Theatergeklapper

annton

Mitglied
Gegebene Anlaesse haben mich zu diesen Gedanken gebracht...

Herzlichen Glückwunsch, meine Herren. Den allertiefsten Kniefall und Applaus, Applaus, Applaus!
Es ist schon erstaunlich, mit welch billigen Mitteln sich publikumsträchtige Veranstaltungen inszenieren lassen. Man nehme eine ordentliche Portion Profilierungswahn, vermischt sie mit ausreichend Verbitterung und Selbstüberschätzung, und fertig sind zwei Lehrstücke haarstrauebenster Konflikthascherei.

Die erste Bühne gibt Wahlkampf. Ein Populist steht in vorderster Reihe und schießt. Mit haarscharfen Worten und nicht minder scharfem Kalkül macht er sich an die Arbeit. Gründlich geht er vor. Gezielt richtet er seine Flinte auf das, was ihm besonders effektiv erscheint. Auf der Suche nach dem großen Coup. Der Hofstaat und sein Herrscher werden fassungslos am Rande abgestellt. Der Populist gibt sich emotional, er gibt sich verärgert, aufgebracht und will vornehmlich Beachtung. Beachtung für ein Spiel mit dem Feuer, das doch keines ist. Nur interessiert den Populisten dies gar wenig. Wer will der kann und er will an exponierter Stelle am lautesten schreien dürfen.

Auf der zweiten Bühne spielt man Literaturbetrieb. Ein verbitterter Schriftsteller steht einem, schon lange über sein Ziel hinausgeschossenen, Kritikergott gegenüber. Würde Letzterer doch wenigstens schweigen. Er aber kann sich nicht zurückhalten und schreit danach ein Buch nicht zu drucken.

Autsch.

Man darf sich innerhalb der Ensembles zufrieden auf die Schultern klopfen und die Inszenierungen als gelungen bezeichnen. Jeder wird über die ins Rollen gebrachten Steine reden, wird lautstark über sie diskutieren und sie möglichst auffällig dem Nächstbesten entgegenschleudern. Alles nach Plan und alle spielen mit.

Dass solche fröhlichen Steinewerfereien verflucht ins Auge gehen können, darüber zu heulen ist im Nachhinein noch Zeit genug. Dann, wenn die Wunden geleckt werden und man verwundert feststellt, dass wertvollstes Kristall zu Bruch gegangen ist. Das hatte man nicht beabsichtigt.

Verzeihung.

Vielleicht haben die Herren Akteure am „Morgen danach“ sogar einen leichten Kopfschmerz verspürt, doch Klappern gehört schlussendlich zum Geschäft und darüber muss man auch mal hinwegsehen dürfen.

Das haben Sie sich schön zurechtgelegt, meine Herren. Geschickt, geschickt. Doch im Eifer des Gefechts ist Ihnen da der größte Fehler unterlaufen, der einem am Theater passieren kann. Die Fahrlässigkeit zu begehen und das Publikum für dumm zu verkaufen, nichts könnte mehr zum Scheitern verurteilt sein. Dummerweise wird das Publikum einen solchen Braten riechen und es wird ihn sich nicht auftischen lassen. Daher ist auch der anfänglich aufkommende Applaus, mehr als zynischer Akt, denn als Wertschätzung zu verstehen. Das Publikum wird aufstehen und den Saal verlassen. Aufstehen und deutlichst daran erinnern, dass das was dort zwischen Schnuerrboden und Scheinwerfern geboten wird, unsäglich ist.

So ein Pech
 



 
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