Warten / Randbezirk

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multimind

Mitglied
Warten / Randbezirk

In der Straßenbahnstation ist es heiß wo noch die Sonne hin kommt und sehr kühl im Schatten. Die Metallbank ist ihm nach kurzer Zeit zu kalt, wenn er unbewegt da steht, tut ihm der Rücken weh, zu weit entfernen will er sich nicht.

Der Bettler kreist jetzt schon zum dritten Mal um ihn. Beim zweiten Mal sagte Alexander zu ihm „Mehr als einen Euro gebe ich dir nicht“, der Bettler nickte, aber er entfernte sich nur wenig und wendete den Blick nicht von ihm ab. Grinst ihn an mit abgebrochenen braunen Zähnen und schrundigen Lippen.

In Alexanders Magen drückt der Kaffee, den er sich vorhin viel zu eilig hinuntergeschüttet hat. Ein Mann stellt sich neben ihn mit einer dick belegten Pizzaschnitte, es riecht nach heißem Käse und knusprigem Schinken, Alexanders Magen knurrt leise. Er hat zu warme Schuhe angezogen.

Das eintönige Geräusch des vorbeifließenden Verkehrs, die Menschen in den Autos sehen alle gleich aus. Ein Kind winkt ihm zu.

Im Haus gegenüber ist nicht ein einziges Fenster geöffnet, kein Licht ist zu sehen, ganz rechts oben ist eine Scheibe zerbrochen und mit Packpapier zugeklebt.

Lautes Hupen aus der Straße um die Ecke, mit Blumen und Bändern geschmückte Autos biegen ein, die Fenster geöffnet, herausgestreckte Arme und Gesichter, Johlen, Rufen, dann eine weiße Stretchlimousine, sieben dunkle Fenster hintereinander, sie gleitet still vorbei, dahinter noch einmal hupende Wagen, der Konvoi biegt weiter vorne wieder ab, das Hupen und Johlen wird leiser.

Die Sonne sinkt hinter das Haus gegenüber, seine Jacke ist zu dünn.
 

HerbertH

Mitglied
Hallo multimind,

ein stimmiges Bild, ohne eigentliche Story. Mich stören ein wenig die vielen 'zu'. Aber vielleicht sind die grad wichtig zur
Charakterisierung des Erzählenden.

Liebe Grüße

Herbert
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Hallo multimind,

ein herzliches Willkommen im Forum Kurzprosa, die ja zum Glück keine Story braucht. Mir gefallen die lakonischen Beschreibungen. Üben die vielen "zu" bin leider auch ich gestolpert, aber das kann ja evt. geändert werden. Oder?

LG Franka
 

multimind

Mitglied
zum "zu" und danke

Lieber HerbertH, liebe Franka!

Vielen Dank für euer Feedback! Dieser Text ist in einem Schreibseminar schon durch eine ganze Runde Kritik gegangen - und dennoch stimmt die Sache mit dem "zu"! Allerdings - gar nicht so einfach dieses unaufällig auffällige Wort loszuwerden! Mache mich daran, sobald ich Zeit habe!
 

multimind

Mitglied
Warten / Randbezirk

In der Straßenbahnstation ist es heiß wo noch die Sonne hin kommt und sehr kühl im Schatten. Die Metallbank ist nach kurzer Zeit kalt, wenn er unbewegt da steht, tut ihm der Rücken weh, weit entfernen will er sich nicht.

Der Bettler kreist jetzt schon das dritte Mal um ihn. Beim zweiten Mal sagte Alexander „Mehr als einen Euro gebe ich dir nicht“, der Bettler nickte, aber er entfernte sich nur wenig und wendete den Blick nicht ab. Grinst ihn an mit abgebrochenen braunen Zähnen und schrundigen Lippen.

In Alexanders Magen drückt der Kaffee, den er sich vorhin eilig hinuntergeschüttet hat. Ein Mann stellt sich neben ihn mit einer dick belegten Pizzaschnitte, es riecht nach heißem Käse und knusprigem Schinken, Alexanders Magen knurrt leise. Er hat zu warme Schuhe angezogen.

Das eintönige Geräusch des vorbeifließenden Verkehrs, die Menschen in den Autos sehen alle gleich aus. Ein Kind winkt.

Im Haus gegenüber ist nicht ein einziges Fenster geöffnet, kein Licht ist zu sehen, ganz rechts oben ist eine Scheibe zerbrochen und mit Packpapier zugeklebt.

Lautes Hupen aus der Straße um die Ecke, mit Blumen und Bändern geschmückte Autos biegen ein, die Fenster geöffnet, herausgestreckte Arme und Gesichter, Johlen, Rufen, dann eine weiße Stretchlimousine, sieben dunkle Fenster hintereinander, sie gleitet still vorbei, dahinter noch einmal hupende Wagen, der Konvoi biegt wieder ab, das Hupen und Johlen wird leiser.

Die Sonne sinkt hinter das Haus gegenüber, seine Jacke ist zu dünn.
 



 
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