Von Begegnungen

Joanne

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Wir trafen uns in der Silberkammer. Morgens um neun. Wobei ich mich immer noch fragte, warum sie die Gurken hier längs schnitten.
Weiterhin tat es auch nichts zur Sache, dass ich es für nötig hielt, noch einmal innezuhalten, bevor ich das Museum betrat. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Angst hatte ich nicht. Nur ein sehr merkwürdiges, mich irgendwie bedrängendes Gefühl. Ich betrachtete den Einband des Gästebuches am Eingang. Wie viel Mühe sich die Leute doch gaben. Was machte es schon für einen Sinn, sich in ein solches Büchlein einzutragen? Wahrscheinlich mussten die Leute ihren perversen Gedanken freien Lauf geben, indem sie einfach unverständliche Dinge hineinschrieben. Es würde ja eh niemand mehr darin lesen. Die leise Musik stimmte mich glücklicher. Was hatte ich schon zu erwarten? Meine Knochen taten ein wenig weh, mein Hals fühlte sich trocken an. Die kleine Cognac-Flasche, welche ich eben noch schnell in diesem teuren Spirituosenladen gekauft hatte, stieß immer wieder leicht gegen die Verschlüsse meiner Tasche. Meine Hose saß locker und fühlte sich bequem an, meine Lungen verlangten nach einem weiteren Genussmittel. Ich will nicht sagen, dass ich abhängig war, aber dieses leichte Verlangen ließ sich nicht allzu einfach wieder abstellen. So griff ich nach der silbernen Schatulle, welche ich stets in meiner rechten Anoraktasche trug. Ich öffnete sie, verteilte ein wenig Tabak in einem französischen Blättchen und drehte. Kein Prachtstück, wie immer. Meine Hände zitterten einfach zu sehr. So war das nun mal. Mein stumpfes Feuerzeug, einst ein wertvolles Geschenk einer längst verflossenen Liebe gab dieses wohlig schnarrende Geräusch von sich und meine Lungen füllten sich mit belebenden Stoffen. Ich atmete tief durch und betrat die Silberkammer der Hofburg in Wien.


Schon immer ein Liebhaber der Kunst, der schönen Dinge im Leben, der Literatur...
Und dennoch war ich immer wieder erstaunt. Ich war nicht zu früh gekommen, denn hier hatten wir uns verabredet. Ich konnte ihn schon sehen, als ich den langen Flur betrat, an dessen Ende er auf einem Stuhl, angelehnt an das weiche Samt, saß.
Ich fragte mich derweil, ob es wirklich Sinn ergeben würde, weiterzugehen.
Verfestigt in dem Glauben, der Hoffnung, dass dieses Treffen uns in der Zeit zurückbringen würde, neue Erkenntnis offenbarte, schritt ich den Gang entlang. Doch schon jetzt wusste ich, das all das unwiederbringlich vergangen war. Fest verriegelt. Unzugänglich. Als ich vor ihm stand, war alles ruhig. Um uns die Schmuckstücke der längst dahingeschiedenen Kaiser und Könige. Der Armen und Reichen. Die Hände in meinen Anoraktaschen, die Schatulle und das Fläschchen spürend stand ich da. Ich betrachtete sein Gesicht. Ich erkannte es. Seine Hände. Sein Stil hatte sich ein wenig verändert. Wir gehörten nicht hierhin. Wir kamen nicht von hier und dennoch begegneten wir uns an genau dieser Stelle. Wir sagten nichts. Es war so unheimlich still. Sehnsucht überkam mich. Ich wünschte, ich hätte diesen Moment verhindern können. Wir befanden uns nicht mehr in der Silberkammer. All die wertvollen Stücke, alles verschwand. Die Zeit bewegte sich. Wir saßen uns gegenüber, schwiegen. Ich vor ihm, auf dem weißen Stuhl. Ich sah ihn an. Ich liebte ihn. Doch etwas war geschehen. Ich war verletzt und verstoßen. Wir schwiegen uns an. Niemand bewegte sich. Ich betrachtete sein Gesicht, sah in seine Augen. Die Grausamkeit gewann an Bedeutung. Ich wollte schreien. Aber nichts blieb. Stumm. Es wurde laut. Immer lauter. Ich drehte mich um, sah weg. Und ohne, dass wir auch nur ein Wort gesprochen hatten, rannte ich davon. Und ich renne immernoch...
 

Marc Mx

Mitglied
Etwas zu verworren

Der Text läßt sich locker und leicht lesen. Die Gedanken der Protagonistin ziehen mich in den Text hinein. Und doch finde ich es etwas zu verworren...

"...Wobei ich mich immer noch fragte, warum sie die Gurken hier längs schnitten..."
Denk "sie" das am Anfang? Es klingt eher wie aus der Vergangenheit, genau wie das "Wir trafen uns..."
Doch wenn "sie" (siehe Schluß "...Und ich renne immernoch...") immer noch rennt, klingt der Anfang dazu total unpassend!

Außerdem bleibt für mich ein bißchen zu viel im Dunkeln... Der Text gibt inhaltlich nicht genug her, um in meinen Augen als Kurgeschichte gelten zu können!(?)

Viele Grüße

MarcPlanet.de
 



 
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