Warum Rentner langsam Auto fahren

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Pürierstab

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Erwin, 75 Jahre alt, wohlhabender Retner, dreifacher Großvater, seit 45 Jahren mit Gertrud verheiratet und seine große Leidenschaft: schnelle,teure Autos.
Erwin legt großen Wert auf das Optische seines Gefährts, doch noch mehr , auf dessen Pferdestärken. 180 sollten es bei seiner neuesten Errungenschaft, einem Mercedes E 220, sein.
Jede Fahrt genießt er. Er achtet penibel auf die visuelle Unversehrtheit seines PKW und lässt ihn regelmäßig Warten.
Er liebt die Blicke der anderen Rentner in seiner Umgebung, wenn er gemächlich durch die Ortschaft fährt.
Erwin lässt sich durch nichts aufhalten, wenn er bei erlaubten 50 km/h konstant mit 35 km/h den gesamten Verkehr aufhält. Schließlich hat Erwin jede Menge Zeit und kann es sich nicht leisten, das neue teure Auto unnötigen Gefahren auszusetzen.

Erwin geht, wie man auch an seinem fahrbaren Untersatz erkennen kann, mit der Zeit und hat sich darum ein tragbaren Telefon zugelegt. Selbstverständlich auch, um jederzeit von seinen Seniorenfreunden aus dem Kegelclub \" Senioren an die Macht\" erreichbar zu sein, mit dem er sich regelmäßig 6 mal die Woche trifft. Er tritt stets dafür ein, die Treffen um das doppelte anzuheben. Dies mag sich viel anhören, ist aber noch zu selten wenn seit einem knappen halben Jahrhundert der Ehemann von Gertrud ist.
Erwin legte ein Verhalten eines Geheimbeauftragten der GEZ an den Tag um sein Handy vor Gertrud zu verbergen. Trotz aller Bemühungen konnte Erwin nicht verhindern das Gertrud sein Handy eines Tages zufällig festgeklebt unter dem Deckel des Toiletten-Wasserkastens beim putzen entdeckte.
Von da an befand sich seine Handynummer auf Platz 1 des Kurzwahlspeichers ihres gemeinsamen Haustelefons, damit Gertrud jederzeit zugriff auf das Gehör ihres Mannes hatte.

Seitdem machen die gemütlichen Autofahrten nur noch halb so viel Spaß. Denn Gertrud nutzt oft und gerne die Gunst der Stunde, um ihren Mann anzurufen und ihn diverse Kleinigkeiten besorgen zu schicken.

An diesem Abend, Erwin cruiste grade an der Gaststätte \"Zum irren Hirsch\" vorbei, klingelt zum 13. mal an diesem Tag sein Handy. Es ist Gertrud und Gertrud braucht dringend Calcium-Brausetabletten. Erhältlich in jeder Drogerie.
Es dämmert bereits und Erwin wird blass. Er schaut auf die Uhr. 5 Minuten vor 20.00 Uhr. Alle Alarmglocken in seinem Kopf fangen an zu schrillen. Seine Augen sind weit aufgerissen und sein Gesicht naht einem Farbton, der an Kreide erinnert.
Das letzte Mal als Gertrud die Calcium-Tabletten ausgingen, konnte er die ganze Nacht nicht schlafen, weil Gertrud Nachts um 3.00 Uhr kreischend und heulend am Küchentisch saß und dachte, ihr würden nun sämtliche Haare ausfallen, weil sie dies einmal in einer bekannten Frauenzeitschrift gelesen hatte.
Selbst als er ihr dann selbstlos eines seiner Toupets anbot, falls dieser Fall eintreten würde, lehnte sie fauchend ab und zwang ihn, umgehend loszufahren um die nächste Notfall-Apotheke aufzusuchen und ihre Brausetabletten zu besorgen.

Nun ist es also 5 Minuten vor 20.00 Uhr und somit gleich Geschäftsschluss und die nächste Drogerie ist mindestens 10 Strassen entfernt.
Mit Panik in den Augen klammert Erwin sich ans Lenkrad und tritt aufs Gas. Jetzt machen sich auch die 180 PS endlich mal bemerkbar. In Nullkomanichts beschleunigt er auf 120 Sachen und rast durch die Ortschaft. Überall in den Strassen die Erwin durchquert, schmeißen sich die Passanten in Büsche, Hecken und Hauseingänge, alarmiert von den quietschenden Reifen. Auf der Windschutzscheibe befanden sich mittlerweile eine tote Katze udn verschiedene Müllreste, die hängenblieben, als er es nicht schaffte einem Müllcontainer auszuweichen. Nach einer letzen Kollisionmit einer Bushaltestelle, an der ein Hund sein Leben ließ, kommt Erwin mit kreischenden Reifen vor der Drogerie zum stehen. Mit Angstschweiß auf der Stirn und immernoch kreidebleich sieht er, wie ein Mitarbeiter die Eingangstür des Geschäfts schließen will.
Erwin springt todesmutig aus dem Wagen, rennt zur Tür und tritt sie dem Mitarbeiter vor\'s Gesicht, wobei dessen Nase bricht. Das verschafft Erwin Zeit in die Abteilung mit den Brausetabletten zu rennen. Nach kurzem Umsehen entdeckt Erwin die Dose mit der Aufschrift: \"Calzium-Brausetabletten, zum täglichen Verzehr geeignet\", im Regal stehen und nimmt sie liebevoll mit einem Lächeln auf den Lippen in beide Hände und marschiert stolz in Richtung Kasse. Schließlich schreitet er zum Ausgang wo draussen sein optisch stark mitgenommener Benz auf ihn wartet.

Und die Moral von der Geschicht\':
Auch wenn ihr mal mit 20 km/h hinter einem 18 PS starkem Neuwagen herkriechen müßt oder mal 2 rote Phasen an \'ner Ampel hinter einem Renter abwarten müßt, denkt daran:
Dieser alte Mann hat sicher eine Gertrud zuhause. Also gönnt ihm das Vergnügen.
 



 
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