Weiteres war nicht vorgesehen

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Walther

Mitglied
Weiteres war nicht vorgesehen


Schön dass wir darüber redeten
Wir hätten einfach schweigen können
Die Uhr versuchte würdevoller
Zu sein bei ihrem Stundenschlagen

Du gehst hast du gesagt die Tür
War im Aufhalten noch nicht geübt
Ich beließ es dabei und dein Po
Wedelte so attraktiv wie immer

Kokettes Haarschütteln ist gut
Für die Rückenmuskulatur sagt
Dein Pilatestrainer sagst du mich
Schaudert die Aussicht auf Deine Rückansicht

Man altert beim Leben bedauernd wenn
Das Lächeln festfriert auf Botoxlippen
Und die Nase sich verjüngt genauso wie
Die letzte Gesichtshautspannung die

Wangen bis hinter die Ohren zieht die
Zum Schmucktragen und Hörensagen
Beste Dienste tun es war wirklich schön
Es beim Abwenden bewenden zu lassen

Weiteres war ja auch nicht vorgesehen
 
Lieber Walther,
nicht schlecht dein One-Night-Stand-Gedicht. Oder waren es ein paar Nächte mehr? Nur einige Kleinigkeiten stören mich.
In der zweiten Zeile würde ich das das "Wir" streichen.
Die Tür kann nicht im Aufhalten geübt sein, wenn dann im Aufgehaltenwerden. Das klänge aber nicht so gut.
Wie wäre es mit "...die Tür/war das Aufhalten noch nicht gewohnt/ ... ?
Der Umbruch in der 3. Strophe ist ein wenig unglücklich:
Dein Pilatestrainer sagst du mich/Schaudert...
wie wäre ... sagt du mir/ist deine Rückansicht zuwider (das zweimalige Aus s i c h t und Rückan s i c h t ist ja ohnehin nicht so glücklich)
Herzliche Grüße
Karl
 

Walther

Mitglied
Lieber Karl,

danke für Deinen Eintrag.

In der Tat kann eine Tür im Aufhalten geübt sein, weil der Witz der Sache in der doppelten Bedeutung des Worts "Aufhalten" liegt. Zum Einen kann man eine Tür nämlich aufhalten, dann ist sie offen, und zum andern kann eine Tür aufhalten, und dann ist sie zu.

Ebenso beabsichtigt ist das doppelte "-sicht". Auch hier findet ein Spiel mit den Wortebenen statt. Mein Vers libre Texte sind etwas für Leser für die Liebe am Spiel mit Wörtern, Wortstämmen und -bedeutungen. Meine Anregung: Einfach einmal das Wort Aussicht in seinen Implikationen betrachten und dann das Wort Ansicht. Das verknüpft mit dem zusammengefügten Hauptwort Rückansicht. Ich glaube, dann wird klar, warum aber auch jedes Wort genau so dastehen muß, wie es dasteht.

Mir ist sehr wohl bewußt, daß diese Art von Text und Wortakrobatik nicht jedermanns Sache ist. Dieses Risiko gehe ich bewußt ein und nehme die daraus erwachsenden kritischen Kommentare als aus Lesersicht berechtigt mit der nötigen Bescheidenheit ;) zur Kenntnis.

LG W.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Mir gefällts - bis auf den einen Umbruch, den auch ich anmäkele - würde einfach durch Streichung korrigieren:

Kokettes Haarschütteln ist gut
Für die Rückenmuskulatur sagt
Dein Pilatestrainer [strike]sagst du[/strike] mich schaudert
die Aussicht auf Deine Rückansicht
??

Was meinste?

LG, Rhea
 
Lieber Walther,
o.k. dass eine (verschlossene oder noch zu öffnende Tür) aufhalten kann, habe ich nicht bedacht. Ob eine Tür aber geübt sein kann...? Üben setzt doch einen gewissen eigenen Willen voraus...?
Beim lauten Lesen stolpere ich in jedem Fall weiterhin über die zweimalige -sicht.
Besondere Wortspiele (mit Wortwitz) - das mag durchaus an meinem Unvermögen iegen - kann ich in deinem Gedicht nicht entdecken.
Herzliche Grüße
Karl
 

Walther

Mitglied
Weiteres war nicht vorgesehen


Schön dass wir darüber redeten
Wir hätten einfach schweigen können
Die Uhr versuchte würdevoller
Zu sein bei ihrem Stundenschlagen

Du gehst hast du gesagt die Tür
War im Aufhalten noch nicht geübt
Ich beließ es dabei und dein Po
Wedelte so attraktiv wie immer

Kokettes Haarschütteln ist gut
Für die Rückenmuskulatur sagt
Dein Pilatestrainer mich schaudert
Die Aussicht auf Deine Rückansicht

Man altert beim Leben bedauernd wenn
Das Lächeln festfriert auf Botoxlippen
Und die Nase sich verjüngt genauso wie
Die letzte Gesichtshautspannung die

Wangen bis hinter die Ohren zieht die
Zum Schmucktragen und Hörensagen
Beste Dienste tun es war wirklich schön
Es beim Abwenden bewenden zu lassen

Weiteres war ja auch nicht vorgesehen
 

Walther

Mitglied
Lb. Karl,

schade, daß Du keine Wortspiele erkannt hast. Dann habe ich nicht Deinen Humor und Deine Ironie getroffen.

Natürlich kann eine Tür nicht "üben", aber figurativ können Türen das dann, wenn man hier das LyrIch und sein Verhalten den Türen gegenüber als Metapher akzeptiert. Dass Gegenständliches vermenschlicht wird, ist ein durchaus bekanntes und probates sprachliches Stilmittel. Daß Dich diese Art von Wortspiel nicht erreicht, ist zwar schade, aber eben nicht zu ändern.

An der doppelten "-sicht" sollte sich der geneigte Leser ebenso aufhalten wie an der übenden Tür. So gesehen haben meine Kunstgriffe funktioniert - nur nicht mit dem erhofften Ergebnis. ;)

Danke und Gruß W.

Lb. Rhea_Gift,

Deinen Vorschlag habe ich umgesetzt. Diese Wendung kann in der Tat gestrichen werden, ohne daß dem Text viel verkloren geht.

Danke für Deinen Vorschlag.

LG W.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Grad das ungeübt sein der Tür im Aufhalten ist für mich eine der interessantesten Zeilen - so gehen die Meinungen immer auseinander... :D
 

Walther

Mitglied
Lb Rhea_Gift,

im Vers libre Feld schreibe ich keine Lyrik für alle. Das weiß ich und respektiere das Ergebnis. Der Leser hat im Übrigen so gut wie immer "recht". Wenn Kommunikation nicht richtig verstanden wird, ist wesentlich ein Problem des Senders (aber nicht nur).

LG W.
 

Rhea_Gift

Mitglied
kann aber auch am Leser liegen, det weiß ich aus eigenen Mißverständnissen als Leser - bzw. an beiden - der Sender war nicht deutlich genug für ALLE Leser - jeder assoziiert/deutet verschieden - große Schnittmengen, klar - aber a bisserl Verschnitt is des öfteren gegeben... so is des halt, Kommunikation von beiden Seiten gerade in der Lyik erschwert... :)
manchmal aber auch - viel leichter - je nachdem...
 

Walther

Mitglied
Hallo Herbert,

danke für Deine lobenden Worte. Man kann für solcher Art verrücktem Wortwitz nicht jedermanns Beifall erhoffen; es macht jedoch dankbar und Freude, daß der eine oder andere eben doch mit diesem Lyrikkonzept etwas anfangen kann!

LG W.
 



 
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