Von der klugen Ameise

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Ellinor

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Von der klugen Ameise

Im Wald, unter einer alten Tanne, war ein großer Hügel aufgeschichtet. In ihm wohnte der Ameisenstaat.

Viele tausend Ameisen gingen täglich ihrer Arbeit nach. Sie hatten die unterschiedlichsten Aufgaben. Manche sammelten Tannennadeln und kleine Holzstückchen um ihre Burg zu vergrößern. Das waren die Transportameisen.

Andere waren emsig dabei, den Hügel weiter auszubauen. Das waren die Bauameisen. Dann gab es jene, die den ganzen Tag Nahrung herbeischafften. Das waren die Jagdameisen. Wieder andere hatten die besondere Aufgabe, die vielen Ameisenkinder zu füttern und zu erziehen. Das waren die Elternameisen.

Eine Spezialgruppe musste die Königinnen des Staates ernähren und beschützen. Das waren die Minister- und Kanzlerameisen.

Die Arbeit der Königinnen bestand darin, dass sie viele Eier legten und den Staat regierten. Ansonsten lagen sie auf der faulen Haut und ließen die anderen alle schwere Arbeit tun.

Viele Ameisen beneideten die Königinnen. Oftmals hatten sich einige von ihnen zusammen getan und die Arbeit niedergelegt. Sie streikten. Die Königinnen hatten mit jenen kurzen Prozess gemacht und sie aus dem Staat verbannt. Was aus ihnen geworden war, wusste niemand.

Eines Tages hatte eine Ameise eine gute Idee. Viele Tage lang sammelte sie Staub von Schmetterlingsflügeln. Damit ging sie zu Frau Spinne, die in der Nachbarschaft wohnte, und sagte: „Liebe Frau Spinne, ich möchte gerne, dass Du mir einhundertfünfundzwanzig Paar Flügelchen webst. Dafür bekommst Du von mir diesen bunten Staub von Schmetterlingsflügeln, den Du über Dein Netz stäuben kannst, damit es schön bunt schimmert.“

Frau Spinne, die dabei war, ihr Heim zu verschönern, sagte zu und begann sogleich mit der Arbeit.

Nach einhundertfünfundzwanzig Tagen hatte sie die Aufgabe erledigt. Ganz vorsichtig trug die Ameise die zarten Flügelchen in ihren Bau und versteckte sie. Dann bat sie um eine Audienz bei den Königinnen.

Vier Wochen dauerte es, bis sie Zutritt bekam. Als die Ameise den Saal betrat, verbeugte sie sich vor den einhundertfünfundzwanzig Königinnen und sprach: „Verehrte Königinnen, wie ich gehört habe, habt ihr noch niemals die Wärme der Sonne gespürt, und noch nie haben Eure wundervollen Augen die Schönheiten der Wälder gesehen. Ich weiß, dass Ihr Euch oft wünscht, nach draußen zu kommen, dass es Euch aber schwer fällt, Eure Beine zu benutzen. Deshalb bat ich Frau Spinne, für Euch diese kleinen Flügelchen zu weben. Wenn ihr sie mit Leim anklebt, könnt ihr damit nach draußen fliegen und Euch die Welt ansehen.“

Die Königinnen waren darüber sehr verwundert, aber sie wollten es ausprobieren. Bis auf eine ließen sie sich von ihrem Gefolge die Flügelchen ankleben und flogen erst einmal durch den ganzen Staat.

Dann schwebten sie ins Freie und waren geblendet von der Sonne, so dass einige abstürzten. Die meisten aber flogen fort und konnten nicht wieder heim finden. Sie ließen sich irgendwo im Wald nieder, bauten einen Minihügel, was ihnen, die nie gearbeitet hatten, ganz schön schwer fiel. Sie legten ihre Eier hinein und starben dann, weil sie sich nicht selbst ernähren konnten.

Aus den Eiern schlüpften eines Tages neue Ameisen, und nur eine Königin war dabei. So hat die Klugheit einer Ameise dazu geführt, dass die Ameisenstaaten nur noch von einer Königin regiert werden und alle weniger arbeiten müssen.
 

Ellinor

Mitglied
Antwort an old icke

Hallo old icke
Danke, daß du mein märchen gelesen hast. Ich mag es lieber ohne Soldaten. Soldaten bedeuten auch die Möglichkeit Krieg zu führen, was meine Ameisen im Märchen nicht wollten. Die wollten nur friedlich leben und nicht ausgebeutet werden.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
yep!

ganz meine meinung. muss nicht immer alles wie im wirklichen leben sein. und schon gar nicht märchen.
lg
 

Andreas E

Mitglied
Superschön dein Märchen. Genau das Richtige, um Kinder am Abend in den Schlaf zu verabschieden. Die Erzählweise ist schön flüssig und es werden lebhafte Bilder erzeugt. Dabei wird dem Leser aber nicht alles bis ins kleinste Detail vorgegeben sondern es bleibt noch genügend Freiraum für die eigene Phantasie.
 

Ellinor

Mitglied
Antwort auf Kommentar von Andreas E

Hallo Andreas
Vielen Dank für Deinen positiven Kommentar. Schön, daß Dir mein Märchen gefallen hat. Manchmal denke ich, daß meine Märcchen zu schlicht geschrieben sind aber im Computerzeitalter macht es mir Spaß Märchen zu erfinden bei denen man das Gefühl hat,daß man die Welt noch anfassen kann. Dein Kommentar freut mich. Danke
 

pablo

Mitglied
Gute-Nacht-Geschichte

Hallo Ellinor,

mir gefällt dein Märchen auch sehr gut!
Ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen, es eignet sich hervorragend zum Vorlesen als Gute-Nacht-Geschichte.

Liebe Grüße
Pablo
 

Ellinor

Mitglied
Antwort auf Pablos Kommentar

Hallo Pablo
Vielen Dank für Deinen netten Kommentar. Es freut mich, daß meine einfachen Märchen trotz High tech Zeitalter Leser finden denen sie gefallen. Danke Pablo.
Auch lieben Gruß
 

Ellinor

Mitglied
Antwort an LS

Hallo LS
Vielen Dank,daß Du mein Märchen gelesen hast. Es freut mich,daß es Dir gefällt.
Gruß Ellinor
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Weil’s ein eigener Beitrag war, habe ich mir erlaubt, diesen als Kommentar hier einzustellen:
Hier schreibt
dichter johannes

Das Märchen liest sich recht flüssig. Wenn die Ameisen im Wald einen Hügel haben, sollte man jedoch von der Roten Waldameise sprechen.Recht gut ist jene Stelle, wo es zwischen den Ameisen und den Spinnen einen Güteraustaisch gibt. Es gint also ein gegenseitiges Geben und Nehmen.Auch die Spinnen hätten einen Namen haben können. Zum Beispiel Kreuzspinne.Erwähnen hätte man noch die Ameisenstraße. Die Ameisen, die dim Außendienst tätig sind, besorgen darüber ihre Nahrung. Interessant wäre es noch für die Kinder gewesen, wenn der riesige Ameisenkropf genannt worden wäre. Darüber versorgen die Ameisen aus dem Außendiensr die Ameisen im Innendienst.Insgesamt ist das Märchen jedoch sehr schön.

Mit vielen Grüßen
dichter johannes
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dichter 2006
Hat kurz Ordnung und sich aus dem Staub gemacht
 
Mir gefällt das ganze auch sehr gut und ich bin eher schwer zufrieden zu stellen, weil mir beim Lesen schnell langweilig wird. Besonders der Titel gefällt mir, weil er so schön schlicht ist und trotzdem gespannt macht.
Nur hier eine ganz kleine konstruktive Kritik: Ab dem Satz

"Bis auf eine ließen sie sich von ihrem Gefolge die Flügelchen ankleben und flogen erst einmal durch den ganzen Staat..."

bist du für meinen Gschemack etwas zu schnell. Versuch doch mal, die Sätze in kleinere zu unterteilen, so in etwa

Bis auf eine ließen sie sich alle die Flügelchen ankleben. Zunächst flogen sie nur durch ihren Staat, dann schwebten sie ins Freie wo sie von der Sonne geblendet wurden...

Das ist aber nur eine kleine stilistische Feinheit und ich achte da wohl besonders drauf, weil mir das auch oft passiert.

Ansonsten aber wirklich super!!!
 



 
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