Von der Herrlichkeit deutscher Bildung oder: Der Fluch Deutschlands
Schmetterlinge tanzen verliebt im grellen Grün. Sonnenstrahlen dringen durch das Blätterwerk der Bäume, offenbaren Vögel, die fröhlich auf dünnen Ästen zwitschern. Im Schatten des Baumes ein überfüllter Mülleimer.
Die Entdeckung des Stückes menschlicher Zivilisation warf mich zurück in die Realität. Hier sitze ich nun, muss mich mit vorgekautem Wissen quälen, welches von der ledernden Stimme des Lehrers vorgetragen wird. Schüler schreiben mechanisch – fast synchron zueinander – in ihre Hefte, besessen auf eine gute Note. Alle außer Ich. Ich fühle eine Leere in mir, die gefüllt werden will, bin erschöpft, mein Blick wendet sich sehnsüchtig nach draußen. Dort, wo das Leben lebt.
„Nichts ist so unnatürlich wie die Natur“, schallen mir Nietzsches Worte durch den Kopf. Für unsere Begriffe mag sie tatsächlich unnatürlich scheinen. Doch ist das Marathonsitzen in grauen Bauwerken natürlicher?
Endlich das befreiende Gongen der Schuluhr. Die Stille, die noch vor wenigen Sekunden herrschte, wird von dem Tumult der Schüler zerrissen. Gleichsam auf der Flucht rennen sie aus dem Klassenzimmer - bloß pünktlich zur nächsten Schulstunde im nächsten Klassenzimmer erscheinen. Stress wird bereits in der Schule gefördert. Man wird von Terminen gejagt, die nicht hinter einem, sondern vor einem liegen – paradox, oder?
In Gedanken versunken schließe ich mich dem Fluss der Massen an. Auf den Korridoren speien die Klassenräume Massen von Schülern aus. Ich erhasche einige misstrauische Blicke von Augen, den Lehrern angehörig, die ganz leise hinter den großen Brillen mich beäugen. Man grüßt sich auf den Fluren nicht, man geht einander vorbei, man beachtet sich nicht – man kleidet den Status eines unsichtbaren Schlossgespenst. Dennoch sind die tiefen dunklen Gänge, in denen sich Schüler und Lehrer verlieren, erfüllt von einem Brei an Tönen – man hört so viel und gleichzeitig doch nichts.
Man sieht Schüler, die Hausaufgaben abschreiben, oder auch mit Drogen handeln. Ein Lehrer steht unscheinbar daneben. Gesetze sind Huren in den Schulen, aber Jungfrauen im Gericht.
Ich betrete den Raum, in dem die nächste Schulstunde ausgetragen werden soll. Eine Deutschstunde. Schon bald werden niveaulose Diskussionen im Zimmer Platz finden, wobei niemand jemand anderem zuhört, und jeder denkt, er habe Recht. Ein- und Zugeständnisse sind hier fehl am Platz. Die Schüler lernen schon früh, was es heißt, ein Deutscher zu sein. Zu Hause fressen sie Sägespäne, und hier wollen sie Bretter scheißen.
Schon bald wird die Diskussion entfacht, in denen sich das Niveau einer schlechten Talkshow widerspiegelt, die von den Schülern begeistert Daheim verfolgt werden. Es geht um Schule.
“ Leider ist die Schule nicht mehr Schule.“, sagt Elias. Elias ist Ausländer und kommt aus Jordanien. Ein schwarzes Schaf.
Laura entgegnet:“Weshalb soll die Schule nicht mehr Schule sein? Natürlich ist Schule Schule!\" Laura kommt aus Norddeutschland, ist schlank, sieht gut aus und bekleidet einen angenehmen Status in der Klasse.
“Schule Schule?\", fragt Elias verblüfft. Dann schießt er \"Schule ist nicht mehr Schule…“ hinterher.
“Schule nicht Schule? Unsinn! Schule ist Schule und bleibt Schule!“, kontert Laura scheinbar geschickt.
Die Lehrerin nickt zufrieden und erfreut sich an der einleuchtenden und logischen Argumentation von Laura. Elias wirft sie einen verächtlichen Blick zu. \"Ausländer...\", flüstert sie leise zu sich selbst.
Im nächsten Moment sollte eine Durchsage durch die Lautsprecher der Schule gejagt werden. Es sind die PISA-Ergebnisse.
Ungläubig schütteln Schüler und Lehrer ihre Köpfe.
„Schule ist eben nicht Schule“, flüstere ich leise. Meine ersten Worte, die an dem Tag dem Gehege meiner Zähne entflohen sind.
Draußen zwitschern die Vögel.
Schmetterlinge tanzen verliebt im grellen Grün. Sonnenstrahlen dringen durch das Blätterwerk der Bäume, offenbaren Vögel, die fröhlich auf dünnen Ästen zwitschern. Im Schatten des Baumes ein überfüllter Mülleimer.
Die Entdeckung des Stückes menschlicher Zivilisation warf mich zurück in die Realität. Hier sitze ich nun, muss mich mit vorgekautem Wissen quälen, welches von der ledernden Stimme des Lehrers vorgetragen wird. Schüler schreiben mechanisch – fast synchron zueinander – in ihre Hefte, besessen auf eine gute Note. Alle außer Ich. Ich fühle eine Leere in mir, die gefüllt werden will, bin erschöpft, mein Blick wendet sich sehnsüchtig nach draußen. Dort, wo das Leben lebt.
„Nichts ist so unnatürlich wie die Natur“, schallen mir Nietzsches Worte durch den Kopf. Für unsere Begriffe mag sie tatsächlich unnatürlich scheinen. Doch ist das Marathonsitzen in grauen Bauwerken natürlicher?
Endlich das befreiende Gongen der Schuluhr. Die Stille, die noch vor wenigen Sekunden herrschte, wird von dem Tumult der Schüler zerrissen. Gleichsam auf der Flucht rennen sie aus dem Klassenzimmer - bloß pünktlich zur nächsten Schulstunde im nächsten Klassenzimmer erscheinen. Stress wird bereits in der Schule gefördert. Man wird von Terminen gejagt, die nicht hinter einem, sondern vor einem liegen – paradox, oder?
In Gedanken versunken schließe ich mich dem Fluss der Massen an. Auf den Korridoren speien die Klassenräume Massen von Schülern aus. Ich erhasche einige misstrauische Blicke von Augen, den Lehrern angehörig, die ganz leise hinter den großen Brillen mich beäugen. Man grüßt sich auf den Fluren nicht, man geht einander vorbei, man beachtet sich nicht – man kleidet den Status eines unsichtbaren Schlossgespenst. Dennoch sind die tiefen dunklen Gänge, in denen sich Schüler und Lehrer verlieren, erfüllt von einem Brei an Tönen – man hört so viel und gleichzeitig doch nichts.
Man sieht Schüler, die Hausaufgaben abschreiben, oder auch mit Drogen handeln. Ein Lehrer steht unscheinbar daneben. Gesetze sind Huren in den Schulen, aber Jungfrauen im Gericht.
Ich betrete den Raum, in dem die nächste Schulstunde ausgetragen werden soll. Eine Deutschstunde. Schon bald werden niveaulose Diskussionen im Zimmer Platz finden, wobei niemand jemand anderem zuhört, und jeder denkt, er habe Recht. Ein- und Zugeständnisse sind hier fehl am Platz. Die Schüler lernen schon früh, was es heißt, ein Deutscher zu sein. Zu Hause fressen sie Sägespäne, und hier wollen sie Bretter scheißen.
Schon bald wird die Diskussion entfacht, in denen sich das Niveau einer schlechten Talkshow widerspiegelt, die von den Schülern begeistert Daheim verfolgt werden. Es geht um Schule.
“ Leider ist die Schule nicht mehr Schule.“, sagt Elias. Elias ist Ausländer und kommt aus Jordanien. Ein schwarzes Schaf.
Laura entgegnet:“Weshalb soll die Schule nicht mehr Schule sein? Natürlich ist Schule Schule!\" Laura kommt aus Norddeutschland, ist schlank, sieht gut aus und bekleidet einen angenehmen Status in der Klasse.
“Schule Schule?\", fragt Elias verblüfft. Dann schießt er \"Schule ist nicht mehr Schule…“ hinterher.
“Schule nicht Schule? Unsinn! Schule ist Schule und bleibt Schule!“, kontert Laura scheinbar geschickt.
Die Lehrerin nickt zufrieden und erfreut sich an der einleuchtenden und logischen Argumentation von Laura. Elias wirft sie einen verächtlichen Blick zu. \"Ausländer...\", flüstert sie leise zu sich selbst.
Im nächsten Moment sollte eine Durchsage durch die Lautsprecher der Schule gejagt werden. Es sind die PISA-Ergebnisse.
Ungläubig schütteln Schüler und Lehrer ihre Köpfe.
„Schule ist eben nicht Schule“, flüstere ich leise. Meine ersten Worte, die an dem Tag dem Gehege meiner Zähne entflohen sind.
Draußen zwitschern die Vögel.