Vom Nutzen des Sterbens

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gareth

Mitglied
Wenn einer stirbt, das ist schon recht.
Für einen selber ist es schlecht,

jedoch, für and´re macht es Sinn.
Denn, wenn ich erst gestorben bin,

steht jedem nun zu sagen frei,
wie ich als Mensch gewesen sei,
beziehungsweise klipp und klar,
das, was von mir zu halten war.

Manch einer macht davon Gebrauch.
Man selber tat´s ja manchmal auch.

Mag sein, man tagt zu später Stunde
und mancher Witz macht seine Runde
und einer hat ein Ding erzählt,
das, lebend, dich auf´s Blut gequält,
worauf er die Bemerkung macht:
"Da hätte er jetzt sehr gelacht!"

Sei´s, dass da eine Dame schwört,
du hättest heimlich sie begehrt,
der lebenslang du, voller List
entkommen wolltest und auch bist.

Auch denkbar, dass da jemand zischt:
"Na, endlich hat es ihn erwischt!",
um gleich noch mit Entschiedenheit
hinzuzufügen: "Höchste Zeit!"

Doch kann´s auch sein, dass jemand dann,
wenn niemand damit rechnen kann,
in jener Runde leise spricht:
"So lang er lebte hab ich nicht
gewagt, ihm ein Mal zu gestehen,
wie ich es liebte, ihn zu sehen,
das tut mir leid und ihr sollt wissen:
Ich werde immer ihn vermissen."

Auch so, ihr Lieben, kann es geh'n,
und ist es nicht zum Weinen schön,
dass jemand, weil wir nicht mehr sind
nunmehr den Mut zur Wahrheit find´t
und wir, nachdem wir schon vergangen
erfahr´n, dass man an uns gehangen?

Man kann´s natürlich nicht mehr hören,
doch will ich mich da nicht beschweren,
und, überdies, was weiß denn ich,
ob nicht, wenn unsereins verblich
und einging in die Ewigkeit,
nicht doch was bleibt in Raum und Zeit.

Am Ende komm ich nun zum Schluss:
da jeder endlich sterben muss,
so sterbt, ihr Lieben, frohen Mutes,
es hat ja, wie geseh´n, auch Gutes.
 

sirprise

Mitglied
Eigentlich behagt mir ein solches Thema nicht wirklich, macht es mir doch die eigene Sterblichkeit bewusst.
Trotzdem muss ich sagen das du es auf den Punkt gebracht hast.

Und hey, sogar schmunzeln musste ich ;) Bei diesem Text für mich nicht selbstverständlich.

Grüße

S.

ps: mir fällt da gerade noch ein altes, klingonisches Sprichwort zu ein "Der Tod ist eine Erfahrung, die man am besten teilt !"
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber gareth,

dermaßen beredt kenne ich Dich gar nicht. Wenn es die Sparte "Humor" noch gäbe, müsste Dein Text dort stehen, ich habe mich jedenfalls sehr amüsiert. -

Nun habe ich es auch leichter über solche Dinge zu lachen, weil ich mich schon sehr auf das Jenseits freue. Am meisten wünsche ich mir in diesem Zusammenhang einen sanften Tod.

Mir ist es viel lieber, wenn die Leute sowohl mit Kritik an meiner Privatperson als auch mit Liebeserklärungen "hinterm Berg" bleiben, das macht das Leben doch etwas unangestrengter; denn ob mir nun jemand sagt:"Also Sie haben eine Art...." und dann spricht er nicht weiter, weil er hofft, dass ich nun genau weiß, was er meint, natürlich das denkbar Negativste, oder ob sich jemand dazu versteigt, mir eine direkte Liebeserklärung zu machen - ich finde das gleichermaßen anstrengend, denn schließlich wird von mir erwartet, dass ich darauf reagiere, und Erwartungen setzen mich immer unter Druck.

Da man über Verstorbene nichts Negatives sagen soll, weil sie in ihrem nunmehrigen Aufenthaltsort, nämlich ihrem Astralkörper, keine Schutzhülle haben, welche negative Bemerkungen abhält, hoffe ich, dass nach meinem Tode nur GUTES über mich geredet wird.

Mir gefällt Dein amüsanter Text über das Sterben sehr gut.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

gareth

Mitglied
Wenn einer stirbt, das ist schon recht.
Für einen selber ist es schlecht,

jedoch, für and´re macht es Sinn.
Denn, wenn ich erst gestorben bin,

steht jedem nun zu sagen frei,
wie ich als Mensch gewesen sei,
beziehungsweise klipp und klar,
das, was von mir zu halten war.

Manch einer macht davon Gebrauch.
Man selber tat´s ja manchmal auch.

Mag sein, man tagt zu später Stunde
und mancher Witz macht seine Runde
und einer hat ein Ding erzählt,
das, lebend, dich auf´s Blut gequält,
worauf er die Bemerkung macht:
"Da hätte er jetzt sehr gelacht!"

Sei´s, dass da eine Dame schwört,
du hättest heimlich sie begehrt,
der lebenslang du, voller List
entkommen wolltest und auch bist.

Auch denkbar, dass da jemand zischt:
"Na, endlich hat es ihn erwischt!",
um gleich noch mit Entschiedenheit
hinzuzufügen: "Höchste Zeit!"

Doch kann´s auch sein, dass jemand dann,
wenn niemand damit rechnen kann,
in jener Runde leise spricht:
"So lang er lebte hab ich nicht
gewagt, ihm ein Mal zu gestehen,
wie ich es liebte, ihn zu sehen,
das tut mir leid und ihr sollt wissen:
Ich werde immer ihn vermissen."

Auch so, ihr Lieben, kann es geh'n,
und ist es nicht zum Weinen schön,
dass jemand, weil wir nicht mehr sind
nunmehr den Mut zur Wahrheit find´t
und wir, nachdem wir schon vergangen
erfahr´n, dass man an uns gehangen?

Man kann´s natürlich nicht mehr hören,
doch will ich mich da nicht beschweren,
und, überdies, was weiß denn ich,
ob nicht, wenn unsereins verblich
und einging in die Ewigkeit,
nicht doch was bleibt in Raum und Zeit.

Am Ende komm ich nun zum Schluss:
da jeder endlich sterben muss,
tut man´s am Besten frohen Mutes,
es hat ja, wie geseh´n, auch Gutes.
 

gareth

Mitglied
Danke erst Mal, sirprise und Vera-Lena, für Eure Gedanken zu diesem Text. Er ist übrigens speziell dafür geschrieben, sirprise, dass man schmunzeln soll :O) und ich würde es auch lieber sehen, wenn es noch die Rubrik Humor gäbe, Vera-Lena.

In der Tat ist es so, dass ich mich recht häufig und zeitweise durchaus intensiv mit unserer, also auch insbesondere meiner, Sterblichkeit auseinandersetze. Das sind dann eher schmerzvolle Vorgänge, die nicht so positiv besetzt sind, wie ich es nun von Dir, Vera-Lena, erfahren habe.

Für mich ist letztlich der einzige Weg, mit derart schwierigen, endgültigen Dingen umzugehen, die uns so vollständig isolieren und so weit außerhalb unseres Verstandes liegen, sie in humorvoller Art und Weise zu bearbeiten.

Wenn mir das von Zeit zu Zeit gelingt, will ich zufrieden sein.

Ich habe gerade noch die vorletzte Zeile geändert, weil sich da sowohl sterben als auch ihr Lieben wiederholt hat. Jetzt erscheint es mir stimmiger.

Liebe Grüße
gareth
 

gareth

Mitglied
Wenn einer stirbt, das ist schon recht.
Für einen selber ist es schlecht,

jedoch, für and´re macht es Sinn.
Denn, wenn ich erst gestorben bin,

steht jedem nun zu sagen frei,
wie ich als Mensch gewesen sei,
beziehungsweise klipp und klar,
das, was von mir zu halten war.

Manch einer macht davon Gebrauch.
Man selber tat´s ja manchmal auch.

Mag sein, man tagt zu später Stunde
und mancher Witz macht seine Runde
und einer hat ein Ding erzählt,
das, lebend, dich auf´s Blut gequält,
worauf er die Bemerkung macht:
"Da hätte er jetzt sehr gelacht!"

Sei´s, dass da eine Dame schwört,
du hättest heimlich sie begehrt,
der lebenslang du, voller List
entkommen wolltest und auch bist.

Auch denkbar, dass da jemand zischt:
"Na, endlich hat es ihn erwischt!",
um gleich noch mit Entschiedenheit
hinzuzufügen: "Höchste Zeit!"

Doch kann´s auch sein, dass jemand dann,
wenn niemand damit rechnen kann,
in jener Runde leise spricht:
"So lang er lebte hab ich nicht
gewagt, ihm ein Mal zu gestehen,
wie ich es liebte, ihn zu sehen,
das tut mir leid und ihr sollt wissen:
Ich werde immer ihn vermissen."

Auch so, ihr Lieben, kann es geh'n,
und ist es nicht zum Weinen schön,
dass jemand, weil wir nicht mehr sind
nunmehr den Mut zur Wahrheit find´t
und wir, nachdem wir schon vergangen
erfahr´n, dass man an uns gehangen?

Man kann´s vermutlich nicht mehr hören,
doch will ich mich da nicht beschweren,
und, überdies, was weiß denn ich,
ob nicht, wenn unsereins verblich
und einging in die Ewigkeit,
nicht doch was bleibt in Raum und Zeit.

Am Ende komm ich nun zum Schluss:
da jeder endlich sterben muss,
tut man´s am Besten frohen Mutes,
es hat ja, wie geseh´n, auch Gutes.
 

gareth

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

jetzt hab ich auch noch das Wort natürlich, in der ersten Zeile des vorletzten Verses, durch das Wort vermutlich ersetzt. Nachdem ich Deinen Kommentar noch einmal gelesen hatte schien mir das plötzlich irgendwie richtiger zu sein :eek:)

Noch einmal einen lieben Gruß
gareth
 

Vera-Lena

Mitglied
Das finde ich aber lieb von Dir, gareth, dass Du mit Deinem Text jetzt sogar auf meine unmaßgebliche Ansicht über diesen Sachverhalt, nämlich, ob man nach dem Tode die Dinge auf der Erde noch mitkriegt oder nicht, eingegangen bist.

Dir ganz liebe Grüße
Vera-Lena
 

ENachtigall

Mitglied
Auch mir gefällt diese humorisch, nachdenklich, optimistische Betrachtungsweise auf das Dahingeschiedensein wirklich gut; es ist Dir gelungen, lieber gareth, formal und klanglich mit viel Leichtigkeit inhaltlich eine feine "Vielleichtigkeit" zu vermitteln.

Liebe Grüße von Elke
 

anbas

Mitglied
Auch, wenn ich hin und wieder die Assoziation "Büttenrede" hatte (was nicht unbedingt mein Ding ist :D), gefällt mir Dein Gedicht wirklich gut. Es enthält Leichtigkeit, Herzlichkeit und ein gutes Maß Augenzwinkern.

LG

Andreas
 

Inu

Mitglied
Gareth

Ich liebe diesen Humor.
Köstliches Gedicht, das dem Tod ein winziges Stückchen von seinem Stachel nimmt ;)

LG
Inu
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo gareth

Einerseits ist das Gedicht sprachlich einwandfrei; andererseits wirk es auf mich auch sehr epigonenhaft, wie ein uraltes "Lehrgedicht" (man könnte auch sagen: oberlehrerhaft)und deswegen kommt auch der Humor bei mir nicht wirklich an.
Zudem empfinde ich die häufigen Zäsuren (zu viele "Miniverse") sowie die sehr uneinheitliche Versgrösse als etwas störend und zu dem klassi(zisti)schen Stil nicht recht passend.

Gruss

Jürgen
 

gareth

Mitglied
Höchste Zeit zu antworten

Natürlich freue ich mich sehr, dass Ihr: ENachtigall, anbas und Inu meinem Versuch der leichten Behandlung eines an sich schwerwiegenden Themas etwas abgewinnen könnt. Und das noch in dem Sinne, in dem es gedacht ist. Das bedeutet mir natürlich was.

Der Anklang von "Büttenrede", anbas, ist natürlich nicht gewollt, aber ich kann, glaube ich, nachvollziehen was Du meinst. Und vielleicht spielt bei diesem Anklang auch die Jahreszeit eine Rolle. Eigentlich finde ich es aber auch nicht schlimm, weil es ja auch gute Büttenreden gibt, wenn auch, zugegeben, sehr, sehr selten.

Bei Dir, MDSpinoza, bin ich nicht sicher, ob eine Antwort meinerseits wirklich erforderlich ist. Ich wüsste auch nicht recht, was ich sagen soll, wenn ich ehrlich bin. Du hast ja lediglich Deine klare Ablehnung ausgedrückt, und das ist Dein gutes Recht.

Und zu Deiner Analyse, JoteS:

Eigentlich sind es keine Verse, in die ich das Gedicht eingeteilt habe. Es sind eher eine Art "Sinnblöcke", um in sich geschlossene Gedanken etwas hervorzuheben. Man könnte das auch lassen, glaube ich.

Was Du mir mit dem Begriff "epigonenhaft" sagen willst, ist mir nicht ganz klar. Ich würde aber jederzeit einräumen, dass es für mich Vorbilder gibt in der Kunst, schwierige Themen humorvoll und in einer einfachen Sprache zu beschreiben. Wenn es das war, dann magst Du recht haben :eek:)


Soviel für den Augenblick

gareth
 
M

Märchenfee

Gast
Also, lieber Gareth, ich hab schmunzeln können und tue es immer noch. Es ist menschlich und warm, mit einem kleinen Spritzer Ironie, ich fühl mich in diesen Zeilen wohl. Du hast die Gabe, den Leser auf die Reise zu schicken, ob nun in die Zukunft oder auch in die Vergangenheit.
Schmunzelgrüße von der Petra
 

HerbertH

Mitglied
Hallo gareth,

die Assoziationen bei mir sind zwischen Büttenrede und W. Busch,

der, obzwar verstorben,
von vielen immer noch umworben... ;)

LG

Herbert
 



 
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