Wach geküsst
Iris Radebrand ließ fast die Kaffeetasse fallen, als sie die Tageszeitung aufschlug.
Wie viele ihrer Geschlechtsgenossinnen bevorzugte sie es, die Zeitung von hinten nach vorne zu lesen, und hatte daher mit dem Anzeigenteil begonnen, wobei sie ihr Augenmerk auf ganz spezielle Annoncen richtete.
Diese liefen unter dem Titel ,Einsame Herzen’ und waren, da es sich um eine konservative Zeitschrift handelte, der Einfachheit in nur zwei Rubriken unterteilt:
Er sucht sie und das betreffende Gegenstück Sie sucht ihn
Es war eher die Neugierde als der eigene Bedarf, welche Iris veranlassten, diese Zuschriften zu lesen, denn eigentlich war sie glücklich verheiratet und hatte daher eine solche Lektüre nicht unbedingt nötig.
Gleichwohl interessierte sie sich für Art Annoncen, und es bereitete ihr ein diebisches Vergnügen, sich die Personen dahinter bildlich vorzustellen.
Eine derartige Anzeige aber war ihr jedoch trotz aller Vielfalt und Phantasie, welche die kreativen Verfasser walten ließen, noch nicht unter die Augen gekommen.
Mit wachsendem Vergnügen las sie:
‚Mir reicht’s! Ich habe keine Lust mehr, von meinem Wecker wach geküsst zu werden, mit meinem Radio zu flirten und mich mit meinem TV zu unterhalten.
Ich, männlich, 35 .J., suche passendes Gegenstück’.
Unterhalb dieses ulkigen Textes war eine Handynummer angegeben.
„Donnerwetter“, rief Iris aus, „das muss aber ein Mann sein“.
Spontan fiel ihr ein, dass ihr Thomas sie schon seit einigen Jahren nicht mehr wach geküsst hatte. Früher, zu Beginn ihrer Ehe, da gab es so etwas zuerst täglich, dann eher wöchentlich, bis diese Gewohnheit so nach und nach im wahrsten Sinn des Wortes einschlief. Früher, ja, früher, dachte sie ein wenig wehmütig, da hat er mir auch noch das Frühstück an’s Bett gebracht.
Iris war jedoch Frau genug, einzusehen, dass solche Gepflogenheiten bei längerem Zusammenleben zwischen Mann und Frau fast überall auf dem Erdenrund diesen Gang nehmen und in den meisten Fällen zwar das Ende der Verliebtheit, aber nicht der Liebe bedeuteten.
Trotzdem juckte es sie in den Fingern, diesen Unbekannten, der da nicht mehr mit seinem Radio flirten wollte, einmal kennen zu lernen, nicht persönlich, doch zumindest seine Stimme.
Als sie sich anschickte, zum Telefon zu greifen, hielt sie inne.
Wenn du schon wach geküsst werden willst, schöner Fremder, dann auch richtig, sagte sie sich mit spitzbübischem Lächeln.
Am nächsten Morgen stand Iris sehr früh, fast noch zu nachtschlafender Zeit, auf. Leise verließ sie das Schlafzimmer, während ihr Mann in seinem Bett seelenruhig weiterschnarchte.
Sie griff zum Mobiltelefon, das über Nacht für gewöhnlich im Wohnzimmer aufgetankt wurde und eilte auf Zehenspitzen in die Küche, die Türen hinter sich schließend.
Mit leicht zitternden Fingern wählte sie die Nummer des Fremden, um ihn richtig wach zu küssen, wie er es so sehnlich wünschte.
Der wird Augen machen, dachte sie, und Ohren erst.
Allerdings war es Iris war selbst, die Augen und Ohren machte, als sie die Stimme am anderen Ende der Leitung vernahm; fast wäre ihr hierbei das Telefon aus der Hand gefallen.
„Du, Thomas?“
Wütend rannte sie ins Schlafzimmer zurück.
Breit grinsend saß ihr Mann aufrecht im Bett und hielt ihr sein neues Handy entgegen.
„Ich wusste doch, dass du auf originelle Annoncen stehst!“
Iris Radebrand ließ fast die Kaffeetasse fallen, als sie die Tageszeitung aufschlug.
Wie viele ihrer Geschlechtsgenossinnen bevorzugte sie es, die Zeitung von hinten nach vorne zu lesen, und hatte daher mit dem Anzeigenteil begonnen, wobei sie ihr Augenmerk auf ganz spezielle Annoncen richtete.
Diese liefen unter dem Titel ,Einsame Herzen’ und waren, da es sich um eine konservative Zeitschrift handelte, der Einfachheit in nur zwei Rubriken unterteilt:
Er sucht sie und das betreffende Gegenstück Sie sucht ihn
Es war eher die Neugierde als der eigene Bedarf, welche Iris veranlassten, diese Zuschriften zu lesen, denn eigentlich war sie glücklich verheiratet und hatte daher eine solche Lektüre nicht unbedingt nötig.
Gleichwohl interessierte sie sich für Art Annoncen, und es bereitete ihr ein diebisches Vergnügen, sich die Personen dahinter bildlich vorzustellen.
Eine derartige Anzeige aber war ihr jedoch trotz aller Vielfalt und Phantasie, welche die kreativen Verfasser walten ließen, noch nicht unter die Augen gekommen.
Mit wachsendem Vergnügen las sie:
‚Mir reicht’s! Ich habe keine Lust mehr, von meinem Wecker wach geküsst zu werden, mit meinem Radio zu flirten und mich mit meinem TV zu unterhalten.
Ich, männlich, 35 .J., suche passendes Gegenstück’.
Unterhalb dieses ulkigen Textes war eine Handynummer angegeben.
„Donnerwetter“, rief Iris aus, „das muss aber ein Mann sein“.
Spontan fiel ihr ein, dass ihr Thomas sie schon seit einigen Jahren nicht mehr wach geküsst hatte. Früher, zu Beginn ihrer Ehe, da gab es so etwas zuerst täglich, dann eher wöchentlich, bis diese Gewohnheit so nach und nach im wahrsten Sinn des Wortes einschlief. Früher, ja, früher, dachte sie ein wenig wehmütig, da hat er mir auch noch das Frühstück an’s Bett gebracht.
Iris war jedoch Frau genug, einzusehen, dass solche Gepflogenheiten bei längerem Zusammenleben zwischen Mann und Frau fast überall auf dem Erdenrund diesen Gang nehmen und in den meisten Fällen zwar das Ende der Verliebtheit, aber nicht der Liebe bedeuteten.
Trotzdem juckte es sie in den Fingern, diesen Unbekannten, der da nicht mehr mit seinem Radio flirten wollte, einmal kennen zu lernen, nicht persönlich, doch zumindest seine Stimme.
Als sie sich anschickte, zum Telefon zu greifen, hielt sie inne.
Wenn du schon wach geküsst werden willst, schöner Fremder, dann auch richtig, sagte sie sich mit spitzbübischem Lächeln.
Am nächsten Morgen stand Iris sehr früh, fast noch zu nachtschlafender Zeit, auf. Leise verließ sie das Schlafzimmer, während ihr Mann in seinem Bett seelenruhig weiterschnarchte.
Sie griff zum Mobiltelefon, das über Nacht für gewöhnlich im Wohnzimmer aufgetankt wurde und eilte auf Zehenspitzen in die Küche, die Türen hinter sich schließend.
Mit leicht zitternden Fingern wählte sie die Nummer des Fremden, um ihn richtig wach zu küssen, wie er es so sehnlich wünschte.
Der wird Augen machen, dachte sie, und Ohren erst.
Allerdings war es Iris war selbst, die Augen und Ohren machte, als sie die Stimme am anderen Ende der Leitung vernahm; fast wäre ihr hierbei das Telefon aus der Hand gefallen.
„Du, Thomas?“
Wütend rannte sie ins Schlafzimmer zurück.
Breit grinsend saß ihr Mann aufrecht im Bett und hielt ihr sein neues Handy entgegen.
„Ich wusste doch, dass du auf originelle Annoncen stehst!“