Und jeden Tag ein kleines Glück (Tag 42)

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Astrid

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Die Unzertrennlichen
Es ist laut im Einkaufszentrum. Menschen drängeln beim Wochenendeinkauf. Während draußen mal wieder Schneeflocken toben, ist hier bereits Frühling. Über frisch gepflanzten Blumenbeeten schweben Riesenschmetterlinge aus Draht. Außerdem Herzen, wohin ich schaue, in allen Varianten – es ist kurz vor dem Valentinstag.
Während ich ziellos durch die Passage bummle, beobachte ich die Menschen und schnappe hier und da Gesprächsfetzen auf: „Musst du wirklich noch mal in diesen Laden?“ „Jeden Freitag das Gleiche mit dir…!“ In solchen Momenten bin ich froh, dass ich Single bin.
Ich setze mich auf eine Bank im Untergeschoss, wo es etwas ruhiger ist. Da zwitschert es plötzlich neben mir. Ich habe den Käfig mit den bunt Gefiederten erst gar nicht gesehen. Vier Vogelpärchen sitzen darin. Interessiert beobachte ich, wie sie munter von Stange zu Stange hüpfen und sich ihre Schnäbel dabei immer wieder aufs Neue finden. Ein kleiner Junge steht fasziniert davor und zieht seine Mutter zurück, die mit den vollen Einkaufstüten weiter will. „Die will ich auch haben!“
„Eine Papageienart“ lese ich auf einer Tafel „Die Unzertrennlichen“. Wie treffend. „Sie halten ihrem Partner ein Leben lang die Treue und fallen durch ihr fröhliches und soziales Verhalten auf.“ Da können wir Menschen ja von lernen…
Doch was ist das? Da sitzt doch tatsächlich ein grüner Minipapagei allein auf der oberen Stange. Es sieht aus, als würde er sich ducken oder völlig in sich zusammenrollen, weil keiner mit ihm kuscheln will. Ich zähle. Noch einmal. Es bleibt dabei. Einer ist zuviel. Oder zu wenig.
Das ist ja fast wie im wirklichen Leben, denke ich. Auch ich bin geschieden. So fühle ich mit dem Kleinen, der allein gelassen inmitten der verliebten Schnäbelei der anderen sein trauriges Dasein fristet. „Ich kann den Valentinstag auch nicht leiden“ flüstere ich ihm zu. „Wir Singles müssen eben zusammenhalten.“
Da kommt ein älterer Mann mit einer grünen Jacke, der nach den Vögeln schaut. „Sagen Sie, was ist mit dem, der dort so allein sitzt?“ traue ich mich zu fragen, als ich auf seinem Schild die Aufschrift „Personal“ entdecke. „Ach, sein Frauchen wird gerade versorgt, sie hat sich einen Flügel verletzt. Sie wird bald wieder bei ihm sein.“
„Ach so. Na ich muss auch weiter…“
 



 
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