Das sehe ich anders, Oliver.
Das Gedicht zeigt eine starke Zahlensymbolik, mutet fast kabbalistisch an. - Ich möchte aber lieber eine Annäherung aus dem Tarot versuchen, dem großen Orakel, das enge Verknüpfungen dazu zeigt.
Sieben Straßen lang
fünf Schritte weit
wusch ich mein Blut
von zwölf Häuserecken.
Die Zahl 7 steht für den Aufbruch der Helden, für Mut und Zuversicht, für Neubeginn , also auch für den Beginn eines neuen Jahres. Die 5 symbolisiert im Tarot die Zuversicht und das Vertrauen, ist eine Schutzkarte, die offenbar auch notwendig ist. Denn es müssen schreckliche Altlasten abgewaschen werden, bevor der Weg des Helden (LyrI) beginnen kann. - Ich finde das Blutbild stark und extrem passend, weil diese Flüssigkeit nun einmal für das Leben schlechthin steht.
Die 12 zeigt das Bild eines kopfüber Gehängten und steht für Stillstand, Krankheit, Krise und passt deshalb ebenfalls hervorragend ins Gesamtbild - die Befreiung ist nicht einfach, erfordert auch Opfer.
Aus eisigen Wassern
ragten offene Türen,
erbaut und geschaffen
aus treffendem Stein.
Die Steine, mit denen LyrI beworfen worden ist, haben nämlich getroffen und gesessen. Die Jahreswelt war eisig, trotz mancher (verlogenen) offenen Tür.
An einer dort drüben
fünf Schritte weit -
ein narbiger Schlüssel:
Willkommen, tritt ein.
Eine der Türen (genial: wieder die 5) hält aber tatsächlich noch einen Schlüssel für den vernarbten Helden bereit, der nach Überwindung aller Strapazen frisch durchstarten kann.
Die Große Arkana (22 Karten) erzählt uns von der Weltenschöpfung, der Nachtmeerfahrt und der Erlösung des (Sonnen-)Helden. - Einen Teil davon hast du großArtig und passend zum Jahresbeginn verarbeitet. - Formal entspricht das Poem seinen inhaltlichen Vorgaben.
Mir hat dein Gedicht, liebe Monika, und sein Kommentieren großen Spaß gemacht, gerade weil es mit alten Symbolen und starken Bildern spielt.
[Auch ohne Kenntnis des Tarot kann man natürlich zu einer ähnlichen Auslegung kommen.
]
Sehr liebe Grüße
Heidrun