Tierisches II

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Herby

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Tierische Hybris II
Das weise Nas

So gegen zehn, ’s war nicht viel später,
Vernahm ein Nas des Eichs Gezeter
Und dessen klagendes Gejammer
Aus hoher baumbelaubter Kammer:
„Zu klein … zu hässlich … kaum zu glauben …!“
Das Nas begann entnervt zu schnauben
Und rief zu dem entrückten Eich:
“Halt’s Maul und sei um 12 beim Teich!
Ich wart auf dich dort in ’ner Weile,
Hab’ noch zu tun. Bis gleich. Ich eile!“

Dort angekommen, legt’ es los
Und sprach zum Eich: „Was willst du bloß?
Ich hab dein Meckern wohl gehört,
Das unsren Schöpfer so empört.
Gott hat sich sicher was gedacht,
Als er uns an Tag sechs gemacht.
Doch kennen wir nicht seine Gründe,
Was ich gar nicht so schrecklich finde.
Wer sind wir schon, dass wir verstehn,
Welch’ Wege Gottes Pläne gehn?
Soviel zum Göttlichen ganz knapp –
Hör zu! Verzeih, ich schweifte ab.

Ich hätte doch, lass dir das sagen,
Viel mehr Anlass als du zum Klagen!
Wie gern würd’ ich ein Hörnchen sein,
Und so wie du so flink und klein!
Stattdessen wieg’ ich viel zu viel,
Schau stets nur zu bei Sport und Spiel,
Denn denk bloß mal an die Blamage,
Mir passt doch keine Trikotage!
-- Nun kau nicht ständig an den Nüssen!
Wirst mir schon noch was zuhör’n müssen! --
Dich stört dein Hörnchen, mich mein Horn,
Das bei mir ausgerechnet vorn
Monströs aus der Visage ragt,
Doch hab ich jemals mich beklagt??
Zudem, was dir erspart geblieben,
Ist’s äußerst hinderlich beim Lieben,
Denn alle Damen, ach, sie pflegen,
Mich zu verschmäh’n des Hornes wegen,
Mit dem ich vorne bin bewehrt,
Was zartes Kosen mir erschwert!

Ach ja … zum Schluss noch ne Bemerkung
Zu deiner eig’nen Seelenstärkung:
Denk an Kollegin Fledermaus –
Ein Promi! Schon vertont vom Strauß!
Obwohl betörend schön sie nie war,
Gilt weltweit heute sie als Diva,
Nach der, sie ist ja doch ne Nette,
Der Strauß nannt’ seine Operette.
Drin singt der Rudi Schock, Tenor,
In des entzückten Hörers Ohr,
Mal laut und kräftig, mal ganz leise,
Berühmte Worte, klug und weise:
’Glücklich ist, wer vergisst,
Was doch nicht zu ändern ist …’

Was ist nun die Conclusio?
Regst du dich auf, bleibt’s trotzdem so!
Drum leb getrost als Hörnchen weiter,
Ich bleib ja auch, trotz Horn, noch heiter.“

So sprach das weise Nas gemessen
Und hätt’ darüber fast vergessen
Sein Lunch im Restaurant „Zur Kelle“
Mit Fräulein Lou, einer Gazelle,
Die, weil grazil und elegant,
Es ausgesprochend reizend fand.

P.S.:
Ob’s Nas bei Lou dann landen kunnt,
Darüber schweigt des Dichters Mund.
 



 
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