Vorfahrtsstreit im Supermarkt (Es war alles ganz anders)

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Frieda

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Vorfahrtsstreit im Supermarkt (Es war alles ganz anders)


Also jetzt hör dir den Schwachsinn mal an:

Vorfahrtsstreit im Supermarkt
Zwei Männer konnten sich in einem Supermarkt nicht über die Vorfahrt der Einkaufswagen einigen. Sie gerieten sich so in die Haare, dass die Polizei gerufen wurde. Im Streit, bei dem "nicht jugendfreie Schimpfworte" fielen, musste "ein T-Shirt sein Leben lassen", so die Polizei.


So eine winzige Notiz ganz hinten im Lokalen, unter "Was sonst noch geschah". Da hatte ich wirklich schon bessere Presse. Was für ein Quatsch, "ein T-Shirt mußte sein Leben lassen". Man müßte diese Schreiberlinge mal zwingen, ihren Mist selbst zu lesen, die würden nur noch schreien. Außerdem war alles ganz anders, und das beste haben sie gar nicht erst gedruckt. Um ehrlich zu sein, das war aber auch wirklich nicht jugendfrei. Mann, war das ein Spaß als ich dem ..., hahahaha ... ohhh, der fand das bestimmt nicht komisch. Aber gut, ich erzähle dir mal, wie es wirklich war:

Der Samstag hätte mieser nicht anfangen können. Weißt du, so einer von den Tagen, an denen einfach alles schief geht. Gerade am Abend vorher hatten Julie und ich uns endgültig getrennt. Nicht daß es mir etwas ausgemacht hätte, trotzdem hatte ich einen ganz schönen Zorn auf dieses elende Weibsstück. Ich will dich jetzt nicht mit Einzelheiten nerven, naja, und ein bißchen viel getrunken hatte ich wohl auch, jedenfalls wachte ich am Samstagmorgen mit einem gewaltigen Brummschädel auf. Zehntausend kleine Männchen mit Nagelschuhen marschierten durch meinen Kopf, und alle im Gleichschritt, uahh war mir schlecht. Zum Aufstehen war es eigentlich noch zu früh, aber einschlafen konnte ich auch nicht mehr. Na gut, dachte ich, ein anständiger Kaffee wird mir wieder auf die Beine helfen. Tja, und dann hatte ich mich endlich aus dem Bett gequält und in die Küche geschleppt, da traf mich voll der Schock: kein Kaffee mehr! Julie dieses Miststück hatte wieder mal nichts eingekauft. Was blieb mir anderes übrig, als in den Supermarkt zu fahren und Kaffee zu holen. OK, ich hätte wahrscheinlich gar nicht fahren dürfen, von wegen Restalkohol und so.Für mich gab es nur zwei Möglichkeiten: zu Hause zu bleiben und elendig am Kaffeemangel zu krepieren oder auf der Fahrt zum Supermarkt Kopf und Kragen und Führerschein zu riskieren. Keine Frage, wofür ich mich entschieden habe, kennst mich ja.

Im Supermarkt schnappte ich mir eins von diesen Wägelchen. Wenn ich schon mal da bin, kann ich mir auch gleich was zum Mittagessen kaufen, dachte ich. Mann, diese scheußliche Musik, die überall aus den Lautsprechern kam. Das war nicht gerade das, was ich in meinem Zustand ertragen konnte. Und überall diese fetten Opas und Omas, die mit ihren Wagen im Weg rumstanden. Wieso mußten die alle am Wochenende einkaufen? Ich hatte nicht übel Lust, dem nächstbestens eins in die Schnauze zu hauen. Ja, eine schöne Rauferei wäre genau das richtige, das würde meine Laune erheblich steigern. Jetzt brauchte ich nur noch den passenden Gegner. Da stand so ein Gimpel beim Gemüse, so ein richtig piekfeiner. Den kauf ich mir, dachte ich, dem sollen seine Tomaten im Hals stecken bleiben. Krach, da war ich ihm auch schon volle Kanne in den Wagen gefahren. "Mensch, du Trottel, hast du keine Augen im Kopf?", brüllte ich ihn an und freute mich schon auf die Tracht Prügel, die ich ihm verpassen würde. "Mach die Fliege, sonst gibt's eins auf die Nuß!" Der Knabe sah mich erschrocken an und stammelte: "Oh, V-Verzeihung, tut mir wirklich leid." Und schwupps, hatte er sein Wägelchen geschnappt und wollte sich verdrücken. Gerade konnte ich ihm noch ein paar unflätige Schimpfwörter nachrufen, da war er schon hinter dem nächsten Regal verschwunden.

So eine Pleite! Ich überlegte noch, was ich als nächstes tun sollte, da krachte es auf einmal und ich bekam einen heftigen Stoß in die Seite. "He, junger Mann, passen Sie doch auf!", schrie mich so eine olle Tussi an. "Halt's Maul, Omi!", fast hätte ich ihr eine gelangt. Meine Hüfte tat höllisch weh, und in meinem Kopf dröhnten noch die Nagelschuhe. Rumms, da traf mich ein Schlag auf die linke Schulter, so daß ich gegen das Regal taumelte und ein paar Gläser mit Gurken zu Bruch gehen ließ. "So eine Frechheit!", keifte die Oma und schwang ihren Gehstock drohend in meine Richtung. Benommen schüttelte ich den Kopf. Na warte Omi, jetzt wird der Onkel ernsthaft böse. Gerade wollte ich mich auf sie stürzen, da wurde ich von hinten festgehalten. "Lassen Sie die Dame zufrieden", nölte ein kleines Alterchen in affigen kurzen Höschen und einem knallbunten Hemd. "Was soll das, sie hat doch mich angegriffen", sagte ich und riß mein T-Shirt der Länge nach auf, um die Prellungen an Schulter und Hüfte zu zeigen. "Hilfe, ein Exhibitionist!", kreischte die Omi. Der Alte ließ auch nicht locker: "So etwas wie Sie sollte man einsperren! Jemand muß die Polizei rufen!"

Inzwischen hatte sich eine beträchtliche Menge Schaulustiger um uns versammelt. Mann, ich sag dir, da packte mich echt die Wut. Dieser blöder Affenarsch, wie seine krummen Beinchen aus den bescheuerten Höschen herausragten. Ein schneller Griff, ein Ruck, und schon hatte ich ihm die Höschen heruntergerissen. Oh Mann, ein Bild für die Götter! Der hatte doch tatsächlich nichts drunter, und seine armen alten Eier baumelten jetzt frei in der Luft. Ich lachte noch, als die Polizisten mich abführten. "Hey Jungs", grinste ich, "Hoffentlich gibt es bei euch wenigstens einen anständigen Kaffee."
 

Zeder

Administrator
Teammitglied
Wie war es also???

Liebe Frieda,

ja, sehr schön - solche Phantasie gefällt mir! Besonders die "Zwischengeschichte" mit dem ersten Rempler, der nicht gerempelt werden wollte... Und ohne Vorwarnung taucht dann jemand auf, den es unweigerlich treffen muss, weil die Zeit "reif" ist - sehr schön!

Die Retrospektive ist Dir sehr gut gelungen!

Viele Grüße,
 

Frieda

Mitglied
Hallo liebe Zeder,

danke für Deine Rückmeldung, freut mich, daß die Geschichte "angekommen" ist. Deine Vorgabe hatte mich schon die ganze Zeit gereizt, kein Wunder, daß da die Phantasie mit mir durchging. Trotzdem brauchte ich eine ganze Weile, bis es so weit war, daß ich es jemandem zumuten konnte.

Liebe Grüße
von Frieda
 

hera

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Fieda!

Genial bösartig, verückt und komisch und diese mitreißende Handlung, diese interessanten Charaktere...
Ich bin begeistert!

hera
 

Frieda

Mitglied
Ooooch Hera ...

... wie lieb von Dir. Danke für das Wort "genial" (geht mir runter wie Öl *schmunzel*). Ich selber stecke viel zu tief in meinen Geschichten drin, um sie beurteilen zu können, deswegen bin ich sehr auf Hilfe von außen angewiesen.

Liebe Grüße
von Frieda
 



 
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