Verfallen

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S

Sandra

Gast
Lieber Herzog,

wunderschön deine Zeilen. Sie gehen mir sehr nah und wirken nach. Nur zwei klitzekleine Fragen:

Verfallen

Senk deinen Blick
In meine Augen
Und lass mich müde werden
Ein wunderschönes Bild der Vertrautheit und der Geborgenheit.

Halt mich ein Stück
In deinem Arm
Nimmt mir die Angst vorm Sterben
Sterben, als Bild für "sich fallen lassen", einander alles zu geben. Wenn man möchte kann man dieses Bild auch eins zu eins übersetzen. Der Geliebte liegt im Sterben.
Doch so oder so: Wieso verwendest du "Nimmt"? Halt mich ein Stück in deinem Arm, -- eine Aussage für etwas, was sich der Prot. erwünscht. In dieser Aussage solltest du bleiben: Nimm mir die Angst vorm Sterben ... der Wunsch wird weitergeführt.

Die Lust mit dir
Macht dass ich alle Welt
Vergaß:
Vielleicht könnte man hier den Begriff "macht" ersetzen. Es fällt ein wenig aus dem lyrischen Klang. Und wieso setzt du den Doppelpunkt nach "vergaß"? M.E. kannst du ihn getrost weglassen, der Sinnzusammenhang ist klar.

Das Jetzt und Hier
Und Zeiten auch
Als ich mich selbst besaß
Wunderschön!! Auch hier könnte man das " sich fallen lassen" interpretieren, oder den kommende Tod des Geliebten herauslesen. Es ist wohl eher "der kleine Tod" wie die Franzosen so schön sagen, aber die Vielschichtigkeit deiner Zeilen ist interessant.

Lg
Sandra
 

Herzog

Mitglied
Liebe Sandra ...

... vielen Dank für deine Worte, du hast mit allem Recht, was du sagst. - Ärgerlich ist natürlich, dass sich bei "nimmt" schlicht ein "T" eingeschlichen hat, das da nicht hingehört. Es muss natürlich heißen: "Nimm"! Zu dumm, dass mir das passiert ist, entschuldige bitte.

Was das "Sterben" angeht: Vielleicht ist das Nomen "Angst" etwas zu stark, aber was ich (als jemand der schon älteren Generation) gemeint habe, ist dieses Gefühl der Unsicherheit, das mich doch überfällt, wenn ich an das Lebensende denke... So war das von mir gedacht, aber auch deinen ganz anderen Interpretationsansatz finde ich interessant und berechtigt, wenn ich das sagen darf.

Viele Grüße, Herzog
 
I

IKT

Gast
Ein wunderbar weiches Gedicht. Die Angst, oder wie Du sagst Unsicherheit beim Thema Sterben ist die eine Seite. Ich finde, hier wird auch die Zusammengehörigkeit sehr gut beschrieben:

"Macht dass ich alle Welt
Vergaß:

Das Jetzt und Hier
[blue]Und Zeiten auch
Als ich mich selbst besaß[/blue]"

Einsame Zeiten werden vergessen, durch das Dasein des Anderen.
Meine Lesart, sicher nur eine von vielen möglichen.
LG IKT
 

Herzog

Mitglied
Vielen Dank auch dir, IKT...

... dein Interpretationsantz ist sehr schön und bewegend. Ich empfinde nur einen gewissen Gegensatz zu dem Titel des Gedichts. Meint "Verfallen" nicht die absolute Hingabe einer amour fou, das Sich-Selbst-Aufgeben in einer ausweglosen Leidenschaft - denn die Zeiten scheinen ja vorbei zu sein, als er/sie sich "selbst besaß"...

Lieber Gruß, Herzog
 



 
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