Vertrauen ist nur der Anfang

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Meine Hände sind kalt. Ich hatte sie die ganze Zeit in den Taschen, während ich irgendwie ziellos durch die Stadt rannte. Am Universitätsplatz, wo sich gleich fünf Straßenbahnlinien kreuzen, musste ich lange an der Straße warten. Es gab dort keine Ampel.
Die Autos rauschten an mir vorbei und bogen rücksichtslos in den Kreisverkehr ein. Ausfahrt Stadtzentrum, Ausfahrt Neustadt, Ausfahrt Herrenkrug. Ich beobachtete, wie die Fahrzeuge wie gefühlskalte Insekten übereinander herfielen, wie sie Gruppen bildeten, sich aneinander rieben, plötzlich auseinander brachen, Spuren wechselten. Wie eine Königin brach eine Straßenbahn in diese scheinbare Unordnung hinein. Mit ihrem prall gefüllten Hinterleib schob sie sich ruhig und gelassen in das Insektenchaos hinein und bannte meine Aufmerksamkeit durch ein einziges alles übertönendes Klingeln. Ihre Fenster waren wie die Öffnung von Bienenwaben und dahinter sah ich ihre Kinder, ihre Eier, die sie bald an der nächsten Haltestelle gebären würde. Sie hatte so viele Öffnungen, aus denen sie ihr entströmen konnten. Ein Kind nach dem anderen. Ein kurzes Putzen, ein Blinzeln ob dem neuen und unbekannten Sonnenlicht, der erste Schritt. Wie junge Schildkröten kriechen sie zielstrebig zum Wasser und können sofort schwimmen. Die meisten von ihnen kriechen ins Kaufhaus, wollen dort schwimmen. Der Existenzkampf beginnt in dem Moment, wenn ihre Leiber, wie schlachtreife Kühe in die Drehtür eintreten. Ihre Augen öffnen sich weit. Gleich wird entschieden, wer Jäger und wer Gejagter wird.
Die Straßenampeln schalteten auf Rot. Der Verkehr kam zum stehen, verdichtete sich. Wie im Triumphzug entließen die dicht an dicht stehenden Fahrzeuge ihre Königin in Richtung Stadtzentrum. Der ganze Kreisverkehr war plötzlich überfüllt und regungslos. Auch an der Stelle, wo ich wartete, kam der Verkehr zum stehen. Eine Frau, die ungeduldig in ihrem Auto saß, schaute mich von unten her kurz, fast fragend an. Ich schaute ihr von oben ins Dekolté. Nirgendwo, als nur im Straßenverkehr ist es erlaubt, so offene Blicke auszutauschen. Das liegt daran, dass sie sich sicher fühlen, in ihren metallenen Trutzburgen.
Ich überquerte die Straße. Die Ampeln sprangen auf Grün. Ungeduldig betätigte Gaspedale, die Kupplung kommt, Gaspedal voll durchgedrückt. Sie müssen sich unheimlich sicher fühlen in ihren metallenen Trutzburgen.

Als ich in den Kopiershop eintrat, überlegte ich, wie ich ihr erklären sollte, dass ich eine Geschichte über sie geschrieben hatte. Über sie! Sie brachte nicht ein einziges wahres Wort über sich selbst zu Stande. Und was hatte ich getan? Ich hatte eine Geschichte über sie geschrieben. Ich hatte einen Teil von ihr genommen und ihn öffentlich gemacht. Ich hatte ihn wie selbstverständlich ergriffen. Ich hatte darüber nachgedacht, die Worte waren wie von selbst gekommen. Dann war die Geschichte fertig gewesen und ich wusste, es hätte nicht schlimmer sein können, wenn ich ihr ins Gesicht schlug.
Ich stand an der Theke, nestelte das Papier aus der Innentasche meiner Lederjacke. Es wirkte etwas unbedeutend, wie es so zusammengefaltet in meiner Hand lag.
Wollte ich das jetzt wirklich? Ich legte das Papier auf die Theke, faltete es auseinander und strich die Seiten mit der flachen Hand glatt. Ich nickte.
„Zwei Mal.“, sagte ich.
„Nein, drei Mal.“
Der etwas ältere, glatzköpfige Besitzer des Kopierladens lächelte verständnisvoll.
„Gut. Fünf Mal.“, sagte ich entschlossen. Wenn ich schon einen Verrat beging, wollte ich ihn richtig begehen. Am besten wäre es gewesen, ich hätte die Geschichte dem glatzköpfigen Mann gleich vorgelesen, gleich bevor er sie mit nach hinten nahm und auf den Kopierer legte.
Ich hätte hinaus auf die Straße gehen sollen und sie allen vorlesen sollen. Dann wäre ich zu ihr nach Hause gekommen und hätte sagen können: „Hör auf zu schreien. Es ist geschehen. Du wirst daran nichts ändern. Ich habe es getan, ich habe einfach das getan, was du nicht tun kannst.“
Mein Kopf wurde so rot wie eine Laterne, als er das Papier ergriff. Wäre es anders gewesen, wenn ich eine anstößige Pornogeschichte geschrieben hätte? Wenn auf dem ersten Bogen etwas gestanden hätte, wie, ich will dich ficken oder siebzehn japanische Huren ficken für den Weltfrieden – siebzehn erotische Kurzgeschichten für unterwegs? Hätte ich dann nicht einfach nur gegrinst, wenn er erst das Papier und dann mich angeschaut hätte? Ich hätte die fünf Kopien entgegengenommen, bezahlt und eine Kopie grinsend auf die Theke gelegt.
„Für unterwegs.“

Meine Hände sind kalt. Ich sitze ihr gegenüber. Ich reibe meine Hände. Ich beobachte, wie ihre Hände das Papier berühren, wie sie die Ecken knicken, bevor sie ganz ruhig einen Bogen hinter den anderen schieben.
Die Zeit verstreicht. Ich reibe meine Hände und beobachte, wie ihr Blick sich in den Text vergräbt, wie sich manchmal ihre Lippen bewegen und ich ganz genau weiß, was sie sagt. Ich könnte jetzt leise sprechen und meine Lippen im Takt ihrer Lippen bewegen lassen. Ich könnte flüstern. Ich beuge mich vor und stütze meine Ellenbogen auf meinen Knien ab. Mein Blick streift den Fußboden. Ich blicke auf, sehe ihre Augen wie den Kursor an meinem Rechner hin und herrattern, Punkt, Absatz, neuer Abschnitt. Mit den Händen greife ich in meine Haare und ziehe sie in alle Richtungen auseinander. Sie nimmt den vorletzten Bogen Papier, knickt die Ecke und schiebt ihn nach hinten. Sie blickt kurz auf. Ihre Stirn ist glatt, ich sehe die alten Sorgenlinien darauf, ich denke daran, wie sich diese Stirn so oft in Falten gelegt hat, wie die schmalen, dunklen Augenbrauen so dicht bei einander standen. Ich sehe ihren Blick. Er ist frei von jedem Gedanken. Ich frage mich, ob meine Stirn jetzt genauso ruhig aussieht, so entspannt, so sicher.
„Ich mache uns einen Kaffee.“, sage ich und stehe auf. Ihr Blick weicht nicht von meinen Augen. „Du musst sie bis zum Schluss lesen.“, sage ich.
Sie nickt.
„Ich mache jetzt Kaffee.“, sage ich. Ich reibe meine Hände und blicke in die Küche. Ich weiß nicht einmal, wo der Kaffee steht. Ich gehe hinein. Ich sehe, wo die Kaffeemaschine steht und öffne die Küchenschranktür darüber. Ich sehe ein paar sehr bunte, große Kaffeetassen. Dann zwei, die etwas an der Seite stehen. Sie sind schlicht und sehen billig aus. Ich nehme sie heraus, nehme die Kaffeedose und gebe zwei gehäufte Teelöffel in jede Tasse.
Der Wasserkocher hat eine dunkle, fast warme Farbe. Ich öffne den Wasserhahn und ich höre das leise Brausen von kaltem, fließendem Wasser. Ich stelle den Kocher zurück auf die Ablage, ich betätige den Kippschalter – Klick.
Ich schaue auf die Uhr. Mit der Hand befühle ich den Wasserkocher. Ich fühle, wie sich das Wasser darin langsam erwärmt. Ich höre ein leises Rauschen. Es war nicht von Anfang an da, es kam langsam, ungefähr da, als ich meine Hand zum ersten Mal von dem Wasserkocher nehmen musste. Das Rauschen beruhigt mich. Ich schließe die Augen und beuge mich etwas vor. Mein Kopf sinkt nach vorn und meine Haare fallen mir in die Stirn.
Ich nehme ihre erste Berührung nur undeutlich war. Ihre Hand befühlt meinen Rücken, mein Hemd. Ich atme tief ein und nicke. Wie immer berührt mich ihre Hand nur flüchtig. Mehr ängstlich und bittend. Nur fragend.
Ich atme aus. Ich greife hinter mich, ergreife ihre Handgelenke, ziehe sie nach vorn und lege sie auf meinen Bauch.
„Sie war gut, nicht wahr?“
Sie nickt. Ich kann ihr Gesicht fühlen. Sie presst es gegen meinen Rücken. Ihr Kopf bewegt sich langsam auf und ab. Ich lächle und schließe wieder die Augen. `Sie nickt.´

Klick! Das Wasser kocht jetzt.
Ich drehe mich in ihren Armen um. Von unten her schaut sie mich an. Ich streichle ihr Gesicht.
„Wir haben einen Anfang gemacht.“, flüstere ich.
„DU hast einen Anfang gemacht.“
Dann küsse ich sie.

Meine Hände sind kalt. Ich sitze der jungen Frau gegenüber. Sie hat ihre Hände zwischen ihre Knie gelegt und sie merkwürdig ineinander gefaltet. Ich bin hier, um ihr zu helfen.
Sie sagt, dass sie es schön findet, dass sie ihre Therapie zu Hause haben kann. Sie traut sich nur noch selten aus ihrer Wohnung heraus. Sie fühlt sich hier sicher, sagt sie.
Ich nicke. Ich habe ihr seit einer Stunde zugehört und nicht gesprochen, nur genickt und ab und zu gelächelt. Ich weiß, sie hat viel zu erzählen.
Ich schaue mich in ihrer Wohnung um und sehe all die vielen persönlichen Dinge, die Erinnerungen, selbstgeschriebene Gedichte an den Wänden. Als sie zu weinen anfängt, setze ich mich zu ihr auf das Sofa und lege meinen Arm um sie.
Erschrocken weicht sie vor mir zurück.
Ich lächle und ich frage mich, was ich über sie schreiben werde.
„Wir werden einen langen Weg zusammen gehen.“, sage ich.
Und ich spüre ihr ängstliches Zittern und höre ihr Schluchzen und drücke sie beschützend an mich.

„Vertrauen ist nur der Anfang.“



I´LL HIDE BEHIND AN SMILE AND
UNDERSTANDING EYES
I´LL TELL YOU THINGS THAT YOU
ALREADY KNOW
SO YOU CAN SAY
I REALLY IDENTIFY WITH YOU
ALL THE TIME YOU´RE NEEDING ME
IS JUST THE TIME I´M BLEEDING YOU
I´LL COME TO YOU LIKE AN AFFLICTION
I´LL LEAVE YOU LIKE AN ADDICTION

YOU´LL NEVER FORGET ME

Henry Rollins
 

Roni

Mitglied
vielleicht, weil nicht klar ist,
wer jaeger ist und wer gejagter?

vertrauen jagen?

spannend, fesselnd
und sehr bildhaft
und wie immer bleiben fragen*g

gruss
Roni
 
Hi Micha, hi Roni,
also für mich ist das eindeutig ein aus der Ich-Perspektive geschriebener Kriminalfall. Natürlich geht es um moralische Kriminalität. Aber es muß in einem Krimi ja nicht immer um den "allgemeinen" Mord oder Diebstahl gehen. Ich denke da zB. an den Mord an der Seele oder den Diebstahl von Vertrauen. Ich denke, man kann da sehr viel draus machen.
Diese kurze Krimigeschichte war für mich auch nur gedacht, um diesen Gedanken mal schriftlich fest zu halten.
Ich hatte zum Schluss das Gefühl, daß es da noch sehr viel mehr zu erzählen gibt. ZB., wer der Icherzähler ist, das mit dem Geschichten-schreiben-um-jemanden-zu-umgarnen müßte durch einen viel zwingenderen Umstand ersetzt werden, etwas mehr Handlung wäre gut, der Einstieg ist eigentlich nicht stimmig genug, um mit dem Schluss mitzuhalten.
Darum ist es vielleicht auch etwas uneindeutig, warum ich es für einen Krimi halte.

Naja, ich experimentiere halt gern. Auch mit Genres.
Gruss Marcus
 

JoshHalick

Mitglied
Hallo Marcus,

ich habe mir deine Geschichte gerade mal durchgelesen. Also… wie fang ich denn mal an. Hm…
Na gut erstmal zum Inhalt.
Als ich die Geschichte nur so las… so ganz unvoreingenommen, da stand ich ihr inhaltlich so ziemlich neutral gegenüber. Konnte nichts Gutes und nichts Schlechtes behaupten. Ich dachte nur: Ok. Das is also die Geschichte.
So im Nachhinein und nachdem ich deinen Kommentar gelesen habe, hab ich noch mal etwas näher darüber nachgedacht, und finde die Idee eigentlich ganz gut! Ja da solltest du auf jeden Fall dran bleiben denke ich! Seh das schon vor mir! Meine Güte!
Gut meine Phantasie geht mit mir durch… wie gesagt, ich find die Idee gut.
Das mit der Biene gefiel mir gar nicht so gut, mit der Straßenbahn, das konnte ich mir nicht vorstellen, das war ja viel zu dramatisch für mich. Aber das kann ich nicht wirklich bemängeln, weil ich mir vorstellen kann das es Anderen gefällt. Ich fands eben nur etwas zu dramatisch. Dachte die Welt geht unter… so was.

Um zu dem Text an sich zu kommen. Ich hab da schon die ein oder andere Anmerkung. Aber auch hier kann ich nicht wirklich Fehler aufzeigen, sondern nur erzählen was meinem Gemüt nicht so zusagte. Teilweise war es auch etwas verwirrend, aber das mag auch dran liegen, das ich nicht aufmerksam genug las. Und da ich mir da eben nicht so sicher bin, lasse ich das mal außen vor.

Kommen wir mal zu meinen Anmerkungen.

Meine Hände sind kalt. Ich hatte sie die ganze Zeit in den Taschen, während ich irgendwie ziellos durch die Stadt rannte.

Ich mochte hier nicht so gern… die Hände sind kalt, waren die ganze Zeit in den Taschen… Mag zwar sein, dass das möglich ist, aber… es beißt sich irgendwie.
Noch mehr störte mich das irgendwie. Warum irgendwie ziellos durch die Stadt. Zumal er zu guter letzt ja doch ein Ziel hat, den Copyshop. Aber gut… das entscheide du. Doch irgendwie. Entweder er geht ziellos durch die Stadt oder nicht. Es sei denn du kannst mir plausibel erklären was irgendwie ziellos durch die Gegendrennen ist.
Ja sicher, würde ich das auch sagen… ich bin heut so irgendwie total ziellos durch die Stadt gelaufen… aber so inner Geschichte. Ich weiß nicht. Zumal dieses ziellos ja gar keine Rolle spielt.
Weil wir erst da einsteigen wo er bereits ein Ziel hat.


Ich hatte darüber nachgedacht, die Worte waren wie von selbst gekommen.

Hier wollte ich nur mal fragen. Es klang so komisch. Heißt das wirklich so, oder heißt das: Ich hatte darüber „nicht“ nachgedacht?


Wollte ich das jetzt wirklich? Ich legte das Papier auf die Theke, faltete es auseinander und strich die Seiten mit der flachen Hand glatt. Ich nickte.
„Zwei Mal.“, sagte ich.
„Nein, drei Mal.“

Der etwas ältere, …


Hier empfand ich als störend, das nach dem „sagte ich“ ein Umbruch folgt. Denn so dachte ich zuerst der Ladenbesitzer sagt: Nein, drei Mal…“


…glatzköpfige Besitzer des Kopierladens lächelte verständnisvoll.
„Gut. Fünf Mal.“, sagte ich entschlossen. Wenn ich schon einen Verrat beging, wollte ich ihn richtig begehen. Am besten wäre es gewesen, ich hätte die Geschichte dem glatzköpfigen Mann gleich vorgelesen, gleich bevor er sie mit nach hinten nahm und auf den Kopierer legte.


Hm… Wenn ich schon einen verrat beging, wollte ich ihn richtig begehen… Dieser Ausspruch bezieht sich für mich auf sein: Gut. Fünf Mal… Und das klingt schon recht komisch. Irgendwie ja, für mich, hatte das ne gewisse Komik.

Mein Kopf wurde so rot wie eine Laterne als er das Papier ergriff. Wäre es anders gewesen, wenn ich eine anstößige Pornogeschichte geschrieben hätte? Wenn auf dem ersten Bogen etwas gestanden hätte, wie, ich will dich ficken oder siebzehn japanische Huren ficken für den Weltfrieden – siebzehn erotische Kurzgeschichten für unterwegs?

1) Ich hab noch nie rote Laternen gesehen…..
2) Wortwiederholung, und dann auch noch so ein unattraktives Wort. Ja ich finds überhaupt nicht melodiös dies Wort. Deshalb würde mir einmal langen.


„Ich mache jetzt Kaffee.“, sage ich. Ich reibe meine Hände und blicke in die Küche. Ich weiß nicht einmal, wo der Kaffee steht. Ich gehe hinein. Ich sehe, wo die Kaffeemaschine steht und öffne die Küchenschranktür darüber. Ich sehe ein paar sehr bunte, große Kaffeetassen. Dann zwei, die etwas an der Seite stehen. Sie sind schlicht und sehen billig aus. Ich nehme sie heraus, nehme die Kaffeedose und gebe zwei gehäufte Teelöffel in jede Tasse.

Dieser Absatz klang für mich wie aus einer Werbesendung. Ganz besonders der erste Teil: Ich weiß nicht mal wo der Kaffee steht. Denn im Fernsehen sagen die Unheimlich gern Sätze die so beginnen: Ich weiß nicht mal…. Deshalb musste ich hier kichern. Das passte so gar nicht. Hatte wieder sone Komik… Ich weiß nicht mal wo der Kaffee steht… na ja…


Ich schaue auf die Uhr. Mit der Hand befühle ich den Wasserkocher. Ich fühle, wie sich das Wasser darin langsam erwärmt. Ich höre ein leises Rauschen. Es war nicht von Anfang an da, es kam langsam, ungefähr da, als ich meine Hand zum ersten Mal von dem Wasserkocher nehmen musste.

Wieder so was dramatisches, dabei geht es nur um kochendes Wasser! Und dann dieses: Es war nicht von Anfang an da…
Nun ich für meinen Teil, nehme von vornherein an, das dass Rauschen des Wasserkochers nicht von ungefähr kommt…

Das Rauschen beruhigt mich. Ich schließe die Augen und beuge mich etwas vor. Mein Kopf sinkt nach vorn und meine Haare fallen mir in die Stirn.
Ich nehme ihre erste Berührung nur undeutlich war. Ihre Hand befühlt meinen Rücken, mein Hemd. Ich atme tief ein und nicke. Wie immer berührt mich ihre Hand nur flüchtig. Mehr ängstlich und bittend. Nur fragend.


Das Wort „sinkt“ gefällt mir einfach in diesem Zusammenhang nicht. Ich sehe das Bild vor mir, und das ist ziemlich eigenartig. Als ob er irgendwelche Drogen genommen hat.
Dann kommt diese komische Berührungssache, die ich auch nicht als so schön lesbar empfand. Undeutlich wahrnehmen… lasse ich grad noch so durchgehen. Befühlt Rücken und Hemd… wie befühlt sie das denn? Wie wenn sie sich Stoff aussucht um ein neues Kleid zu nähen? Na ja. Warum nickt er denn plötzlich. Das habe ich nicht verstanden. Dann kommt“ Mehr ängstlich und bittend. Aber da fehlt der Vergleich. Da müsste doch stehen so was… Mehr… als…. Und überhaupt ist das etwas viel für mich. Eine Hand berührt flüchtig. ängstlich, bittend und dann nur fragend. Das ist zu hoch für mich. Das kann ich nicht überwältigen. Ganz ehrlich.


Das waren erstmal alle Anmerkungen. War gar nicht so viel.
Das eigenartige war… in Gedanken, da las ich die Geschichte mit so nem ganz eigenartigem Tonfall. Kann aber überhaupt nicht sagen, ob mit die Geschichte den wirklich irgendwie suggerierte oder ob ob das von mir ausging. So was Verwegenes hatte der Protagonist an sich… wie er so sprach. Was ich dann gar nicht mit dem Ausgang der Geschichte übereinbringen konnte. Ansonsten passte es, eben nur am Ende… wars eigenartig. Aber das soll nicht unbedingt deine Sorge sein.

Ich würde an deiner Stelle, diese Story auf jeden Fall nicht in Müll werfen und was draus machen. Da kann man ganz schön viel rausholen! Ich könnt mir sogar nen ganzen Roman vorstellen. Das fänd ich klasse. Das würde sich lohnen! Da bin ich mir sicher! Ich spür das irgendwie!

Die besten Grüße
Josh
 
Hallo JoshHalick,
danke erstmal für deine ausführlichen Gedankengänge.
Das meiste, das du geschrieben hast, mag Hand und Fuß haben. Ich schiebe das mal auf meinen Stil.

Den kann ich ganz gut anbringen, wenn es um die Verdopplung des Wortes Ficken geht. Ein unschönes Wort? Lass ich mal dahingestellt. Aber ich weiß natürlich, welche allgemeine unschöne Bedeutung darin liegt. Deshalb habe ich es auch benutzt, und zwei Mal, damits wirkt.
Es ging ja darum, daß die Geschichte beschämend war. Etwas, daß nur dem Autor auffiel, nicht dem Mann im Copyshop.
Wie kann er es am besten ausdrücken, daß der Inhalt beschämend ist?
Indem er die Worte benutzt, die ihm im Zusammenhang mit Beschämend als erstes einfallen: Ficken, Huren, etc., etc.
Er fragt sich sogar, ob das wirklich beschämend wäre oder ob es nicht ein stilles Einverständnis zwischen ihm und dem Copyshopbesitzer gäbe - vielleicht ein Einverständnis mit dem Leser?
Hier ist auch die Ironie, eine bittere Ironie gewollt.
Später natürlich nicht.

Du hast Recht, die Geschichte hat was. Aber sie bedarf einer sehr eingehenden Beschäftigung mit dem Protagonisten und seiner Opfer. Die Frage nach dem Ziel müsste gestellt werden: Warum "stiehlt" er ihr Vertrauen? Die Geschichte könnte ein Mischmasch aus das Parfüm, einer Interpretation einer Vampirgeschichte und einer zeigenössischen Stellungnahme zur Einsamkeit in der Postmoderne werden.
Seeehr schwierig, aber der Gedanke gefällt,
wie ich sehe.

Besser kann eine Geschichte fast nicht sein, wenn sie anderer Phantasten Phantasie anregt.

Schönen Gruss noch,
eine ausführliche Bearbeitung wartet irgendwo in der Zukunft,
Marcus
 
Hi Josh,
schöner Gedanke über die Situation. Wie soll man es richtig ausdrücken?
Gut, die rote Laterne muss raus. Der Prot. soll ja eigentlich nicht seine Beschämtheit ausdrücken, sondern die seines Opfers. Wenn ich so darüber nachdenke, stehen seine harrschen Worte für seine Perönlichkeit. Hier wird ein Teil seiner Selbst offenbahr, die ihn irgendwie greifbar machen soll, vielleicht als gewissenloser Mensch?
Das kann ich so genau nicht sagen. Die Einleitung diene als Alltagsbetrachtung mit Blick auf das Sicherheitsempfinden von in Käfigen lebenden Menschen - dann, der Copyshop, der Blick auf die einzelne Person.
Natürlich sollte diese Situation erstmal ablenken, einen Menschen darstellen, der sich mit der Offenlegung seiner innersten Gefühle einem Menschen gegenüber quält.
Deshalb wohl auch die Laterne. Der gedanke ist nicht schlecht. Das Leid des Täters wird über das Leid seiner Opfer gestellt. Vielleicht sollte man da einhaken.
Dann wäre ein Straßenjargon tatsächlich unangebracht, oder müsste eingehender erklärt und gestützt werden.

Die Geschichte hat in der Form sicher noch nicht die Stärke, um diesen Anspruch zu erfüllen.
Aber der Grundstein scheint mir gelegt zu sein.

Gruss, Marcus
 



 
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