Türöffner

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Josef

Mitglied
Es klingelt an der Tür. Es heißt „an der Tür“, obwohl das Klingelchen im Flur hängt. Ich gehe trotzdem zur Tür.
„Guten Tag! Ich bin ein entspru... ein aus der Haft Entlassener und möchte ihnen einige Zeitschriften vorstellen, deren Lektüre der Hausfrau... äh, dem...“
Er kommt etwas ins Schleudern, wohl weil sein auswendig gelerntes Sprüchlein hier nicht ganz passt. Er schaut auf meine Hände, die in Gummihandschuhen stecken. Es tropft und zwei kleine Pfützen bilden sich seitlich von mir.
„Sie sehen“, beginne ich, „es ist jetzt gerade ungünstig.“
„Ich habe auch ein Magazin über Haus und Haushalt. Neben Beiträgen erfahrener Hauswirtschaftleiterinnen, bietet es auch einen Fortsetzungsroman. Das ganze wird abgerundet durch viele hervorragende Abbildungen, einem ausführlichen Rezeptteil und regelmäßigen Preisausschreiben. Wenn sie hier unterschreiben, kommt es vierzehntägig zu ihnen ins Haus.“
Er hält mir ein Heft vors Gesicht.
Ich nehme es ihm ab, um es durchzublättern.
„Was soll das kosten?“ frage ich ihn. Seine Miene hellt sich sofort auf.
„Im Abo nur 50 Euro.“
„Im Jahr?“
„Ne, im Monat.“
„Das ist doch verrückt“, sage ich und drücke ihm das Heft wieder in die Hand.
„Aber sie können auch... sie haben das Heft ja ganz naß gemacht!“ schimpft er los.
„Ich putze, da nehm' ich immer Wasser dazu!“ sage ich nur.
„Das kann ich doch jetzt nicht mehr gebrauchen!“
„Tut mir wirklich leid! Hab ich nicht dran gedacht, aber ich machs wieder gut. Haben sie Lust auf einen Kaffee?“ frage ich ihn.
Er scheint überrascht, das passiert ihm wohl sonst nie. Aber er kommt dann doch rein und knallt seinen schweren Koffer auf den Boden.
„Sie glauben ja nicht, wie schwer es ist, sich mit sowas über Wasser zu halten“, stöhnt er und fährt sich mit der Hand über die Stirn.
Ich reiche ihm einen Becher Kaffee.
„Kann ich mir denken“, tröste ich ihn. „Geht mir hier ähnlich, wenn ich nicht das richtige Werkzeug hätte, um hier alles zu schmeißen.“
„Was denn für Werkzeug?“ will er wissen.
Jetzt bin ich dran. Ich zeige ihm alles, was ich so an Haushaltshelfern habe. Wischmob mit Ausdrückhebel, Fensterwischer mit auswechselbarer Gummilippe, Antistatiktücher, kochfeste Mikrofaser-Bodentücher, bodenfeste Kochfaser-Mikrotücher, mikrowellenfeste Bodenfaser-Kochtücher und anderes.
Er nimmt von jedem was, von manchen zwei und überläßt mir seine kompletten Tageseinnahmen und alle Probehefte und geht dankend ab.
Für heute reichts mir. Ich stelle die Klingel ab, setze den Walkman auf und gebe volle Power auf meinen Turbosauger.
 
hallo josef,

find's albern, wenn hier auf der ll immer nur bewertungen, jedoch keine kommentare abgeben werden.

deswegen hier ein lob von mir: nette, kurze geschichte mit toller pointe!

lg,
-dennis-
 
N

nobody

Gast
Hallo dennis, hallo Josef,
obwohl ich keinen Kommentar, sondern nur eine Bewertung abgegeben habe, hat mich die Technik von dennis' Kommentar verständigt - rätselhaft..
Also: "Dieses Werk ist gut und durchaus ein Gewinn für die Leselupe" - so liest sich meine Bewertung als Kommentar, und in diesem Fall deckt sich das auch mal punktgenau.
Gruß Franz
 



 
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