Todessehnsucht II

Andrea1694

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Todessehnsucht II

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Sie geht den Flur entlang, zählt jeden einzelnen ihrer Schritte. 35, Stopp, Drehung und wieder zurück.
35, Stopp, Drehung und noch einmal von vorn. Ein Pfleger kommt auf sie zu „Sie können jetzt zu ihrer Ärztin kommen“. Sie betritt den kleinen Raum, lässt sich matt und benommen auf einem Stuhl nieder. „Wir sind sehr mit ihnen zufrieden und denken, dass es an der Zeit ist, sie auf die offene zu verlegen“. Soll sie sich jetzt freuen oder Angst davor haben, wieder in die Fast-Freiheit entlassen zu werden? Sie packt ihre Sachen und betritt zum x-ten Mal diese Zeit mit mehr Bewegungsfreiheit. Sie hat Angst, Angst vor der Realität dort draußen.

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Ihr Vater holt sie von der Schule ab. „Heute machen wir mal einen Ausflug ins Grüne mein Engel“. Zusammengekauert hockt sie auf dem Beifahrersitz , kaut an ihren Fingernägeln. Sie friert, obwohl die Sonne scheint. Hat Angst. Auf einer saftig grünen Wiese, nahe einem See, breitet er eine Decke aus und lädt sie ein Platz zu nehmen. Er drapiert Wein, Brot, Marmelade und Honig fein säuberlich daneben. Sie starrt auf das Blau des Sees und stellt sich vor, in dem Schutz der Tiefe für immer zu versinken. Ihr Vater streift ihr Kleid ab, zieht ihr den Slip aus. Sie bemerkt es nur am Rande, weil sie sich gedanklich in einer anderen Welt befindet. In ihrer eigenen Welt, umgeben von hohen, dunklen Mauern. „Leg dich hin“, sie gehorcht. Er streicht Honig über ihr Beine, ihren Bauch und leckt ihn dann genüsslich ab, bevor er sie wieder nimmt. Sie schließt die Augen, liegt regungslos da, lässt alles über sich ergehen und lauscht dem Vogelgezwitscher. Tränen der Hilflosigkeit laufen aus ihren Augen. „Papi, bitte nicht“

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„Sie dürfen für 1,5 Stunden im Park spazieren gehen“ verkündet der nun betreuende Arzt. Einzig und allein die Therapiezeiten muss sie beachten, bevor sie in die Freiheit tritt. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln sanft ihre Nasenspitze. Ein Pfleger begegnet ihr, spricht sie an „es geht ihnen ja schon viel besser! Das liegt an der richtigen Dosierung ihrer Medikamente.“ Liegt es daran? Geht es ihr viel besser? Sie weiß es nicht, geht schweigend und etwas benommen weiter und setzt sich auf eine Parkbank unter einen Baum. Sie schließt die Augen, sieht ihren Vater vor ihrem inneren Auge, springt auf und läuft davon. Irgendwann, sie hat Zeit und Raum vergessen, wacht sie in ihrer Wohnung auf. Trinkt ein Bier, ein zweites, drittes und holt sich eine Flasche Korn. Ihr Kopf droht zu platzen, „Papi, bitte nicht“ dröhnt es in ihr. Sie holt eine Rolle Schlaftabletten und schüttet sie in sich hinein.

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Sie ist 16. Packt bei Nacht und Nebel ein paar Sachen und läuft einfach in die Dunkelheit der Nacht davon. Fort von ihrem Elternhaus, ihrer Mutter, ihrem Vater. Fort, ohne zu wissen wohin. Ein Anhalter gabelt sie auf, nimmt sie mit. In einem nahe gelegenen Waldstück hält er an, streichelt über ihre Beine, legt seinen Arm um ihre Schultern. Sie reißt die Beifahrertür auf und hechtet aus dem Wagen.
Er rennt ihr hinterher, wirft sie zu Boden, vergewaltigt sie und fährt weiter. Mit zerrissenen Kleidern und blutigen Knien liegt sie zusammengekauert da. Leise wimmert sie vor sich hin, nimmt den modrigen Geruch der feuchten Erde wahr und wünscht sich, nicht mehr da zu sein.

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Benommen schlägt sie die Augen auf. Ihr ist schlecht. „Was machst du denn nur für Sachen Mutti“ hört sie ihren Sohn fragen. Ihr Magen wurde wieder einmal ausgepumpt. Wieso ließ man sie nicht einfach nur sterben?

Andrea
21.07.05

Fortsetzung folgt
 



 
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