Unbedeutende Fragen

sonah

Mitglied
Sie betrachtet den Ring an ihrem Finger. Die Sonne wird reflektiert von dem geschliffenen Stein. Reflexionen tanzen in lebendig wirkenden Mustern an der weißen Wand des Gebäudes gegenüber. Sie streicht sich mit einer geschmeidigen Bewegung eine Fliege aus dem Gesicht.

Der Marktplatz ist an diesem Nachmittag menschenleer. Die Hitze breitet sich zähflüssig über die Dächer aus. Einzelne Blutlachen sind im verkrusteten Sand zu erkennen. Im Dorfbrunnen schwimmt ein Schuh, den ein Mitglied des Erschießungskommandos hineingeworfen hat.

Sie hockt im Sand und kann ihren Blick nicht lösen von dem Schuh. Die Frage, wie der Tod aussehen mag, war ihr gestern noch unbedeutend erschienen. Heute sind alle Fragen unbedeutend.
 
E

eisblume

Gast
Hallo sonah,

deinen kleinen Text finde ich insgesamt gar nicht schlecht, doch holpert er sprachlich stellenweise.

Die Sonne wird reflektiert von dem geschliffenen Stein.
Hier aktiv formulieren: Der geschliffene Stein reflektiert die Sonnenstrahlen.

Reflexionen tanzen in lebendig wirkenden Mustern an der weißen Wand des Gebäudes gegenüber.
Dieser Satz ist mir zu gestelzt, zudem muss insgesamt nicht jedes Hauptwort von einem Adjektiv begleitet werden.

Im Dorfbrunnen schwimmt ein Schuh, den ein Mitglied des Erschießungskommandos hineingeworfen hat.
Den fett markierten Teil würde ich unbedingt streichen, dafür besser nach "menschenleer" etwas in der Art einfügen, dass gespenstische Stille herrscht.

Sie hockt im Sand und kann ihren Blick nicht lösen von dem Schuh. Die Frage, wie der Tod aussehen mag, war ihr gestern noch unbedeutend erschienen. [strike]Heute sind alle Fragen unbedeutend.[/strike]
Den letzten Satz auch streichen, dafür so enden:
Die Frage, wie der Tod aussehen mag, war ihr gestern noch unbedeutend erschienen ...

Zu guter Letzt finde ich den Titel nicht wirklich ansprechend. Da könnte ich mir etwas wie "Der Schuh im Brunnen" besser vorstellen.

Ist jetzt natürlich nur meine Meinung, andere mögen das anders sehen.

Lieben Gruß
eisblume
 

sonah

Mitglied
Danke eisblume für Deine Kommentare. Konnte ich alles nachvollziehen, ich hadere nur noch mit der Entfernung des Satzteils "den ein Mitglied des Erschießungskommandos hineingeworfen hat". Angesichts der Blutlachen und der restlichen Beschreibung, könnte man sich vorstellen, dass etwas ähnliches vorgefallen ist. Aber dieses Werfen des Schuhs in den Brunnen verdeutlicht für mich noch in besonderem Maße, wie achtlos dort mit dem Leben umgegangen wurde. Es war nicht einfach eine Schlacht, ein Duell, von zwei gleichberechtigten Gegnern. Es war ein Gemetzel.

Ich sehe es ein, man muss nicht alles plakativ beschreiben und es sich beim Lesen auch einiges zwischen den Zeilen erschließen, aber auf diesen Satzteil kann ich schlecht verzichten.
 
E

eisblume

Gast
Hallo sonah,

wegen mir musst du auf gar nichts verzichten, es ist dein Text :)
Ich empfinde dieses Erschießungskommando nur als viel zu holzhammermäßig, und bei Kurzprosa hätte ich es einfach gern um einiges subtiler. Wie gesagt - meine Meinung :)

schönen Tag
eisblume
 

sonah

Mitglied
Die Frau betrachtet den Ring an ihrem Finger. Der geschliffene Stein reflektiert die Sonnenstrahlen, die in lebendigen Mustern an der Wand des Gebäudes gegenüber tanzen. Sie streicht sich mit einer geschmeidigen Bewegung eine Fliege aus dem Gesicht.

Der Marktplatz ist an diesem Nachmittag menschenleer. Die Hitze breitet sich zähflüssig über die Dächer aus. Einzelne Blutlachen sind im verkrusteten Sand zu erkennen.

Sie hockt im Sand und kann ihren Blick nicht lösen von dem Schuh, der im Dorfbrunnen schwimmt. Die Frage, wie der Tod aussehen mag, war ihr gestern noch unbedeutend erschienen ...




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30.05.2013 sonah: Überarbeitet nach Kommentar von eisblume
 



 
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