernten. Aber er wollte Liz nicht unnötig aufregen, also hielt er es für besser, wenn er einfach nur schweigt.

Auf der Wiese im Park angekommen, warfen sie sich hin und lagen faul nebeneinander.



„Sag mal Ben“, fing Liz leise an, damit die anderen sie nicht hörte. „Wieso ist eigentlich aus unserer Beziehung eine freundschaftliche Beziehung geworden?“

„Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht so genau.“, antwortete Ben verwunderlich.

„Aber ich habe das Gefühl, dass zwischen dir und Liza was ist oder?“, bohrte Liz weiter nach.

„Zwischen mir und Liza?“, fragte er spottend. „Quatsch! Zwischen uns läuft nichts! Wir verstehen uns halt gut, mehr nicht!“
„Doch, da ist was zwischen euch! Vielleicht merkst du es nur bloß nicht, aber ich glaube sie hat dich gern!“, meinte Liz.

„Kann schon sein!“, erwiderte Ben. „Aber ich empfinde nichts für sie. Ich meine, sie sieht wirklich gut aus, aber im Innern meines Herzens liebe ich ein anderes Mädchen.“

„Und wer ist dieses Mädchen, das du im Innern deines Herzens liebst?“, fragte Liz ein wenig spottend.

Ben gab darauf keinen Antwort, sondern nur einen Lächeln.

„Hey ihr Süßen, worüber diskutiert ihr denn wieder?“, fragte Tine, und setzte sich dazu.

„Über nichts!“, antwortete Ben.



Sie alberten noch ein wenig auf der Wiese rum, und erinnerten sich an all die witzigen Geschehnisse, die sie als Kind in diesem Park erlebt hatten.

„Na ja, es wird langsam ziemlich dunkel, und ihr wisst ja, wie meine Eltern sind!“, stöhnte Mel, und verkündete damit, dass sie gehen musste.

Und damit gingen alle nach Hause. Liz aber, ging nicht ganz alleine nach Hause, denn Ben wollte sie noch auf dem Weg begleiten. Liz wehrte sich dagegen, und meinte, dass er ruhig nach Hause gehen könne, und dass sie ja kein Kind mehr wäre und dass sie auf sich aufpassen könne. Ben ließ aber nicht locker, und so schlenderte Ben hinter ihr her, damit sie sich nicht ganz aufregte.

Die ganze Straße entlang sagten sie kein Wort, sie redeten nicht mit einander und schauten sich auch nicht an.

Plötzlich sprang aus der nächste Biegung eine dunkle Gestalt auf Liz zu, und hielt ihr Handgelenk fest. Liz schrie auf, und die Person hielt ihre Mund zu. Ben ging schon in Angriffposition, um einzugreifen, falls es brenzlig wurde. Aber es war nur J. und hinter ihm seinen Kumpels. Sie lachten alle triumphierend, so als hätten sie alle einen Pokal gewonnen.

„Liz, willst du nicht eine schöne Pille nehmen? Nur eine kleine wunderschöne Pille!“, fragte J. mit süßer Stimme und hielt ihr eine Pille wie damals unter die Nase.

„Nein, danke! Ich kann gut darauf verzichten!“, erwiderte Liz bissig und drehte sich kurz um, um Bens Hand zu nehmen, und zerrte ihn weg.

Aber J.s Kumpels schnitten ihnen den Weg.

„Hey hey hey... nicht so eilig, meine Freunde!“, rief J. ihnen zu.

„Hör mal du scheiß Typ, was willst du von ihr? Lass sie jetzt mal schön in Ruhe, oder ich rufe die Bullen an!“, drohte Ben.

J. warf einen missbilligen Blick auf Ben und schaute widerwärtig weg, so als wäre Ben eine Art Haufen von Dreck und Mist.

„Was ich von ihr will?“, wiederholte J. Bens Frage. „Ich will sie nur wieder ein wenig abhängig machen und damit meine Kohle verdienen, alter!“

„Ben, lass uns gehen! Ignorier ihn!“, flüsterte Liz kaum hörbar.

Sie packte Bens Arm und versuchte ihn weiter zu zerren, aber er riss sein Arm aus Liz’ Griff, und blieb stehen. Liz konnte das Feuer in seinen Augen sehen, und sie merkte, dass es gleich zum Schlägerei zwischen ihm und J. kommen wird, und genau das wollte sie verhindern. Aber sie schaffte es nicht, denn bevor sie Ben wieder ergriffen hatte, ließ J. eine Anmerkung über Liz ab, das Ben nicht hören konnte... nämlich dass sie nichts außer eine billige Schlampe sei. Ben schlug ohne zu überlegen zu, und in weniger als eine Sekunde lieferten die beiden eine unglaubliche Schlägerei, von der man nicht sagen konnte, wer am Ende blutig auf der Straße liegen bleiben würde, und wer mit ein paar Kratzer davon kommen würde.

Liz stand am Straßenrand und schaute entsetz zu, während J.s Kumpels diese Schlägerei mit Zurufe unterstützten. Sie schrieen, brüllten J.s Namen und versuchte von Außen Ben mit Worten abzulenken, damit J. Oberhand gewinnt. Aber nichts der Gleichen geschah. Ben blieb noch recht konzentriert und schlug voller Kraft gegen J.s Nase. Man konnte sehen, wie seine Nase blutete, aber J. wollte noch nicht aufgeben, denn er wollte Ben zeigen, was er drauf hatte, also wischte er sich das Blut kurz und schnell ab, und schlug auf Ben.

Und wieder brüllte die Bande wie verrückt.

Liz konnte in dieser Moment an nichts anderes denken, als daran, was sie tun sollte, wenn Ben verliert, und wenn er am Ende blutig auf der Straße liegen würde, und J. sie weg zerren würde, alles wieder von vorn beginnen würde.

„Ben, du wirst gewinnen!“, schrie sie so laut sie konnte.

Es sah so aus, als würde der Kampf nicht vor Sonnenaufgang aufhören, also ergriff Liz Eigeninitiative und hob eine leere Falsche am Straßenrand auf und schlug damit auf J.s Kopf. Das haute ihn um, und er sackte zusammen. Bevor Ben noch einen Wort sagen konnte, schrie Liz, dass sie rennen sollten, bevor J.s Kumpels auf sie losgingen.
Sie rannten ohne Zwischenstops zu Liz nach Hause.

Keuchend kamen sie am Haus an, und Liz riss ohne zu zögern die Tür auf und schob Ben hinein. Als sie drinnen waren, schloss Liz wie ein Blitz die Tür und alle Fenstern zu, aus Angst, dass J. und die andern hinter ihnen her waren.

Ben setzte sich auf einen Stuhl in der Küche, während Liz ins Badezimmer ging, um saubere Handtücher, Desinfizierspray und ein paar Pflaster zu holen.

„Wo ist eigentlich Sharon?“, fragte Ben, als Liz wieder zurück in die Küche kam.

„Sie sei ausgegangen, hat sie zu mindest auf dem Zettel im Kühlschrank geschrieben.“, antwortete Liz knapp.

„Hat sie endlich wieder einen neuen Mann an ihrer Seite?“ erkundigte er sich.

Liz zuckte die Schultern und zog einen Stuhl zu sich. Sie setzte sich vor Ben hin und schaute ihn an.

„Man Junge, du machst auch Sachen!“, seufzte Liz und fing an, seine Wunden mit dem Tuch erst mal etwas zu reinigen.

„Aber er hat angefangen, dich so zu beschimpfen. Und ich bin dein Freund... dann kann ich mich bei so was auch nicht beherrschen.“, verteidigte er sich.

Liz sagte nichts mehr zu der Aktion, denn sie wusste, dass es zwecklos war mit Ben darüber zu diskutieren, da er immer eine Antwort parat hatte. Aber hatte sie sich da gerade eben verhört, oder hatte er tatsächlich gesagt, dass er ihr wäre? Oder meinte er damit nur einfach normale Freunde, und Liz hat es mal wieder falsch verstanden. Bestimmt hatte sie es falsch verstanden... aber was wenn er es wirklich so meinte, dass sie ein Paar waren? Liz musste unbedingt nach fragen, aber zu erst muss sie seine Wunden desinfizieren, bevor die sich irgendwann entzünden.



„Ben“, fing sie an, als sie schon fast mit dem Desinfizieren fertig war.

„Ja?“

„Wie meintest du das gerade eben mit ich bin dein Freund bla bla bla?“, fragte sie. Und lief dabei ein wenig rot an.

„Wie ich das meinte?“, wiederholte er und kniff dabei die Augen zusammen, denn tat ein bisschen weh, als sie mit dem Tuch in der Nähe seiner Augen kam.

Liz nickte und tupfte weiter an seinem Stirn rum.

Ben wusste nicht recht, wie er auf diese bestimmte Frage antworten sollte, denn er hatte es vorhin einfach so ausgesprochen, als wäre es die normalste Sache der Welt. Aber jetzt, nachdem sie ihn gefragt hat, fiel es ihm etwas schwerer, es zu erklären.

„Hmm...“, brummte er leise und leicht nervös. „Wie ich es gemeint habe... ich meine... wir sind doch irgendwie Freunde, oder etwas nicht?“

„Ja sind wir.“, antwortete Liz traurig, und bemühte ihre Tränen zurück zu halten. „Aber... ach vergiss es einfach! Ist nicht so wichtig!“
„Nein... komm sag es jetzt einfach!“, forderte er sie auf. „Alles, was du sagen willst, und alles, was mit uns zu tun hat ist mir wichtig!“

Liz schaute wieder weg, damit ihre Blicke sich nicht kreuzten. Denn das Letzte, was sie jetzt wollte, war, dass sie auch noch Blickkontakt aufnahmen.

„Es ist nur so... Ben... ich empfinde noch etwas für dich... glaube ich.“, sprach sie langsam, leise und piepsig.

„Kannst du es bitte noch ein mal wiederholen?“, fragte er, als hätte er im Lotto gewonnen. „Glaubst du, oder bist du dir da sicher?“

„Ich... ich...“, stotterte sie. „Ich bin mir da sicher, dass ich noch immer was für dich empfinde...“
Sie wagte es nicht, ihm in die Augen zu schauen, denn sie hatte Angst, dass er sich jetzt über sie lustig machen würde, was natürlich ziemlich affig war, denn sie wusste genau, dass er sie auch noch liebte.

„Weißt du Liz“, fing er an, und hielt dabei ihre Hände fest, und zwang sie so, ihm in die Augen zu schauen. „Ich liebe dich immer noch genau so wie vorher. Mir ist es egal, was andere von dir halten, ich liebe dich einfach.“
Liz schaute ihn an, und sie merkte, dass er es ernst meinte. Sie wusste nicht recht, was sie jetzt tun sollte, soll sie jetzt vor Freude weinen, oder soll sie jetzt lachen? Sollte sie ihm jetzt um den Hals fallen, oder sollte sie ihn jetzt küssen?

Unbewusst fiel sie ihm dann um den Hals und kleine Freudetränen stießen aus ihren Augen. Sie hatte schon lange kein solches Glücksgefühl gehabt. Sie war einfach nur glücklich, dass sie Ben bei sich hatte.

Ben schaute ihr wieder in die Augen und wischte ihre Tränen aus dem Gesicht, dann küsste er ihren Stirn und sagte, wie sehr er auf solch einen Augenblick gewartet hätte.

Liz war warm ums Herz und sie umarmte ihn noch fester, und flüsterte ganze leise: „Ich liebe dich, Ben...“

Jedoch unterbrach das Klingeln am Haustür diese wunderschöne Augenblick zwischen den beiden.

Liz machte sich von der Umarmung los, und ging zur Haustür, aber bevor sie die Tür öffnete, schaute sie noch durch das kleine Fenster in der Nähe hinaus, um sich sicher zu sein, dass es nicht J. und seine Kumpels waren. Es war Sharon, ihre Tante.

„Hi! Schon so früh vom Date zurück?“, erkundigte sie sich, als sie die Tür öffnete, und Sharon ins Haus reinstürmte.

„Ja“, erwiderte sie schnell und lief in die Küche, blieb aber dann abrupt stehen, als sie Ben sah. „Oh... Ben! Schön, dass du auch wieder hier bist! Was ist denn mit die passiert? Hast du dich mit jemandem geschlagen?“

„Hi Sharon! Ja, so kann man das auch sagen.“, lächelte Ben. „Ich glaube, ich gehe jetzt nach Hause, bevor meine Mom sich Sorgen macht! Sie hat ja immer noch diese Angewohnheit, gleich alles zu alarmieren, wenn ich auch nur fünf Minuten zu spät komme!“

Er stand auf und verabschiedete sich von Sharon, und ging zur Haustür.

„Bist du dir sicher, dass du jetzt nach Hause gehst? Ich meine, was wenn J. und die andern da draußen in irgendeiner Ecke auf dich warten?“, fragte Liz besorgt.

„Keine Sorge! Ich werde auf mich aufpassen!“, erwiderte Ben mit einem breitem Grinsen und drückte ihr einen Kuss auf dem Mund, und machte sich schnell zur Haustür. „Ich werde dich nachher noch anrufen, wenn ich zu Hause bin!“

Kapitel acht



„Ja gut, dann kommt ihr alle heute so gegen sechs Uhr zu mir, und bringt bitte noch ein paar Videos und den ganzen Beautykram mit. Popcorn machen wir dann bei mir, okay?“, rief Liz zum Telefonhörer, der neben ihr auf dem Bett lag, und versuchte sich auch gleichzeitig auf ihren Nagellack zu konzentrieren.

„Ja gut... dann sehen wir uns nachher! Ciao!“, sagte sie noch, und dann beugte sie sich zum Hörer und drückte auf dem Auflegtaste.



Mittlerweile sind schon drei Wochen vergangen, und sie und Ben sind noch zusammen, aber was ihre Liebe noch im Weg stand, war Liz’ Freundinnen. Denn immerhin wussten sie nicht, was ihre Freundinnen dazu sagen würden, wenn sie die beiden wieder zusammen, als Paar, sahen. Wie würden sie wohl darauf reagieren? Das würde Liz an diesem Abend austesten wollen, während sie wieder einen ihrer Beautyabende machten.



„Hi Mädels!“, rief Liz fröhlich in die Runde, als ihre Freundinnen vor der Haustür standen. „Kommt rein!“
Und wie die kleinen Küken, kicherten sie und alberten schon gleich am Haustür, und zwängten sich hindurch.

„Ach Liz, du wirst es nicht glauben!“, lachte Mel, während sie ihre Jacke auf dem Stuhl neben ihr warf. „Unsere Tine hat eben einen total fremden Kerl auf der Straße angemacht!“
„Was?“, fragte Liz erstaunt. „Tine? Wow... willst du uns was verheimlichen?“

„Hey, ich habe ihn nicht angemacht!“, verteidigte sie sich und musste auch in Lachen ausbrechen, denn die andern schauten sie wieder mit dem durchdringenden Blick an. „Er war nur der Kumpel von meinem Bruder!“

„Ein Kumpel des Bruders? Na, da hast du aber dann echt gute Chancen!“, rief Andie zu Tine rüber.



„So... ich habe einen Plan aufgestellt!“, sagte Liza, als sie sich alle im Wohnzimmer versammelten. „Ich würde sagen, wir fangen mit der Maske an, und während wir es einwirken lassen, nehmen wir einen Fußbad... und dabei schauen wir uns irgendeine Soapserie im Fernsehen an. Und nachdem wir mit der Maske und dem Fußbad fertig sind, kommt die Maniküre dran... und dabei könnten wir, denke ich mal alles machen, was wir wollen, und danach kommen die Videos dran! Was halltet ihr davon?“

„Liza“, sagte Tine entschlossen, „du bist wirklich eine kleine Planmaus! Wir machen es genau so, wie du es vorgeschlagen hast, oder was denkt ihr?“
Alle nickten entschlossen.



„Ach Mädels... unsere Beautyabende sind doch die besten! Wir sollten uns bei The Real World bewerben... aber vielleicht wären wir auch zu langweilig für denen.“, plapperte Liz, während sie die Maniküre unterbrach, und in die Küche ging, um den Popcorn in die Mikrowelle zu tun.

„Ich denke auch, dass wir zu langweilig wären“, stimmte ihr Andie zu. „Ich meine... wir streiten uns nie, wir reißen uns nicht die Haare raus, wir kratzen uns nicht gegenseitig blutig... oder sehe ich es falsch?“
Und wieder brachen sie alle in Lachen aus.



„Ach ja, Liz... sag mal“, meinte Mel, als Liz mit dem Schüssel Popcorn wieder ins Wohnzimmer zurück kam. „Läuft da zwischen die und Ben wieder was?“
„Bitte?“, fragte Liz, und versuchte dabei so erstaunt wie möglich zu wirken. „Ich und Ben? Nein, nicht dass ich wüsste... wieso?“

„Na ja, es wäre toll, wenn ihr beide wieder zusammen seid... ich meine... da steht doch nichts mehr zwischen, oder?“, sagte Tine, während sie sich ihre frisch lackierten Fingernägeln anschaute.

„Das stimmt! Da muss ich dir ausnahmsweise mal Recht geben, Tine!“, gab auch Andie zu. „Hey, komm... ihr seid das perfekte Paar! Ihr seid wie für einander erschaffen! Gott hat es bestimmt gut gemeint, als er euch auf die Welt gesetzt hat!“
„Ich glaube nicht an Gott!“, erwiderte Liz.

„Ja... ist gut!“, sagte Liza. „Aber trotzdem! Ist doch egal, ob du an Gott glaubst, oder nicht! Du und Ben... ihr seid das perfekte Paar! Also... sieh zu, dass ihr wieder zusammen kommt!“



Liz antwortete nichts, und lächelte nur.

Sie ging zur Videorekorder und steckte eine Videokassette rein, drückte anschließend auf Play.

„Also, ich kann es mir nicht erklären, aber ich habe wirklich das Gefühl, dass da was läuft... zwischen dir und Ben!“, lies Tine nicht locker, als Liz sich wieder hinsetzte und etwas Popcorn in die Hand nahm.

„Wisst ihr... ich habe es euch noch nicht erzählt“, fing Liz dann doch an. Aber bevor sie weiter sprechen konnte, kam Sharon in das Wohnzimmer reingestürmt und blieb sofort am Tür stehen.

„Ach... entschuldige bitte... ich habe es ja ganz vergessen... heute ist ja euer Beautyabend. Keine Sorge, ich bin schon so gut wie weg!“, lächelte Sharon und ging wieder.

„Ciao Sharon!“, riefen die Mädchen noch, bevor Sharon ganz weg war.

„Also Liz, was wolltest du uns da eben erzählen?“, fasste Mel das Thema wieder auf.

„Na ja... also...“, fing Liz wieder an, und schaute in die Runde, mit den neugierigen Blicken, die nur noch sie anstarrten.

„Also?“, ging Andie mit der Stimme hoch.

„Also...“, fing Liz wieder an. „Ben und ich, wir sind schon längst wieder zusammen gekommen... ich wollte es euch ja eigentlich erzählen, nur ich wusste nicht, wie ihr darauf reagieren würdet... und deswegen wollte ich es euch heute erzählen...“

„Also warte mal... du willst uns erzählen, dass ihr schon längst wieder zusammen seid, wir aber nichts davon wussten?“, erkundigte sich Andie noch mal, und schaute dann die andern an, um sicher zu sein, dass auch wirklich niemand was davon wusste.

Liz nickte.

„Ja, wir sind an dem Abend zusammen gekommen, wo wir alle am Nachmittag J. in diesem Café begegnet sind... und er hat mich dann ja nach Hause gebracht, und unterwegs sind wir J. und seine Freunde noch mal begegnet, und die haben sich geschlagen und so... dann waren wir bei mir, und sind dann irgendwie zusammen gekommen.“, erklärte Liz und schaute schuldbewusst.

„Wirklich gut, wie ihr uns hingehalten habt!“, lachte Mel. „Ich glaube ich spreche jetzt für uns alle... wir haben es wirklich nicht bemerkt, und Liz... wir sind sehr sauer auf dich, weil du uns als Freundinnen nicht vertraut hast...“

Dann warf Mel einen Blick zu Tine, und gab ihr ein Zeichen, dass sie den Satz beenden sollte, denn sie sind alle schon so gut mit einander befreundet, sodass sie sich auch ohne Worte verstehen konnten.

„Aber...“, schnappte Tine Mels Satz wieder auf. „Wir freuen uns dennoch für dich, und verzeihen dir...“

„Versprich uns aber bitte, dass du uns das nächste Mal nicht so hinhältst, okay?“, fügte Andie noch hinzu.

„Ja... ich verspreche es euch! Und danke!“, lächelte Liz und warf sich zufrieden auf das Sofa.



Ihr Leben war anscheinend wieder vollkommen in Ordnung, und sie hatte nichts mehr einzuwenden. Alles war wieder perfekt! Ihr Leben, ihre Freundinnen und ihre alten Problemen! Sie war wieder die alte Liz. Sie war nicht mehr Drogenabhängig, und sie wusste jetzt besser mit ihren Problemen umzugehen. Und sie wohnte bei der beste Tante der Welt, nämlich Sharon, die zwar manchmal einen ziemlichen Knall hatte, aber dennoch war sie mindestens genau so trendy wie die anderen Jugendliche in ihrem Alter.

Sie konnte sich wirklich nicht mehr beklagen.

Ihre Welt war wieder genau so rosig wie vorher, bevor Jen und ihre Mutter gestorben war. Richtig... Jen und ihre Mutter waren nicht mehr da. Und wieder schaute Liz etwas trauriger. Aber sicher geht es ihnen auch gut, egal wo sie waren.

Vielleicht glaube ich ja doch an Gott, dachte Liz.

Kapitel neun



„Hey komm, du musst J. anzeigen, sonst hast du nie Ruhe vor ihm“, rieten ihr die Ben und ihre Freundinnen, während sie wieder in ihrem Stamm Lokal waren, und J. gar nicht so weit weg saß.

„Aber...“

„Kein aber!“, unterbrach Andie sie. „Du kannst auch nicht verhaftet werden, weil du schon längst wieder clean bist! Du hast nichts zu befürchten!“



Sie schaute wieder rüber zu J., und ihr lief eine kalte Schauer über den Rücken, und sie musste wieder an früher zurück denken. Es war einfach unvorstellbar, wie sie in diese Straße reingeraten war.



„So meine Süße... ich muss jetzt wieder gehen. Bandprobe!“, verkündete Ben, und stand auf.

Liz’ Freundinnen saßen da, und fingen an Liz anzugrinsen, und machten schon einen Kussmund.

Ben gab Liz dann einen langen Kuss, bevor er entgültig ging.

„Hmm... schön was?“, neckte Andie ihn, als er seine Jacke nahm. „Ich wusste doch schon immer, dass Liz ihre Lippen sehr gut pflegt! Du musst mir unbedingt dein Geheimnis verraten!“



Ben lachte und verabschiedete sich auch von den anderen.



„Gott... er ist so süß!“, jauchzte Liz wie ein kleines Kind, wenn es ein Eis bekam.

Die Freundinnen fingen wieder an, loszukichern.



„Also, was ist jetzt mit J.?“, bohrte Tine nach.

„Ich denke noch nach.“, antwortete Liz kurz und knapp. „Ach, was ist denn jetzt eigentlich mit dem Freund deines Bruders, Tine? Ich habe euch neulich gesehen, als ich mit Sharon wieder shoppen war. Und das sah nach mehr als nur Freundschaft aus!“
„Du hast uns gesehen?“, fragte Tine und ging dabei mit ihrer Stimme so hoch, dass sie es selber merkt, und sofort verstummte.

Liz nickte. Und dadurch weckte sie auch die Neugier der anderen. Nun waren alle Blicke auf Tine gerichtet.

„Ja gut, wir sind zusammen! Seit zwei Tagen! Ich wollte ihn euch eigentlich erst morgen vorstellen.“, gab Tine zu und schaute auf dem Tisch.

„Endlich!“, atmete Liza auf. „Endlich hat unsere Tine bewiesen, dass sie doch ein Herz für Jungs hat. Wurde aber auch langsam Zeit, meine Liebe!“





Tage vergingen mittlerweile, und sie standen alle vor der Polizeirevier.

Liz stand still und steif da, denn sie hatte Angst, dass sie was falsches sagen konnte, und auch davor, dass sie auch verhaftet werden können, denn sie hatte auch mal Drogen genommen.

Aber jetzt bleibe mal ruhig, Liz, dir kann nichts passieren, schließlich bist du nicht mehr drogenabhängig, sprach Liz zu sich.

Sie atmete tief durch, und warf noch ein Lächeln zu den anderen, die draußen vor der Tür auf sie warten sollten.



„Du schaffst es schon!“, riefen die anderen, und Ben gab ihr noch einen Kuss.



Sie ging aufgeregt hinein und als sie drinnen stand, war sie noch nervöser als zuvor, und wollte auf der Stelle umdrehen und wieder raus gehen, aber zu spät... denn ein Polizist sprach sie an.


„Miss, kann ich Ihnen helfen?“

„Ähm... ja...“, stotterte sie nervös vor sich hin. „Ja... Sie... Sie können mir helfen... ähm... ich... ich...“

„Setzen Sie sich doch“, bot ihr der nette Polizist an, als er ihre Aufregung bemerkte. „Möchten Sie einen Glas Wasser?“

„Nein, danke“, antwortete Liz und fühlte sich schon viel besser, als sie sich hingesetzt hatte, und der Polizist sie anlächelte. „Also, ich bin hier, weil ich einen Kerl anzeigen möchte, der mit Drogen dealt. Ich weiß es, weil er mir früher Drogen angeboten hatte, und ich wegen ihm Drogensüchtig wurde.“



Als sie dann endlich aus dem Revier heraus kam, sprangen Ben und ihre Freundinnen sofort auf, und rannten zu ihr, um zu fragen, wie es gelaufen sei. Liz erzählte alles in groben Zügen.

„Jedenfalls wird J. erst mal eine Drogenkontrolle von der Polizei unterzogen, und wenn es positiv ausfällt, wird seine Wohnung untersucht und seine Kumpels werden dann auch noch untersucht... also kurz gesagt, alle Menschen, die mit ihm befreundet sind, oder in Verbindung sind, werden untersucht!“, schloss Liz ihre Erzählung ab.

„Gut!“, stimmten die anderen gemeinsam zu.

Kapitel zehn



Zwei Woche, nachdem Liz bei der Polizei war, erschien in der Morgenzeitung ein kleiner Bericht von der Polizei und die Verhaftung J.’s.

Darin stand, dass J. bei frischer Tat erwischt wurde, wie er versuchte, ein kleines Mädchen im Alter von vierzehn Jahre alt, die Drogen aufzudrängen. Und er wurde auf der Stelle festgenommen und seine Freunde wurden auch gleich untersucht. Sie hätten eine Strafe von sechs Monate im Gefängnis und danach müssten sie Sozialdienst leisten, und gleichzeitig eine Drogentherapie machen.

Liz triumphierte und grinste bis über beiden Ohren.



„Hey Liz, was grinst du wieder so? Du solltest dich jetzt lieber mit dem Frühstücken beeilen, bevor du zu spät im Café erscheinst... das heißt natürlich, wenn du deine Freunde nicht warten lassen willst...“, sagte Sharon, während sie ihr Brot mit Nutella beschmierte.

„Ich bin einfach nur gut gelaunt...“, erklärte Liz. „J. wurde festgenommen und seine Freunde auch... die sind jetzt hinter Gitter und nach sechs Monaten kommen die dann wieder raus und müssen Sozialdienst leisten und eine Drogentherapie machen. Toll, oder?“

„Ja... ich bin froh, dass du ihn angezeigt hast, Liz.“, antwortete Sharon und legte das Schmiermesser, welches jetzt mit Nutella bekleckert war, hin.
Sie lächelte Liz an, und ihr traten die Tränen in den Augen. Sie war so stolz auf Liz... sie war stolz auf sie, weil sie es geschafft hatte, wieder ein so normales Leben zu führen, als wäre nie etwas vorgefallen, sie war stolz auf sie, weil sie den großen Schritt gemacht hatte, und J. angezeigt hatte. Sie war mehr als nur stolz auf sie, und sie war sich auch sicher, dass Liz wusste, dass sie stolz auf sich selber sein konnte.



„Sharon, ich gehe schon jetzt los... ich möchte noch Moms und Jens Grab besuchen.“, sagte Liz, als sie vom Stuhl aufstand.

„Okay.“, lächelte Sharon.

„Ach... kannst du mir etwas Geld leihen? Ich bin gerade ziemlich knapp bei Kasse, und gleich muss ich ja auch wieder ins Café...“

„Klar... wie viel brauchst du denn?“, fragte Sharon.

„So ungefähr zehn Dollar.“
 



 
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