Von der S-Klasse zur S-Bahn

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Ronin

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Von der S-Klasse zur S-Bahn

Es gibt Tage an denen bleibt man am besten im Bett. Kennt ihr solche Tage an denen alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann? Tage an denen sich euer weiteres Leben mit nur einer einzigen (Fehl-)Entscheidung so drastisch ändern kann wie ihr euch das niemals vorstellen könnt?
An dem Tag an dem man etwas verliert, was für viele so selbstverständlich ist?

Es war einer dieser Tage der schon ganz anders anfing als all die anderen Tage. Verschlafen, mit dem Naßrasierer zweimal geschnitten, ein Knopf vom Hemd abgerissen und kein Kaffee mehr im Haus.
Wie soll ein Tag der so beginnt schon enden? Genauso wie er angefangen hat, wenn der Rest nicht besser verlaufen würde.
Auf der Arbeit nur an verhärtete Fronten gestoßen, meckernde Kunden, jammernde Chefs, unbefriedigte Sekretärinnen. Man merkt, wie man innerlich kocht, versucht aber immer noch Fassung zu behalten.
Das Mittagessen lauwarm und ohne Geschmack, die freundlichen Kollegen saufen den Kaffee leer und übrig bleibt nur eine versiffte, leere Kanne. Der Urlaub mußte gestrichen werden, währenddessen draußen das schönste Sommerwetter auf einen am Baggersee warten würde.
Man ist dann endlich froh, als es 18 Uhr ist, und man die Heimreise antreten kann, denn der Zeitpunkt zu explodieren wächst mit jeder Minute, die man dieser Hölle noch länger ausgesetzt ist.
Raus ins Auto, auf die Autobahn und mit den Gedanken schon zuhause. Man überlegt sich, so schnell wie möglich in die vier Wände zu kommen und niemanden mehr für heute zu sehen und nichts mehr zu tun, was das Elend an diesem Tag noch schlimmer machen könnte.
Das einzigste erfreuliche ist die Heimfahrt, denn die Sonne ist immer noch am Himmel und der Fahrtwind pfeift angenehm durchs Auto.
Doch dann geschieht das, was nicht mehr hätte heute passieren dürfen. Ein BMW auf der linken Spur, dessen Fahrer wohl der Meinung ist, er würde in einem LKW sitzen und er dürfte nur mit Tempo 80 auf der Autobahn fahren. Das Einzigste was er noch wußte war, das er „zwei Nieren“ auf seinem Kühler hat, mit dem er ein Dauerbenutzungsrecht für die Linke Spur beim Kauf des Fahrzeug erworben hat.
Normalerweise würde man in dieser Situation versuchen ruhig zu bleiben, denn Schlachten in dieser Größenordnung gehören ja schon fast zum ganz normalen Strassenbild, doch wenn man eh schon geladen ist, dann kommt einem so ein Kandidat genau richtig.
Also aufs Gas und versucht Rechts vorbeizukommen. Wäre ja nicht das schwierigste, so lange auf der rechten Spur keine langsam fahrenden Autos wären und der „Heizer“ in seinem BMW nicht auf einmal aus unerfindlichen Gründen doch noch sein Gaspedal wiedergefunden hätte.
„Also schön. Spielen wir ein Spielchen. Kommst mir heute gerade recht.“
Kilometer um Kilometer vergehen zur Rush-Hour bis die Möglichkeit da ist. Rechts rausgeschert, Gas und vorbei, dann versucht links wieder vor ihm einzuscheren.
Eine Szene wie aus Alarm für Cobra 11. Zwei PKWs und ein LKW teilen sich zwei Fahrspuren, weil keiner der beiden nachgeben wollte und der BMW-Fahrer versuchte die Lücke zu schließen. Kampflinie ist angesagt, denn es gab ja auch keine Alternative, denn rechts ein LKW mit dem man sich besser nicht anlegen sollte, ganz egal welche Automarke man fährt, es sei denn es ist ein Chrysler (Sherman-Panzer), und links der BMW dessen Vorderreifen auf gleicher Höhe mit dem Hinterreifen des Mercedes-Fahrers ist.
„Also schön. Like Schumi. Zentimeter um Zentimeter reinpressen, denn was anderes geht jetzt sowieso nicht mehr.“
Viele denken jetzt sicher wieder:“Typisch. Männer am Steuer und dann mit solchen Autos...“
Was soll ich nach Rechtfertigungen suchen? Jeder Mensch macht Fehler.
Es sah sehr spektakulär aus, aber passiert ist nichts.
Doch, es ist etwas passiert. Der Stolz des BMW-Fahrers wurde sehr stark verletzt. Wurde er doch von seinem ärgsten Todfeind überholt und vor allen anderen in seinen Augen lächerlich gemacht. Das konnte er natürlich so nicht auf sich sitzen lassen und so geschah es, das zwei Wochen später eine Strafanzeige ins Haus flatterte.
Richter, Anwälte. Alle in einen Sack. Beschweren sich über unnötige Prozesse und zu viel Arbeit und dann machen sie wegen so einer Aktion einen riesigen Fackelzug.

Nach einem Jahr dann die Verhandlung.
Vorstrafen: Keine.
Flensburg-Highscore: Null Punkte.
Unfallfrei seit 10 Jahren.
Tathergang: Kein Alkohol im Spiel, keine Gefährdung, keine Massenkaramboulage.

Urteil: 6 Monate Führerscheinentzug für eine Ersttat ist noch niedrig angesetzt, so meinte die Richterschaft, obwohl selbst die Staatsanwaltschaft weniger forderte.

Ein Hoch auf unsere Richter. Kinderschänder, Vergewaltiger, Massenmörder, Drogendealer, Scheinasylanten laufen frei auf den Strassen rum und der Staat schaut seelenruhig zu, aber wenn es um verletzten Stolz geht, da greifen wir Deutschen richtig durch! Jawoll.

Gerechtigkeit? Nein. Deswegen ist Justizia blind, denn sonst würde sie weinen, wenn sie all die Fehlentscheidungen mit ihren eigenen Augen sehen müsste.

Tja, von nun an heißt es bis zum Termin des Berufungsverfahrens umzusteigen. Von der S-Klasse in die S-Bahn.
 

Rainer

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hallo ronin,

deine spaßige und überraschend endende geschichte würde noch viel besser, wenn du deine gegner umfangreicher beschreiben würdest, vielleicht den hass in den augen des überholten bmw-fahrers, die staatsanwaltschaft als alte vertrocknete jungfern, denen es so richtig spass macht, einem s-klasse-fahrer mal einen reindrehen zu können, die linksliberalen und wahrscheinlich selbst pädophilen und drogensüchtigen richter als versoffene individuen darstellen. ein besserer schluss, du triffst an der s-bahn-station den bmw-fahrer, und stößt dieses schwein vor den gerade einrollenden zug - satisfaction für beide: er war vor dir, und du hast die genugtuung.

rainer
 

Ronin

Mitglied
Hallo Reiner,

vielen Dank für Deinen netten Comment. Freue mich doch immer wieder über Feedback. (Wer nicht? *g)

Jau, die besten Geschichten schreibt doch immer noch das Leben. So sagt man ja.
Heute kann ich auch (wenn etwas schmerzhaft aus dem Portemonnaie heraus) wieder darüber lachen und als alte, vertrocknete Jungfer kann man nur die Richterin titulieren;)

Deine Idee ist nicht schlecht. Würde das ganze (wie es der Prozeß eigentlich war) ins Lächerliche ziehen.

Werd ich vielleicht im dritten Teil schreiben. Eine Parodie darauf?! ;-)

Viele Grüße,
Ronin
 



 
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