Wasserkraft

Walther

Mitglied
Grüß Gott sekers,

man(n) sollte sich nicht selbst zitieren; hier sei mir eine Ausnahme gestattet:
Haikus sind ein Fall für sich. Häufig wird gemeint, die Form 5-7-5 sei kontituierend; dem ist nicht so. Das moderne Haiku, besonders das nicht-japanische, kennt durchaus Abweichungen dazu.

Aus der Tradition kommt zudem die Trennung in Senryu (der Protagonist, der Mensch also, steht im Zentrum) und Haiku (naturbezogen, Naturdichtung). Heute verfließen diese Grenzen zunehmend.

Das Haiku beschreibt ein Bild und läßt Raum für die Fertigstellung desselben im Leser / Betrachtung. Früher waren dem Haiku Federzeichnungen und/oder Holzschnitte beigegeben, und, wie wir wissen, sind die chin. Schriftzeichen, die ja auch das Japanische verwendet, selbst "Bilder". Im Haiku scheinen Shintoismus und Buddhismus auf, ebenso das ZEN.

Letztlich ist ein Haiku niemals lautmalend, und es reimt sich auch nicht. Effekte sind nicht die Sache des Haijin (= Haikudichter). Er nimmt sich zurück, betrachtet sich sozusagen als Linse, in der sich das Naturereignis "bricht".

Wichtig sind "kigo" (Jahreszeitenwort) und "kigai (= Jahreszeitenthema). Dopplungen sollten vermieden werden - was gesagt ist, ist gesagt, keine Platzverschwendung, wozu auch, denn: gerade beim Kurzgedicht liegt in der Kürze die Würze.

Mehr findet man unter http://www.haiku.de , der Seite des Hamburger Haiku-Verlags, der derzeit besten deutschen Haikuseite (neben der der Deutschen Haikugesellschaft, deren Mitglieder meine Wenigkeit seit einigen Jahren ist; dort bekommt man ein gutes Quartalsbrevier, das über das Haiku einiges vermittelt).

Ich überlasse es den Lesern und den wirklichen Experten zu entscheiden, ob dies ein Haiku ist oder nicht. Meiner unerheblichen Meinung nach ist der Eintrag wohl eher keines ...

Wir streiten uns also ein wenig um des Pudels Kern: Hier klicken Aber warum auch nicht. Was gibt es denn Schöneres als Grundsatzdebatten, sage ich immer, wenn sie denn ruhig, sachlich und mit einen kleinen Schuß wohlmeinenden Humors gewürzt geführt würden.

Aber das werden sie meistens leider nicht. Und daher will ich es auch bei diesem unmaßgeblichen Hinweis auch belassen, bevor ich wieder in der Besserwisserecke lande, in der ich mich eigentlich so gar nicht wohlfühle.
Leider muß ich an dieser Stelle sagen, daß - im Gegensatz zum Gedicht, bei dem dieser Eintrag eingetlich steht - ich auch dem Werk selbst nur eingeschränkt etwas abgewinnen kann. Das wiederum liegt an der Überlagung mit Wasserbeschreibungsverben zusammen, die das Bild, das sie im Leser schaffen und zu einem Bild-/Fühl-/Klangbild ausformen wollen, kurz danach einfach regelrecht "plattprügeln".

Dabei ist Dein Eintrag über Dich selbst - also in Deinem Profil - richtig vielversprechend frisch. Warum schreibst Du nicht einmal so etwas? Das scheint Dir doch zu liegen!

Liebe Grüße W.
 

sekers

Mitglied
@Walter, @Duisburger

Hallo Walther,

danke für die Information Haikus betreffend. Soweit ich lese, findet sich in meinem Text das Jahreszeitenthema (Lachse laichen im späten Sommer), die Form entspricht dem klassischen Haiku Stil (5-7-5 Silben in drei Zeilen), der Inhalt ist ein Naturbild (ein Lachs schwimmt in einem Fluss den Berg hinauf und springt gerade aus dem Wasser). Vielleicht kannst Du mir den Grund für Dein lehrhaftes Zitat nochmals mitteilen, ich sehe keinen Grund dafür in meinem Text, ich sehe aber auch in Deinem Text keine Erklärung für einen etwaigen Grund.

Dass Du dem Text nichts abgewinnen kannst, spricht nicht für ihn. Ich werde in mich gehen. Aber wahrscheinlich mein alter Fehler, ist doch mehr Senryu.

Deinen Satz
Das wiederum liegt an der Überlagung mit Wasserbeschreibungsverben zusammen, die das Bild, das sie im Leser schaffen und zu einem Bild-/Fühl-/Klangbild ausformen wollen, kurz danach einfach regelrecht "plattprügeln".
verstehe ich nicht. Genauer gesagt verschließt sich mir die Bedeutung des Wortes "Überlagung". Auch weiß ich nicht, was Du mit "kurz danach" meinst.

Aber das Wort "plattprügeln", das verstehe ich anhand Deiner Ausführungen, es ist so, wie wenn mehr als 50 gegen drei Zeilen stehen.

Und was deine Frage am Schluss betrifft, so halte ich es mit Ionescu: Viel interessanter als die Antwort ist die Frage.

Liebe Grüße
G.

Hallo Duisburger,

Quellengegurgel ist ein Kunstwort und Austriazismus, die Aufnahme in die nächste Auflage des Duden ist schon lange beantragt und wird dem Vernehmen nach wohlwollend geprüft. Aber genau, aus Duisburg ist noch kein Votum gekommen.

Liebe Grüße
G.
 
B

Beba

Gast
Hallo sekers,

ich glaube, das Zitat von Walther trifft sehr wohl den Kern, woran dein Text als Haiku krankt.

Ich möchte als Kritik noch 2 Punkte hinzufügen:

Quellengegurgel.
Und sprüht, spritzt, reißt, tränkt, flutet.
Ein Lachs schnellt bergan.
Quellengegurgel ist Lautmalerei, oder? Lautmalerei gehört nicht in ein Haiku. Ein Haiku beschreibt einen Moment, den der Autor intensiv erlebt. Er bringt auch keine Gefühle, Interpretationen o.ä. hinein. Ein Haiku ist ein Bild, das der Autor in einem Moment erlebt, in dem er quasi das Bild selbst, nicht von ihm getrennt ist. Daher fehlt eben jede Interpretation!
Und die 2. Zeile ist nicht das nackte Erleben eines Moments, sondern lautmalerische Schilderung im Überschwang, ganz entgegen des Gedankens des Haiku. Da hilft auch dein laichender Lachs als Jahreszeitenalibi nicht mehr. :)

Sorry, ist IMHO kein Haiku. Ein Senryu übrigens selbstverständlich auch nicht. :)

Das Haiku-Schreiben efordert IMHO, dass man sich nicht nur mit der Technik befasst, sondern auch mit der Lebenseinstellung, die dahintersteckt. Und das erst macht Haikus so anders, aber trotz der scheinbaren Einfachheit dann doch so tiefgründig.

Ciao,
Bernd
 

Walther

Mitglied
Grüß Gott, sekers,

gemeint war das Wort "Überlag(er)ung".

Letztlich kannst Du es mit meinem Kommentar halten wie "der sell aufm Dach": Entweder Du akzeptierst qualifizierte Kritik, oder Du läßt es.

Allerdings wüßte ich das gerne vorher. Am besten trägst in Dein Profil ein: "Bitte meine Gedichte nicht kritisieren, da ich sowieso alles besser weiß." Oder Du schreibst es in Deine Signatur, dann wissen alle sofort Bescheid.

Herzlichen Dank für Deine Unterstützung im Voraus. Dadurch könnte ich nämlich meine Zeit an die verschwenden, die eine sachliche Kritik estimieren.

Und andere ebenso.

Liebe Grüße

W.
 

sekers

Mitglied
@Beba, @Walther

Hallo Beba,

ich möchte Dir nicht widersprechen. Du meinst, der Text sei kein Haiku. ist OK.

Wenn Du Verben wie sprühen, spritzen, tränken etc. als Lautmalerei bezeichnest, ist es auch in Ordnung. Du hast feine Ohren. Zum Quellengegurgel habe ich schon vor Deinem Kommentar geantwortet.

und vielleicht versuchst Du das nächste Mal, wenn Du wieder Kritik äußerst, das Kritisierte vorher zu verstehen. meine Zeile drei als Alibi zu bezeichnen, zeugt vom Gegenteil.

dass es denn erforderlich sei, sich mit der Lebenseinstellung, die hinter Haiku-Schreiben steckt, zu befassen, habe ich einen japanischen Kollegen, mit dem ich seit fünfzehn Jahre befreundet bin, wissen lassen.

er hat gelächelt.


Liebe Grüße
G.

Hallo Walther,

Du scheinst gekränkt. wenn meine Antwort der Grund ist, tut mir das leid.

und wir wissen, wer austeilt sollte auch einstecken können. und gleichzeitig wissen wir, austeilen ist leichter als einstecken.

und versuch Dir doch einmal vorzustellen, quasi Gedankenexperiment,
- ich hätte dein Selbstzitat schon vorher gelesen gehabt,
- und ich hätte mich auch unabhängig darüber vorher über Haikus informiert gehabt,
- und ich hätte schon vorher unterschiedlichste Haikus gelesen,
- und ich hätte die Verben für Zeile zwei einer Logik folgend aus einer weiß Gott längeren Liste ausgewählt,
- und ich hätte nicht nur ein Haiku schreiben, sondern auch etwas sagen wollen.

natürlich kann der Text noch immer grottenschlecht sein. und wirklich kein Haiku sein.

ich habe nichts dagegen, wenn Du mir das sagst.

aber ich würde das gerne anhand des (kritisierten) Texts erfahren, und nicht aufgrund belehrend wirkender und allgemeiner Betrachtungen über Haikus. Motto: "dichter am Text".

und Ratschläge, was ich denn besser anderes tun solle, gehören nicht zu der Kritik dieses Texts. das ist keine, um ein Wort von Dir zu gebrauchen, qualifizierte Kritik.

Zusammengefasst freue ich mich, dass Du Dich mit dem Text auseinandergesetzt hast und bedanke ich mich für Deine kritischen Zeilen.

Liebe Grüße
G.
 

Walther

Mitglied
Guten Tag, sekers,

jeder Autor ist der Herr seiner Gedichte. Meine Hinweise sind sowieso nur als Anregung zu verstehen. Mehr wäre vermessen.

Ich kann mit japanischen Freunden nicht dienen, nur mit einer japanischen Stiefmutter. :)

Deine Erläuterungen machen Deine Einstellung nachvollziehbar. Ich bin ein Mensch des offenen Worts. Das klärt die Sachlage, und man weiß, woran man ist. Nichts für ungut also.

Ich wünsche Dir frohes Dichten und Lesen.

Lieber Gruß W.
 
B

Beba

Gast
sekers,

ich weiß nicht, warum dein jap. Kollege gelächelt hat. Hast du ja auch nicht geschrieben. Aber dass Haikus ein bestimmtes Lebensgefühl ausdrücken und transportieren, wirst du ja wohl selbst wissen, wenn du dich schon mit Haikus beschäftigt hast. Wenn man sich mal mit Geschichte und Herkunft dieser Dreizeiler beschäftigt, sollte das klarer werden, was ich meinte.

Schade, dass du so barsch auf meine Kritik reagierst. Aber immerhin liegst du damit bei der LL voll im Trend. :)

Ciao,
Bernd
 



 
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