Weiblich, ledig, jung sucht...

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Nicole Nohr

Mitglied
Hier ist meine Geschichte zu einer Schreibaufgabe "Schreiben Sie eine Kurzgeschichte aus Sicht eines Haustieres - maximal 3 Minuten Vorlesezeit".
Ich bin noch nicht so ganz zufrieden damit, weiß aber nicht so Recht, woran es liegt... Vielleicht habt Ihr ja eine Idee - würde mich freuen




Weiblich, ledig, jung sucht zuverlässigen Dosenöffner.
Spätere Freundschaft nicht ausgeschlossen.

Wenn Sie mich fragen würden, dann würde ich diesen Text an die Tür hängen, die mich von dem Gehege trennt, wo sie meine potenziellen Herrschen und Frauchen reinlassen und mir vorführen.
Aber nein, warum sollte jemand von diesen Zweibeinern, die sich „Pfleger“ nennen, denn einmal auf so eine innovative und ausgefallene Idee kommen? Stattdessen steht auf meinem Schild in etwa folgendes:

Katze, weiblich, ca. 3 Jahre alt, sterilisiert, geimpft, entwurmt.
Fundtier, scheu. Name: Pünktchen.

Sachlich, simpel und schlichtweg…langweilig.
Wen will man denn mit so etwas vom Hocker reißen? Welcher halbwegs normale Zweibeiner würde sich denn auf ein Tier mit einer solchen Beschreibung einlassen? Seien sie doch mal ehrlich: Mit Sicherheit niemand!
Und dabei ist es in meinen Augen doch wichtig, dass eine Dosenöffner-/Katzen-Beziehung auf einer soliden Basis gebaut wird. Wer schafft sich denn schon ein Tier an, nur weil es geimpft oder scheu ist? Wer nimmt denn schon ein Tier, nur weil es Pünktchen heißt? Wer kauft eine Katze, nur weil sie sterilisiert ist? Niemand!
Aber erzählen Sie das mal den Leuten, die hier das Sagen haben. Das werde ich sowieso nie verstehen: Diese Einrichtung hier nennt sich Tierheim, und wer hat das Sagen? Die Menschen – nicht wir Tiere.
Aber soll ich Ihnen mal was verraten? Sie dürfen es aber nicht weitererzählen, ok? Also, wenn man es ganz genau nimmt, dann sind es nämlich doch wir Katzen, die hier den Ton angeben! Wir suchen uns unsere zukünftigen Besitzer aus. Wer uns nicht gefällt, der wird einfach ignoriert, den beachten wir einfach nicht weiter oder verstecken uns in unseren Schlafecken. Und wenn die Zweibeiner es partout nicht kapieren wollen, dass sie nicht die richtigen für uns sind, dann kann es auch schon einmal passieren, dass sie Bekanntschaft mit unseren Krallen oder Zähnen machen. Wenn so was passiert, dann kommt zu dem „kastriert, geimpft, entwurmt-Zeug“ auf dem Schild noch der Zusatz: „Reizbar“ oder „Aggressiv“ dazu. Und das ist für die meisten meiner Mitbewohner nichts Gutes. Für sie sinkt die Vermittlungschance dann fast auf Null. Mir ist das egal. Wer mir ein Zuhause geben will, der muss auch mit mir klarkommen. Wer das nicht kann, der lässt es sein. So einfach ist das.

Aber manchmal, da werden solche Zusätze ohne jeden Grund auf unsere Schilder geschrieben – so wie bei mir. Das finde ich dann wiederum gar nicht in Ordnung. Was kann ich denn dafür, dass dieser Miniatur-Mensch, der letzte Woche hier war, nicht verstehen wollte, dass der rote Gummiball mein Lieblingsball ist und ich es auf den Tod nicht leiden kann, wenn jemand ihn mir wegnimmt? Erst war ich ja ganz lieb und habe versucht, diesem Kind dezent mitzuteilen, dass ich mit seinem Handeln alles andere als einverstanden bin. Ich habe ihn mit der Nase angestupst, mich zwischen ihn und den Ball gedrängt, aber er hat es nicht verstanden, einfach nicht kapiert. Erst, als ich ihm meine Krallen gezeigt habe und dann in seinen Pullover gehauen habe, ist er schreiend weggerannt, dann hat er es endlich verstanden.
Dieses Ereignis hat mich wieder in meinem Glauben bestätigt, dass diese Zweibeiner einfach nur dumm sind. Unterbemittelt, oberflächlich, arrogant, unsensibel; nennen Sie es, wie Sie wollen, es kommt immer aufs Gleiche raus: Wir Katzen sind den Menschen weit überlegen! Und deshalb ist es auch so wichtig, dass wir Katzen uns unseren Dosenöffner aussuchen und nicht umgekehrt.

Damit kommen wir auch wieder zu meinem Anliegen zurück: Es ist nicht wichtig, dass die Menschen erfahren, was oder wer ich bin. Es ist allein wichtig, dass ich weiß, wer der Zweibeiner ist, der da hinter meinem Gitterzaun steht, verstehen Sie?
Nehmen wir mal das blonde Weibchen da vorne. Schon auf den ersten Blick merke ich, dass wir absolut nicht zusammenpassen. Sie ist nervös, schaut erst mich skeptisch an, dann das Schild an meiner Tür und geht dann schnell weiter. Entweder hat sie meinen Blick, den ich ihr zugeworfen habe, richtig interpretiert – was aber voraussetzen würde, dass sie halbwegs intelligent und somit über dem Durchschnitts-Zweibeiner anzusiedeln ist, was sie eigentlich zu einem potenziellen Frauchen für mich machen würde – oder aber es liegt an dem zweiten Zusatz auf meinem Schild, den ich dem kleinen Knirps von letzter Woche zu verdanken habe: „Nicht für kleine Kinder geeignet“. Der Miniatur-Zweibeiner an ihrer Hand scheint einen Beweis für diesen Satz zu brauchen. Er klammert sich mit seiner freien Hand so unbesonnen an meinem Gitter fest, dass ich schon auf dem Sprung bin, ihm mit meinen Krallen „Hallo“ zu sagen, als die Blonde mir zuvorkommt und den Bengel aus meinem Blickfeld zieht. Glück für ihn – und für mich! Mit Knirpsen habe ich schon viele schlechte Erfahrungen gemacht und verzichte gerne auf eine Wiederholung.

Sie denken jetzt sicherlich, dass es meine Schuld ist, dass ich immer noch hier im Tierheim sitze, oder? Da muss ich Sie leider enttäuschen: Ich bin nicht freiwillig hier – auch, wenn es mir mittlerweile ganz gut gefällt. Ich bin eigentlich mehr zufällig hier gelandet und hatte ganz andere Pläne. Mein Bruder Henry und ich waren zusammen auf Reisen, als plötzlich so ein Auto – das ist ein Transportmittel der Menschen - gekommen ist und Henry überrollt hat. Einfach so. Ich hatte kaum Zeit, um alles genau zu sehen. Dieses Auto kam, fuhr vorbei und dann war Henry mausetot. Keinen Laut hat der arme Kerl mehr von sich gegeben.
Das war ein schlimmer Moment für mich, zumal unsere Mami kurz vorher dasselbe Schicksal ereilt hatte. Sie hat uns beschützen wollen und quasi ihr Leben für uns gegeben. Verstanden haben Henry und ich das damals noch nicht; für uns hatte es so ausgesehen, als hätte sie uns im Stich gelassen, die eigenen Kinder alleine gelassen. Wir haben sie anfangs dafür gehasst und waren sehr traurig, hatten uns aber gerade an unser Schicksal gewöhnt, als die Sache mit Henry passierte und sich alles wiederholte: Henry starb und verließ mich, ließ mich, seine Zwillingsschwester, einfach im Stich…
Ich glaube, ich habe dieses Trauma nie ganz überwunden. Stundenlang habe ich neben Henrys totem Körper gehockt und versucht, ihn dazu zu bringen, wieder zu mir zu kommen.
Ich wollte nicht alleine sein. Später, als ich dann hierher gebracht worden bin, habe ich verstanden, dass das Alleinsein gar nicht so schlimm ist – ich bin eigentlich gerne alleine und habe meine Ruhe. Was schlimmer ist, ist das Verlassenwerden; das Gefühl, dass man jemandem nichts mehr bedeutet und einfach verlassen wird, ist schmerzhafter als jede Impfung, das können Sie mir glauben. Das wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht!

Vielleicht verstehen Sie nun, warum es mir so wichtig ist, dass ich einen zuverlässigen Dosenöffner für mich finde. Noch einmal möchte ich nicht verlassen werden. Niemals. Dann sterbe ich lieber.
Verstehen Sie? Wahrscheinlich nicht. Aber das ist normal und macht auch nichts. Ich kann jetzt sowieso nicht mehr länger mit Ihnen quatschen und habe schon viel zu viel Zeit mit ihnen verplempert, aber jetzt ist Schluss damit!
Ich muss noch ein bisschen Fellpflege betreiben und dabei überlegen, wie ich nun weiter vorgehe. Da vorne steht nämlich mein zukünftiger Dosenöffner: Ein braunhaariger Zweibeiner, jung, gut aussehend, ohne Zwergenanhang, sympathisch, nett – kurz: genau das, was ich suche… Ich meine auf seiner Stirn „männlich, ledig, jung sucht liebe, nette Katze…“ lesen zu können. Wenn das mal kein gutes Vorzeichen ist. Wir müssen Seelenverwandte sein…
Jetzt muss ich ihn erst noch davon überzeugen, dass ich diejenige bin, die er braucht. Denn obwohl es wirklich so ist, dass wir Katzen uns die Menschen aussuchen, lassen wir es die Menschen nicht merken. Wir sind so geschickt, dass wir es so aussehen lassen, als würden die Zweibeiner uns aussuchen – das ist besser für ihr Ego, verstehen Sie?
Aber ich wäre ja keine richtige Katze, wenn ich es nicht irgendwie schaffen würde, ihn mit meinem Charme zu umgarnen, oder?

Ende
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
mir

sind drei sachen aufgefallen: er lief schreibend davon, das meinst du doch nicht wirklich, oder?
zu einem potenzielles - das geht auch nicht. sollte auf n enden. außerdem bin ich nicht sicher, ob potentiell jetzt mit z geschieben wird.
unserer Mami das gleiche Schicksal ereilte - unsere Mami, bitte.
lg
 
hallo nicole,

da ich mir denke, daß dich diverse rechtschreibekorrekturen alleine eventuell nicht sonderlich weiterbringen könnten, geb ich jetzt auch mal ganz dreist meinen senf zu deiner geschichte...

finde sie an sich ziemlich gut & würde aus diesem grund gar nicht mal sonderlich viel verändern.

ich als alter pirrinci-fan würde lediglich diese dosenöffner-sache mit francis kurz in verbindung bringen, damit man nicht behaupten kann, du hättest abgekupfert, aber dieser vorschlag ist wohl auch eher haarspalterei als hilfreiche kritik.

das einzige, was mir persönlich nicht so gefallen hat, ist der plötzliche stimmungsbruch, wenn es um das ableben der beiden anderen katzen geht... ich würde es nicht ganz so ausführlich & theatralisch beschreiben, weil es sich sonst meiner meinung nach zu sehr mit der note des rest-textes beißt...

ansonsten finde ich die geschichte äußerst gelungen!

gruß,
-dennis-
 

Nicole Nohr

Mitglied
Danke Euch Beiden!

Hallo flammarion, hallo Dennis!

Erstmal bedanke ich mich recht herzlich für Eure Meinung.
Die von Dir genannten Rechtschreibfehler hatte ich zwischenzeitlich auch schon gefunden (aber vergessen, den Beitrag hier zu editieren.) Wird aber nachgeholt ;-)

Ursprünglich veröffentlicht von dennis petsch

ich als alter pirrinci-fan würde lediglich diese dosenöffner-sache mit francis kurz in verbindung bringen, damit man nicht behaupten kann, du hättest abgekupfert, aber dieser vorschlag ist wohl auch eher haarspalterei als hilfreiche kritik.
Hm, das hat mich jetzt doch ins Grübeln gebracht. Wer ist Pirrinci? Wer ist Francis? Ich kenne leider beides nicht. Die Bezeichnung "Dosenöffner" habe ich auch Diversen Katzenforum und -büchern. Wusste nicht, dass es so etwas schon gibt... Es war also keine Absicht, dass ich da etwas abgekupfert habe :-(

das einzige, was mir persönlich nicht so gefallen hat, ist der plötzliche stimmungsbruch, wenn es um das ableben der beiden anderen katzen geht... ich würde es nicht ganz so ausführlich & theatralisch beschreiben, weil es sich sonst meiner meinung nach zu sehr mit der note des rest-textes beißt...
Irgendwie musste ich jetzt Schmunzeln. Als ich die Geschichte am Mittwoch vorgelesen habe, hat sich unser Kurs in zwei Lager geteilt. Die eine Gruppe fand diesen Abschnitt super und die anderen waren in etwa Deiner Meinung. Da ich nun ziemlich hin und her gerissen bin, habe ich erstmal für mich beschlossen, den Teil so zu lassen. Irgendwie ist mir nämlich die Aussage auch wichtig (Alleinsein ok, verlassen werden schlimm).
Aber Du hast schon Recht, dass die Stimmung auf einmal sehr umschlägt. Aber wie könnte ich es verändern? Wenn ich den Abschnitt kürze, geht dann nicht die Aussage verloren??

ansonsten finde ich die geschichte äußerst gelungen!
Das freut mich!! Ich schreibe ja noch nicht so lange und solche Sätze geben einem denn doch wieder ein bisschen Aufschwung und motivieren. Zumal ich doch sehr unsicher war...
Vielen Dank!!

Liebe Grüße
Nicole
 
Re: Danke Euch Beiden!

hi nicole,

akif pirrinci ist dieser begnadete schriftsteller, der mit seinem katzenkrimi "felidae" (in dem der klugscheißende kater francis einen mordfall aufklärt) vor jahren einen absoluten bestseller hingelegt hat.
francis beschreibt die menschen selbst ständig als dosenöffner, weswegen ich in deinem text gerne die verbindung gesehen hätte... aber wie schon gesagt: das ist eher haarspalterei!

generell solltest du immer nach deinem eigenen gefühl gehen und kritik hier nur an dich ran lassen, wenn dein gefühl dir sagt, daß diese unter umständen auch gerechtfertigt sein könnte...
deswegen finde ich es auch klasse, daß du sagst: nö, die passage bleibt so!

könnte dir nun auch spontan gar nicht mal genau sagen, inwiefern ich sie geändert hätte... düster darf sie ja auch bleiben, aber wenn man es etwas bissiger, sarkastischer darstellen würde, würde sich die passage wohl etwas besser ins gesamte einfügen...

solltest aber unbedingt weiterschreiben!
lg,
-dennis-
 



 
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