Vögel töten
Ein Dramolett um Heinrich Bräsch und Albert Schweitzer
im Alter von sieben Jahren.
Albert
Heinrich
Stimme
A: Heinrich, so früh schon? Ich bin grade auf.
H: Dann ist’s ja gut. Komm zieh dich an - und los.
A: Was hast du da?
H: ------------------------Das siehst du doch. Zwei Schleudern
[ 4]Für dich und mich. Wir wolln zum Rebberg gehn.
[ 4]Was schaust du so?
A: -----------------------------Ich weiß nicht recht.
H: -----------------------------------------------------------Ich warte.
[ 4]Ein schöner Morgen. Trödle nicht.
A: -----------------------------------------------Bis gleich.
H: Langschläfer, du. Ich bin seit sieben munter.
[ 4]Grad solch ein Sonntag ist ja doch besonders.
[ 4]Die nassen Wiesen - und halb Günsbach schläft noch:
[ 4]Da ist es grade schön herumzustromern. -
[ 4]Da bist du ja. Wir müssen uns beeilen.
A: Warum denn?
H: --------------------Weil die Sonne sie vertreibt.
A: Vertreibt? Wen denn vertreibt? Ach ja, die Vögel.
H: Hier, nimm. Das beste Gummi. Im Nähkästchen
[ 4]Der Mutter hab ich es gefunden. - Gut?
A: Es scheint sehr fest.
H: -----------------------------Das will ich meinen. Achtung!
[ 4]Das sind wohl fünfzig Meter! ’s geht noch weiter!
A: Schieß nur nicht in die Fenster unsrer Kirche.
H: Ich paß schon auf. Hältst du mich für so dämlich?
A: Nun laß uns gehen. Quer über alle Felder?
H: Ja, das ist gut. Dann sind wir früher dort.
A: Nicht lange mehr, dann ist es Ostern. Frei!
[ 4]Es ist doch eine schöne Zeit, die Ferien.
H: Drei Wochen noch. Am Ostersonntag kommt
[ 4]Besuch zu uns. Eine ganz feine Dame.
[ 4]Mit der Luise. Das ist ihre Tochter.
A: Gib nicht so an.
H: -----------------------Wenn’s aber stimmt, du Schaf.
[ 4]Duck dich!
A: ----------------Wieso?
H: -----------------------------Weil ich dir’s sage. Dort!
[ 4]Siehst du den kahlen Baum da vorne stehn?
A: Die Eiche? Wo wir immer klettern, meinst du?
H: Genau. Nun runter mit dem Kopf. Und leise!
[ 4]Daß du sie nicht verscheuchst. - Wir sind Indianer.
[ 4]Ganz leise schleichen. Ohne ein Geräusch.
[ 4]Und immer näher. Deckung! Hier, der Strauch.
S: Die kleinen Vögel schießen. Warum das?
[ 4]Was haben sie uns denn getan? Sie singen
[ 4]Vor Sonnenaufgang schöner noch als sonst.
[ 4]Und wir, wir töten sie. Was für Indianer!
H: Was ist? Was schaust du so verdrießlich drein?
[ 4]Nun los, du Jäger, Hier, nimm einen Kiesel
[ 4]Und spanne deine Schleuder. Siehst du, dort!
[ 4]Der rührt sich nicht. Auf drei wird scharf geschossen.
S: Was soll ich machen?
A: --------------------------------Ist das nicht ein Stieglitz?
H: Was weiß denn ich. Die Federn sind schön bunt.
[ 4]Und der da. Das ist nur ein dummer Spatz.
S: Er läßt nicht los. Er denkt noch, ich bin feige.
[ 4]Ich bin nicht feig. Wie böse Heinrich schaut.
[ 4]Ich muß es tun. Ich werd danebenschießen.
H: Was ist jetzt? Schießen wir? Und drei. Und zwei.
(Kirchenglocken.)
S: Was ist das für ein Läuten? Ach, es läutet
[ 4]Im Dorf. Halb zehn. Das ist das Zeichenläuten.
[ 4]Um zehn beginnt der Sonntagsgottesdienst.
[ 4]Es läutet, grade jetzt. Ich wollte schießen.
[ 4]Ich kann nicht schießen. Und du sollst auch nicht!
[ 4]Das ist ja eine Stimme aus dem Himmel.
A: Heh, heh, ihr Vögel, fort! Fliegt weg! Fliegt weg!
[ 4]Fort, du verdammte Schleuder. Brauch dich nicht.
H: Was tust du da? Heh, Albert! Was soll das?
[ 4]Bist du denn irrsinnig?
A: ----------------------------------Vielleicht.
H: -------------------------------------------------Du spinnst!
[ 4]Willst du mir nicht erklären, was das soll?
A: Nein.
H: -------Spielverderber! Hau nur ab, Idiot!
[ 4]Ich frage Christoph, nicht mehr dich. Wozu
[ 4]Hat man denn einen Freund? Am Nachmittag
[ 4]Kommt er mit mir hinaus! Dich brauch ich nicht!
A: Der Christoph ist gar nicht zuhaus.
H: ----------------------------------------------------So’n Pech.
[ 4]Dann kommt er morgen mit hierher. Wirst sehn.
A: Ja, frag ihn nur.
S: ----------------------Er wird es nicht verstehn.
[ 4]Die Bäume sind so kahl. Der Frühling friert.
[ 4]Du sollst nicht töten, steht geschrieben. Ja.
Ein Dramolett um Heinrich Bräsch und Albert Schweitzer
im Alter von sieben Jahren.
Albert
Heinrich
Stimme
A: Heinrich, so früh schon? Ich bin grade auf.
H: Dann ist’s ja gut. Komm zieh dich an - und los.
A: Was hast du da?
H: ------------------------Das siehst du doch. Zwei Schleudern
[ 4]Für dich und mich. Wir wolln zum Rebberg gehn.
[ 4]Was schaust du so?
A: -----------------------------Ich weiß nicht recht.
H: -----------------------------------------------------------Ich warte.
[ 4]Ein schöner Morgen. Trödle nicht.
A: -----------------------------------------------Bis gleich.
H: Langschläfer, du. Ich bin seit sieben munter.
[ 4]Grad solch ein Sonntag ist ja doch besonders.
[ 4]Die nassen Wiesen - und halb Günsbach schläft noch:
[ 4]Da ist es grade schön herumzustromern. -
[ 4]Da bist du ja. Wir müssen uns beeilen.
A: Warum denn?
H: --------------------Weil die Sonne sie vertreibt.
A: Vertreibt? Wen denn vertreibt? Ach ja, die Vögel.
H: Hier, nimm. Das beste Gummi. Im Nähkästchen
[ 4]Der Mutter hab ich es gefunden. - Gut?
A: Es scheint sehr fest.
H: -----------------------------Das will ich meinen. Achtung!
[ 4]Das sind wohl fünfzig Meter! ’s geht noch weiter!
A: Schieß nur nicht in die Fenster unsrer Kirche.
H: Ich paß schon auf. Hältst du mich für so dämlich?
A: Nun laß uns gehen. Quer über alle Felder?
H: Ja, das ist gut. Dann sind wir früher dort.
A: Nicht lange mehr, dann ist es Ostern. Frei!
[ 4]Es ist doch eine schöne Zeit, die Ferien.
H: Drei Wochen noch. Am Ostersonntag kommt
[ 4]Besuch zu uns. Eine ganz feine Dame.
[ 4]Mit der Luise. Das ist ihre Tochter.
A: Gib nicht so an.
H: -----------------------Wenn’s aber stimmt, du Schaf.
[ 4]Duck dich!
A: ----------------Wieso?
H: -----------------------------Weil ich dir’s sage. Dort!
[ 4]Siehst du den kahlen Baum da vorne stehn?
A: Die Eiche? Wo wir immer klettern, meinst du?
H: Genau. Nun runter mit dem Kopf. Und leise!
[ 4]Daß du sie nicht verscheuchst. - Wir sind Indianer.
[ 4]Ganz leise schleichen. Ohne ein Geräusch.
[ 4]Und immer näher. Deckung! Hier, der Strauch.
S: Die kleinen Vögel schießen. Warum das?
[ 4]Was haben sie uns denn getan? Sie singen
[ 4]Vor Sonnenaufgang schöner noch als sonst.
[ 4]Und wir, wir töten sie. Was für Indianer!
H: Was ist? Was schaust du so verdrießlich drein?
[ 4]Nun los, du Jäger, Hier, nimm einen Kiesel
[ 4]Und spanne deine Schleuder. Siehst du, dort!
[ 4]Der rührt sich nicht. Auf drei wird scharf geschossen.
S: Was soll ich machen?
A: --------------------------------Ist das nicht ein Stieglitz?
H: Was weiß denn ich. Die Federn sind schön bunt.
[ 4]Und der da. Das ist nur ein dummer Spatz.
S: Er läßt nicht los. Er denkt noch, ich bin feige.
[ 4]Ich bin nicht feig. Wie böse Heinrich schaut.
[ 4]Ich muß es tun. Ich werd danebenschießen.
H: Was ist jetzt? Schießen wir? Und drei. Und zwei.
(Kirchenglocken.)
S: Was ist das für ein Läuten? Ach, es läutet
[ 4]Im Dorf. Halb zehn. Das ist das Zeichenläuten.
[ 4]Um zehn beginnt der Sonntagsgottesdienst.
[ 4]Es läutet, grade jetzt. Ich wollte schießen.
[ 4]Ich kann nicht schießen. Und du sollst auch nicht!
[ 4]Das ist ja eine Stimme aus dem Himmel.
A: Heh, heh, ihr Vögel, fort! Fliegt weg! Fliegt weg!
[ 4]Fort, du verdammte Schleuder. Brauch dich nicht.
H: Was tust du da? Heh, Albert! Was soll das?
[ 4]Bist du denn irrsinnig?
A: ----------------------------------Vielleicht.
H: -------------------------------------------------Du spinnst!
[ 4]Willst du mir nicht erklären, was das soll?
A: Nein.
H: -------Spielverderber! Hau nur ab, Idiot!
[ 4]Ich frage Christoph, nicht mehr dich. Wozu
[ 4]Hat man denn einen Freund? Am Nachmittag
[ 4]Kommt er mit mir hinaus! Dich brauch ich nicht!
A: Der Christoph ist gar nicht zuhaus.
H: ----------------------------------------------------So’n Pech.
[ 4]Dann kommt er morgen mit hierher. Wirst sehn.
A: Ja, frag ihn nur.
S: ----------------------Er wird es nicht verstehn.
[ 4]Die Bäume sind so kahl. Der Frühling friert.
[ 4]Du sollst nicht töten, steht geschrieben. Ja.