Troubadore, Barden und ihre Wirkung

mrjingle

Mitglied
Troubadore, Barden und ihre Wirkung auf das weibliche Geschlecht

Eine Situation, die jeder von uns schon mal erlebt hat: Wir sind im Urlaub. Im Grunde ist es egal wo wir uns befinden. Ob in einer verschneiten Skihütte in den Bergen, ob im Sommer an einem einsamen Strand oder beim Camping, es bleibt sich gleich. Die Situation entwickelt sich unabhängig vom Ort und die Vorraussetzungen sind immer die gleichen.
Es ist eine größere gemischte Gruppe und der Abend ist schon weiter fortgeschritten. Soweit fortgeschritten, daß der unscheinbare Ottonormalmann genug geistige Getränke genossen hat, um bereit zu sein, all seinen Mut zusammenzunehmen. Das Ziel ist es nun, mit der dunkelhaarigen Schönheit auf der anderen Seite des Lagerfeuers/Kamins ins Gespräch zu kommen. Der dafür erforderliche, witzige und intelligente Spruch ist natürlich längst in unserem Kopf. Jetzt wollen wir nur noch starten und unsere Angebetete mit den weiteren Plänen des Abends vertraut machen. Unsere Pläne wohlgemerkt, nicht die von allen, sondern nur wir zwei, holde Schöne.
Doch haben wir diesen Punkt des Abends endlich erreicht, nimmt das Schicksal unweigerlich seinen Lauf.
Einer dieser unausstehlich dem Schönheitsideal entsprechenden Typen, der uns schon den ganzen Abend durch sein riesiges Ego genervt hat, erinnert sich just diesen Moment daran ja seine „Klampfe“ mitgebracht zu haben. Von wegen Stimmung und so. Man könnte meinen, solche Typen, die aussehen als ob sie gerade einem Katalog von einem Modehaus entsprungen sind, haben eine Art Radar im Kopf. Sie scheinen es regelrecht zu wittern, sollte einer der anderen Männer seinen Mut zusammenzunehmen und sich einer der Angehörigen des schönen Geschlechts nähern zu wollen. Um diese Bemühungen gleich im Keim zu ersticken, greifen sie zu eben jenem hinterhältigen Mittel. Anstatt sich nur auf ihr Aussehen zu verlasssen, bringen sie noch eine Gitarre ins Spiel um uns mit der geballten Kraft des Klischees „Lagerfeuerromantik“ auf unsere Plätze zu verweisen.
Die Frauen, eingeschlossen unser Objekt der Begierde, die Frau die unsere Kinder gebären soll, bekommen glänzende Augen. Wir selbst sehen unsere nächsten, so sorgfältig geplanten Schritte von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber wir machen gute Miene zum bösen Spiel. Wir lassen uns nichts anmerken und stimmen mit ein in die bekannten Melodien, die wir schon aus unserem ersten Urlaub her kennen und hassen gelernt haben. Doch tief in unserem Herzen hassen wir diesen Typen. Und haben wir nicht auch jedes Recht dazu? Als ob wir nicht sowieso schon jeder Chance bei Frauen hinterherhecheln müssten. Nein, jetzt kommt dieser dahergelaufene Schnösel auch noch mit diesem abgenudelten Trick daher. Wie hinterhältig! Wer ist das überhaupt? Wo kommt der her und wer hat ihn eingeladen? Für wen hält der sich, Bob Marley?
Noch nicht einmal spielen kann der. Völlig disharmonische Akkorde, anscheinend direkt aus der Hölle stammend, fräsen sich den Weg in unseren Kopf. Sie toben sich dort richtig aus, um nur ja nichts zurückzulassen als eine grauenvolle Leere.
Genau das ist es! Dieser Mann kann einfach nicht menschlich sein. Er ist ein Rachedämon, auf die Erde gekommen um uns in jeder nur erdenklichen Art zu quälen. Wie teuflisch er grinst während er uns mit seinen satanischen Klängen foltert. Ja grinz du nur, wir haben dich erkannt, Satanas! Wir können hinter deine Maske sehen. Sind auf seiner Stirn nicht zwei kleine Huckel zu sehen? Das müssen seine Hörner sein, ganz eindeutig. Man kann jetzt die eigentliche Form seines Schädels erkennen. Eingefallen, wie ein Totenschädel, passend zu seinem hämischen Grinsen. Die Maske des Katalogmodels zerfällt vor unseren Augen.
Noch glaubt er sich unentdeckt, nicht wissend, daß ein Sterblicher hinter sein Geheimnis gekommen ist. Riecht es hier nicht nach Schwefel?
Wir werden diesem häßlichen, mickrigen Dämon die Maske vom Gesicht reißen. Jeder wird sein wahres Gesicht sehen. Aufschreie des Ekels werden zu hören sein. Und dann, wie in guten alten Zeiten, wird es wieder ein Inquisitionsgericht geben. Eine ausgelassene und vergnügte Folterparty. Als Höhepunkt dann die zeremonielle Verbrennung. Ob Lagerfeuer oder Kamin, heute muß keiner mehr Holz holen.
Heidewtitzka! Das wird ein Spaß! Man kann schon die wohlige Wärme spüren wenn er brät. Haha! Das wird ihn lehren uns zu quälen. Und am Ende sind wir der Held. Mit allem drum und dran. Der Verehrung der Huldigung und so weiter.
„Was dagegen wenn ich mich zu dir setze? Bei solcher Musik möchte ich mich immer an einen starken Mann anlehnen.“, flüstert die dunkelhaarige Schönheit.
Lächelnd lehnen wir uns zurück und geniessen die wunderschöne Musik. Lauschen den Klängen von „California Dreamin`“ oder „House of the rising sun“, stimmen ein in den Refrain. Der Typ spielt wirklich gut. Scheint ja noch andere Talente zu haben außer seinem Aussehen. Aber wir haben das ja schon vorher gewußt. Wir beurteilen einen Menschen ja nicht nur nach seinem Äußeren.
Heute Abend ist ein schöner Abend. Wir fühlen uns richtig wohl.
Ob wir nach dem Urlaub nicht versuchen sollten Gitarre zu lernen? Macht doch bestimmt Spaß.
Allerdings, wie soll ich mit einer Frau im Arm Gitarre spielen?
 

Haget

Mitglied
MoinMoin MrJingle,
mir gefällt Deine analytische Geschichte sehr.
(Irgenwie führt sie mich sogar zurück zur gerade laufenden "Diskussion", wie man zuerst liest. Wenn einem der Inhalt eines Gedichtes - oder hier der Sänger - nicht gefällt, fallen die kleinen handwerklichen Mängel besonders schwer ins Gewicht - und umgekehrt.)

Mir fiel auf: In der Enphase deiner Erzählung geht die Phantasie übergangslos/unbemerkt in die Wirklichkeit über. Gewollt? Sonst vielleicht kleine (nachträgliche) Abschwächung:
>> flüstert die dunkelhaarige Schönheit. << "Und dies ist kein Traum!" oder "Traumhaft - aber wunderbare Wirklichkeit." oder ähnlich.

ANDERE denken ANDERS,
DU nur denkst wie DU.

Liebe Grüße
Hans-Georg
 

majissa

Mitglied
Troubardore...

hi mr. jingle,

die geschichte hat mir gefallen, spricht sie doch vielen aus der seele. ja, auch wir frauen haben ein ausgeprägtes konkurrenzdenken und mögen es nicht, wenn das objekt der begierde...

"die musik fräst sich ins gehirn...zurück bleibt leere" hat mir nicht gefallen, weil es nicht recht zu der beschriebenen situation passt. die musik bewirkt ja eher ein gefühl des hasses, der sich bis zur mordlust steigert. also keine leere.
den ersten abschnitt, also die einleitung, hätte man getrost weglassen können, denn aus der nachfolgenden handlung ergibt sich doch ganz wunderbar, was du ausdrücken möchtest.

dein schreibstil ist angenehm und sehr humorvoll.
weiter so...

liebe grüße
majissa
 

mrjingle

Mitglied
Ouh! Wo soll ich anfangen?
Erst mal danke an euch beide.
Haget:
Vielleicht hast du mit deiner Verbesserung am Ende recht.
Ich finde besonders das Ende muß ich sowieso bearbeiten.
Es war mir immer zu abrupt. Die Umkehrung zum Schluß meine ich. Wir werden sehen wie es sich entwickelt (tolle Phrase oder:))
majissa:
Ob die Leere, die zurückgelassen wird nicht so ins bild passt, ist eine Überlegung wert.
Eigentlich wollte ich ja überspitzt die Umkehrung einer Situation in ihr Gegenteil skizzieren. Dabei fand ich den Einstieg über die Musik recht gut.
Aber wie würdest du es denn machen?
Bin gespannt auf die Antwort!
Zum Lernen schließlich bin ich hier:)
liebe Grüße
Stephan
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo mrjingle,

das Geschichtchen hat mir wahrlich gefallen. Bis kurz vor dem Schluß war das noch nicht mal der Fall. Ich fürchtete, das Ganze würde in einer der oft üblichen Frustablasserei enden. Pustekuchen - wunderschöner Schluss.
Mein Vorschlag wäre - alles so lassen. (Diesen Satz pflege ich sehr selten zu schreiben)

Gruß Ralph
 

majissa

Mitglied
Troubardore...

hi, mr. jingle,

du wolltest wahrscheinlich ausdrücken, daß alle bemühungen und ins auge gefassten pläne um die gunst der frau sich durch die musik in luft auflösen, verpuffen und in absoluter sprachlosigkeit münden. wenn ich falsch liege, belehr mich eines besseren. die leere bezieht sich also mehr auf die sprachlosigkeit, unfähigkeit, zu handeln als auf eine gedankliche leere. vielleicht könnte das besser herausgearbeitet werden.

liebe grüße
majissa
 
B

Bruno Bansen

Gast
Gitarre....

Also Stephan, ich bin zwar nicht so sehr der Fachmann für Prosa, aber Deine Geschichten gefallen mir ausnehmend gut, weil sie zielstrebig auf eine Pointe hin ausgerichtet sind und besonders bei dieser hier, dann das, was man als Pointe erwartet, kurz und bündig gekippt wird um einer gänzlich anderen den Vortritt zu lassen, was nicht lange angekündigt wird, sondern Ratz Fatz passiert. Hier gibt es eine Entsprechung bei meinen Texten. Ganz prima!

Ich würde alles lasen, wie es ist. Basta.

Viele Grüße

Bruno
 



 
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