Ich kann in der Tat diesem Text nur abgewinnen, daß mit großer Mühe versucht wurde, möglichst viele neue Metaphern zu finden.
Nun ja, versucht und mit Mühe meint wohl Mißerfolg.
In der Tat. Fast alle Bilder sind meilenweit hergeholt und lassen keinen inneren Zusammenhang erkennen. Sie sind weder überraschend noch reicht ihre Aussage über den Moment hinaus.
Welche Metaphern erscheinen Dir mißlungen?
Das ist ja gerade das Problem. Wo soll man da anfangen. Ich bin Sanne dankbar, dass sie sich die Mühe gemacht hat, von der ich angesichts des Textes Abstand nahm.
Dennoch sollte am Ende eines Textes so etwas wie ein Aha-Erlebnis stehen.
Nein. Wir sind hier in der Lyrik. Weder Krimi noch Witz, Fabel oder ähnliches habe ich versucht.
Wer missverstehen will, der missversteht, und das in der Regel gründlich. Ich habe hier von Lyrik gesprochen und nichts anderem. Auch Lyrik soll unterhalten und Esprit haben. Wer Metaphern an den Haaren herbeizieht – die Geschichte mit dem Wort „Bracken“ ist Dir dann am Ende rechtzeitig noch selbst aufgefallen -, der muß sich schon fragen lassen, mit welchem Ziel er das tut. Sprachliche Montrösitäten sind kein Ausweis von Sprachvermögen.
Der Text enthält keine explizite Pointe oder Weisheit. Wenn er Deine Erwartungen nicht erfüllt, ist es schade, aber in erster Linie reflektiert er meine Auseinandersetzung mit einem Thema und mehreren Aspekten der Form.
Welches Thema und welche Aspekte von welcher Form? Da liegt doch gerade der Hund begraben!
Wie der Leser es empfindet, kann ich nicht ahnen.
Das kann niemand. Aber dennoch wird ein Text, zuvörderst ein Gedicht, erst im Gegenüber ein Ganzes. Wer also unverständlich sendet, der darf sich nicht wundern, wenn ein entsprechendes Echo kommt. Das ist ja dann von Stoffel/Sanne dankenswerterweise, die mehr Geduld mit diesem recht verunglückten Text hatte, auch im Detail geschehen.
Gibt es doch etwas, was man Qualität nennt, das über dem bloßen "Gefallen" und die Geneigtheit einem Autor gegenüber liegt?
Auf jeden Fall handwerkliches Können. Da Du hier aber keine konkrete Kritik übst, bleibt die Frage rhetorisch.
Genauso rhetorisch möchte ich antworten:
Wenn Du meine formalen Regeln im Text erkennst, freue ich mich über diesbezügliche Kritik.
Da weder meiner Einer noch andere ohne lange Erläuterungen Deinerseits, dies ist jetzt übrigens der zweite Eintrag von Dir, bei dem ich das feststellen muß, Deine formalen Regeln und den Inhalt Deiner Aussagen erkennen, muss das Problem wohl bei Dir liegen. Und daran setzt ja gerade meine Kritik an: Am mangelnden handwerklichen Können, das ich bei Dir weit unter Deinem Anspruch, den Du vermitteltst und bei anderen anlegst, sehe.
Das hat übrigens mit dem Geschmack oder dem Gefallen rein gar nichts zu tun. Bei meiner Auswahl kommen auch Gedichte in die von mir mit verantwortete Literaturzeitschrift, die mir „nicht gefallen“. Sie werden veröffentlicht, weil sie handwerklich gut sind und von der Sprache her überraschend. Und das ist auch der Bewertungsmaßstab, den man an eigene und andere Einträge anlegen sollte. Es sind diese Fragen:
• Kann der Autor etwas, zum Beispiel mit der Sprache souverän umgehen?
• Hat er ein Gefühl für Form, Metrik und Rhythmus?
• Passen seine Metaphern zur Aussage? Sind die gewählten Bilder stimmig? Überraschen die Sprachbilder im positiven Sinne?
• Hat der Text Esprit, geht sein Inhalt über den Tag hinaus, hat der Text etwas Bleibendes?
Geschmack, Gefallen, das sind keine Qualitätsmaßstäbe. Ein Gedicht kann gut sein, ohne dass man den Autor dafür gleich lieben oder kaufen muß. Darum geht es. Und darum, ob man bescheiden genug ist, sich von einem Kollegen etwas sagen zu lassen oder nicht.
Und ein Gedicht kann einem so richtig gut gefallen. Und trotzdem kann es zugleich wirklich handwerklich völlig daneben gegangen sein.
Liebe Grüße
W.
PS.: Zur Zeitschrift selbst verweise ich auf die Termine unter der Leselupe.