Über ihnen schwebte der Tod

4,80 Stern(e) 4 Bewertungen

Marc Freund

Mitglied
Über ihnen schwebte der Tod


Kriminal-Story


Die langen Schatten der Nacht senkten sich allmählich über Norton Castle. Wie gespenstisch dürre Finger streckten sie sich nach den Giebeln und krochen dann den Hang zum Dorf hinunter. Über den Himmel jagten Wolken, angetrieben von einem stürmischen Nordostwind, der den Geruch von Regen mit sich brachte. Ein Gewitter zog auf. Es war so nahe herangekommen, dass man das Gefühl hatte, die Hand danach ausstrecken zu können.
Obwohl es den ganzen Tag über beinahe unerträglich schwül gewesen war, hatte Cedrick Paynton in seiner Bibliothek den Kamin entfachen lassen. Gedankenverloren stand er davor und starrte in die lodernden Flammen. Eine bedeutungsvolle Nacht stand ihnen bevor und ausgerechnet ihm kam dabei eine ganz besondere Rolle zu.
Ein dezentes Hüsteln riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. In der Türöffnung stand sein ergebener Diener Albert mit durchgedrücktem Kreuz und tadelloser Livree.
„Der ehrenwerte Richter Langdon und Mister Martin sind soeben eingetroffen, Sir. Sie warten in der Halle.“
Paynton drehte sich um und nickte dem Diener zu.
„Bringen Sie sie her, Albert. Sie können dann schon den Tee vorbereiten.“
Der Mann in Livree deutete eine Verbeugung an und verließ wortlos das Zimmer. Die Tür ließ er dabei offen.
Nur wenig später erschienen die angekündigten Besucher: Richard „Dick“ Martin, pensionierter Oberinspektor von Scotland Yard, ein sympathisch wirkender Mann in den Sechzigern und Richter a. D. Barnabas Langdon, eine Ehrfurcht erweckende Erscheinung mit einem kantigen Kinn und straff zurückgekämmten silbergrauen Haaren. Man kannte Langdon als strengen aber gerechten Mann. Zu seiner Amtszeit war er gefürchtet gewesen für seine mit messerscharfem Verstand gestellten Fragen, die nur auf ein einziges Ziel gerichtet waren: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit! Manchem Angeklagten, der unter anderen Umständen schon kurz vor dem Freispruch gestanden hätte, war unter seinem Druck zusammengebrochen und hatte gestanden. Barnabas Langdon war ein Mann, dem sein Ruf voraus eilte.
Dick Martin war im Vergleich zu ihm eher unscheinbar, doch gerade diese Eigenschaft hatte ihm zu seinen größten beruflichen Erfolgen verholfen. Durch sein bescheidenes Wesen wurde er leicht unterschätzt.
Die beiden Männer traten auf ihren Gastgeber zu und begrüßten ihn.
„Habt ihr Mills nicht mitgebracht?“ Martin schüttelte den Kopf.
“Ihm ist noch ein Hausbesuch dazwischen gekommen“, antwortete er mit warmer Stimme. „Er wird sicher gleich hier sein.“
Man ließ sich auf den schwarzen Ledersesseln nieder, die zu jeder Ecke eines gekachelten, kniehohen Tisches standen. Für eine Weile starrten sie auf den leeren Platz, bis der letzte Gast, ein wenig außer Atem, den Raum betrat.
Doktor Mills war ein kleiner, rundlicher Mann mit Halbglatze, der Einzige unter ihnen, der das Rentenalter noch nicht ganz erreicht hatte. Er stand mit seinen 60 Jahren kurz vor dem Ruhestand.
Schnaufend stellte er seine Tasche ab und entledigte sich dann seines nassen Jacketts.
„Wurde vom verdammten Regen überrascht“, sagte er knapp, während er sich in en letzten Sessel fallen ließ.
In diesem Moment zuckte ein Blitz über den düsteren Himmel und blendete die Männer durch das große Panoramafenster, das den Blick in den großzügigen Garten freigab.
Paynton, der Hausherr, erschrak sichtlich. Er wirkte blass und hatte sich schon den ganzen Tag über nicht gut gefühlt.
Er blickte seine Gäste nacheinander an, bevor er das Wort erhob.
„Liebe Freunde, ich danke Ihnen, dass Sie trotz des aufziehenden Unwetters keine Mühen gescheut haben, zu mir herauf nach Norton Castle zu kommen. Wir kennen und schätzen uns nun schon seit fast dreißig Jahren und tragen alle in uns eine heutzutage selten gewordene Eigenschaft: Den Sinn für Gerechtigkeit! Jeder Einzelne von uns ist ein unerbittlicher Verfechter dieses Grundsatzes und jeder Einzelne von uns musste mehrfach miterleben, wie ein Schuldiger in unserem Land aufgrund von Mangel an Beweisen freigesprochen wurde und weiter seinen dunklen Trieben nachgehen konnte. Wir beschlossen vor nunmehr fast auf den Tag genau zwanzig Jahren, dieser Entwicklung innerhalb unserer Gesellschaft entgegenzuwirken und gründeten den Club der Gerechten.“
Paynton legte eine Pause ein und trank einen Schluck Wasser aus einem hohen Glas. Vorsichtig stellte er es auf den Tisch zurück.
„In den letzten Jahren hatte unser Club große Erfolge zu verzeichnen. Wir machten die trotz ihrer Schuld freigesprochenen Verbrecher ausfindig, bereiteten ihnen den Prozess und führten sie ihrer gerechten Strafe zu, der einzig gerechten Strafe: Dem Tod durch den Strang!
Diese Arbeit hat uns über die Jahre zusammengeschweißt und zu einer Einheit werden lassen. Heute hingegen haben wir uns außerplanmäßig hier eingefunden. Wir schreiben den 31. Mai und wie ihr alle wisst, ist dieses Datum für die Familie der Payntons ein ganz besonderes. Es war der 31. Mai 1709, an dem mein Vorfahr Montague Paynton hier in diesem Gemäuer einen illegalen Hexenprozess durchführte und die Angeklagte, ein junges Mädchen aus dem Dorf, zum Tode verurteilte. Er ließ auf dem Nordturm einen Scheiterhaufen errichten und verbrannte sie bei lebendigem Leib. Das Feuer war in jener dunklen Nacht weithin sichtbar, doch viel schlimmer waren die Schreie der jungen Frau, die vom Turm erklangen und durch den peitschenden Wind über das Land getrieben wurden, bis in die entferntesten Winkel unserer Ländereien. Die junge Frau verhängte kurz bevor sie starb einen Fluch über Montague Paynton. Einen Fluch, nach dem er noch in der selben Nacht den Tod finden sollte. Ein Tod, der sich alle 100 Jahre an seinen Nachfahren wiederholen sollte.“
An dieser Stelle folgte wiederum eine kurze, unheilschwangere Pause.
„Stellt euch die Stimmung in jener Nach auf dem zugigen Turm vor: Die betretenen Gesichter der ehrwürdigen Männer, die soeben ein junges Mädchen bei lebendigem Leib verbrannt hatten und das schlechte Gewissen, dass sich nach und nach in ihnen breit machte. Es kroch in ihre Glieder und nistete sich dort ein. Einer nach dem anderen verließ das Schloss, bis Montague mit seinen wenigen Bediensteten, die noch nicht das Weite gesucht hatten, zurück blieb. Er verspottete den Fluch der jungen Frau und zwang seine Diener, mit ihm ein Gelage zu veranstalten. Es floss jede Menge Wein. Doch die von ihm beabsichtigte fröhliche Stimmung wollte sich nicht einstellen. Montague, ein äußerst jähzorniger Mann, schickte seine Diener zum Teufel, nachdem er sich sein bestes Pferd hatte satteln lassen. Ein prächtiger Schimmel, der weithin durch die Nacht sichtbar war. Niemand weiß, wohin er in jener Nacht noch wollte. Man erzählt sich, dass wie aus dem Nichts ein Unwetter aufzog. Das Pferd geriet in Panik und verirrte sich ins Moor. Dort versank es in den unergründlichen Tiefen und zog Montague Paynton mit sich. Der erste Teil des Fluches hatte sich damit bereits erfüllt.
Im Jahre 1809, genau 100 Jahre später, starb sein Enkel Curt Paynton unter bisher ungeklärten Umständen. Es war die Nacht zum 01. Juni. Wiederum war ein grässliches Unwetter aufgezogen. Curts Diener kam aufgeregt zu ihm geeilt. Er berichtete von einer geisterhaften Erscheinung, die sich auf dem Hof vor dem Schloss herumtrieb: Ein gewaltiger Schimmel trabe dort auf und ab, berichtete der vor Angst schlotternde Mann. De Diener waren einer Meinung, dass es sich um jenen legendären Schimmel von Montague Paynton handelte, der gekommen war, um nun den aktuellen Schlossherrn zu holen. Curt Paynton trat in die Nacht und in das Unwetter hinaus und kehrte nie zurück. Die Diener wollen ein Wiehern und einen grauenvollen menschlichen Schrei gehört haben.“
An dieser Stelle unterbrach ihn Richter Langdon.
„Aber ich bitte Sie, Cedrick, das sind doch alles Legenden, die sich um Ihre Familie ranken. Sie werden diesen Phantastereien doch wohl keinen Wert beimessen?“
Der Schlossherr wandte sich dem Richter zu. Seine Augen waren weit geöffnet. Im Innern des Raumes war nur das Prasseln des Kaminfeuers und das Ticken der gewaltigen Standuhr zu hören. Es war jetzt kurz vor 22 Uhr.
„Mein lieber Langdon“, antwortete Paynton nach einer Weile. „Ich weiß, dass Sie als Richter vor allem die Welt der Fakten kennen und darauf vertrauen, was in den Gesetzesbüchern steht. Seien Sie versichert, dass auch ich bis vor kurzem nicht viel auf diese alten Geschichten gegeben habe. Bis etwas geschah … aber alles der Reihe nach. Lassen Sie mich noch kurz von den mysteriösen Ereignissen berichten, unter denen mein Großvater, Lewis Paynton, den Tod fand. Wir schreiben das Jahr 1909. Es wird Sie kaum verwundern, dass es sich um die Nacht vom 31. Mai auf den 01. Juni handelt. Mein Großvater befindet sich in seinem Arbeitszimmer. Es handelt sich exakt um den Raum, in dem wir uns jetzt befinden, meine Herren. Er kennt die alten Legenden und sperrt sich aus Angst vor ihrer Erfüllung in diesem Zimmer ein. Die Tür ist von Innen verriegelt. Ebenso die Fenster. Und im Kamin flackert ein ordentliches Feuer. Genauso wie heute Abend. Außer ihm ist nur eine Angestellte, eine gewisse Gladys Newton im Haus. Und ebendiese Dame meldet Lewis Paynton kurz vor Mitternacht einen Besucher, der seinen Namen nicht nennen, aber mit größter Dringlichkeit zu meinem Großvater vorgelassen werden will. Lewis weicht jedoch nicht von seinem Vorhaben ab und lässt dem Mann ausrichten, dass er vor morgen früh für niemanden zu sprechen ist. Gladys’ Aussagen zufolge reagiert der Besucher mit einem geheimnisvollen Lächeln und verschwindet in der Nacht. Ihren Worten zufolge wird er von der Dunkelheit aufgesogen. Von einer Sekunde auf die andere ist er verschwunden. Wie Nebelschwaden. Nur zwei Minuten später vernimmt sie aus dem Arbeitszimmer meines Großvaters einen furchtbaren Lärm. Etwas, sie vermutet einen schweren Gegenstand oder einen Körper, schlägt mit einem dumpfen Poltern zu Boden. Dann ist alles still. Gespenstisch still. Im selben Moment soll das Unwetter draußen nachgelassen haben. Gladys eilt zur Zimmertür, doch sie ist nach wie vor verschlossen. Mein Großvater reagiert nicht mehr auf ihr Rufen. Gladys Newton beschließt, die Polizei zu holen. Sie eilt aus dem Haus und kehrt etwa eine Stunde später mit dem Dorfpolizisten, einem Arzt und zwei kräftigen Bauernburschen zurück. Da sich die Tür zum Arbeitszimmer nicht öffnen lässt und der einzige Schlüssel zu diesem Raum von innen steckte, brechen die Männer sie auf und finden … Lewis Paynton tot auf dem Fußboden. Erschossen. In seiner Brust steckt eine Kugel. Doch das Seltsame daran: Die Tatwaffe, ein Revolver mit einem speziellen Kaliber wurde nie gefunden. Und sie hätte sich doch im Zimmer befinden müssen, nicht wahr?“
„Ein Zimmer, das von Innen verschlossen und für niemanden zugänglich ist?“, fragte Doktor Mills dazwischen. Paynton nickte.
„Wie ich bereits erwähnte, waren Tür und Fenster von Innen verriegelt und das Zimmer hier besitzt bis heute keinen anderen Zugang. Doch sowohl die Tatwaffe als auch der Mörder bleiben verschwunden. Der Winkel des Einschusses verrät, dass mein Großvater diesen Schuss niemals selbst abgegeben haben kann. Die Kugel ist durch den Rücken in seine Brust gedrungen. Auf seinem Schreibtisch hingegen findet man eine Art Visitenkarte. Darauf stehen nur zwei Worte: Der Hexer! Die Erfragung von Gladys ergibt, dass der nächtliche Besucher ihr zuvor diese Karte kurz gezeigt und dann wieder eingesteckt hat.“
„Wie ist sie dann in das Zimmer zu dem Toten gelangt?“, fragte Mills interessiert nach.
Paynton vollführte eine vielsagende Handbewegung.
„Das gehört zu den vielen Rätseln dieser Nacht“, sagte er düster.
Richter Langdon nahm einen Schluck Whisky. Die züngelnden Flammen im Kamin spiegelten sich in seinem Glas.
„Mein lieber Freund“, begann er mit sanfter Stimme. „Wir alle kennen die seltsamen Geschichten um Ihre Familie, auch wenn ich gestehen muss, dass ich jetzt erstmals die Details erfahre, für die es, da bin ich ganz sicher, eine normale Erklärung gibt. Was aber wollen Sie uns konkret damit sagen?“
Cedrick Paynton lehnte sich in seinem Sessel zurück. Seine weißen Hände umklammerten die Lehnen.
„Mein Großvater starb vor genau 100 Jahren in einer stürmischen Nacht wie dieser. Es ist die Nacht zum 01. Juni und Sie, meine lieben Freunde, werden Zeuge sein, wie sich der Fluch nun schon zum dritten Male wiederholt. Dieses Mal wird er sich über mir erfüllen.“
Eine bedrückende Stille lastete schwer über den vier Männern.
Langdon stieß plötzlich ein bitteres Lachen aus.
„Aber das ist doch absurd, Paynton. Das, was Sie uns da gerade über Ihre Vorfahren erzählt haben, taugt gerade mal für eine Gespenstergeschichte, wie wir alle sie hier lieben. Aber der Realität halten sie nicht Stand.“
„Was meinen Sie damit?“, fragte Doktor Mills dazwischen.
Der Richter hielt seinen Blick starr auf ihren Gastgeber gerichtet.
„Wie ich bereits erwähnte, gibt es für all diese mysteriösen Ereignisse, die scheinbar übersinnlicher Natur sind, eine logische Erklärung. Man muss die Dinge nur genau zu deuten wissen. Nehmen Sie zum Beispiel den Tod von Montague Paynton, mit dem die Legende ihren Anfang nahm. Eine zweifelhafte Gesellschaft hat sich damals zusammengefunden und sich einen Spaß daraus gemacht, eine junge Frau zu quälen und sie hinzurichten. Das ist schlimm und überaus grausam. Sie selbst, Cedrick, sagten uns, dass sich das schlechte Gewissen in diesen Männern breit machte, was wohl nur allzu verständlich ist. Montague Paynton versuchte, dieses Gewissen im Wein zu ertränken, was ihm nicht gelang. Ich kann mir gut vorstellen, dass es ihm in seinem Gemäuer zu eng wurde und er aus diesem Grund noch ausritt. Im volltrunkenen Zustand, versteht sich. Bei dem plötzlich einbrechenden Unwetter verliert er die Kontrolle über sein Pferd. Sein Tod ist nichts als ein tragischer Unglücksfall gewesen.“
Cedrick Paynton massierte nachdenklich sein Kinn.
„Das könnte man noch gelten lassen“, sagte er schließlich. „Was aber ist mit dem Tod von Curt Paynton? Mit dem Schimmel, der aus dem Nichts auftauchte und genauso wieder verschwand?“ Langdon schnaufte verächtlich.
„Auch dafür gibt es logische Erklärungen“, sagte er mit schneidender Stimme. „Sie dürfen vor allem nicht außer Acht lassen, dass uns diese Ereignisse nur aus Überlieferungen bekannt sind und die Menschen, die sie erzählen, die Eigenschaft haben, gewisse Details wegzulassen und andere auszuschmücken oder gar hinzuzudichten, bis am Ende eine Geschichte entsteht, die rein gar nichts mehr mit der Wahrheit zu tun hat. Sie müssen zugeben, dass das Verschwinden von Curt Paynton an sich gar nicht so rätselhaft ist. Es ist durchaus vorgekommen, dass sich Männer aus dem Staub gemacht haben, um an einem anderen Ort ihre Zelte aufzuschlagen. Aber diese Tatsache allein macht natürlich noch keine interessante Geschichte aus. Also erfinden die Leute die Erscheinung des Geisterschimmels, der gekommen ist, um Curt Paynton zu holen. Möglicherweise haben die Bediensteten in jener Nacht tatsächlich etwas gesehen, aber es würde mich wundern, wenn es etwas anderes war als Nebelschwaden. Vergessen Sie nicht, dass das Moor ganz in der Nähe ist.“
Cedrick Paynton wollte etwas erwidern, doch der Doktor kam ihm zuvor.
„Das mag sein, Richter. Was die Tode von Montague und seinem Engel Curt angeht, so stimme ich Ihnen zu. Viel von dem, was wir gehört haben, dürfte auf bloße Phantasie und Aberglaube zurück gehen. Was aber ist mit dem Tod von Lewis Paynton? Er starb 1908 und die Hinweise, die wir zu seinem Fall haben, sind doch sehr konkret. Mich würde interessieren, wie Sie sich diese Begebenheiten erklären. Ich muss nämlich gestehen, dass ich mir absolut keinen Reim darauf machen kann.“
Der Richter setzte sein Glas erneut an die Lippen und leerte es. Er schürzte die Lippen und dachte einen Moment nach.
„Ich werde Ihnen beweisen, dass es sich auch hier um erklärliche Dinge handelt. Denn, sehen Sie, auch dieser Todesfall wurde durch viele Details ausgeschmückt und erzeugen in uns das Bild von übernatürlichen Phänomenen. Die Vorgehensweise ist hier im Prinzip ganz einfach. Wenn Sie all die rätselhaften Ereignisse weglassen und sich auf die reinen Fakten, also die Dinge, die wir mit Sicherheit wissen, konzentrieren, bleibt allein die Wahrheit zurück und wir erhalten ein Bild dessen, was sich vor 100 Jahren wirklich zugetragen hat.“
Draußen war ein Donnergrollen zu hören. Es klang wie ein düsteres Lachen. Das Gewitter kam näher.
„Ich bin gespannt, wie Sie das anfangen wollen, Richter“, schaltete sich nun Dick Martin ein, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte. „Immerhin hat die Polizei seinerzeit nichts herausgefunden. Der Fall musste zu den Akten gelegt werden.“
Langdon verzog seine schmalen Lippen zu einem Lächeln.
„Zweifellos waren damals Beamte am Werk, die mit der Sachlage überfordert waren. Konzentrieren wir uns einfach nur auf die Dinge, die wir wissen. Wir haben Lewis Paynton, einen undurchsichtigen Mann, der in allerlei Geschäfte verstrickt war, wie man hörte. Ich hoffe, ich verletze damit nicht Ihre Ehre, verehrter Paynton?“
Cedrick sah von seinem Glas auf und schüttelte den Kopf.
„Keineswegs, Langdon.. Es ist allgemein bekannt, dass mein Großvater jede Möglichkeit nutzte, Geld zu verdienen. Hier und da ist sicher ein unehrliches Geschäft abgelaufen und er war mit Personen bekannt, die eher zweifelhafter Herkunft waren.“
Langdon nickte eifrig.
„Sehr gut. Behalten wir diesen Punkt im Hinterkopf, denn er wird für die Auflösung des Falles noch wichtig sein. Lewis Paynton war ein Mann, der vorgab, zwei Seelen in sich zu beherbergen. Die des rigorosen Geschäftsmannes und die des Abergläubischen. Die Sache mit dem Geschäftsmann ist unwiderruflich belegt. Doch der Aberglaube – nun, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, meine Herren, aber ich kenne keinen erfolgreichen Geschäftsmann, der abergläubisch ist. Deswegen behaupte ich, dass Lewis Paynton nicht an die alte Familienlegende glaubte. Und dennoch hat sie ihn auf eine andere Art doch ereilt.“
„Wie war das?“, fragte Mills aufgeregt. „Sie sagen, er glaubte nicht daran? Ja, aber warum zum Donnerwetter hat er sich dann ausgerechnet in dieser Nacht selbst eingesperrt?“
Wieder lächelte der alte Richter in sich hinein.
„Das, lieber Doktor, ist eine ganz entscheidende Frage. Ich hatte gehofft, dass einer von Ihnen sie stellen würde. Wenn wir uns klar machen, dass Lewis Paynton nicht aus einem Aberglauben heraus handelte, dann bringt uns dies schnell auf sein tatsächliches Motiv. Wie wäre es mit Ihnen, Inspektor? Können Sie sich ein Motiv vorstellen?“
Dick Martin lehnte sich in seinem Sessel zurück und faltete die Hände.
„Angst“, sagte er trocken.
„Angst wovor?“
Martin hielt einen Moment inne.
„Offensichtlich davor, dass ihn jemand verfolgte und dass dieser Jemand möglicherweise die Absicht hatte, ihn noch in jener Nacht aufzusuchen. Denn nur das würde sein Handeln erklären.“
„Richtig“, stimmte ihm Langdon anerkennend zu. „Und damit hätten wir schon einen Teil der Gespenstergeschichte enttarnt. Paynton hatte keine Angst vor irgendwelchen Familiengeistern, sondern befürchtete, unangenehmen Besuch von einer sehr lebendigen Person zu bekommen. Und so verbarrikadierte er sich in seinem Arbeitszimmer. Er verriegelte die Zimmertür und das große Fenster, dass sich seinerzeit an dieser Stelle befand.“ Der Richter deutete auf die große verglaste Tür neben ihnen.
„Um alle möglichen Wege auszuschließen, auf denen ein Mensch in das Zimmer gelangen konnte, entfachte er ein Feuer im Kamin, obwohl es in jener Nacht sehr warm gewesen sein muss. Im Haus befand sich außer ihm nur eine Bedienstete, die die Anweisung hatte, niemanden in das Haus zu lassen. Mein lieber Paynton, ich muss Ihnen nun eine Frage stellen, die die Verfassung Ihres Großvaters an jenem Abend betrifft. Können Sie mir sagen, ob er am Abend noch aus war und wie er auf diese Gladys Newton wirkte, als er nach Hause zurück kehrte?“
Cedrick Paynton grübelte und rief sich die Überlieferungen ins Gedächtnis zurück.
„Ja“, begann er, „Gladys beschrieb ihn als sehr kurz angebunden. Lewis war den ganzen Tag über aus gewesen und kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Blass sei er gewesen. Nahezu gespenstisch blass. Und er habe entsetzlich gefroren. Aus diesem Grund trug er einen dicken Mantel. Als er heimkehrte, begab er sich sofort in sein Arbeitszimmer und begann mit den schon bekannten Sicherheitsmaßnahmen. Gladys hat ihn praktisch kaum zu Gesicht bekommen. Auch lehnte er jegliche Art der Nahrungsaufnahme ab.“
„Sehr schön“, kommentierte der Richter, nachdem ihr Gastgeber gesprochen hatte. „Ein Mantel in einer warmen Sommernacht. Eine interessante Tatsache. Aber verfolgen wir nun weiter, was sich in jener Nacht weiter abgespielt haben muss. Lewis Paynton befindet sich nun in diesem Zimmer hier. Stellen Sie ihn sich vor. Er schließt die Tür ab und lässt den Schlüssel von Innen stecken. Er verriegelt das Fenster von innen und zieht die schweren Vorhänge vor. Dann geht er zum Kamin herüber und facht ein Feuer an.“
Richter Langdon war aufgestanden und simulierte jeden einzelnen der beschriebenen Schritte. Er war für einen Moment zu Lewis Paynton geworden.
Ein greller Blitz zerriss die Nacht und der darauffolgende Donner war so ohrenbetäubend, dass Langdon für einen Moment innehalten musste.
„Irgendwann an diesem Abend läutet es an der Tür“, fuhr er fort. „Gladys Newton berichtet ihm von einem Mann, der ihn dringend zu sprechen wünsche. Der Hausherr und die Angestellte unterhalten sich durch die geschlossene Zimmertür. Er schickt sie fort und wiederholt seine strikte Anweisung, dass er niemand zu sprechen wünscht. Gladys kehrt zu dem unbekannten Besucher zurück und richtet ihm dies aus. Der Mann entfernt sich. Und nun konzentriert sich wieder jegliches Geschehen auf das Arbeitszimmer. Gladys berichtet später von einem dumpfen Poltern, das aus dem Raum drang. Sie klopft an die Tür und ruft mehrfach nach ihrem Herrn. Doch nichts rührt sich. Was hat das zu bedeuten?“
Dick Martin reagierte als Erster.
„Wir dürfen wohl annehmen, dass es sich bei diesem Moment um die Todeszeit von Lewis Paynton handelt.“
„Vollkommen richtig, Inspektor. Das ist auch meine Meinung. Doch betrachten wir noch einmal genau die Tatsachen. Gladys hörte ein dumpfes Geräusch. Offenbar ein Gegenstand oder ein Körper, der im Arbeitszimmer umfiel. Und später fand man Lewis Paynton mit einer Kugel im Leib. Doch wir haben nichts von einem Schuss gehört, nicht wahr? Sind wir uns nicht alle darüber einig, dass Gladys auch den Schuss gehört haben musste, wenn ihr schon das Poltern aufgefallen war?“
Doktor Mills pfiff aufgeregt durch die Zähne.
„Das ist der Polizei offenbar nicht aufgefallen.“
“Mein lieber Doktor, der Polizei ist so ziemlich alles entgangen, was in diesem Fall wichtig war. Und doch liegt der Fall so einfach.“
Cedrick Paynton rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her.
„Bedenken Sie, dass nicht nur kein Schuss gehört wurde, sondern dass auch die Waffe fehlte, aus der dieser Schuss abgegeben wurde. Sie hätte sich demnach im Zimmer befinden müssen. Aber das war nicht der Fall. Es befand sich zwar ein Revolver im Schreibtisch meines Großvaters, allerdings wurde daraus kein Schuss abgegeben. Alle Kugeln waren noch darin und auch das Kaliber entsprach nicht dem Durchmesser der Kugel, die man später aus seinem Körper holte. Dieser Raum ist mehrfach von verschiedenen Personen durchsucht und auf den Kopf gestellt worden. Doch die Tatwaffe ließ sich nicht auffinden. Genauso wenig wie der Mörder, der offenbar wie ein Geist gekommen und wieder gegangen ist.“
Richter Landon winkte unwirsch ab.
„Ach, nun fangen Sie doch nicht wieder mit diesen Märchen an“, wetterte er. „Die Tatsache, dass sich keine Pistole angefunden hat, steht in vollkommenem Einklang zu dem Umstand, dass weit und breit kein Schuss zu hören war. Es hätte mich sogar sehr verwundert, wenn die Tatwaffe in dem Raum gefunden worden wäre. Und daraus lässt sich der nächste wichtige Punkt in dieser Geschichte ableiten, der uns dann auch schnell zur Lösung führen wird. Darf ich Sie noch mal um Ihre Unterstützung bitten, Inspektor?“
Dick Martin wirkte nun angespannt. Er saß aufrecht auf seinem Platz und hatte die Stirn in Falten gelegt.
„Ich habe zunächst überlegt, ob der Schuss nicht vielleicht durch einen Donnerschlag übertönt worden ist“, begann er zögernd, „Das würde zwar erklären, warum Gladys dieses wichtige Detail entgangen ist, würde aber nicht das Fehlen der Waffe erklären. Demnach kann es nur eine einzige Erklärung geben: In dem Raum ist gar kein Schuss abgegeben worden.“
Doktor Mills wischte sich mit einem Tuch Schweiß von der Stirn.
„Und woher kommt dann die Kugel in seinem Körper, die ja wohl die Todesursache darstellt?“
An dieser Stelle schaltete sich der Richter wieder ein.
„Zweifellos ist der Schuss schon vorher auf Lewis abgegeben worden, lieber Doktor“, antwortete er in die Stille des Raumes. „Vielleicht draußen auf der Straße oder auf dem Weg hierher. Die Kugel drang von hinten in seine Brust, war aber nicht sofort tödlich. Lewis schleppte sich bis in sein Haus und zog erst dort seinen Mantel über. Sie erinnern sich doch an das für diese Jahreszeit ungewöhnliche Kleidungsstück? Gut. Er nutzte den Mantel zweifellos, um die Schusswunde und das Blut vor seiner Angestellten zu verbergen. Sie sollte nicht erfahren, dass ihr Herr offenbar Teil von illegalen Machenschaften war. Lewis Paynton hoffte zu diesem Zeitpunkt noch, dass die Verletzung nicht tödlich war. Er sprach kaum mit seiner Angestellten; beschränkte sich nur auf die nötigsten Worte. Aus diesem Grund beschrieb ihn Gladys als kurz angebunden. In Wirklichkeit jedoch konnte Paynton sich kaum auf den Beinen halten und litt unter starken Schmerzen. Erst in seinem Zimmer entledigt er sich seines Mantels und sorgt dafür, dass derjenige, der hinter ihm her ist, den Raum nicht betreten kann. Doch irgendwann muss er erkennen, dass seine Verletzung doch schlimmer ist, als befürchtet. Er bricht bewusstlos zusammen und stirbt. Später wird die Tür von der Polizei aufgebrochen und man findet Lewis Paynton an genau dieser Stelle.“
Richter Langdon deutete auf einen Läufer, der vor dem Kamin lag.
„Das, meine Herren, ist das ganze Geheimnis des mysteriösen Todesfalles von Lewis Paynton.“
Es entstand eine drückende Stille, in der jeder Einzelne von ihnen seinen Gedanken nachhing.
Es war wiederum Doktor Mills, der sie unterbrach.
„Und was ist mit der Visitenkarte?“, wollte er wissen. „Der Mann, der sich ‚Der Hexer’ nannte?“ Langdon vollführte eine ausweichende Handbewegung.
„Offensichtlich der Mann, mit dem Lewis sich angelegt hatte“, gab er zurück. „Natürlich hatte er seine Karte schon zu einem früheren Zeitpunkt bei Lewis hinterlassen. Daher befand sie sich auf dem Schreibtisch des Toten. Der Hexer, wer immer dieser Kerl auch war, hatte offenbar eine Auseinandersetzung mit Lewis. Er war es, der den Schuss abgab und Lewis bis hierher verfolgte. Er sprach mit Gladys, um sich von dem Zustand ihres Herrn zu überzeugen. Vielleicht hielt er sich die ganze Zeit über noch in der Nähe auf. In dem Fall musste er nur abwarten, bis man die Leiche des alten Lewis abtransportierte, um Gewissheit zu erlangen. Das ist alles, meine Herren. Keine geisterhaften Phänomene. Sehen Sie, Cedrick, Sie haben in dieser Nacht nicht das Geringste zu befürchten. Die alten Legenden sind nichts als Märchen, genährt durch einige Zufälle und die Phantasie dummer Menschen.“
Richter Langdon hatte sich in voller Größe vor dem Kamin aufgebaut. Seine ganze Erscheinung verriet Stolz über die Auflösung des Rätsels.
„Ist etwa jemand unter Ihnen, der etwas anderes behaupten möchte? Sie etwa, Inspektor?“
Dick Martin schüttelte langsam den Kopf. Alle Blicke wandten sich nun ihrem Gastgeber zu.
Cedrick Paynton saß wie ein Häufchen Elend zusammengesunken in seinem Sessel.
Langsam richtete er sich auf, ging wortlos an Langdon vorüber, zu seinem Schreibtisch. Als er zu den anderen zurückkehrte, hielt er eine kleine Karte in der Hand. Er reichte sie dem Richter.
„Und wie erklären Sie sich dann dies hier?“
Langdon nahm die Karte entgegen, blickte einen Moment mit dem Ausdruck leisen Erstaunens an und drehte sie in den Händen.
„Woher haben Sie das?“, fragte er. Paynton zuckte die Achseln.
„Sie befand sich heute Morgen auf dem Frühstückstisch. Niemand kann sich erklären, woher sie stammt.“
„Was haben Sie denn da?“, fragte Mills plötzlich aufgeregt. Der Richter trat einen Schritt auf den Doktor zu und reichte die Karte weiter. Mills Augen wurden groß.
„Der Hexer“, presste er hervor. „Was hat das zu bedeuten?“
„Lesen Sie auch die Rückseite“, sagte Paynton leise.
„Tod um Mitternacht“, las Mills vor. Unwillkürlich blickten alle zur Uhr. Bis dahin war noch eine Stunde Zeit.
„Sehen Sie jetzt ein, Richter, dass Ihre Erklärungen zu den bisherigen Todesfällen zwar logisch aufgebaut sind, dass sich dieses Zeichen hier jedoch nicht mit Logik erklären lässt? Die Legende wird sich auch in dieser Nacht wieder erfüllen. Wir alle werden es erleben. Es verbleibt noch genau eine Stunde.“
„Ach Unsinn“, rief Langdon plötzlich aus. „Da wollte sich jemand einen dummen Scherz mit Ihnen erlauben, nichts weiter!“
Niemand sagte etwas. Alle beobachteten Paynton, wie er in seine Brusttasche langte und eine zweite Karte zutage förderte. Mit spitzen Fingern reichte er sie dem Richter.
„Dies ist die Karte, die man auf dem Schreibtisch meines Großvaters gefunden hat“, erklärte er. „Ich habe sie aufgehoben. Natürlich sieht man ihr das Alter an aber wenn sie die beiden Karten vergleichen, werden Sie feststellen, dass sie sich gleichen wie ein Ei dem anderen.“
Langdon hielt nun beide Karten, kehrte zum Tisch zurück und legte sie nacheinander darauf.
„Tatsächlich“, stimmte er zu. „Zweifellos eine sehr gute Kopie des Originals.“
„Zum letzten Mal, Langdon“, rief Paynton plötzlich aus, „es ist keine Kopie. Diese Visitenkarte stammt von dem gleichen Mann, der damals meinen Großvater aufsuchen wollte und er wird auch heute Nacht hier erscheinen.“
Richter Langdon schlug mit seiner rechten Hand auf die Tischplatte.
„Nein“, rief er laut. „Hören Sie auf mit diesem Unsinn, Paynton! Der Mann müsste heute weit über 100 Jahre alt sein. Ich hätte Sie intelligenter eingeschätzt.“
„Bleibt die Frage, woher diese Karte stammt und was uns in dieser Nacht noch erwartet“, sagte Dick Martin in die einsetzende Stille.
Draußen hatte das Unwetter seinen Höhepunkt erreicht. Der Wind zerrte an den Giebeln des Hauses und immer wieder wurde der Nachthimmel von Blitzen durchzogen, denen gewaltige Donnerschläge folgten.
Plötzlich tauchte ein weiteres Licht auf, das alle irritierte. Es war der Schein einer starken Lampe, der draußen auf und ab geisterte.
„Was ist das für ein Unsinn?“, fragte Langdon sofort. Paynton drehte sich zu ihm um.
„Das ist mein Butler Albert. Ich habe ihn beauftragt, auf dem Turm einen schwenkbaren Scheinwerfer zu installieren. Auf diese Weise kann er alles und jeden beobachten, der sich dem Schloss nähert. Zudem dreht mein Gärtner Edwards draußen seine Runden. Er hat ein Gewehr bei sich.“ Die Augen des Richters wurden groß.
„Sie haben Edwards da raus geschickt?“
Wie um diese Frage zu untermalen, prasselte plötzlich der Regen an die Scheiben.
„Alles reine Vorsichtsmaßnahmen“, sagte Paynton. „Ich möchte in dieser Nacht nichts dem Zufall überlassen.“
Langdon machte ein grimmiges Gesicht.
„Ich weiß nicht, was ich von all dem halten soll. Ich muss Ihnen wirklich sagen, dass das Unwetter draußen im Moment das Einzige ist, was mich davon abhält, sofort diesen Raum zu verlassen. Himmel, in meiner Vergangenheit gab es auch den einen oder anderen Punkt, der nicht gerade zu meiner Ehre gereicht. Aber Sie scheinen ja von ihrer Familienlegende regelrecht besessen zu sein, Paynton. Was ist mit Ihnen, Inspektor? Ich halte Sie für einen überaus vernünftigen Mann. Was halten Sie von dieser Sache?“
Dick Martin stand nun ebenfalls auf und zog sich seinen Abendanzug glatt.
„Ich sehe vor allem einen Mann, der Angst hat“, sagte er mit einem Blick auf ihren Gastgeber. „Dieser Mann ist unser Freund und hat uns in dieser Nacht gebeten, ihm beizustehen. Aus diesem Grund bin ich heute Abend hier. Was auch immer es mit dieser Visitenkarte und der merkwürdigen Widmung auf der Rückseite auf sich hat; wir werden es erleben, ob es sich tatsächlich nur um einen schlechten Scherz handelt.“
Der Richter gab einen grunzenden Laut von sich, der verriet, wie wenig er von dieser Antwort hielt. Er trat zur Anrichte herüber, öffnete ein geräumiges Barfach und schenkte sich wortlos Whisky nach.
Draußen geisterte der Scheinwerfer am Fenster vorüber. Irgendwo über ihnen stand Albert, der Butler, und hielt einsam Wache.
Die Stimmung in der Bibliothek hatte sich verändert. Aus einer anfangs geselligen Runde war etwas geworden, das sich nur schwer in Worte kleiden ließ. Etwas Bedrohliches lag in der Luft und niemand traute sich, diese Tatsache auszusprechen.
Die Minuten vergingen quälend langsam. Endlich hatte sich der große Zeiger bis kurz vor die 12 geschoben.
„Nun, Paynton“, begann der Richter langsam, „wenn Ihr großer Unbekannter noch vor Mitternacht in Erscheinung treten will, muss er sich beeilen.“
Paynton sah auf und wollte etwas erwidern, als plötzlich der Scheinwerfer auf dem Dach ausging. Nur wenige Sekunden später erloschen auch sämtliche Lichter im Raum.
In die eintretende Stille brach mit Gewalt der Schrei eines Menschen in Todesangst.
Die Männer in der Bibliothek starrten im Schein des Feuers im Kamin an die Decke.
„Das war Albert“, stellte Paynton fest. Sie waren alle aufgesprungen und standen unsicher; nichtwissend, was zu tun ist.
Mit einem Mal leuchtete der Scheinwerfer wieder auf. Doch dieses Mal wanderte sein Lichtstrahl nicht hin und her, sondern war starr auf einen Punkt im Garten gerichtet.
Das, was dort aus der Dunkelheit gerissen wurde, rief in den Männern ungläubiges Entsetzen hervor. An den Ästen eines großen Obstbaumes baumelte an einem Seil ein Körper. Er schaukelte im Wind und war vom Regen vollkommen durchnässt.
„Großer Gott, das ist Edwards“, entfuhr es Paynton, dem nun jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. Die vier Männer traten gleichzeitig an die große Glastür und starrten auf den vom Wind durchgepeitschten Körper hinaus. Der Mann am Seil hatte die Augen weit aufgerissen. Sie starrten ziellos in die Ferne.
„Er ist tot“, rief Mills in diesem Moment. „Paynton, was hat das zu bedeuten? Was geht hier vor?“ Der Hausherr schlug die Hände vor das Gesicht.
„Der Fluch“, flüsterte er. „Er erfüllt sich. Erst der arme Albert und nun Edwards. Es hat begonnen und wir können nichts tun, um es aufzuhalten.“
Richter Langdon fasste sich an den Hals und lockerte seinen Kragen.
„Was … reden Sie denn da? Das da draußen hat nichts mit diesem verdammten Fluch zu tun. Es ist …“
„Hören Sie“, rief Dick Martin dazwischen und erhob die rechte Hand. „Da oben ist jemand.“
Wieder starrten die Männer an die Decke. Über ihnen waren Schritte zu hören. Etwas scharrte über das Dach. Dann bewegte sich unmerklich der Kronleuchter an der Decke. Er klirrte leise.
„Das muss Albert sein“, sagte der Richter leise. Seine Stimme klang nicht mehr so sicher wie zuvor.
„Das ist nicht Albert“, platzte Paynton heraus. „Haben Sie den furchtbaren Schrei von gerade eben vergessen? Das war ein Todesschrei.“
Dick Martin war der Erste, der seine Lähmung ablegte.
„Schnell Doktor, kommen Sie. Wir werden nachsehen, was dort oben passiert ist.“ Damit wandte er sich bereits zum Gehen und hatte nach wenigen Schritten die Tür zur Halle erreicht. Mills folgte ihm nur widerwillig. Auf seinem Gesicht war das namenlose Entsetzen abzulesen, das sie in diesem Moment alle empfanden.
Der Hausherr blieb mit dem Richter in der Bibliothek zurück.
„Bleiben Sie ruhig“, sagte Langdon und reichte ihrem Gastgeber einen Whisky. „Es ist niemandem damit geholfen, wenn wir jetzt die Nerven verlieren. Wer auch immer dort oben ist: Martin wird ihn stellen und dann werden wir wissen, was hier gespielt wird.“
Paynton wirkte, als hätte er dem anderen gar nicht zugehört. Er trat an das Fenster und zog den Vorhang zu, damit ihnen der Blick auf den im Wind schaukelnden Körper des Gärtners erspart blieb.
So harrten sie aus, bis irgendwo über ihnen ein Schuss durch die Nacht peitschte. Dann brach auf dem Dach die Hölle los. Schreie und Schritte wurden laut. Sie glaubten, die Stimme des Inspektors herauszuhören. Irgend jemand rannte in halsbrecherischem Tempo über das Dach. Wenig später wurde im oberen Geschoss eine Tür zugeschlagen. Schritte näherten sich der Bibliothek.
In der Türöffnung erschien die Gestalt von Selby Mills. Das wenige ihm verbliebene Haar klebte ihm im Gesicht.. Er war vollkommen außer Atem.
„Langdon“, rief er. „Schnell. Rufen Sie die Polizei. Da draußen ist ein Irrer am Werk. Er hat Albert und Inspektor Martin erschossen. Ich konnte ihm mit letzter Kraft entkommen! Beeilen Sie sich.“
Langdon nickte energisch und trat an einen kleinen Tisch heran, der sich neben dem Eingang zur Bibliothek befand. Darauf stand ein altmodischer Telefonapparat.
Der Richter nahm den Hörer auf und drückte mehrfach auf die Gabel.
„Die Leitung ist tot“, stellte er nüchtern fest. In seinen Blick hatte sich ein Ausdruck der Furcht gestohlen.
„Das alles ist kein Zufall“, flüsterte Paynton plötzlich. „Irgend jemand versucht, unsere Gesellschaft auszulöschen und er wird nicht eher Ruhe geben, bis er uns alle erwischt hat.“
Langdon knallte den Hörer auf die Gabel zurück.
„Was genau hat sich da oben abgespielt, Mills?“, herrschte er den Doktor an.
Mills trat näher, seine regennassen Hände klammerten sich an einer Sessellehne fest.
„Ich bin mit Martin raufgelaufen, um nach Albert zu sehen“, erklärte der Inspektor. „Wir fanden ihn auch schon bald. Tot. Erschossen. Mit dem Gewehr des Gärtners. Kurz darauf bemerkten wir einen Schatten auf dem Dach. Der Mörder war noch immer dort. Der Inspektor und ich versuchten, ihn zu überwältigen, doch der andere war schneller. Er hat Martin erschossen und er hätte auch mich erledigt, wenn …“
„Mit anderen Worten: Da draußen läuft ein Wahnsinniger umher, der es auf uns alle abgesehen hat, nicht wahr?“, schnitt ihm der Richter das Wort ab.
„Ich fürchte ja“, gab Mills zerknirscht zurück.
„Und er kann jederzeit hier herunter“, sagte Paynton und deutete auf die offene Tür zur Halle.
Richter Langdon fuhr sich in einer nervösen Handbewegung über das Kinn.
„Dann sollten wir schleunigst von hier verschwinden“, sagte er und wandte sich an den Hausherrn: „Wo steht Ihr Wagen?“
Paynton reagierte nicht sofort. Er wirkte abwesend, nicht mehr von dieser Welt.
„Unten …“, presste er hervor. „Gleich an der Auffahrt.“
„Gut“, sagte Langdon entschlossen. „Dann sollten wir jetzt keine Zeit mehr verlieren.“
Mills trat an seine Seite.
„Ich halte das für zu gefährlich. Wenn sich jemand die Mühe gemacht hat, die Strom- und die Telefonleitung zu manipulieren, dann wird er mit Sicherheit auch den Wagen nicht verschont haben und da draußen geben wir eine perfekte Zielscheibe für ihn ab.“
Der Richter sah den anderen für einen Moment an. In seinem Gesicht arbeitete es.
„Immer noch besser, als hier untätig herumzusitzen und darauf zu warten, wen es als nächsten trifft. Haben Sie eine Waffe hier, Paynton?“ Der Angesprochene schüttelte den Kopf.
„Das einzige Gewehr hatte ich Edwards gegeben … und nun…“
„Schon gut“, wiegelte Langdon ab. „Ich weiß nicht, was Sie von der Sache halten, aber ich werde jetzt da raus gehen und nach dem Wagen sehen. Wenn Sie mitkommen wollen, dann tun Sie das, ansonsten gehe ich allein. Wo ist der Wagenschlüssel?“
Richter Langdon streckte seine rechte Hand fordernd in Payntons Richtung aus. So verstrich fast eine halbe Minute, bis Paynton den Schlüssel endlich aus seiner Tasche zog.
Draußen stürmte es nach wie vor und der Regen trommelte an die Fensterscheiben.
„Das Wetter kommt uns zugute“, sagte der Richter. „Der Irre da draußen muss schon ein verdammt guter Schütze sein, wenn er uns erwischen will. Also, was ist nun mit Ihnen?“
„Vielleicht hat er Recht“, räumte Mills zögerlich ein, auch wenn ihm der Gedanke, sich dem Mörder nahezu auszuliefern, eindeutig nicht behagte.
Langdon wartete keine weiteren Reaktionen ab. Mit energischen Schritten verließ er die Bibliothek und durchquerte die geräumige Eingangshalle.
Mills und Paynton folgten ihm.
Sie gelangten ins Freie und waren im Nu vom strömendem Regen durchnässt. Dadurch, dass die Außenbeleuchtung ebenfalls ausgefallen war, konnten sie die Umrisse des Wagens nur erahnen. Doch diese Tatsache bedeutete wiederum, dass auch sie für den Unbekannten in der Dunkelheit kaum auszumachen waren.
Gleichzeitig rannten die Männer zum Bentley hinüber. Langdon riss die Fahrertür auf und ließ sich hinter das Steuer fallen. In der gleichen Bewegung startete er bereits den Motor und fuhr an, noch ehe Paynton auf der Rückbank die Tür ganz geschlossen hatte.
Mills klammerte sich auf dem Beifahrersitz fest und starrte durch die Windschutzscheibe nach draußen. Von dem Wahnsinnigen war nichts zu sehen.
Der schwere Wagen schleuderte Dreck und Kies zu allen Seiten, als Landon zu viel Gas gab und die Räder durchdrehten. Der Bentley schlingerte einen Moment auf der Auffahrt, dann hatte ihn der alte Richter wieder unter Kontrolle.
Sie rasten den schmalen Weg hinunter, der zum gemauerten Tor führte, durch das man auf das Anwesen und auch wieder hinaus gelangte.
Sie hatten es fast erreicht, als unter dem Torbogen plötzlich ein Schatten auftauchte. Die Scheinwerfer erfassten eine in schwarz gekleidete Gestalt mit einem Gewehr. Fast im gleichen Moment blitzte Mündungsfeuer auf. Mills glaubte, den Schuss zu hören.
Langdon schrie auf und verriss das Steuer. Der Wagen kam vom Weg ab, schlingerte über ein Stück Rasenfläche und stieß unsanft gegen den hohen Maschendrahtzaun, der von der Wucht des Aufpralls umknickte.
Mills spürte einen schmerzhaften Ruck, als er nach vorne geschleudert und vom Gurt wieder zurückgerissen wurde. Langdon lag halb bewusstlos über dem Steuer. Doch er war zäh. Der Richter stöhnte und richtete sich mühsam wieder auf und blickte zum Parktor hinüber.
„Wer zur Hölle ist das?“, rief er mit angsterfüllter Stimme.
Die bleiche Hand Payntons legte sich von hinten auf seine Schulter.
„Gehen Sie“, wandte er sich in einer verzweifelten Bemühung an die beiden anderen. „Gehen Sie, solange es noch möglich ist. Man hat es allein auf mich abgesehen. Die Hölle hat ihren Rächer ausgespuckt, um mich zu holen. Die Legende wird ein weiteres Mal wahr.“
Langdon warf einen Blick auf den zusammengesunkenen Mann. Er hatte nicht mehr die Kraft, zu widersprechen. Irgend etwas Furchtbares passierte hier und es war noch nicht zu Ende.
Der Motor des Bentleys war ausgegangen und sprang nicht mehr an.
„Wir müssen zu Fuß weiter“, stellte Langdon fest, „wir können nicht hier im Wagen bleiben.“
„Haben Sie diesen Wahnsinnigen vergessen?“, gab Mills zu bedenken.
Der Richter schüttelte den Kopf.
„Es hilft nichts“, sagte er. „Wenn wir hier bleiben, wird uns der Verrückte abknallen wie Tontauben. Also los, kommen Sie!“
Der Richter stemmte die Tür auf und stieg aus. Ein Unterfangen, das sich als nicht ganz einfach erwies, denn der Wagen war in eine leichte Schräglage geraten und hatte sich obendrein hoffnungslos im Drahtzaun verkeilt. Der linke Scheinwerfer funktionierte noch und warf sein Licht in Richtung des Ausgangs.
Die Männer kehrten auf den Pfad zurück, auf dem sich jetzt große Wasserlachen gebildet hatten.
Mit einem gewaltigen Satz vertrat Ihnen der Unheimliche den Weg.
Ohne zu Zögern legte er es auf die Männer an.
„Schnell“, rief Mills plötzlich. „Hier herüber.“
Die Männer tauchten nach rechts weg, wo der Kiesweg eine schmale Abzweigung beschrieb, die zu einem halb verfallenen Turm führte.
Keinen Moment zu früh, denn schon peitschte ein Schuss durch die Nacht. Die Kugel verfehlte die Gruppe knapp und jaulte als Querschläger davon.
Vollkommen am Ende ihrer Kräfte erreichten sie den Turm, verschlossen die Tür hinter sich und stiegen die Treppe hinauf. Dort blieben sie für eine Weile atemlos und mit dem Rücken an die Wand gelehnt, stehen.
„Das ist ein Alptraum“, stöhnte der Richter und wischte sich über das Gesicht. Mills atmete schwer.
„Hier sind wir zumindest vor dem Schützen sicher“, sagte er. Seine Stimme bekam in dem alten Gemäuer ein hohlen Klang.
„Da wäre ich mir nicht so sicher“, flüsterte Paynton. „Er will mich und er wird nicht eher Ruhe geben, bis er sein Ziel erreicht hat.“
Wie um diese Theorie zu bestätigen, wurde die Tür zum Eingang des Turms von einem furchtbaren Schlag getroffen. Die drei Männer zuckten zusammen und sahen sich angsterfüllt an. Schon krachte ein weiterer Schlag gegen die Tür. Holz splitterte. Der Unheimliche kam!
„Weiter“, trieb Langdon die beiden anderen an und stieg die Treppe weiter hinauf, bis sie ins Freie kamen. Auf der Plattform des Turmes konnte man bis zum Parktor hinüber sehen, wo noch immer der einzelne Scheinwerfer des Bentleys ziellos in die Dunkelheit starrte.
Unten im Turm gab währenddessen die Tür nach. Sie wurde von einem gewaltigen Hieb getroffen, der sie aus den Angeln warf.
Als nächstes waren Schritte zu hören, die sich unaufhaltsam den Männern näherten.
Schon tauchte der Unheimliche im Treppenaufgang auf und hatte die Plattform erreicht, auf der sich die drei Männer an die Zinnen drückten.
Er war ganz in schwarz gekleidet und hatte einen Hut tief in die Stirn gezogen, so dass sein Gesicht nicht zu erkennen war.
„Es hat keinen Sinn mehr“, rief Paynton plötzlich und stürmte vor. Er fiel vor dem Unheimlichen auf die Knie und blieb dort wimmernd liegen.
Der Schwarzgewandete legte sein Gewehr auf den am Boden liegenden Mann an. In diesem Moment stürmte Langdon vor und warf sich auf den Unheimlichen. Dieser wankte und wurde zurückgeschleudert. Der Schuss ging ins Leere.
Langdon bekam den anderen am Gewand zu fassen, hielt ihn fest und riss ihm den Hut vom Kopf. Er starrte in das Gesicht von Inspektor Martin.
Langdon taumelte ungläubig einen Schritt zurück. Noch immer hielt er den schwarzen Hut in der Hand.
„Was … was soll das?“, presste er hervor. Dick Martin setzte ein entschlossenes Grinsen auf.
„Guten Abend, Richter“, sagte er ernst und ließ das Gewehr sinken.
Gleichzeitig näherten sich von hinten Mills und Paynton. Sie blieben hinter dem Richter stehen. So vergingen mehrere Sekunden, in denen niemand sprach.
„Richter Barnabas Langdon“, setzte Martin erneut an, „Sie werden beschuldigt, im Jahre 1976 den Verbrecher Clifton Peters durch geschickte Manipulation der Geschworenen freigesprochen zu haben, obwohl Sie wussten, dass er schuldig war an dem Tod der zwanzigjährigen Jocelyn Smith. Sie nutzten Ihr Wissen um seine Schuld später aus, um Peters zu erpressen. Wie die Geschichte uns lehrte, handelte es sich bei Peters um einen Triebtäter und es dauerte nicht lange, bis er rückfällig wurde. Sein letztes Opfer war ein Mädchen namens Miriam. In der Untersuchungshaft beging Peters Selbstmord und nahm das Geheimnis Ihrer Erpressung mit in sein Grab.“
Richter Langdon war bleich geworden. Er taumelte zurück, bis er mit dem Rücken an die Zinnen des Turms stieß.
„Was ist, Langdon? Entspricht mein Vortrag etwa nicht den Tatsachen? Oder wollen Sie leugnen?“
„Ich …“, setzte Langdon an, um dann gleich wieder abzubrechen. Noch immer starrte er die anderen drei Männer fassungslos an.
„Gestehen Sie also, Richter Langdon?“, fragte Inspektor Martin noch einmal.
„Ja“, brüllte Langdon plötzlich in das Unwetter hinaus. „Ja, es ist richtig, was Sie sagen. Peters war ein Lump, er hatte kein besseres Schicksal verdient.“
Ein grausamer Zug trat in das Gesicht des Inspektors.
„Sie vergessen dabei die Verbrechen, derer Sie sich schuldig gemacht haben, Langdon. Die Sache mir der Erpressung ist schon niederträchtig genug aber Sie tragen zudem allein die Schuld daran, dass Peters noch einmal mordete. Sie sind Schuld am Tod des Mädchens Miriam Paynton!“
Langdon öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Laut drang aus seiner Kehle.
„Es ist wahr“, fuhr Martin mit fester Stimme fort. „Die Zeitungen hatten damals ihren Mädchennamen aus Rücksicht auf die Angehörigen nicht gedruckt. Sie tragen die Verantwortung für den Tod der einzigen Tochter unseres treuen Freundes Cedrick Paynton.“
Langdon schlug in einer verzweifelten Geste die Hände vor das Gesicht.
„Das habe ich nicht gewusst“, presste er durch seine Finger hindurch. Langsam ließ er seine Hände sinken. Im Gesicht des Richters regte sich etwas. Er gewann langsam seine gewohnte Sicherheit zurück.
„Sie haben keine Beweise für ihre Anklage, Martin. Niemand kann mir etwas nachweisen. Auch Sie beide nicht.“ Er wandte den Kopf in die Richtung von Paynton und Mills.
Martin blieb eine Weile stumm stehen, dann schüttelte er langsam den Kopf.
„Sie vergessen, dass wir der Club der Gerechten sind, Richter. Wir benötigen keine Beweise, wenn wir von der Schuld eines Mannes überzeugt sind. Und niemals waren wir überzeugter wie in Ihrem Fall.“
Ein eisiges Entsetzen machte sich im Gesicht des Richters breit.
„Ach so ist das“, stammelte er. „Sie klagen mich an, ja? Wozu haben Sie dann diesen ganzen Zirkus hier veranstaltet?“ Martin trat einen Schritt näher.
„Wir haben beschlossen, Ihnen einen kleinen Streich zu spielen, Richter. Wir konfrontierten Sie mit Payntons Familienlegende und bemühten uns, Sie davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich heute Nacht wahr wird. Wir weihten Edwards und Albert in das Geschehen ein und sie spielten ihre Rollen vorbildlich. Seien Sie versichert, dass die beiden sich bester Gesundheit erfreuen. Sie werden auch später noch der Ansicht sein, Teil eines Scherzes gewesen zu sein. Der Hauptgrund für diese Veranstaltung war jedoch der, Sie in Angst zu versetzen, Richter Langdon. Weil wir genau wussten, dass Sie nur im Zustand äußerster Erregung ein Geständnis über Ihre Taten ablegen würden. Und genau so ist es gekommen. Wir haben, was wir brauchten.“
Langdon schnappte nach Luft. Sein Haar hing ihm in nassen Strähnen am Kopf herunter.
„Was habt ihr jetzt mit mir vor?“, fragte er.
Martin legte eine Hand auf die Schulter des Richters. Gleichzeitig traten Paynton und Mills hinzu, die ihn in die Mitte nahmen.
„Richter Barnabas Langdon, Sie werden hiermit für schuldig befunden an den soeben dargelegten Verbrechen. Der Club der Gerechten hat die Todesstrafe über Ihnen verhängt. Das Urteil tritt sofort in Kraft.“
Nur wenige Sekunden später war in der Einsamkeit von Norton Castle ein langgezogener Schrei zu hören, als Richter Langdon über die Zinnen des Turmes stürzte.



E N D E
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Klassischer Gruselkrimi, weitestgehend sauber erzählt (bei Gelegenheit sammel' ich mal ein paar schrumplige Erbsen raus) – hat mir sehr gut gefallen. Für 10 Punkt fehlte mir noch der "Pfiff", aber auch so gibt's ohne Zögern eine Neun von mir.
 

Marc Freund

Mitglied
Hallo jon,
vielen Dank für deine Einschätzung / Bewertung. Freut mich sehr, dass die Geschichte gefallen hat.
An den "Erbsen" bin ich natürlich auch interessiert :eek:)
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Erbsenzählerei - die erste

Obwohl es den ganzen Tag über beinahe unerträglich schwül gewesen war, hatte Cedrick Paynton in seiner Bibliothek den Kamin entfachen lassen.
Man kann Feuer entfachen, aber Kamine?

Nur wenig später erschienen die angekündigten Besucher: Richard „Dick“ Martin, pensionierter Oberinspektor von Scotland Yard, ein sympathisch wirkender Mann in den Sechzigern und Richter a. D. Barnabas Langdon, eine Ehrfurcht erweckende Erscheinung mit einem kantigen Kinn und straff zurückgekämmten silbergrauen Haaren.
Komma nach „Sechzigern“

Manchem Angeklagten, der unter anderen Umständen schon kurz vor dem Freispruch gestanden hätte, war unter seinem Druck zusammengebrochen und hatte gestanden. Barnabas Langdon war ein Mann, dem sein Ruf voraus eilte.
ManchER AngeklagtE
Vielen Menschen eilt ihr Ruf voraus – ich verstehe nicht, was dieser Satz beim Leser bewirken soll. Die Erklärung, wie Langdon ist/war, reicht völlig. Was anderes wäre, wenn die Angeklagten gestanden hätten, schon bevor Langdon zur Fragestunde ausholt.


Dick Martin war im Vergleich zu ihm eher unscheinbar, doch gerade diese Eigenschaft hatte ihm zu seinen größten beruflichen Erfolgen verholfen. Durch sein bescheidenes Wesen wurde er leicht unterschätzt.
Mir kommt es ungleich gewichtet vor: Langdon bekommt fast sieben Zeilen „Charakter“, Martin nur drei.

Die beiden Männer traten auf ihren Gastgeber zu und begrüßten ihn.
„Habt ihr Mills nicht mitgebracht?“ Martin schüttelte den Kopf.
“Ihm ist noch ein Hausbesuch dazwischen gekommen“, antwortete er mit warmer Stimme. „Er wird sicher gleich hier sein.“
Dialoge-Absatz-Regel: Redner-Wechsel = Absatz. Also: Absatz vor „Martin“, kein Absatz nach „Kopf“.
Eine „warme Stimme“ erwarte ich bei Liebesgeflüster oder wenn jemand mit einem vergleichbaren Gefühl von Zuneigung von jemandem spricht. Das kommt hier allerdings recht plötzlich und – vor allem! – es wird nie wieder aufgenommen.


Doktor Mills war ein kleiner, rundlicher Mann mit Halbglatze, der Einzige unter ihnen, der das Rentenalter noch nicht ganz erreicht hatte. Er stand mit seinen 60 Jahren kurz vor dem Ruhestand.
Doppelt gemoppelt: Er ist noch nicht ganz im Rentenalter – er steht kurz vorm Ruhestand.

Paynton, der Hausherr, erschrak sichtlich. Er wirkte blass und hatte sich schon den ganzen Tag über nicht gut gefühlt.
„Er wirkte blass“ reicht vollkommen! Das andere ist weder im Moment (in dieser Filmszene) sichtbar noch ist es für irgendwas relevant.


„Liebe Freunde, ich danke Ihnen, …
Hier bin ich gestolpert, weil er die beiden ersten Gäste vorhin noch dutzte (habt ihr Mills mitgebracht).


… dreißig Jahren und tragen alle in uns eine heutzutage selten gewordene Eigenschaft: Den Sinn für Gerechtigkeit!
den klein
kein Ausrufzeichen (er ruft das ja nicht, er sagt es in trauter Runde)

Jeder Einzelne von uns ist ein unerbittlicher Verfechter dieses Grundsatzes und jeder Einzelne von uns musste mehrfach miterleben, wie ein Schuldiger in unserem Land aufgrund von Mangel an Beweisen freigesprochen wurde und weiter seinen dunklen Trieben nachgehen konnte.
Man kann Trieben folgen oder nachgeben, Gewohnheiten oder Tätigkeiten nachgehen oder sein Treiben fortsetzen.

… der einzig gerechten Strafe: Dem Tod durch den Strang!
dem klein
kein Ausrufezeichen. Es sei denn, er ereifert sich grade, aber das Folgende klingt nicht danach.

Wir schreiben den 31. Mai und wie ihr alle wisst,…
Wieder: du oder Sie?

Die junge Frau verhängte kurz bevor sie starb einen Fluch über Montague Paynton.
Komma nach „verhängte“ und „starb“

Es war die Nacht zum 01. Juni.
Ohn die Null!

De Diener waren einer Meinung, …
Der

„Aber ich bitte Sie, Cedrick, das sind doch alles Legenden, die sich um Ihre Familie ranken. Sie werden diesen Phantastereien doch wohl keinen Wert beimessen?“
Er unterbricht ihn vermutlich mit einem Ausruf, nicht mit einer „sachlichen Aussage“. Und: Der Hinwies, dass sich die Legenden um die Famlie ranken, ist überflüssig – das hat Paynton anfang schon gesagt. Also besser: „Aber ich bitte Sie, Cedrick! Das sind doch alles nur Legenden!“

Der Schlossherr wandte sich dem Richter zu. Seine Augen waren weit geöffnet. Im Innern des Raumes war nur das Prasseln des Kaminfeuers und das Ticken der gewaltigen Standuhr zu hören. Es war jetzt kurz vor 22 Uhr.
„Mein lieber Langdon“, antwortete Paynton nach einer Weile.
Ich sehe diese Filmszene: Langdon sagt „Aber bitte!“ Paynton starrt ihn mit (angstvoll?) aufgerissenen Ausgen an und überlegt/wartet auf etwas. Dann antwortet er. – Um ehrlich zu sein, ich verstehe weder die aufgerissenen Augen noch die Pause: Was passiert da (mit/in der Figur)?

Es wird Sie kaum verwundern, dass es sich um die Nacht vom 31. Mai auf den 01. Juni handelt.
ohne die Null

Die Tür ist von Innen verriegelt.
innen klein

Außer ihm ist nur eine Angestellte, eine gewisse Gladys Newton im Haus.
Komma nach „Newton“

„Ein Zimmer, das von Innen verschlossen und für niemanden zugänglich ist?“, fragte Doktor Mills dazwischen. Paynton nickte.
innen klein
Absatz nach „dazwischen“, kein Absatz nach „nickte“.

„Wie ich bereits erwähnte, waren Tür und Fenster von Innen…
innen

Die Erfragung von Gladys ergibt, dass der nächtliche Besucher ihr zuvor diese Karte kurz gezeigt und dann wieder eingesteckt hat.“
Die BEfragung

Paynton vollführte eine vielsagende Handbewegung.
„Das gehört zu den vielen Rätseln dieser Nacht“, sagte er düster.
kein Absatz

Es ist die Nacht zum 01. Juni und Sie, meine lieben Freunde, werden Zeuge sein, wie sich der Fluch nun schon zum dritten Male wiederholt. Dieses Mal wird er sich über mir erfüllen.“
keine Null
Kann sich ein Fluch über jemandem erfüllen? Ich glaube nicht, das klingt für mich falsch. An jemandem vielleicht.

Eine bedrückende Stille lastete schwer über den vier Männern.
Für gewöhnlich lastet so eine Stille AUF den Figuren …

Langdon stieß plötzlich ein bitteres Lachen aus.
„Aber das ist doch absurd, Paynton. Das, was Sie uns da gerade über Ihre Vorfahren erzählt haben, taugt gerade mal für eine Gespenstergeschichte, wie wir alle sie hier lieben. Aber der Realität halten sie nicht Stand.“
Kein Absatz

Der Richter hielt seinen Blick starr auf ihren Gastgeber gerichtet.
„Wie ich bereits erwähnte…
Kein Absatz

Cedrick Paynton massierte nachdenklich sein Kinn.
„Das könnte man noch gelten lassen“, sagte er schließlich. „Was aber ist mit dem Tod von Curt Paynton? Mit dem Schimmel, der aus dem Nichts auftauchte und genauso wieder verschwand?“ Langdon schnaufte verächtlich.
„Auch dafür gibt es logische Erklärungen“, sagte er mit schneidender Stimme. „Sie dürfen vor allem nicht außer Acht lassen…
Kein Absatz nach „Kinn“, Absatz von „Langdon“, kein Absatz nach „verächtlich“.
Eine schneidende Stimme ist immer ein beißender Befehlston oder eine massive, genervte Zurechtweisung. Hat sich Langdon wirklich so in Rage geredet? Ja schon das „verächtlich“ klingt eher nach „deine nervende Dummheit“ statt nach „lieber Freund, steigere dich doch da nicht hinein!“.


Der Richter setzte sein Glas erneut an die Lippen und leerte es. Er schürzte die Lippen und dachte einen Moment nach.
„Ich werde Ihnen beweisen, …
Eigentlich kein Absatz, da er ein Pause macht, geht es hier aber. Ich würde dennoch eher sowas machen: … und dachte einen Moment nach. Dann behauptete er: „Ich werde Ihnen …“

… dass es sich auch hier um erklärliche Dinge handelt. Denn, sehen Sie, auch dieser Todesfall wurde durch viele Details ausgeschmückt und erzeugen in uns das Bild von übernatürlichen Phänomenen. Die Vorgehensweise ist hier im Prinzip ganz einfach. Wenn Sie all die rätselhaften Ereignisse weglassen und sich auf die reinen Fakten, also die Dinge, die wir mit Sicherheit wissen, konzentrieren, bleibt allein die Wahrheit zurück und wir erhalten ein Bild dessen, was sich vor 100 Jahren wirklich zugetragen hat.“
Hier wurde es mir etwas zu ausschweifend. Das Vorgehen ist (auch in dieser Story) nicht neu und muss nicht erklärt werden. Außerdem klingt es dem Gewicht nach mehr nach „lassen wir das Gesponnene weg!“ als nach „halten wird uns an die Fakten!“ (worauf sich Martins Worte dann wohl beziehen). Vorschlag: „… dass es auch hier auch um erklärliche Dinge handelt. Lassen Sie uns die Ausschmückungen ignorieren, die im Lauf der Zeit die Legende färbten, und uns auf die Fakten blicken.“
Draußen war ein Donnergollen zu hören. Es klang wie ein düsteres Lachen. Das Gewitter kam näher.
„Ich bin gespannt, wie Sie da anfangen wollen, Richter“, schaltete sich nun Dick Martin ein. „Immerhin haben die Fakten schon seinerzeit nicht zur Lösung geführt. Die Polizei scheiterte, der Fall musste zu den Akten gelegt werden.“


Langdon verzog seine schmalen Lippen zu einem Lächeln.
„Zweifellos waren damals Beamte am Werk, die mit der Sachlage überfordert waren. Konzentrieren …
Kein Absatz

Cedrick sah von seinem Glas auf und schüttelte den Kopf.
„Keineswegs, Langdon.. Es ist allgemein bekannt, …“
Kein Absatz
Ein Punkt zu viel

Langdon nickte eifrig.
„Sehr gut. Behalten wir diesen Punkt im …
Kein Absatz

Wieder lächelte der alte Richter in sich hinein.
„Das, lieber Doktor, …
Kein … na du weißt schon ;)

„Richtig“, stimmte ihm Langdon anerkennend zu.
Das „anerkennend“ ist zu dick aufgetragen – für einen Fachmann ist das (zumal nach DER Vorarbeit) eine banale Erkenntnis, nichts, was auf anerkennenswerten Scharfsinn hindeutet

… Und so verbarrikadierte er sich in seinem Arbeitszimmer. Er verriegelte die Zimmertür und das große Fenster, dass sich seinerzeit an dieser Stelle befand.“ Der Richter deutete auf die große verglaste Tür neben ihnen.
„Um alle möglichen Wege auszuschließen, …
… Fenster, das sich …
Kein Absatz (Im Folgenden lasse ich diese Art Anmerkungen weg. Das Prinzip sollte klar geworden sein.)

Er schließt die Tür ab und lässt den Schlüssel von Innen stecken.
von innen

Er verriegelt das Fenster von innen und zieht die schweren Vorhänge vor. Dann geht er zum Kamin herüber und facht ein Feuer an.“
Ich bin nicht ganz sicher, ob man Feuer „anfachen“ kann oder doch nur „entfacht“ …


„Bedenken Sie, dass nicht nur kein Schuss gehört wurde, sondern dass auch die Waffe fehlte, aus der dieser Schuss abgegeben wurde. Sie hätte sich demnach im Zimmer befinden müssen.
Diese demnach-Konstruktion heißt: Weil kein Schuss gehört wurde und die Waffe fehlte, hätte sie im Zimmer sein müssen. Du meinst aber sicher: Es wurde kein Schuss gehört und die Waffe fehlte. Die hätte sich aber der von der Legende überlieferten/der von der Polizei damals angenommenen Version nach im Zimmer befinden müssen.


Aber das war nicht der Fall. Es befand sich zwar ein Revolver im Schreibtisch meines Großvaters, allerdings wurde daraus kein Schuss abgegeben.
Die sprechen so gewählt, die würden so einen Zeitfehler nicht machen. Es muss heißen: „… Schreibtisch meines Großvaters, allerdings war daraus kein Schuss abgegeben worden.“

„Ich habe zunächst überlegt, ob der Schuss nicht vielleicht durch einen Donnerschlag übertönt worden ist“, begann er zögernd, „Das würde zwar erklären, …
Punkt nach „zögernd“
Du wechselst jetzt von der Vergangenheit zur abgeschlossenen Zukunft. Das irritiert etwas und bricht den Stil hin zu mehr „moderner Action“ auf. Ich würde empfehlen, konsequent zu bleiben und zu schreiben: … übertönt worden war“, begann er zögernd. „Das würde zwar erklären, warum Gladys dieses wichtige Details entgangen war, würde aber nicht das Fehlen der Waffe erklären. Meiner Ansicht nach gibt es nur eine Lösung: In dem Raum war gar kein Schuss abgegeben worden.“

Das würde zwar erklären, warum Gladys dieses wichtige Detail entgangen ist, würde aber nicht das Fehlen der Waffe erklären. Demnach kann es nur eine einzige Erklärung geben: In dem Raum ist gar kein Schuss abgegeben worden.“
dreimal hintereinander „erklären“

Doktor Mills wischte sich mit einem Tuch Schweiß von der Stirn.
„Und woher kommt dann die Kugel in seinem Körper, die ja wohl die Todesursache darstellt?“
An dieser Stelle schaltete sich der Richter wieder ein.
„Zweifellos ist der Schuss schon vorher auf Lewis abgegeben worden, lieber Doktor“, antwortete er in die Stille des Raumes. „Vielleicht draußen auf der Straße oder auf dem Weg hierher. …
Zeit-Konsequenz: … von der Stirn. „Und woher kam dann sie Kugel in seinem Körper, die ja wohl die Todesursache darstellte?“
An dieser Stelle schaltete sich der Richter wieder ein. „Zweifellos war der Schuss schon vorher auf Lewis abgegeben worden …



Erst in seinem Zimmer entledigt er sich seines Mantels und sorgt dafür, dass derjenige, der hinter ihm her ist, den Raum nicht betreten kann. Doch irgendwann muss er erkennen, dass seine Verletzung doch schlimmer ist, als befürchtet. Er bricht bewusstlos zusammen und stirbt. Später wird die Tür von der Polizei aufgebrochen und man findet Lewis Paynton an genau dieser Stelle.“
Ich würde auch hier Zeit-Konsequenz empfehlen. Die Gegenwart als „Berichtszeit“ wird sowieso schon inflationär zur „Action-Steigerung“ genutzt – es in so „klassischem Umfeld“ auch noch zu lesen, tut mir weh.

Es entstand eine drückende Stille, in der jeder Einzelne von ihnen seinen Gedanken nachhing.
jeder einzelne

Es war wiederum Doktor Mills, der sie unterbrach. [blue]kein Absatz[/blue]
„Und was ist mit der Visitenkarte?“, wollte er wissen. „Der Mann, der sich ‚Der Hexer’ nannte?“ [blue] Absatz![/blue]Langdon vollführte eine ausweichende Handbewegung.[blue]kein Asbatz[/blue]
„Offensichtlich der Mann, mit dem Lewis sich angelegt hatte“, gab er zurück. „Natürlich hatte er seine Karte schon …
Dick Martin schüttelte langsam den Kopf. [blue]Absatz[/blue]Alle Blicke wandten sich nun ihrem Gastgeber zu. [blue]kein Absatz[/blue]
Cedrick Paynton saß wie ein Häufchen Elend zusammengesunken in seinem Sessel. [blue]keinAbsatz[/blue]
Langsam richtete er sich auf, ging wortlos an Langdon vorüber, zu seinem Schreibtisch. Als er zu den anderen zurückkehrte, hielt er eine kleine Karte in der Hand. Er reichte sie dem Richter. [blue]kein Absatz[/blue]
„Und wie erklären Sie sich dann dies hier?“
 

Marc Freund

Mitglied
Hallo jon,

wow, da hat sich aber mal jemand richtig Mühe gegeben.
Vorab schonmal ganz vielen Dank dafür!
Ich werde mich in den nächsten Tagen mit den Verbesserungsvorschlägen noch näher auseinandersetzen und meinen Text daraufhin entsprechend überarbeiten.
Insbesondere bei meinem "Absatzproblem" muss ich dir Recht geben. Darauf wurde ich inzwischen schon von anderer Stelle aufmerksam gemacht.
Tolle Arbeit auf jeden Fall. Ich danke dir für deine Mühen.

Viele Grüße,

Marc
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Marc,

guter Plot - und gern gelesen.
Meiner Meinung sollte aber an der Umsetzung noch gewaltig gearbeitet werden. Da sind jede Menge stehende Redewendungen, durch die der Leser (wie ich z.B.) das Gefühl bekommt, nicht wirklich im Kopf der Figuren zu sein, es quasi also nicht erlebt - und so aus der Geschichte fliegt. Ich gebe unten mal ein paar Beispiele aus deinem Text an. Außerdem verwendest Du m.M.n. viel zu viele Adjektive und Adverbiale. Hier ist weniger oft mehr. Hier hilft es (mir) oft, wenn ich alle Actionszenen noch einmal hernehme, alle A & A streiche, Version ausdrucke, neben das Original lege und nur die A & A wieder einfüge, die wirklich nötig sind, um Informationen zu transportieren oder Stimmung aufzubauen.

Vorschläge:

Die langen Schatten der Nacht senkten sich allmählich über Norton Castle. Wie gespenstisch dürre Finger streckten sie sich nach den Giebeln und krochen dann den Hang zum Dorf hinunter. Über den Himmel jagten Wolken, angetrieben von einem stürmischen Nordostwind, der den Geruch von Regen mit sich brachte. Ein Gewitter zog auf. Es war so nahe herangekommen, dass man das Gefühl hatte, die Hand danach ausstrecken zu können.
[red]Die Einführung ist (mir) einfach zu lang. Das "man" bei "... dass man das Gefühl hatte ..." stößt mich eigentlich schon aus der Geschichte. Wer ist "man"? Gib diesem "man" ein Gesicht - wie auch der Geschichte an sich. Vielleicht wäre es besser, grundsätzlich aus der Sicht des Gastgebers zu schreiben.
Nachfolgend eine Umschreibung des oben markierten Absatzes:
[/red]

Die langen Schatten der Nacht senkten sich allmählich über Norton Castle. Wie gespenstisch dürre Finger streckten sie sich nach den Giebeln und krochen dann den Hang zum Dorf hinunter.
[red]Vorschlag:[/red]
[blue]Die Schatten über Norton Castle wurden länger, streckten sich wie dürre Finger und krochen den Hang zum Dorf hinunter.[/blue]

Über de[strike]n[/strike][blue]m[/blue] Himmel jagten Wolken[strike], angetrieben von einem[/strike] [blue]im[/blue] stürmischen Nordostwind [blue]mit seinem Geruch nach Regen[/blue][strike], der den Geruch von Regen mit sich brachte[/strike]. Ein Gewitter zog auf. Es war so nahe herangekommen[strike], dass man das Gefühl hatte, die Hand danach ausstrecken zu können.[/strike]

Obwohl es den ganzen Tag [strike]über beinahe[/strike] unerträglich schwül gewesen war, [strike]hatte[/strike] [blue]brannte[/blue] in Cedrick Paynton[blue]s[/blue] [strike]in seiner[/strike] Bibliothek [strike]den der[/strike] [blue]ein Feuer im[/blue] Kamin [strike]entfachen lassen[/strike]. Gedankenverloren [strike]stand er davor und[/strike] starrte [blue]er[/blue] in die [strike]lodernden[/strike] [red](Flammen "lodern" immer, d.h. reduntant)[/red] Flammen. [strike]Eine bedeutungsvolle Nacht stand ihnen bevor und ausgerechnet ihm kam dabei eine ganz besondere Rolle zu.[/strike][red]Da noch unbekannt ist, wer sich hinter "ihnen" verbirgt, ist m.M.n. der Satz überflüssig. [/red]
Ein dezentes Hüsteln riss ihn aus seinen [strike]düsteren[/strike] Gedanken. In der Türöffnung stand [strike]sein ergebener Diener[/strike][red]ein paar zeilen weiter unten beschreibst du Albert als Diener und in der Kürze des Leseflusses reicht diese Info m.M.n. völlig aus[/red] Albert mit durchgedrücktem Kreuz und tadelloser Livree.
„Der ehrenwerte Richter Langdon und Mister Martin sind soeben eingetroffen, Sir. Sie warten in der Halle.“
Paynton drehte sich um und nickte [strike]dem[/strike] [blue]seinem[/blue] Diener zu.
„[strike]Bringen Sie sie her[/strike] [blue]Führe sie herein[/blue], Albert. Sie können dann schon den Tee vorbereiten.“
[strike]Der Mann in Livree[/strike][red]Livree hast du schon weiter oben genannt. Das reicht für ein Leserbild[/red] [blue]Alfred[/blue] deutete eine Verbeugung an und verließ [strike]wortlos[/strike] das Zimmer. Die Tür ließ er dabei offen.
[red]
Soviel mal zum Anfang. Weitere Redewendungen (oder Kürzungsmöglichkeiten)als Vorschläge[/red]


Man ließ sich auf den schwarzen Ledersesseln nieder, die zu jeder Ecke eines gekachelten, kniehohen Tisches standen.
[red]Wieder dieses "man". Außerdem finde ich uninteressant, dasss die Tische kniehoch sind, was sie vor Sesseln ja immer sind, und dass sie gekachelt sind. Ein unwichtiges Detail. Vielleicht besser:[/red]

[blue]Sie setzten sich auf die schwarzen Ledersessel, vor denen kleine Tische standen.[/blue]

Doktor Mills war ein kleiner, rundlicher Mann mit Halbglatze, der Einzige unter ihnen, der das Rentenalter noch nicht ganz erreicht hatte. Er stand mit seinen 60 Jahren kurz vor dem Ruhestand.
[red]Im ersten Satz ist Mills als "Fast"-REntner bereits beschrieben. Der zweite Satz ist somit überflüssig. [/red]


Er ließ auf dem Nordturm einen Scheiterhaufen errichten und verbrannte sie bei lebendigem Leib. Das Feuer war in jener dunklen Nacht weithin sichtbar, doch viel schlimmer waren die Schreie der jungen Frau, die vom Turm erklangen und durch den peitschenden Wind über das Land getrieben wurden, bis in die entferntesten Winkel unserer Ländereien. Die junge Frau verhängte kurz bevor sie starb einen Fluch über Montague Paynton. Einen Fluch, nach dem er noch in der selben Nacht den Tod finden sollte. Ein Tod, der sich alle 100 Jahre an seinen Nachfahren wiederholen sollte.“
[red]Woher weiß Paynton das alles so genau. Die Schreie der jungen Frau und die Details? Hier müsstest Du m.M.n. irgendeine Quelle einfügen, vielleicht auf einen Bericht in der Chronik verweisen - oder noch besser: Den Bericht durch Paynton vorlesen lassen. Dann kann man das "Leid" der jungen Frau auch ausschmücken.[/red]

„Stellt euch [strike]die Stimmung in[/strike] jene[strike]r[/strike] Nach[blue]t[/blue] auf dem zugigen Turm vor: Die betretenen Gesichter [strike]der ehrwürdigen[/strike] Männer, die soeben ein junges Mädchen bei lebendigem Leib verbrannt hatten und das schlechte Gewissen[strike], dass sich nach und nach in ihnen breit machte[/strike]. [strike]Es kroch in ihre Glieder und nistete sich dort ein.[/strike] Einer nach dem anderen verließ das Schloss, bis Montague mit seinen [strike]wenigen[/strike] Bediensteten, [strike]die noch nicht das Weite gesucht hatten,[/strike] zurück blieb.

Der erste Teil des Fluches hatte sich damit bereits erfüllt.
[red]
Wieviele Teile hat denn der Fluch? ;)
Besser wäre es vielleicht so:[/red]

[blue]Der Fluch hatte sich somit das erste Mal erfüllt.[/blue]

Im Jahre 1809, genau 100 Jahre später,
[blue]Genau 100 Jahre später, 1809, starb sein ...[/blue]


Es war die Nacht zum 01. Juni. Wiederum war ein grässliches Unwetter aufgezogen. Curts Diener kam aufgeregt zu ihm geeilt. Er berichtete von einer geisterhaften Erscheinung, die sich auf dem Hof vor dem Schloss herumtrieb: Ein gewaltiger Schimmel trabe dort auf und ab, berichtete der vor Angst schlotternde Mann. De Diener waren einer Meinung, dass es sich um jenen legendären Schimmel von Montague Paynton handelte, der gekommen war, um nun den aktuellen Schlossherrn zu holen. Curt Paynton trat in die Nacht und in das Unwetter hinaus und kehrte nie zurück. Die Diener wollen ein Wiehern und einen grauenvollen menschlichen Schrei gehört haben.“
[red]Auch hier gilt wie oben: Woher weiß das Paynton alles so genau? Auch hier bedarf es m.M.n. eines Verweises auf eine Chronik oder ähnlichem. [/red]

„Ich werde Ihnen beweisen, dass es sich auch hier um erklärliche Dinge handelt. Denn, sehen Sie, auch dieser Todesfall wurde durch viele Details ausgeschmückt und erzeug[blue]t[/blue][strike]en[/strike] in uns das Bild [blue]eines Spuks[/blue] [strike]von übernatürlichen Phänomenen[/strike].


So, lieber Marc, bis hier hin erst mal. Muss arbeiten gehen.
Vielleicht kannst Du das eine oder andere gebrauchen.

LG, KaGeb
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Kleine Zwischenbemerkung zu KaGebs Hinweisen:
Das Straffen ist sicher Geschmackssache (für meinen Geschmack passen die A+A zum Stil),
das Umschreiben auf Payntons Sicht wäre jedoch (mit 90%iger Wahrscheinlichkeit) tödlich für die Pointe. Auch die Quellen-Angabe muss mitnichten sein – Legenden, vor allem die um Flüche, fragen ohnehin nie danach (Mitglieder der betroffenen Familien "lernen" diese Geschichten von klein auf), und mit Blick auf die Pointe ist diese "Stimmungsmache" absolut gerechtfertigt.
 
K

KaGeb

Gast
Ja, jon, da hast Du wahrscheinlich recht: Das Umschreiben auf Payntons Sicht wird wahrscheinlich wirklich nicht funktionieren.
Was den Rest betrifft: Da ist Marc gefragt. Habe ja immer wieder darauf hingewiesen, dass es "meine Art des Lesens" ist, verbunden mit den Vorschlägen darum.

Klugscheißerische Grüße :)

KaGeb
 

Marc Freund

Mitglied
Hallo KaGeb,

auch dir vielen Dank für die vielen hilfreichen Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Es ist deutlich geworden, wie du das meinst und ich denke, ich werde vieles davon zur Überarbeitung der Geschichte hernehmen. Habe beim Lesen der Korrekturvorschläge bemerkt, dass ich in der Tat einige Passagen zu sehr in die Länge ziehe, was sich negativ auf den Fluss der Story auswirkt.
Was die "Ausschmückungen" Payntons angeht, während er die Anwesenden in die Familienlegende einweiht, so handelt es sich zum einen natürlich um alte Überlieferungen, die über die Jahre mehr und mehr ausgeschmückt und mit "blutrünstigen" Details versehen wurden, so wie dies oft bei Legenden der Fall ist. Im weiteren Verlauf weist der Richter ja auch genau auf diese Umstände hin. Zum anderen sind genau solche Details (die Schreie, der peitschende Wind, etc.) meiner Meinung an der Stelle wichtig, um die gewünschte Stimmung zu erreichen, die letztlich ja den Richter zu einem Geständnis bewegen soll. Eine "Quellenangabe" ist daher vielleicht auch aus dem Sichtwinkel nicht unbedingt notwendig.
Ich denke auch, dass ich die Sicht des Erzählers beibehalte, um das Ende der Geschichte nicht zu gefährden.
Insgesamt habe ich aber viele sehr nützliche Tipps von dir und auch jon erhalten, die mir helfen werden, die Story noch runder zu machen.
Jetzt brauche ich nur noch ein wenig Zeit, um die Geschichte zu überarbeiten (grins)

Vielen Dank nochmals und ein sonniges Wochenende,
Marc
 

Marc Freund

Mitglied
Über ihnen schwebte der Tod


Kriminal-Story


Die langen Schatten der Nacht senkten sich allmählich über Norton Castle. Wie gespenstisch dürre Finger streckten sie sich nach den Giebeln und krochen dann den Hang zum Dorf hinunter. Über den Himmel jagten Wolken, angetrieben von einem stürmischen Nordostwind, der den Geruch von Regen mit sich brachte. Ein Gewitter zog auf. Es war so nahe herangekommen, dass man das Gefühl hatte, die Hand danach ausstrecken zu können.
Obwohl es den ganzen Tag unerträglich schwül gewesen war, brannte in Cedrick Payntons Bibliothek ein Feuer im Kamin. Gedankenverloren stand er davor und starrte in die Flammen. Ein dezentes Hüsteln riss ihn aus seinen Gedanken. In der Türöffnung stand Albert mit durchgedrücktem Kreuz und tadelloser Livree.
„Der ehrenwerte Richter Langdon und Mister Martin sind soeben eingetroffen, Sir. Sie warten in der Halle.“
Paynton drehte sich um und nickte seinem Diener zu. „Führen Sie sie herein, Albert. Sie können dann schon den Tee vorbereiten.“
Albert deutete eine Verbeugung an und verließ wortlos das Zimmer. Die Tür ließ er dabei offen.
Nur wenig später erschienen die angekündigten Besucher: Richard „Dick“ Martin, pensionierter Oberinspektor von Scotland Yard, ein sympathisch wirkender Mann in den Sechzigern, und Richter a. D. Barnabas Langdon, eine Ehrfurcht erweckende Erscheinung mit einem kantigen Kinn und straff zurückgekämmten silbergrauen Haaren. Man kannte Langdon als strengen aber gerechten Mann. Zu seiner Amtszeit war er gefürchtet gewesen für seine mit messerscharfem Verstand gestellten Fragen, die nur auf ein einziges Ziel gerichtet waren: Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit! Mancher Angeklagte, der unter anderen Umständen schon kurz vor dem Freispruch gestanden hätte, war unter seinem Druck zusammengebrochen und hatte gestanden.
Dick Martin war im Vergleich zu ihm eher unscheinbar, doch gerade diese Eigenschaft hatte ihm zu seinen größten beruflichen Erfolgen verholfen. Durch sein bescheidenes Wesen wurde er leicht unterschätzt.
Die beiden Männer traten auf ihren Gastgeber zu und begrüßten ihn.
„Haben Sie Mills nicht mitgebracht?“
Martin schüttelte den Kopf. “Ihm ist noch ein Hausbesuch dazwischen gekommen“, antwortete er sachlich. „Er wird sicher gleich hier sein.“
Sie setzten sich auf die schwarzen Ledersesseln, die an jeder Ecke eines kniehohen Tisches standen. Für eine Weile starrten sie auf den leeren Platz, bis der letzte Gast, ein wenig außer Atem, den Raum betrat.
Doktor Mills war ein kleiner, rundlicher Mann mit Halbglatze, der Einzige unter ihnen, der mit seinen 60 Jahren das Rentenalter noch nicht ganz erreicht hatte. Schnaufend stellte er seine Tasche ab und entledigte sich dann seines nassen Jacketts.
„Wurde vom verdammten Regen überrascht“, sagte er knapp, während er sich in en letzten Sessel fallen ließ.
In diesem Moment zuckte ein Blitz über den düsteren Himmel und blendete die Männer durch das große Panoramafenster, das den Blick in den großzügigen Garten freigab.
Paynton, der Hausherr, erschrak sichtlich. Er wirkte blass, als er seine Gäste nacheinander anblickte, um dann das Wort zu erheben.
„Liebe Freunde, ich danke Ihnen, dass Sie trotz des aufziehenden Unwetters keine Mühen gescheut haben, zu mir herauf nach Norton Castle zu kommen. Wir kennen und schätzen uns nun schon seit fast dreißig Jahren und tragen alle in uns eine heutzutage selten gewordene Eigenschaft: den Sinn für Gerechtigkeit. Jeder Einzelne von uns ist ein unerbittlicher Verfechter dieses Grundsatzes und jeder Einzelne von uns musste mehrfach miterleben, wie ein Schuldiger in unserem Land aufgrund von Mangel an Beweisen freigesprochen wurde und sein dunkles Treiben danach fortsetzen konnte. Wir beschlossen vor nunmehr fast auf den Tag genau zwanzig Jahren, dieser Entwicklung innerhalb unserer Gesellschaft entgegenzuwirken und gründeten den Club der Gerechten.“
Paynton legte eine Pause ein und trank einen Schluck Wasser aus einem hohen Glas. Vorsichtig stellte er es auf den Tisch zurück.
„In den letzten Jahren hatte unser Club große Erfolge zu verzeichnen. Wir machten die trotz ihrer Schuld freigesprochenen Verbrecher ausfindig, bereiteten ihnen den Prozess und führten sie ihrer gerechten Strafe zu, der einzig gerechten Strafe: dem Tod durch den Strang.
Diese Arbeit hat uns über die Jahre zusammengeschweißt und zu einer Einheit werden lassen. Heute hingegen haben wir uns außerplanmäßig hier eingefunden. Wir schreiben den 31. Mai und wie Sie alle wissen, ist dieses Datum für die Familie der Payntons ein ganz besonderes. Es war der 31. Mai 1709, an dem mein Vorfahr Montague Paynton hier in diesem Gemäuer einen illegalen Hexenprozess durchführte und die Angeklagte, ein junges Mädchen aus dem Dorf, zum Tode verurteilte. Er ließ auf dem Nordturm einen Scheiterhaufen errichten und verbrannte sie bei lebendigem Leib. Das Feuer war in jener dunklen Nacht weithin sichtbar, doch viel schlimmer waren die Schreie der jungen Frau, die vom Turm erklangen und durch den peitschenden Wind über das Land getrieben wurden, bis in die entferntesten Winkel unserer Ländereien. Die junge Frau verhängte, kurz bevor sie starb, einen Fluch über Montague Paynton. Einen Fluch, nach dem er noch in der selben Nacht den Tod finden sollte. Ein Tod, der sich alle 100 Jahre an seinen Nachfahren wiederholen sollte.“
An dieser Stelle folgte wiederum eine kurze, unheilschwangere Pause.
„Stellen Sie sich jene Nach auf dem zugigen Turm vor: Die betretenen Gesichter der Männer, die soeben ein junges Mädchen bei lebendigem Leib verbrannt hatten und das schlechte Gewissen, das sich nach und nach in ihnen breit machte. Wie es in ihre Glieder kroch und sich darin einnistete. Einer nach dem anderen verließ das Schloss, bis Montague mit seinen wenigen Bediensteten, die noch nicht das Weite gesucht hatten, zurück blieb. Er verspottete den Fluch der jungen Frau und zwang seine Diener, mit ihm ein Gelage zu veranstalten. Es floss jede Menge Wein. Doch die von ihm beabsichtigte fröhliche Stimmung wollte sich nicht einstellen. Montague, ein äußerst jähzorniger Mann, schickte seine Diener zum Teufel, nachdem er sich sein bestes Pferd hatte satteln lassen. Ein prächtiger Schimmel, der weithin durch die Nacht sichtbar war. Niemand weiß, wohin er in jener Nacht noch wollte. Man erzählt sich, dass wie aus dem Nichts ein Unwetter aufzog. Das Pferd geriet in Panik und verirrte sich ins Moor. Dort versank es in den unergründlichen Tiefen und zog Montague Paynton mit sich. Der Fluche hatte sich damit das erste Mal erfüllt.
Im Jahre 1809, genau 100 Jahre später, starb sein Enkel Curt Paynton unter bisher ungeklärten Umständen. Es war die Nacht zum 1. Juni. Wiederum war ein grässliches Unwetter aufgezogen. Curts Diener kam aufgeregt zu ihm geeilt. Er berichtete von einer geisterhaften Erscheinung, die sich auf dem Hof vor dem Schloss herumtrieb: Ein gewaltiger Schimmel trabe dort auf und ab, berichtete der vor Angst schlotternde Mann. Die gesamte Dienerschaft war einer Meinung, dass es sich um jenen legendären Schimmel von Montague Paynton handelte, der gekommen war, um nun den aktuellen Schlossherrn zu holen. Curt Paynton trat in die Nacht und in das Unwetter hinaus und kehrte nie zurück. Die Diener wollen ein Wiehern und einen grauenvollen menschlichen Schrei gehört haben.“
An dieser Stelle unterbrach ihn Richter Langdon. „Aber ich bitte Sie, Cedrick, das sind doch alles Legenden. Sie werden diesen Phantastereien doch wohl keinen Wert beimessen?“
Der Schlossherr wandte sich dem Richter zu, während er über das Gesagte nachdachte. Im Innern des Raumes war nur das Prasseln des Kaminfeuers und das Ticken der gewaltigen Standuhr zu hören. Es war jetzt kurz vor 22 Uhr.
„Mein lieber Langdon“, antwortete Paynton nach einer Weile. „Ich weiß, dass Sie als Richter vor allem die Welt der Fakten kennen und darauf vertrauen, was in den Gesetzesbüchern steht. Seien Sie versichert, dass auch ich bis vor Kurzem nicht viel auf diese alten Geschichten gegeben habe. Bis etwas geschah … aber alles der Reihe nach. Lassen Sie mich noch kurz von den mysteriösen Ereignissen berichten, unter denen mein Großvater, Lewis Paynton, den Tod fand. Wir schreiben das Jahr 1908. Es wird Sie kaum verwundern, dass es sich um die Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni handelt. Mein Großvater befindet sich in seinem Arbeitszimmer. Es handelt sich exakt um den Raum, in dem wir uns jetzt befinden. Er kennt die alten Legenden und sperrt sich aus Angst vor ihrer Erfüllung in diesem Zimmer ein. Die Tür ist von innen verriegelt. Ebenso die Fenster. Und im Kamin flackert ein ordentliches Feuer. Genauso wie heute Abend. Außer ihm ist nur eine Angestellte, eine gewisse Gladys Newton, im Haus. Und ebendiese Dame meldet Lewis Paynton kurz vor Mitternacht einen Besucher, der seinen Namen nicht nennen, aber mit größter Dringlichkeit zu meinem Großvater vorgelassen werden will. Lewis weicht jedoch nicht von seinem Vorhaben ab und lässt dem Mann ausrichten, dass er vor morgen früh für niemanden zu sprechen ist. Gladys’ Aussagen zufolge reagiert der Besucher mit einem geheimnisvollen Lächeln und verschwindet in der Nacht. Ihren Worten zufolge wird er von der Dunkelheit aufgesogen. Von einer Sekunde auf die andere ist er verschwunden. Wie Nebelschwaden. Nur zwei Minuten später vernimmt sie aus dem Arbeitszimmer meines Großvaters einen furchtbaren Lärm. Etwas, sie vermutet einen schweren Gegenstand oder einen Körper, schlägt mit einem dumpfen Poltern zu Boden. Dann ist alles still. Gespenstisch still. Im selben Moment soll das Unwetter draußen nachgelassen haben. Gladys eilt zur Zimmertür, doch sie ist nach wie vor verschlossen. Mein Großvater reagiert nicht mehr auf ihr Rufen. Gladys Newton beschließt, die Polizei zu holen. Sie eilt aus dem Haus und kehrt etwa eine Stunde später mit dem Dorfpolizisten, einem Arzt und zwei kräftigen Bauernburschen zurück. Da sich die Tür zum Arbeitszimmer nicht öffnen lässt und der einzige Schlüssel zu diesem Raum von innen steckte, brechen die Männer sie auf und finden … Lewis Paynton tot auf dem Fußboden. Erschossen. In seiner Brust steckt eine Kugel. Doch das Seltsame daran: Die Tatwaffe, ein Revolver mit einem speziellen Kaliber wurde nie gefunden. Und sie hätte sich doch im Zimmer befinden müssen, nicht wahr?“
„Ein Zimmer, das von innen verschlossen und für niemanden zugänglich ist?“, fragte Doktor Mills dazwischen.
Paynton nickte. „Wie ich bereits erwähnte, waren Tür und Fenster von innen verriegelt und das Zimmer hier besitzt bis heute keinen anderen Zugang. Doch sowohl die Tatwaffe als auch der Mörder bleiben verschwunden. Der Winkel des Einschusses verrät, dass mein Großvater diesen Schuss niemals selbst abgegeben haben kann. Die Kugel ist durch den Rücken in seine Brust gedrungen. Auf seinem Schreibtisch hingegen findet man eine Art Visitenkarte. Darauf stehen nur zwei Worte: Der Hexer! Die Befragung von Gladys ergibt, dass der nächtliche Besucher ihr zuvor diese Karte kurz gezeigt und dann wieder eingesteckt hat.“
„Wie ist sie dann in das Zimmer zu dem Toten gelangt?“, fragte Mills interessiert nach.
Paynton vollführte eine vielsagende Handbewegung. „Das gehört zu den vielen Rätseln dieser Nacht“, sagte er düster.
Richter Langdon nahm einen Schluck Whisky. Die züngelnden Flammen im Kamin spiegelten sich in seinem Glas.
„Mein lieber Freund“, begann er mit sanfter Stimme. „Wir alle kennen die seltsamen Geschichten um Ihre Familie, auch wenn ich gestehen muss, dass ich jetzt erstmals die Details erfahre, für die es, da bin ich ganz sicher, eine normale Erklärung gibt. Was aber wollen Sie uns konkret damit sagen?“
Cedrick Paynton lehnte sich in seinem Sessel zurück. Seine weißen Hände umklammerten die Lehnen.
„Mein Großvater starb vor genau 100 Jahren in einer stürmischen Nacht wie dieser. Es ist die Nacht zum 1. Juni und Sie, meine lieben Freunde, werden Zeuge sein, wie sich der Fluch nun schon zum dritten Male wiederholt. Dieses Mal wird er sich an mir erfüllen.“
Eine bedrückende Stille lastete schwer auf den vier Männern.
Langdon stieß plötzlich ein bitteres Lachen aus. „Aber das ist doch absurd, Paynton. Das, was Sie uns da gerade über Ihre Vorfahren erzählt haben, taugt gerade mal für eine Gespenstergeschichte, wie wir alle sie hier lieben. Aber der Realität hält es nicht Stand.“
„Was meinen Sie damit?“, fragte Doktor Mills dazwischen.
Der Richter hielt seinen Blick starr auf ihren Gastgeber gerichtet. „Wie ich bereits erwähnte, gibt es für all diese mysteriösen Ereignisse, die scheinbar übersinnlicher Natur sind, eine logische Erklärung. Man muss die Dinge nur genau zu deuten wissen. Nehmen Sie zum Beispiel den Tod von Montague Paynton, mit dem die Legende ihren Anfang nahm. Eine zweifelhafte Gesellschaft hat sich damals zusammengefunden und sich einen Spaß daraus gemacht, eine junge Frau zu quälen und sie hinzurichten. Das ist schlimm und überaus grausam. Sie selbst, Cedrick, sagten uns, dass sich das schlechte Gewissen in diesen Männern breit machte, was wohl nur allzu verständlich ist. Montague Paynton versuchte, dieses Gewissen im Wein zu ertränken, was ihm nicht gelang. Ich kann mir gut vorstellen, dass es ihm in seinem Gemäuer zu eng wurde und er aus diesem Grund noch ausritt. Im volltrunkenen Zustand, versteht sich. Bei dem plötzlich einbrechenden Unwetter verliert er die Kontrolle über sein Pferd. Sein Tod ist nichts als ein tragischer Unglücksfall gewesen.“
Cedrick Paynton massierte nachdenklich sein Kinn. „Das könnte man noch gelten lassen“, sagte er schließlich. „Was aber ist mit dem Tod von Curt Paynton? Mit dem Schimmel, der aus dem Nichts auftauchte und genauso wieder verschwand?“
Langdon schnaufte verächtlich. „Auch dafür gibt es logische Erklärungen“, sagte er mit harter Stimme. „Sie dürfen vor allem nicht außer Acht lassen, dass uns diese Ereignisse nur aus Überlieferungen bekannt sind und die Menschen, die sie erzählen, die Eigenschaft haben, gewisse Details wegzulassen und andere auszuschmücken oder gar hinzuzudichten, bis am Ende eine Geschichte entsteht, die rein gar nichts mehr mit der Wahrheit zu tun hat. Sie müssen zugeben, dass das Verschwinden von Curt Paynton an sich gar nicht so rätselhaft ist. Es ist durchaus vorgekommen, dass sich Männer aus dem Staub gemacht haben, um an einem anderen Ort ihre Zelte aufzuschlagen. Aber diese Tatsache allein macht natürlich noch keine interessante Geschichte aus. Also erfinden die Leute die Erscheinung des Geisterschimmels, der gekommen ist, um Curt Paynton zu holen. Möglicherweise haben die Bediensteten in jener Nacht tatsächlich etwas gesehen, aber es würde mich wundern, wenn es etwas anderes war als Nebelschwaden. Vergesst nicht, dass das Moor ganz in der Nähe ist.“
Cedrick Paynton wollte etwas erwidern, doch der Doktor kam ihm zuvor.
„Das mag sein, Richter. Was die Tode von Montague und seinem Engel Curt angeht, so stimme ich Ihnen zu. Viel von dem, was wir gehört haben, dürfte auf bloße Phantasie und Aberglaube zurück gehen. Was aber ist mit dem Tod von Lewis Paynton? Er starb 1908 und die Hinweise, die wir zu seinem Fall haben, sind doch sehr konkret. Mich würde interessieren, wie Sie sich diese Begebenheiten erklären. Ich muss nämlich gestehen, dass ich mir absolut keinen Reim darauf machen kann.“
Der Richter setzte sein Glas erneut an die Lippen und leerte es. Er schürzte die Lippen und dachte einen Moment nach. „Ich werde Ihnen beweisen, dass es sich auch hier um erklärliche Dinge handelt. Denn auch dieser Todesfall wurde durch viele Details ausgeschmückt und erzeugt in uns das Bild von übernatürlichen Phänomenen. Die Vorgehensweise ist hier im Prinzip ganz einfach. Wenn Sie all die rätselhaften Ereignisse weglassen und sich auf die reinen Fakten, also die Dinge, die wir mit Sicherheit wissen, konzentrieren, bleibt allein die Wahrheit zurück und wir erhalten ein Bild dessen, was sich vor 100 Jahren wirklich zugetragen hat.“
Draußen war ein Donnergrollen zu hören. Es klang wie ein düsteres Lachen. Das Gewitter kam näher.
„Ich bin gespannt, wie Sie das anfangen wollen, Richter“, schaltete sich nun Dick Martin ein, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte. „Immerhin hat die Polizei seinerzeit nichts herausgefunden. Der Fall musste zu den Akten gelegt werden.“
Langdon verzog seine schmalen Lippen zu einem Lächeln. „Zweifellos waren damals Beamte am Werk, die mit der Sachlage überfordert waren. Konzentrieren wir uns einfach nur auf die Dinge, die wir wissen. Wir haben Lewis Paynton, einen undurchsichtigen Mann, der in allerlei Geschäfte verstrickt war, wie man hörte. Ich hoffe, ich verletze damit nicht Ihre Ehre, verehrter Paynton?“
Cedrick sah von seinem Glas auf und schüttelte den Kopf. „Keineswegs, Langdon. Es ist allgemein bekannt, dass mein Großvater jede Möglichkeit nutzte, Geld zu verdienen. Hier und da ist sicher ein unehrliches Geschäft abgelaufen und er war mit Personen bekannt, die eher zweifelhafter Herkunft waren.“
Langdon nickte eifrig. „Sehr gut. Behalten wir diesen Punkt im Hinterkopf, denn er wird für die Auflösung des Falles noch wichtig sein. Lewis Paynton war ein Mann, der vorgab, zwei Seelen in sich zu beherbergen. Die des rigorosen Geschäftsmannes und die des Abergläubischen. Die Sache mit dem Geschäftsmann ist unwiderruflich belegt. Doch der Aberglaube – nun, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, meine Herren, aber ich kenne keinen erfolgreichen Geschäftsmann, der abergläubisch ist. Deswegen behaupte ich, dass Lewis Paynton nicht an die alte Familienlegende glaubte. Und dennoch hat sie ihn auf eine andere Art doch ereilt.“
„Wie war das?“, fragte Mills aufgeregt. „Sie sagen, er glaubte nicht daran? Ja, aber warum zum Donnerwetter hat er sich dann ausgerechnet in dieser Nacht selbst eingesperrt?“
Wieder lächelte der alte Richter in sich hinein. „Das, lieber Doktor, ist eine ganz entscheidende Frage. Ich hatte gehofft, dass einer von Ihnen sie stellen würde. Wenn wir uns klar machen, dass Lewis Paynton nicht aus einem Aberglauben heraus handelte, dann bringt uns dies schnell auf sein tatsächliches Motiv. Wie wäre es mit Ihnen, Inspektor? Können Sie sich ein Motiv vorstellen?“
Dick Martin lehnte sich in seinem Sessel zurück und faltete die Hände.
„Angst“, sagte er trocken.
„Angst wovor?“
Martin hielt einen Moment inne. „Offensichtlich davor, dass ihn jemand verfolgte und dass dieser Jemand möglicherweise die Absicht hatte, ihn noch in jener Nacht aufzusuchen. Denn nur das würde sein Handeln erklären.“
„Richtig“, stimmte ihm Langdon zu. „Und damit hätten wir schon einen Teil der Gespenstergeschichte enttarnt. Paynton hatte keine Angst vor irgendwelchen Familiengeistern, sondern befürchtete, unangenehmen Besuch von einer sehr lebendigen Person zu bekommen. Und so verbarrikadierte er sich in seinem Arbeitszimmer. Er verriegelte die Zimmertür und das große Fenster, das sich seinerzeit an dieser Stelle befand.“ Der Richter deutete auf die große verglaste Tür neben ihnen. „Um alle möglichen Wege auszuschließen, auf denen ein Mensch in das Zimmer gelangen konnte, entfachte er ein Feuer im Kamin, obwohl es in jener Nacht sehr warm gewesen sein muss. Im Haus befand sich außer ihm nur eine Bedienstete, die die Anweisung hatte, niemanden in das Haus zu lassen. Mein lieber Paynton, ich muss Ihnen nun eine Frage stellen, die die Verfassung Ihres Großvaters an jenem Abend betrifft. Können Sie mir sagen, ob er am Abend noch aus war und wie er auf diese Gladys Newton wirkte, als er nach Hause zurück kehrte?“
Cedrick Paynton grübelte und rief sich die Überlieferungen ins Gedächtnis zurück.
„Ja“, begann er, „Gladys beschrieb ihn als sehr kurz angebunden. Lewis war den ganzen Tag über aus gewesen und kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Blass sei er gewesen. Nahezu gespenstisch blass. Und er habe entsetzlich gefroren. Aus diesem Grund trug er einen dicken Mantel. Als er heimkehrte, begab er sich sofort in sein Arbeitszimmer und begann mit den schon bekannten Sicherheitsmaßnahmen. Gladys hat ihn praktisch kaum zu Gesicht bekommen. Auch lehnte er jegliche Art der Nahrungsaufnahme ab.“
„Sehr schön“, kommentierte der Richter, nachdem ihr Gastgeber gesprochen hatte. „Ein Mantel in einer warmen Sommernacht. Eine interessante Tatsache. Aber verfolgen wir nun weiter, was sich in jener Nacht weiter abgespielt haben muss. Lewis Paynton befindet sich nun in diesem Zimmer hier. Stellen Sie ihn sich vor. Er schließt die Tür ab und lässt den Schlüssel von innen stecken. Er verriegelt das Fenster und zieht die schweren Vorhänge vor. Dann geht er zum Kamin herüber und entfacht ein Feuer.“
Richter Langdon war aufgestanden und simulierte jeden einzelnen der beschriebenen Schritte. Er war für einen Moment zu Lewis Paynton geworden.
Ein greller Blitz zerriss die Nacht und der darauffolgende Donner war so ohrenbetäubend, dass Langdon für einen Moment innehalten musste.
„Irgendwann an diesem Abend läutet es an der Tür“, fuhr er fort. „Gladys Newton berichtet ihm von einem Mann, der ihn dringend zu sprechen wünsche. Der Hausherr und die Angestellte unterhalten sich durch die geschlossene Zimmertür. Er schickt sie fort und wiederholt seine strikte Anweisung, dass er niemand zu sprechen wünscht. Gladys kehrt zu dem unbekannten Besucher zurück und richtet ihm dies aus. Der Mann entfernt sich. Und nun konzentriert sich wieder jegliches Geschehen auf das Arbeitszimmer. Gladys berichtet später von einem dumpfen Poltern, das aus dem Raum drang. Sie klopft an die Tür und ruft mehrfach nach ihrem Herrn. Doch nichts rührt sich. Was hat das zu bedeuten?“
Dick Martin reagierte als Erster. „Wir dürfen wohl annehmen, dass es sich bei diesem Moment um die Todeszeit von Lewis Paynton handelt.“
„Vollkommen richtig, Inspektor. Das ist auch meine Meinung. Doch betrachten wir noch einmal genau die Tatsachen. Gladys hörte ein dumpfes Geräusch. Offenbar ein Gegenstand oder ein Körper, der im Arbeitszimmer umfiel. Und später fand man Lewis Paynton mit einer Kugel im Leib. Doch wir haben nichts von einem Schuss gehört, nicht wahr? Sind wir uns nicht alle darüber einig, dass Gladys auch den Schuss gehört haben musste, wenn ihr schon das Poltern aufgefallen war?“
Doktor Mills pfiff aufgeregt durch die Zähne.„Das ist der Polizei offenbar nicht aufgefallen.“
“Mein lieber Doktor, der Polizei ist so ziemlich alles entgangen, was in diesem Fall wichtig war. Und doch liegt der Fall so einfach.“
Cedrick Paynton rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her. „Bedenken Sie außerdem den Umstand, dass die Tatwaffe nicht gefunden werden konnte. Sie hätte sich doch im Zimmer befinden müssen. Aber das war nicht der Fall. Es befand sich zwar ein Revolver im Schreibtisch meines Großvaters, allerdings war daraus kein Schuss abgegeben worden. Alle Kugeln waren noch darin und auch das Kaliber entsprach nicht dem Durchmesser der Kugel, die man später aus seinem Körper holte. Dieser Raum ist mehrfach von verschiedenen Personen durchsucht und auf den Kopf gestellt worden. Doch die Tatwaffe ließ sich nicht auffinden. Genauso wenig wie der Mörder, der offenbar wie ein Geist gekommen und wieder gegangen ist.“
Richter Landon winkte unwirsch ab.
„Ach, nun fangen Sie doch nicht wieder mit diesen Märchen an“, wetterte er. „Die Tatsache, dass sich keine Pistole angefunden hat, steht in vollkommenem Einklang zu dem Umstand, dass weit und breit kein Schuss zu hören war. Es hätte mich sogar sehr verwundert, wenn die Tatwaffe in dem Raum gefunden worden wäre. Und daraus lässt sich der nächste wichtige Punkt in dieser Geschichte ableiten, der uns dann auch schnell zur Lösung führen wird. Darf ich Sie noch mal um Ihre Unterstützung bitten, Inspektor?“
Dick Martin wirkte nun angespannt. Er saß aufrecht auf seinem Platz und hatte die Stirn in Falten gelegt.
„Ich habe zunächst überlegt, ob der Schuss nicht vielleicht durch einen Donnerschlag übertönt worden war“, begann er zögernd. „Das würde aber lediglich erklären, warum Gladys dieses wichtige Detail entgangen war, nicht aber das Fehlen der Waffe. Demnach kann es nur einen einzigen logischen Schluss geben: In dem Raum war gar kein Schuss abgegeben worden.“
Doktor Mills wischte sich mit einem Tuch Schweiß von der Stirn. „Und woher kam dann die Kugel in seinem Körper, die ja wohl die Todesursache darstellte?“
An dieser Stelle schaltete sich der Richter wieder ein. „Zweifellos war der Schuss schon vorher auf Lewis abgegeben worden, lieber Doktor“, antwortete er in die Stille des Raumes. „Vielleicht draußen auf der Straße oder auf dem Weg hierher. Die Kugel drang von hinten in seine Brust, war aber nicht sofort tödlich. Lewis schleppte sich bis in sein Haus und zog erst dort seinen Mantel über. Sie erinnern sich doch an das für diese Jahreszeit ungewöhnliche Kleidungsstück? Gut. Er nutzte den Mantel zweifellos, um die Schusswunde und das Blut vor seiner Angestellten zu verbergen. Sie sollte nicht erfahren, dass ihr Herr offenbar Teil von illegalen Machenschaften war. Lewis Paynton hoffte zu diesem Zeitpunkt noch, dass die Verletzung nicht tödlich war. Er sprach kaum mit seiner Angestellten; beschränkte sich nur auf die nötigsten Worte. Aus diesem Grund beschrieb ihn Gladys als kurz angebunden. In Wirklichkeit jedoch konnte Paynton sich kaum auf den Beinen halten und litt unter starken Schmerzen. Erst in seinem Zimmer entledigte er sich seines Mantels und sorgte dafür, dass derjenige, der hinter ihm her war, den Raum nicht betreten konnte. Doch irgendwann musste er erkennen, dass seine Verletzung doch schlimmer waren, als befürchtet. Er brach bewusstlos zusammen und starb. Später wurde die Tür von der Polizei aufgebrochen und man fand Lewis Paynton an genau dieser Stelle.“ Richter Langdon deutete auf einen Läufer, der vor dem Kamin lag. „Das, meine Herren, ist das ganze Geheimnis des mysteriösen Todesfalles von Lewis Paynton.“
Es entstand eine drückende Stille, in der jeder einzelne von ihnen seinen Gedanken nachhing.
Es war wiederum Doktor Mills, der sie unterbrach. „Und was ist mit der Visitenkarte?“, wollte er wissen. „Der Mann, der sich ‚Der Hexer’ nannte?“
Langdon vollführte eine ausweichende Handbewegung. „Offensichtlich der Mann, mit dem Lewis sich angelegt hatte“, gab er zurück. „Natürlich hatte er seine Karte schon zu einem früheren Zeitpunkt bei Lewis hinterlassen. Daher befand sie sich auf dem Schreibtisch des Toten. Der Hexer, wer immer dieser Kerl auch war, hatte offenbar eine Auseinandersetzung mit Lewis. Er war es, der den Schuss abgab und Lewis bis hierher verfolgte. Er sprach mit Gladys, um sich von dem Zustand ihres Herrn zu überzeugen. Vielleicht hielt er sich die ganze Zeit über noch in der Nähe auf. In dem Fall musste er nur abwarten, bis man die Leiche des alten Lewis abtransportierte, um Gewissheit zu erlangen. Das ist alles, meine Herren. Keine geisterhaften Phänomene. Sehen Sie, Cedrick, Sie haben in dieser Nacht nicht das Geringste zu befürchten. Die alten Legenden sind nichts als Märchen, genährt durch einige Zufälle und die Phantasie dummer Menschen.“
Richter Langdon hatte sich in voller Größe vor dem Kamin aufgebaut. Seine ganze Erscheinung verriet Stolz über die Auflösung des Rätsels.
„Ist etwa jemand unter Ihnen, der etwas anderes behaupten möchte? Sie etwa, Inspektor?“
Dick Martin schüttelte langsam den Kopf.
Alle Blicke wandten sich nun ihrem Gastgeber zu. Cedrick Paynton saß wie ein Häufchen Elend zusammengesunken in seinem Sessel. Langsam richtete er sich auf, ging wortlos an Langdon vorüber, zu seinem Schreibtisch. Als er zu den anderen zurückkehrte, hielt er eine kleine Karte in der Hand. Er reichte sie dem Richter. „Und wie erklären Sie sich dann dies hier?“
Langdon nahm die Karte entgegen, blickte einen Moment mit dem Ausdruck leisen Erstaunens an und drehte sie in den Händen. „Woher haben Sie das?“, fragte er.
Paynton zuckte die Achseln. „Sie befand sich heute Morgen auf dem Frühstückstisch. Niemand kann sich erklären, woher sie stammt.“
„Was haben Sie denn da?“, fragte Mills plötzlich aufgeregt.
Der Richter trat einen Schritt auf den Doktor zu und reichte die Karte weiter. Mills Augen wurden groß. „Der Hexer“, presste er hervor. „Was hat das zu bedeuten?“
„Lesen Sie auch die Rückseite“, sagte Paynton leise.
„Tod um Mitternacht“, las Mills vor. Unwillkürlich blickten alle zur Uhr. Bis dahin war noch eine Stunde Zeit.
„Sehen Sie jetzt ein, Richter, dass Ihre Erklärungen zu den bisherigen Todesfällen zwar logisch aufgebaut sind, dass sich dieses Zeichen hier jedoch nicht mit Logik erklären lässt? Die Legende wird sich auch in dieser Nacht wieder erfüllen. Wir alle werden es erleben. Es verbleibt noch genau eine Stunde.“
„Ach Unsinn“, rief Langdon plötzlich aus. „Da wollte sich jemand einen dummen Scherz mit Ihnen erlauben, nichts weiter!“
Niemand sagte etwas. Alle beobachteten Paynton, wie er in seine Brusttasche langte und eine zweite Karte zutage förderte. Mit spitzen Fingern reichte er sie dem Richter.
„Dies ist die Karte, die man auf dem Schreibtisch meines Großvaters gefunden hat“, erklärte er. „Ich habe sie aufgehoben. Natürlich sieht man ihr das Alter an aber wenn sie die beiden Karten vergleichen, werden Sie feststellen, dass sie sich gleichen wie ein Ei dem anderen.“
Langdon hielt nun beide Karten, kehrte zum Tisch zurück und legte sie nacheinander darauf.
„Tatsächlich“, stimmte er zu. „Zweifellos eine sehr gute Kopie des Originals.“
„Zum letzten Mal, Langdon“, rief Paynton plötzlich aus, „es ist keine Kopie. Diese Visitenkarte stammt von dem gleichen Mann, der damals meinen Großvater aufsuchen wollte und er wird auch heute Nacht hier erscheinen.“
Richter Langdon schlug mit seiner rechten Hand auf die Tischplatte. „Nein“, rief er laut. „Hören Sie auf mit diesem Unsinn, Paynton! Der Mann müsste heute weit über 100 Jahre alt sein. Ich hätte Sie für intelligenter gehalten.“
„Bleibt die Frage, woher diese Karte stammt und was uns in dieser Nacht noch erwartet“, sagte Dick Martin in die einsetzende Stille.
Draußen hatte das Unwetter seinen Höhepunkt erreicht. Der Wind zerrte an den Giebeln des Hauses und immer wieder wurde der Nachthimmel von Blitzen durchzogen, denen gewaltige Donnerschläge folgten.
Plötzlich tauchte ein weiteres Licht auf, das alle irritierte. Es war der Schein einer starken Lampe, der draußen auf und ab geisterte.
„Was ist das für ein Unsinn?“, fragte Langdon sofort.
Paynton drehte sich zu ihm um. „Das ist mein Butler Albert. Ich habe ihn beauftragt, auf dem Turm einen schwenkbaren Scheinwerfer zu installieren. Auf diese Weise kann er alles und jeden beobachten, der sich dem Schloss nähert. Zudem dreht mein Gärtner Edwards draußen seine Runden. Er hat ein Gewehr bei sich.“
Die Augen des Richters wurden groß. „Sie haben Edwards da raus geschickt?“
Wie um diese Frage zu untermalen, prasselte plötzlich der Regen an die Scheiben.
„Alles reine Vorsichtsmaßnahmen“, sagte Paynton. „Ich möchte in dieser Nacht nichts dem Zufall überlassen.“
Langdon machte ein grimmiges Gesicht. „Ich weiß nicht, was ich von all dem halten soll. Ich muss Ihnen wirklich sagen, dass das Unwetter draußen im Moment das Einzige ist, was mich davon abhält, sofort diesen Raum zu verlassen. Himmel, in meiner Vergangenheit gab es auch den einen oder anderen Punkt, der nicht gerade zu meiner Ehre gereicht. Aber Sie scheinen ja von ihrer Familienlegende regelrecht besessen zu sein, Paynton. Was ist mit Ihnen, Inspektor? Ich halte Sie für einen überaus vernünftigen Mann. Wie denken Sie über diese Sache?“
Dick Martin stand nun ebenfalls auf und zog sich seinen Abendanzug glatt. „Ich sehe vor allem einen Mann, der Angst hat“, sagte er mit einem Blick auf ihren Gastgeber. „Dieser Mann ist unser Freund und hat uns in dieser Nacht gebeten, ihm beizustehen. Aus diesem Grund bin ich heute Abend hier. Was auch immer es mit dieser Visitenkarte und der merkwürdigen Widmung auf der Rückseite auf sich hat; wir werden es erleben, ob es sich tatsächlich nur um einen schlechten Scherz handelt.“
Der Richter gab einen grunzenden Laut von sich, der verriet, wie wenig er von dieser Antwort hielt. Er trat zur Anrichte herüber, öffnete ein geräumiges Barfach und schenkte sich wortlos Whisky nach.
Draußen geisterte der Scheinwerfer am Fenster vorüber. Irgendwo über ihnen stand Albert, der Butler, und hielt einsam Wache.
Die Stimmung in der Bibliothek hatte sich verändert. Aus einer anfangs geselligen Runde war etwas geworden, das sich nur schwer in Worte kleiden ließ. Etwas Bedrohliches lag in der Luft und niemand traute sich, diese Tatsache auszusprechen.
Die Minuten vergingen quälend langsam. Endlich hatte sich der große Zeiger bis kurz vor die 12 geschoben.
„Nun, Paynton“, begann der Richter langsam, „wenn Ihr großer Unbekannter noch vor Mitternacht in Erscheinung treten will, muss er sich beeilen.“
Paynton sah auf und wollte etwas erwidern, als plötzlich der Scheinwerfer auf dem Dach ausging. Nur wenige Sekunden später erloschen auch sämtliche Lichter im Raum.
In die eintretende Stille brach mit Gewalt der Schrei eines Menschen in Todesangst.
Die Männer in der Bibliothek starrten im Schein des Feuers im Kamin an die Decke.
„Das war Albert“, stellte Paynton fest.
Sie waren alle aufgesprungen und standen unsicher; nichtwissend, was zu tun war.
Mit einem Mal leuchtete der Scheinwerfer wieder auf. Doch dieses Mal wanderte sein Lichtstrahl nicht hin und her, sondern war starr auf einen Punkt im Garten gerichtet.
Das, was dort aus der Dunkelheit gerissen wurde, rief in den Männern ungläubiges Entsetzen hervor. An den Ästen eines großen Obstbaumes baumelte an einem Seil ein Körper. Er schaukelte im Wind und war vom Regen vollkommen durchnässt.
„Großer Gott, das ist Edwards“, entfuhr es Paynton, dem nun jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war.
Die vier Männer traten gleichzeitig an die große Glastür und starrten auf den vom Wind durchgepeitschten Körper hinaus. Der Mann am Seil hatte die Augen weit aufgerissen. Sie blickten ziellos in die Ferne.
„Er ist tot“, rief Mills in diesem Moment. „Paynton, was hat das zu bedeuten? Was geht hier vor?“
Der Hausherr schlug die Hände vor das Gesicht. „Der Fluch“, flüsterte er. „Er erfüllt sich. Erst der arme Albert und nun Edwards. Es hat begonnen und wir können nichts tun, um es aufzuhalten.“
Richter Langdon fasste sich an den Hals und lockerte seinen Kragen. „Was … reden Sie denn da? Das da draußen hat nichts mit diesem verdammten Fluch zu tun. Es ist …“
„Hören Sie“, rief Dick Martin dazwischen und erhob die rechte Hand. „Da oben ist jemand.“
Wieder starrten die Männer an die Decke. Über ihnen waren Schritte zu hören. Etwas scharrte über das Dach. Dann bewegte sich unmerklich der Kronleuchter an der Decke. Er klirrte leise.
„Das muss Albert sein“, sagte der Richter leise. Seine Stimme klang nicht mehr so sicher wie zuvor.
„Das ist nicht Albert“, platzte Paynton heraus. „Haben Sie den furchtbaren Schrei von gerade eben vergessen? Das war ein Todesschrei.“
Dick Martin war der Erste, der seine Lähmung ablegte. „Schnell Doktor, kommen Sie. Wir werden nachsehen, was dort oben passiert ist.“ Damit wandte er sich bereits zum Gehen und hatte nach wenigen Schritten die Tür zur Halle erreicht.
Mills folgte ihm nur widerwillig. Auf seinem Gesicht war das namenlose Entsetzen abzulesen, das sie in diesem Moment alle empfanden.
Der Hausherr blieb mit dem Richter in der Bibliothek zurück.
„Bleiben Sie ruhig“, sagte Langdon und reichte ihrem Gastgeber einen Whisky. „Es ist niemandem damit geholfen, wenn wir jetzt die Nerven verlieren. Wer auch immer dort oben ist: Martin wird ihn stellen und dann werden wir wissen, was hier gespielt wird.“
Paynton wirkte, als hätte er dem anderen gar nicht zugehört. Er trat an das Fenster und zog den Vorhang zu, damit ihnen der Blick auf den im Wind schaukelnden Körper des Gärtners erspart blieb.
So harrten sie aus, bis irgendwo über ihnen ein Schuss durch die Nacht peitschte. Dann brach auf dem Dach die Hölle los. Schreie und Schritte wurden laut. Sie glaubten, die Stimme des Inspektors herauszuhören. Irgend jemand rannte in halsbrecherischem Tempo über das Dach. Wenig später wurde im oberen Geschoss eine Tür zugeschlagen. Schritte näherten sich der Bibliothek.
In der Türöffnung erschien die Gestalt von Selby Mills. Das wenige ihm verbliebene Haar klebte ihm im Gesicht.. Er war vollkommen außer Atem.
„Langdon“, rief er. „Schnell! Rufen Sie die Polizei. Da draußen ist ein Irrer am Werk! Er hat Albert und Inspektor Martin erschossen. Ich konnte ihm mit letzter Kraft entkommen. Beeilen Sie sich!“
Langdon nickte energisch und trat an einen kleinen Tisch heran, der sich neben dem Eingang zur Bibliothek befand. Darauf stand ein altmodischer Telefonapparat. Der Richter nahm den Hörer auf und drückte mehrfach auf die Gabel. „Die Leitung ist tot“, stellte er nüchtern fest. In seinen Blick hatte sich ein Ausdruck der Furcht gestohlen.
„Das alles ist kein Zufall“, flüsterte Paynton plötzlich. „Irgend jemand versucht, unsere Gesellschaft auszulöschen und er wird nicht eher Ruhe geben, bis er uns alle erwischt hat.“
Langdon knallte den Hörer auf die Gabel zurück. „Was genau hat sich da oben abgespielt, Mills?“, herrschte er den Doktor an.
Mills trat näher, seine regennassen Hände klammerten sich an einer Sessellehne fest. „Ich bin mit Martin raufgelaufen, um nach Albert zu sehen“, erklärte er. „Wir fanden ihn auch schon bald. Tot. Erschossen. Mit dem Gewehr des Gärtners. Kurz darauf bemerkten wir einen Schatten auf dem Dach. Der Mörder war noch immer dort. Der Inspektor und ich versuchten, ihn zu überwältigen, doch der andere war schneller. Er hat Martin erschossen und er hätte auch mich erledigt, wenn …“
„Mit anderen Worten: Da draußen läuft ein Wahnsinniger umher, der es auf uns alle abgesehen hat, nicht wahr?“, schnitt ihm der Richter das Wort ab.
„Ich fürchte ja“, gab Mills zerknirscht zurück.
„Und er kann jederzeit hier herunter“, sagte Paynton und deutete auf die offene Tür zur Halle.
Richter Langdon fuhr sich in einer nervösen Handbewegung über das Kinn. „Dann sollten wir schleunigst von hier verschwinden“, sagte er und wandte sich an den Hausherrn: „Wo steht Ihr Wagen?“
Paynton reagierte nicht sofort. Er wirkte abwesend, nicht mehr von dieser Welt. „Unten …“, presste er hervor. „Gleich an der Auffahrt.“
„Gut“, sagte Langdon entschlossen. „Dann sollten wir jetzt keine Zeit mehr verlieren.“
Mills trat an seine Seite. „Ich halte das für zu gefährlich. Wenn sich jemand die Mühe gemacht hat, die Strom- und die Telefonleitung zu manipulieren, dann wird er mit Sicherheit auch den Wagen nicht verschont haben und da draußen geben wir eine perfekte Zielscheibe für ihn ab.“
Der Richter sah den anderen für einen Moment an. In seinem Gesicht arbeitete es.
„Immer noch besser, als hier untätig herumzusitzen und darauf zu warten, wen es als nächsten trifft. Haben Sie eine Waffe hier, Paynton?“
Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Das einzige Gewehr hatte ich Edwards gegeben … und nun…“
„Schon gut“, wiegelte Langdon ab. „Ich weiß nicht, was Sie von der Sache halten, aber ich werde jetzt da raus gehen und nach dem Wagen sehen. Wenn Sie mitkommen wollen, dann tun Sie das, ansonsten gehe ich allein. Wo ist der Wagenschlüssel?“
Richter Langdon streckte seine rechte Hand fordernd in Payntons Richtung aus. So verstrich fast eine halbe Minute, bis Paynton den Schlüssel endlich aus seiner Tasche zog.
Draußen stürmte es nach wie vor und der Regen trommelte an die Fensterscheiben.
„Das Wetter kommt uns zugute“, sagte der Richter. „Der Irre da draußen muss schon ein verdammt guter Schütze sein, wenn er uns erwischen will. Also, was ist nun mit Ihnen?“
„Vielleicht hat er Recht“, räumte Mills zögerlich ein, auch wenn ihm der Gedanke, sich dem Mörder nahezu auszuliefern, eindeutig nicht behagte.
Langdon wartete keine weiteren Reaktionen ab. Mit energischen Schritten verließ er die Bibliothek und durchquerte die geräumige Eingangshalle.
Mills und Paynton folgten ihm.
Sie gelangten ins Freie und waren im Nu vom strömendem Regen durchnässt. Dadurch, dass die Außenbeleuchtung ebenfalls ausgefallen war, konnten sie die Umrisse des Wagens nur erahnen. Doch diese Tatsache bedeutete wiederum, dass auch sie für den Unbekannten in der Dunkelheit kaum auszumachen waren.
Gleichzeitig rannten die Männer zum Bentley hinüber. Langdon riss die Fahrertür auf und ließ sich hinter das Steuer fallen. In der gleichen Bewegung startete er bereits den Motor und fuhr an, noch ehe Paynton auf der Rückbank die Tür ganz geschlossen hatte.
Mills klammerte sich auf dem Beifahrersitz fest und starrte durch die Windschutzscheibe nach draußen. Von dem Wahnsinnigen war nichts zu sehen.
Der schwere Wagen schleuderte Dreck und Kies zu allen Seiten, als Landon zu viel Gas gab und die Räder durchdrehten. Der Bentley schlingerte einen Moment auf der Auffahrt, dann hatte ihn der alte Richter wieder unter Kontrolle.
Sie rasten den schmalen Weg hinunter, der zum gemauerten Tor führte, durch das man auf das Anwesen und auch wieder hinaus gelangte.
Sie hatten es fast erreicht, als unter dem Torbogen plötzlich ein Schatten auftauchte. Die Scheinwerfer erfassten eine in schwarz gekleidete Gestalt mit einem Gewehr. Fast im gleichen Moment blitzte Mündungsfeuer auf. Mills glaubte, den Schuss zu hören.
Langdon schrie auf und verriss das Steuer. Der Wagen kam vom Weg ab, schlingerte über ein Stück Rasenfläche und stieß unsanft gegen den hohen Maschendrahtzaun, der von der Wucht des Aufpralls umknickte.
Mills spürte einen schmerzhaften Ruck, als er nach vorne geschleudert und vom Gurt wieder zurückgerissen wurde. Langdon lag halb bewusstlos über dem Steuer. Doch er war zäh. Der Richter stöhnte und richtete sich mühsam wieder auf und blickte zum Parktor hinüber.
„Wer zur Hölle ist das?“, rief er mit angsterfüllter Stimme.
Die bleiche Hand Payntons legte sich von hinten auf seine Schulter. „Gehen Sie“, wandte er sich in einer verzweifelten Bemühung an die beiden anderen. „Gehen Sie, solange es noch möglich ist. Man hat es allein auf mich abgesehen. Die Hölle hat ihren Rächer ausgespuckt, um mich zu holen. Die Legende wird ein weiteres Mal wahr.“
Langdon warf einen Blick auf den zusammengesunkenen Mann. Er hatte nicht mehr die Kraft, zu widersprechen. Irgend etwas Furchtbares passierte hier und es war noch nicht zu Ende.
Der Motor des Bentleys war ausgegangen und sprang nicht mehr an.
„Wir müssen zu Fuß weiter“, stellte Langdon fest, „wir können nicht hier im Wagen bleiben.“
„Haben Sie diesen Wahnsinnigen vergessen?“, gab Mills zu bedenken.
Der Richter schüttelte den Kopf. „Es hilft nichts“, sagte er. „Wenn wir hier bleiben, wird uns der Verrückte abknallen wie Tontauben. Also los, kommen Sie!“
Der Richter stemmte die Tür auf und stieg aus. Ein Unterfangen, das sich als nicht ganz einfach erwies, denn der Wagen war in eine leichte Schräglage geraten und hatte sich obendrein hoffnungslos im Drahtzaun verkeilt. Der linke Scheinwerfer funktionierte noch und warf sein Licht in Richtung des Ausgangs.
Die Männer kehrten auf den Pfad zurück, auf dem sich jetzt große Wasserlachen gebildet hatten.
Mit einem gewaltigen Satz vertrat Ihnen der Unheimliche den Weg. Ohne zu Zögern legte er es auf die Männer an.
„Schnell“, rief Mills plötzlich. „Hier herüber.“
Die Männer tauchten nach rechts weg, wo der Kiesweg eine schmale Abzweigung beschrieb, die zu einem halb verfallenen Turm führte.
Keinen Moment zu früh, denn schon peitschte ein Schuss durch die Nacht. Die Kugel verfehlte die Gruppe knapp und jaulte als Querschläger davon.
Vollkommen am Ende ihrer Kräfte erreichten sie den Turm, verschlossen die Tür hinter sich und stiegen die Treppe hinauf. Dort blieben sie für eine Weile atemlos und mit dem Rücken an die Wand gelehnt, stehen.
„Das ist ein Alptraum“, stöhnte der Richter und wischte sich über das Gesicht.
Mills atmete schwer. „Hier sind wir zumindest vor dem Schützen sicher“, sagte er. Seine Stimme bekam in dem alten Gemäuer ein hohlen Klang.
„Da wäre ich mir nicht so sicher“, flüsterte Paynton. „Er will mich und er wird nicht eher Ruhe geben, bis er sein Ziel erreicht hat.“
Wie um diese Theorie zu bestätigen, wurde die Tür zum Eingang des Turms von einem furchtbaren Schlag getroffen. Die drei Männer zuckten zusammen und sahen sich angsterfüllt an. Schon krachte ein weiterer Schlag gegen die Tür. Holz splitterte. Der Unheimliche kam!
„Weiter“, trieb Langdon die beiden anderen an und stieg die Treppe weiter hinauf, bis sie ins Freie kamen. Auf der Plattform des Turmes konnte man bis zum Parktor hinüber sehen, wo noch immer der einzelne Scheinwerfer des Bentleys ziellos in die Dunkelheit starrte.
Unten im Turm gab währenddessen die Tür nach. Sie wurde von einem gewaltigen Hieb getroffen, der sie aus den Angeln warf.
Als nächstes waren Schritte zu hören, die sich unaufhaltsam den Männern näherten.
Schon tauchte der Unheimliche im Treppenaufgang auf und hatte die Plattform erreicht, auf der sich die drei Männer an die Zinnen drückten.
Er war ganz in schwarz gekleidet und hatte einen Hut tief in die Stirn gezogen, so dass sein Gesicht nicht zu erkennen war.
„Es hat keinen Sinn mehr“, rief Paynton plötzlich und stürmte vor. Er fiel vor dem Unheimlichen auf die Knie und blieb dort wimmernd liegen.
Der Schwarzgewandete legte sein Gewehr auf den am Boden liegenden Mann an. In diesem Moment stürmte Langdon vor und warf sich auf den Unheimlichen. Dieser wankte und wurde zurückgeschleudert. Der Schuss ging ins Leere.
Langdon bekam den anderen am Gewand zu fassen, hielt ihn fest und riss ihm den Hut vom Kopf. Er starrte in das Gesicht von Inspektor Martin.
Langdon taumelte ungläubig einen Schritt zurück. Noch immer hielt er den schwarzen Hut in der Hand.
„Was … was soll das?“, presste er hervor.
Dick Martin setzte ein entschlossenes Grinsen auf. „Guten Abend, Richter“, sagte er ernst und ließ das Gewehr sinken.
Gleichzeitig näherten sich von hinten Mills und Paynton. Sie blieben hinter dem Richter stehen. So vergingen mehrere Sekunden, in denen niemand sprach.
„Richter Barnabas Langdon“, setzte Martin erneut an, „Sie werden beschuldigt, im Jahre 1976 den Verbrecher Clifton Peters durch geschickte Manipulation der Geschworenen freigesprochen zu haben, obwohl Sie wussten, dass er schuldig war an dem Tod der zwanzigjährigen Jocelyn Smith. Sie nutzten Ihr Wissen um seine Schuld später aus, um Peters zu erpressen. Wie die Geschichte uns lehrte, handelte es sich bei Peters um einen Triebtäter und es dauerte nicht lange, bis er rückfällig wurde. Sein letztes Opfer war ein Mädchen namens Miriam. In der Untersuchungshaft beging Peters Selbstmord und nahm das Geheimnis Ihrer Erpressung mit in sein Grab.“
Richter Langdon war bleich geworden. Er taumelte zurück, bis er mit dem Rücken an die Zinnen des Turms stieß.
„Was ist, Langdon? Entspricht mein Vortrag etwa nicht den Tatsachen? Oder wollen Sie leugnen?“
„Ich …“, setzte Langdon an, um dann gleich wieder abzubrechen. Noch immer starrte er die anderen drei Männer fassungslos an.
„Gestehen Sie also, Richter Langdon?“, fragte Inspektor Martin noch einmal.
„Ja“, brüllte Langdon plötzlich in das Unwetter hinaus. „Ja, es ist richtig, was Sie sagen. Peters war ein Lump, er hatte kein besseres Schicksal verdient.“
Ein grausamer Zug trat in das Gesicht des Inspektors. „Sie vergessen dabei die Verbrechen, derer Sie sich schuldig gemacht haben, Langdon. Die Sache mir der Erpressung ist schon niederträchtig genug aber Sie tragen zudem allein die Schuld daran, dass Peters noch einmal mordete. Sie sind Schuld am Tod des Mädchens Miriam Paynton!“
Langdon öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Laut drang aus seiner Kehle.
„Es ist wahr“, fuhr Martin mit fester Stimme fort. „Die Zeitungen hatten damals ihren Mädchennamen aus Rücksicht auf die Angehörigen nicht gedruckt. Sie tragen die Verantwortung für den Tod der einzigen Tochter unseres treuen Freundes Cedrick Paynton.“
Langdon schlug in einer verzweifelten Geste die Hände vor das Gesicht. „Das habe ich nicht gewusst“, presste er durch seine Finger hindurch.
Langsam ließ er seine Hände sinken. Im Gesicht des Richters regte sich etwas. Er gewann langsam seine gewohnte Sicherheit zurück. „Sie haben keine Beweise für ihre Anklage, Martin. Niemand kann mir etwas nachweisen. Auch Sie beide nicht.“ Er wandte den Kopf in die Richtung von Paynton und Mills.
Martin blieb eine Weile stumm stehen, dann schüttelte er langsam den Kopf. „Sie vergessen, dass wir der Club der Gerechten sind, Richter. Wir benötigen keine Beweise, wenn wir von der Schuld eines Mannes überzeugt sind. Und niemals waren wir überzeugter wie in Ihrem Fall.“
Ein eisiges Entsetzen machte sich im Gesicht des Richters breit. „Ach so ist das“, stammelte er. „Sie klagen mich an, ja? Wozu haben Sie dann diesen ganzen Zirkus hier veranstaltet?“ Martin trat einen Schritt näher. „Wir haben beschlossen, Ihnen einen kleinen Streich zu spielen, Richter. Wir konfrontierten Sie mit Payntons Familienlegende und bemühten uns, Sie davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich heute Nacht wahr wird. Wir weihten Edwards und Albert in das Geschehen ein und sie spielten ihre Rollen vorbildlich. Seien Sie versichert, dass die beiden sich bester Gesundheit erfreuen. Sie werden auch später noch der Ansicht sein, Teil eines Scherzes gewesen zu sein. Der Hauptgrund für diese Veranstaltung war jedoch der, Sie in Angst zu versetzen, Richter Langdon. Weil wir genau wussten, dass Sie nur im Zustand äußerster Erregung ein Geständnis über Ihre Taten ablegen würden. Und genau so ist es gekommen. Wir haben, was wir brauchten.“
Langdon schnappte nach Luft. Sein Haar hing ihm in nassen Strähnen am Kopf herunter. „Was habt ihr jetzt mit mir vor?“, fragte er.
Martin legte eine Hand auf die Schulter des Richters. Gleichzeitig traten Paynton und Mills hinzu, die ihn in die Mitte nahmen.
„Richter Barnabas Langdon, Sie werden hiermit für schuldig befunden an den soeben dargelegten Verbrechen. Der Club der Gerechten hat die Todesstrafe über Ihnen verhängt. Das Urteil tritt sofort in Kraft.“
Nur wenige Sekunden später war in der Einsamkeit von Norton Castle ein langgezogener Schrei zu hören, als Richter Langdon über die Zinnen des Turmes stürzte.



E N D E





Geschütztes Dokument / Copyright by Marc Freund
 

Marc Freund

Mitglied
So, ich habe die meisten eurer Anregungen und Tipps mal umgesetzt und den Text ausgebessert.
Auch die "Absatzproblematik" habe ich hoffentlich weitestgehend in den Griff bekommen.
 
Da haben vor mir ja schon viele andere korrigiert, dennoch sind mir auch noch ein paar Kleinigkeiten aufgefallen. Ansonsten sei gesagt, dass mir deine Geschichte auch weiterhin sehr gut gefällt, da sie atmosphärisch sehr dicht ist und man sie kaum aus der Hand legen kann. Zwar leicht überladen und wechselnd in der Stimmung repräsentiert sie schon fast die Quintessenz klassischen Krimischaffens (Familienfluch, Locked Room, Selbstjustiz, Landhaus etc.) und schifft ebenfalls gekonnt an der Grenze zum Horror.

Sie setzten sich auf die schwarzen Ledersessel[red][strike]n[/strike][/red], die an jeder Ecke eines kniehohen Tisches standen.
Was die Tode von Montague und seinem En[red]k[/red]el Curt angeht, so stimme ich Ihnen zu.
Mit einem gewaltigen Satz vertrat Ihnen der Unheimliche den Weg. Ohne zu Zögern legte er es auf die Männer an.
Da bin ich etwas unsicher was du ausdrücken willst. Rein intuitiv würde ich das "es" aber entweder streichen oder durch "[blue]sein Gewehr[/blue]" oder "[blue]das Gewehr[/blue]" ersetzen.
 

Marc Freund

Mitglied
Hallo Thorsten,

herzlich willkommen hier bei der Leselupe und vielen Dank auch für deine Hinweise, habe sie gleich übernommen.
Ich habe mir den Text jetzt schon so oft Korrektur gelesen und doch findet man immer wieder etwas.
Einiges ist mir offenbar auch beim Überarbeiten passiert. So fehlt, wie du richtig erkannt hast, der Hinweis auf das Gewehr. Vielen Dank nochmal und auch dir weiterhin viel Erfolg.

Viele Grüße,
Marc
 



 
Oben Unten