Warten auf den Bus

Chris

Mitglied
Er verstand es einfach nicht:
Warum musste er sein Leben lang an Orten leben, die weit entfernt waren von Geschäften, von Cafes, von Zigarettenautomaten; an Orten, wo man schnell dorthin kam, wo etwas los war, wo das Leben pulsierte.
Wo man vor allem zu Fuß zu solchen Plätzen kam.
Jetzt war er wieder in so einer Situation, die er absolut hasste.
Er war auf einem Kuraufenthalt in Konstanz, er war an MS erkrankt und wollte eigentlich nur Zigaretten holen.
Dazu musste er aber in die Stadt fahren, denn die Klinik war außerhalb von Konstanz gelegen und der nächste Zigarettenautomat war eben in der Stadt, die für ihn nur mit dem Bus zu erreichen war.
Jetzt war er auf dem Heimweg zur Klinik, hatte also seine Erledigungen gemacht und wartete an einer Haltestelle auf den Bus.
Er wartete bestimmt schon eine halbe Stunde; es war ein kalter November-Abend, es regnete in Strömen, es blies ein kalter Wind und er saß ganz allein an der Haltestelle und wartete auf den Bus.
Das einzig Positive war, dass die Haltestelle überdacht und er so vor dem Regen geschützt war.
Jetzt kamen zwei junge Mädchen in dicken Wollmänteln, studierten den Fahrplan, zogen ihre Handys aus irgendeiner Tasche und verabredeten mit den Gesprächspartnern irgendeinen Treffpunkt für den weiteren Abend.
Ein Bus hielt an, sie kramten ihre Fahrscheine aus ihren Manteltaschen und stiegen ein.
Einen Moment später fuhr der Bus los und er saß wieder allein da und wartete auf den Bus.
Er sah auf die Uhr, der Bus müsste eigentlich jeden Moment kommen, und stand auf.
Er steckte eine Zigarette an und sah traurig an die Scheibe, an der gerade der Regen herunterlief.
Da, wieder ein Bus! Fast flehend sah er auf dessen Nummer und setzte sich wieder auf die Bank - wieder nicht seiner.
Langsam fing er an zu frieren, es war sehr kalt an diesem Abend und es sollte laut Wetterbericht bald schneien.
Wie oft, dachte er, war er schon an irgendeinem Ort, an dem er sich auch nicht richtig auskannte, wie oft war er schon an solch einem Ort gestanden und hatte auf irgend etwas gewartet.
Auf einen Bus zum Beispiel. Oder auf eine Frau. Oder auf einen Freund.
Er wartete ständig auf irgendwas und wusste oft nicht warum.
Da kam wieder ein Bus angefahren, er sah nach der Liniennummer – es war der richtige - und stieg ein.

*** ***
 
S

Sanne Benz

Gast
Hallo Chris,
ich konnte ihn richtig vor mir sehen..
tja..manchmal habe auch ich das Gefühl, ständig auf etwas zu warten..:-(
Aber dann kam er ja noch..der Bus..hatte schon befürchtet,es schneit und er efriert..
hat mir gefallen, Deine kleine Schilderung
lG
Sanne
 



 
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