Vertrauen

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OmaOnline

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Vertrauen

Die Sonne kommt nur langsam in mein Leben
Dunkelheit will nicht weichen
Was hätte ich alles dafür gegeben
niemals diesen Zustand zu erreichen

Es gab so vieles, was mich trieb in die Nacht
Schritt um Schritt, Tage um Tage
Wann habe ich das letztemal gelacht
Nur Show, nur Maske all die Jahre

Keiner kam mir zu nah, nicht mal ich selber
Stille nach aussen, Aufruhr im Innern
Er kostet viel Kraft, mein kleiner Helfer
Nur Abgeschiedenheit ist der Gewinner

Mein Wall, mein Schutz, hab Angst, er könnte brechen
Es traf mich so tief, bis ins Mark
Ich hatte doch mal sein Versprechen
Glaube niemandem mehr, was er auch sagt

Lebe in meiner kleinen Welt, umgeben von Mauern
Das Dunkel, die Ruhe sind meine Schätze
Ratlos, hab ich die Kraft, wieder zu vertrauen
Kein Gefühl wird mich je wieder verletzen

Es macht mir nichts aus, komme gut damit klar
Mir ist nicht bewusst, was ich versäume
Wenn ich ganz ehrlich bin, es ist nicht wahr
Schwarz und still sind meine Träume

Bin ich überhaupt für eine Öffnung bereit
Immer voller Abwehr an vorderster Front
Was ich mir antue, weiss allein die Zeit
und der kleine, schwache Mensch, der in mir wohnt

Ich gebe mir selbst keine Chance.......
bis eine Träne mein eisiges Herz berührt
 

Jongleur

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Das ist ein Anfang.

Hallo O., (irgendwas sträubt sich in mir, hier "Oma" hinzusetzen, obwohl Du doch selbst dieses Pseudonym ausgesucht hast)
das ist ein sehr trauriges Gedicht. Und statt Vertrauen könnte als Titel auch stehen: Kein Vertrauen und Kein Selbstvertrauen.
Und gleichzeitig hat man das Gefühl, dass mit dem Schreiben dieser Zeilen ein Schritt zum Vertrauen, zum "der-Welt-wieder-Trauen", gemacht ist. Ein Öffnen, ein Anfang.
Ich finde sehr treffende Formulierungen wie z. B. Keiner kam mir zu nah, nicht mal ich selber, ich gebe mir selbst keine Chance und immer wieder die Widersprüche, in denen dieses Ich sich bewegt, die Versteinerung, in der es sich befindet.
Es könnte flüssiger werden, wenn man ein wenig daran feilte. Und es ist das wert.
Der Jongleur
 

OmaOnline

Mitglied
Hallo Jongleur

Ich danke dir für deinen Kommentar und die eigentlich positive Beurteilung. Ich tue mich immer schwer, eines meiner Gedichte zu ändern, bzw. daran zu feilen.
Du hast eine andere Sichtweise, gebe ich zu.
Ich wüsste nicht, was ich daran ändern sollte.
Wäre sicher interessant, Vorschläge deinerseits zu lesen.

Und warum nicht 'Oma' ;-)
Auch eine Oma, die ich nicht bin, kann ihre Gefühle so zum Ausdruck bringen.

Dann nenne mich einfach Carmen :)

Lieben Gruss
 

Jongleur

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Was will mein Gedicht?

Hallo Carmen,
mmh ja, die "Oma" erinnert mich an das so penetrante von manchen Jugendlichen abfällig benutzte, in Kranken- und Pflegesituationen gedankenlos genutzte Ansprachewort ... Und eben so wie mich dort das "Kleinmachen" schmerzt, auch das unerlaubt vertraute "Du", geht es mir mit solchen "Senioren-Angeboten", wenn sie für "Oma" sind. Wir sind doch in erster Linie Menschen! Dann haben wir Namen! Und die Verallgemeinerungen "Oma" und "Opa" werden oft herabmindernd verwendet. Deshalb kann ich auch zu solchen Bezeichnungen, wenn sie sich jemand selbst "verleiht", kaum mühsam lächeln. - Und das sag ich als Nicht-Oma, Nicht-Opa.

Zu Deiner Frage, Carmen. Wird wohl so sein, wie Du es sagst, dass wir unterschiedliche Stile im Gedicht pflegen. Trotzdem (und sogar trotz Deines Vorbehalts, dass Du ungern Deine Gedichte änderst) fragst Du mich ...

Ich denke hinter der Frage einer Korrektur steht die Frage: was will mein Gedicht? oder: Was will ich mit meinem Gedicht?
Wenn es in erster Linie tagebuchartige Reflexion und Verarbeitung in Versform sein soll, dann ist seine Aufgabe, so genau wie möglich den Innenzustand des Autors wiederzugeben. Inhalt ginge dann vor Form.
Wenn ich aber schreibe, weil ich meinem Gedicht Leser wünsche, dann muss es leserfreundlich, lesefreundlich sein.
Und dazu gehört, wenn ein Gedicht im Großen und Ganzen in einem bestimmten Rhythmus, einer Sprachmelodie angelegt ist, dass es in diesem Rhythmos ohne größere Unebenheiten, Stoperstellen bis zum Ende durchhält. (jaja, es gibt natürlich bewusst eingebaute "Brüche". Aber)im Prinzip ist das so eine Art "Übereinkunft". Und das ist mein hauptsächlicher Ansatz, dass Du manchmal für mich stimmig bist in den Zeilen, manchmal aber vor Überangebot der Wörter und des Herzens zum Beispiel zuviel in die Zeilen packst.
Bin eigentlich ziemlich matt im Augenblick, aber ich versuchs mal, den Text durchzugehen mit "meinen" Anmerkungen, also ein wenig unter meiner Stilsicht, anders kann ich es nicht. Dafür mögen dann andere sprechen.

Vertrauen

Die Sonne kommt nur langsam in mein Leben
Dunkelheit will nicht weichen


Hier ist mit der 1. Zeile ein starker Rhythmus vorgegeben, den ich als Leser automatisch erwarte, dass er sich durchziehen möge.
Statt dessen aber bricht die 2. Zeile total aus.
Man könnte das als einmalige Aktion vielleicht als bewussten "Bruch" sehen, um die Aufmerksamkeit auf eben diese Dunkelheit zu lenken - aber man könnte auch einen "angepassten" Weg suchen, z. B. (ich phantasiere jetzt mal, das sind nur Anregungen ..., um meine Ideen zu verdeutlichen. Ja?)

Die Sonne kommt nur langsam in mein Leben
Die Dunkelheit ist zäh und will nicht weichen


oder, um den aufeinanderfolgenden selben Artikel zu umgehen, eine Umstellung:

Die Sonne kommt nur langsam in mein Leben
So zäh ist Dunkelheit, sie will nicht weichen

Was hätte ich alles dafür gegeben
(Was alles hätte ich dafür gegeben ...)

niemals diesen Zustand zu erreichen

Hier scheint mir das Reimwort den Ausschlag für die Aussage gegeben zu haben. Das scheint mir aber inhaltlich nicht ganz stimmig, denn das Wort "erreichen" scheint mir eher an einen vorwärtsgetriebenen Weg gekoppelt zu sein als an dies, doch wohl eher ungewollte und unbewusste Verharren in dem Zustand, unter dem das Ich leidet und sich im Zwiespalt befindet.

Es gab so vieles, was mich trieb in die Nacht
(möglich im Versmaß: Es gab so vieles, was mich in die Nacht trieb - oder: Es trieb mich Vieles in die Nacht ...)
Schritt um Schritt, Tage um Tage
Wann habe ich das letztemal gelacht
Nur Show, nur Maske all die Jahre

Keiner kam mir zu nah, nicht mal ich selber

Hier ist die Betonung konträr, die erste Silbe wird betont.
Wollte man (man muss nicht) das Versmaß angleichen, könnte man versuchen:
Es kam mir keiner nah, nicht mal ich selber

usw.

Nun gibt es ja die "freien" Gedichtformen, in denen auch das Versmaß keinerlei bestimmtem Ablauf mehr unterworfen sein muss. Dafür aber wählst Du zu häufig in Deinem Gedicht einen festen, skandierenden Rhythmus.

Stille nach aussen, Aufruhr im Innern
Er kostet viel Kraft, mein kleiner Helfer
Nur Abgeschiedenheit ist der Gewinner

Mein Wall, mein Schutz, hab Angst, er könnte brechen
Es traf mich so tief, bis ins Mark

(es traf mich tief bis in das Mark)
Ich hatte doch [noch gestern] sein Versprechen
Glaube niemandem mehr, was er auch sagt

(Glaub keinem mehr, was er auch sagt)

Lebe in meiner kleinen Welt, umgeben von Mauern
(Ich lebe in einer Welt mit Mauern)
(Ich lebe eingeschränkt und hinter Mauern)
Das Dunkel, die Ruhe sind meine Schätze
Ratlos, hab ich die Kraft, wieder zu vertrauen

(bin ratlos, weiß nicht, ob wieder vertrauen ...)
Kein Gefühl wird mich je wieder verletzen
(mich soll nie wieder etwas/jemand verletzen)
(mich sollen nie wieder Gefühle verletzen)

Es macht mir nichts aus, komme gut damit klar
Mir ist nicht bewusst, was ich versäume

(mir ist nicht bewusst, dass ich etwas versäum[t]e)
Wenn ich ganz ehrlich bin, es ist nicht wahr:
Schwarz und still sind meine Träume

Bin ich überhaupt für eine Öffnung bereit
Immer voller Abwehr an vorderster Front

(Immer in Abwehr, an vorderster Front)

Was ich mir antue, weiss allein die Zeit
und der kleine, schwache Mensch, der in mir wohnt


Das ist mir inhaltlich nicht klar.
Wieso die Zeit? - Und der schwache Mensch? Der unterdrückte Mensch? Der in mir wohnt? Der i c h b i n ?

Ich gebe mir selbst keine Chance.......
bis eine Träne mein eisiges Herz berührt


Die letzte Zeile ist mir inhaltlich unklar bzw. falls meine Deutung die gewollte Aussage trifft, ist wirklich die Aussichtslosigkeit gemeint, die sich in den Schwanz beißende Katze, der nicht zu durchbrechende Kreisluaf? Oder sollte nicht für das "Ich" eine Möglichkeit, eine Chance geöffnet werden, formuliert werden, auch wenn die vage wäre?

Ich lese: Das Ich glaubt nicht an sich - und traut sich nicht, sich zu öffnen, vertrauensvoll entgegen zu gehen ... es verbietet es sich (?) oder sieht sich dazu als zu schwach, verletzt an ... so lange, bis eine Träne ... Daraus würde ich verstehen, dass das Ich versteinert ist und erst mit dem Lösen der Tränen ein Bann gebrochen werden kann, der Gefühlskälte (eisiges Herz) entronnen werden kann.
Stilistisch, an dieser Stelle, sind mir Formulierungen wie "Träne ein eisiges Herz berührt" sehr ... dick aufgetragen. Aber das ist mein Geschmack. Deiner, Carmen, mag hier anders liegen. Die andere Frage ist die nach dem Inhalt, der Aussage der letzten beiden Zeilen. So wie ich es verstehe, schließt sich damit ein Vertrauen-Fassen, ein Sich-Öffnen aus, denn wenn die Chance - sprachlich - durch dieses "bis" (so lange ... bis) gekoppelt ist, heißt es ja, dass die Chance zur Veränderung erst ergriffen wird, wenn das, was eigentlich verändert werden soll, die (Gefühls)Versteinerung irgendwie (irgendwie??) sich von allein löst und eine Träne die Schleusen öffnet und Heilung ermöglicht.
Ist da gemeint: Wenn ich endlich wieder weinen könnte??

Puuh, nimm das bitte nur als meine Gedanken dazu, Carmen, als das, was mir gerade dazu einfällt, was alles möglich wäre - aber es ist Dein Gedicht und Du musst gar nichts ändern.
Die ambivalenten Gefühle, die Zweifel, der Vertrauensverlust, das Zurückziehen usw. - all das steckt ja drin in dem Gedicht!
Aber ... wenn es *auch* für Gedicht-Leser gedacht ist, dann machst Du es mit einer flüssigen und stimmigen Form dem Leser leichter (jedenfalls *mir* als Leser), das Gedicht zu lesen und sein Anliegen zu verstehen.

Lieben Gruß vom Jongleur
 

OmaOnline

Mitglied
Hallo Jongleur

Ich danke dir sehr für deinen mehr als ausführlichen Kommentar. Du hat vollkommen recht damit, dass es sich für einen nichteingeweihten Leser anders flüssiger und besser verständlicher lesen würde.
Ich schreibe hier über einen Freund, der sich vollkommen aus der Gefühlswelt zurück gezogen hat. Der eine immaginäre Mauer um sich errichtet hat und niemanden mehr an sich ran kommen lässt. Es war ein langer Prozess bis er so geworden ist. Die letzten Zeilen, die für dich nicht so klar rüberkamen, hast du vollkommen richtig interpretiert.
Es ist halt nur ein Gedicht, das Gefühle sichtbar werden lässt.

Nochmals ein danke an dich.....

Carmen
 



 
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