Versteckte Blicke

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Regenzauber

Mitglied
Versteckte Blicke

Ein spöttisch Lächeln mir ein Mädchen schenkte,
das mich von draußen im Café entdeckte,
wie ich nach ihr mir fast den Kopf verrenkte .
Ich nahm es schmerzhaft wahr, dass sie mich neckte.

Man sei, so jene, die noch jung an Jahren,
in meinem Alter doch ein Tattergreis
und sollte wenigstens die Haltung wahren!
Ach schweigt Ihr Bengel, seid nicht naseweis!

Was wisst Ihr von den Lüsten, die uns plagen,
den Gaukeleien, wenn wir schlaflos grübeln,
den Reizen, denen seufzend wir entsagen!
Ihr wisst es nicht, das kann man nicht verübeln.

Das Fleisch sei schwach? Oh nein, im Gegenteil,
denn das Verlangen starb nicht mit dem Können.
Man sublimiert. Was hilft‘s, es gibt kein Heil.
Ihr solltet uns des Traumes Glück vergönnen.
 

Walther

Mitglied
Lieber Regenzauber,

dieses Gedicht ist so eines, das unbeachtet im Internetnirwana zu versinken droht. Schade eigentlich, weil es eigentümlih ironisch dahinplätschernd etwas thematisiert, was man Alterssexualität nennt (wobei man schon fragen kann, wenn der Mensch heute über 80 wird und statistisch bei den Alten eh mehr im Bett läuft als bei den Jungen, wie man zu lesen bekommt, wann "Alter" anfängt).

Und das Ganze ist in wirklich gelungenen Versen vedichtet, über die man herzlich schmunzeln kann - obwohl es vielleicht eigentlich gar nichts zu schmunzeln gibt. Meckern kann ich mir bei diesem Text sparen, denn die paar Unebenheiten und fehlende Satzzeichen tun dem Lesegenuß wahrlich keinen Abbruch.

Gerne und danken gelesen!

LG W.
 
I

Ivor Joseph

Gast
Mein Beitrag enthält überwiegend: Konstruktive Vorschläge oder eine tiefere Analyse

... also ich kenne da einen - na sagen wir mal "beinahe Achtzigjährigen", mit dem ich gerne mal ein Glas Wein trinke. Der stöhnt auch immer, weil ihn die - na sagen wir mal "noch Achtundzwanzigjährige" - jedes Mal einen Hunderter kostet.
:)
LG; Ivor
 

Regenzauber

Mitglied
Selbst wenn mancher meint, dass “Reimerei” (ich bin nach wie vor scheu, von Poesie zu sprechen, da dies, im Zusammenhang mit meinen Texten, für mich eine Anmaßung darstellt, die ich gerne jenen überlasse, deren Selbstbewusstsein sie nicht davor zurückschrecken lässt) dass also die sich lyrisch nennende Wortgestaltung stets den Charakter eines seelischen Stripteases darstellen sollte, so bin eher geneigt, mich hier als Österreicher zu einem “ja schon, aber doch nicht nur und nicht zuviel” zu bekennen. Schöner Schachtelsatz!

Zu den technischen Aspekten der Greisenlibido: was immer die Bader und Zauberer der Vergangenheit und die Pharmazeuten von heute auch “zu Stande” bringen, ändert nichts am Verluste dessen, was man im herrlichen Rausche des Verliebtseins einst erleben durfte – von aller Welt meist belächelt – und beseitigt nicht den moralischen und ästhetischen Konflikt, der sich aus der Ausbeutung der Erfahrung des Gealterten in der Begegnung mit dem jungen Fleische ergibt (habe ich nicht in meinem Profil gesagt, ich sei ein “wehmütiger Karnivore” ?) – wenn auch nur für jene, die noch eine gewisse Wertskala besitzen.
 
Hallo Regenzauber,

dein Gedicht ist erfrischend zu lesen. Was für ein Glück, dass Erotik sich auch nicht vor dem Alter verschließt! Ich kenne 80-Jährige, die sich diesen Lustgewinn noch nicht versagen.
Jetzt bitte keine falschen Rückschlüsse ziehen... :).

Lieber Gruß,
Estrella
 

Regenzauber

Mitglied
Liebe Estrella,

Du hast recht gut gesehen, wenn Du sagst “ sich noch nicht versagen”, denn die Frage ist wohl, wo man die Grenze ziehen soll, und wenn man hier in den Kommentaren wiederholt auf die 80-jährigen hinweist, dann könnte ich dies sehr leicht persönlich nehmen und damit genau jenes bekräftigen, was ich einem Antwortkommentar als eher zu vermeiden empfahl, nämlich das erzählende Ich so transparent werden zu lassen, dass man bei einer schriftlichen Lebensbeichte des dahinterstehenden Ichs anlangt.
 



 
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