Toepferopfer

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Udogi-Sela

Mitglied
Töpfe, Tassen, Schüsseln, Wannen,
Teller, Vasen, Schalen, Kannen,
erste Ware, einwandfrei,
gibt’s in Meiers Töpferei.

In der Werkstatt , früh bis spät,
wird der Ton zur Form gedreht,
auf der Töpferdrehmaschine.
Hanna war dort Azubine.

Hanna lernte Töpferei,
war mit Spaß und Lust dabei.
Mochte gern das Mat’rial,
Ton klebt’ an ihr, überall.

Einmal war sie dort allein.
Schmierte voll sich wie ein Schwein.
Übte Töpfern ohne Rast,
grau war’n Haut und Kleid verblasst.

Tonbedeckt und müde sank.
Hanna von der Töpferbank.
Weit entrückt im Traumland tief,
Hanna auf dem Boden schlief.

Meier, bald darauf, sah nur:
Dort liegt eine Ton-Figur.
Dachte: Hanna kriegt es hin!
Sie ist eine Künstlerin!

Dieses Werk von ihr ist spitze!
Doch es braucht noch Ofenhitze.
Schob es mit geübter Hand,
in des Ofens Glut und Brand.

Dort, bei gut eintausend Grad,
wurde haltbar es und hart.
Meier stellt’ es kurz darauf,
mitten im Verkaufsraum auf.

Bald schon wollte jeder nur,
diese eine Tonfigur. –
Meier hat zwei linke Hände. –
Wenn er nur die Hanna fände!

In des Jahreszeiten Lauf,
tauche Hanna nicht mehr auf,
blieb, trotz Fahndung, ganz verschwunden. —
M. vertröstete die Kunden...
 

Dorothea

Mitglied
eine prima Moritat

Hallo Udo,
eine grausig schöne Geschichte im klassischen Stil der Moritaten, obwohl etwas der sittlich belehrende Zeigefinger dieses Genres fehlt. Gefäll mir sehr gut.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Udo,

so weit wird es doch nicht kommen, dass wir die Azubis,da im Überschuss vorhanden, dermaßen schlecht behandeln werden!;) Meier hat seine Hanna weder vermisst noch persönlich gesucht, noch betrauert, er tröstete lediglich die Kunden, weil etwas Anderes geschäftsschädigend gewesen wäre.

Beinharte Satire, gut vorgetragen, wie Dorothea schon bemerkte.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Udogi-Sela

Mitglied
Hallo Dorothea,

an den belehrenden Zeigefinger in Form von „...und die Moral von der Geschicht“ hatte ich auch gedacht, aber ich wollte die Geschichte damit nicht abmildern, obwohl sie mir in dieser Form selbst noch zu brav erscheint. Das liegt sicher daran, dass ich verschiedene Versionen ausprobiert habe, die mir zu „weich“ waren.

Freut mich, wenn’s Dir gefällt.

Herzlichst
Udo
 

Udogi-Sela

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

vorletzten Sonntag fand auf dem Neumarkt in Köln ein „Keramik-Markt“ statt, Als ich mit Gisela dort so zwischen den Pötten rumschlenderte und auf einem Foto die tonverschmierte Hand eines Töpfers bei der Arbeit sah, kam mir spontan die Idee zu diesem Gedicht.
Außerdem habe ich ja lange nix mehr geschrieben und wollte ausprobieren, ob ich’s noch kann.

Herzlichst
Udo
 

alfi

Mitglied
Udogli

so beinhart wie es andere empfinden, sehe ich das nicht, sondern eher schwarzer Humor-es gibt schwärzere.
Ausserdem erinnere man sich an unseren ollen Busch-der liess auch alles im Busch verschwinden was nicht niet-und nagelfest war.
Schön geschrieben.
Und die Moral von der Geschicht.
Trau niemals einem Töpfer nicht.

alfi
 
K

Klopfstock

Gast
Also, für mich ist das guter schwarzer Humor;) -
aber wieso schreibst Du "Mat'rial und nicht Material?:(

Liebe Grüße
Klopfstock
 

Udogi-Sela

Mitglied
Auf den Busch geklopft

Ja, alfi, den Busch habe ich bei solchen Geschichten immer im Hinterkopf. Der ließ z.B. Max und Moritz auch zwischendurch im Backofen verschwinden und am Schluss durch Müllers Mühle mahlen.
Egal welche Seite man in einem Wilhelm Busch Buch aufschlägt, meistens findet man irgendein von ihm schwarzhumorig dargestelltes Missgeschick.
Durch meinen Spaß an seinen Geschichten bin ich schon als Kind zur Reimerei gekommen.

Herzlichst
Udo
 

Udogi-Sela

Mitglied
Hallo

Klopfstock, ich weiß ja, dass Du solche Geschichten magst.
Aus dem Material habe ich Mat’rial gemacht, weil das e als Silbe eben zuviel ist.
Na ja, ich gebe zu, das ist ein bisschen kleinlich, aber mir war danach, weil es sich auch flüssiger liest.
Ich weiß auch nicht, ob man das Material grammatikalisch einfach so verkürzen kann, wie ich es gemacht habe.

Vielleicht fällt mir ja noch was Besseres ein.
Oder Dir?

Herzlichst
Udo
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo Udo

Du kannst es noch. Schwarzer Humor brennt sich immer ins Gedächtnis. Man wartet doch noch auf ein glückliches Ende, aber es kommt nicht, fast wie manchmal im Leben und nicht so amerikanisch.

Herr Müller
 
U

Urbinia

Gast
Hallo Udo,
.. sieht so aus,als ob du's noch kannst..lächel..
Mir gefällt's.Ich würde Material auch verkürzen,-wegen der gleichen Hebungszahl..
Tschüssi vonUrbinia
 

Udogi-Sela

Mitglied
Schnell noch hinterher

Ja, Herr Müller, in den amerikanischen Fernsehserien stehen am Schluss die Hauptdarsteller zusammen und machen nach dem Happyend noch irgendeinen Witz, dann lachen alle und der Film ist aus.
Ich glaube, der Herr Bush (hier ist Gott sei dank nicht der Wilhelm gemeint) hat sich zu viele Serien angesehn. Er versucht auch immer solche Schlüsse bei seinen Unternehmungen hinzukriegen, aber es klappt nie.

Urbinia, meine Bemerkung: „und wollte ausprobieren, ob ich’s noch kann“ war natürlich „fishing for compliments“.
Ich habe sie gekriegt und freu’ mich!

Herzlichst
Udo
 



 
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