Wenn...

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La Luna

Mitglied
Wenn...

Wenn Glocken fern von Mitternacht
die Dämmerung verkünden
und sich Götter unbedacht
mit dem Hass verbünden,
dann lausche meiner Weise.

Wenn die Himmel voller Geigen,
ein Engel deiner Welt entflieht,
weil Geister sprechen, Herzen schweigen
und deines mit dem Winde zieht,
dann komm zu mir ganz leise.

Wenn Müdigkeit die Häupter neigt
vom Sturme, den ein Blinder säte
und kein Ende Hoffnung zeigt,
weil er nie das Licht erspähte,
dann halt' ich deine Hand.

Werde sanft im Arm dich wiegen,
wenn der Tag die Welt verneint.
Warm und sicher wirst du liegen,
wenn der letzte Mensch verkaint,
bei mir im Anderland.


_________________
© Julia Nietzsche
 
K

Klopfstock

Gast
Hallo, La Luna,
sicher fange ich mir jetzt Schelte ein - ich betrete hier ja quasi eine "heilige, wenn auch noch leere Halle" ;) -
heilig wegen der Bewertungen. Nein, nein, diese sind voll o.k - was ich sagen will ist, daß ich immer über die Zeile
"und deines mit den Winden zieht" stolpere.
Für mich hat diese Stelle eine unfreiwillige Komik -
"und deines mit dem Winde zieht" fände ich besser.
"Die Winde" können eine doppelte und auch nicht gerade
ernsthafte Bedeutung haben;)....
Verzeih, daß ich so in dieses an sich sehr schöne
Gedicht hereinplatze - aber immer wenn ich es lese,
muß ich an dieser Stelle grinsen.

Liebe Grüße
von Klopfstock :)
 

La Luna

Mitglied
Ach Klopfstöckchen, du hast vielleicht Phantasien...
Ich bin ja fast geneigt zu fragen, was du zu Mittag hattest, aber lassen wir das besser...*ggg*.
Dein Vorschlag ist mir genauso lieb wie das Original, darum habe ich es geändert. Allein für dich, meine Liebe. Musst mir nur noch mal bei Gelegenheit erklären, ob das Singular wirklich einen wesentlichen Unterschied darstellt. Ich mein jetzt auf deine Phantasie bezogen. ;)


Herzliche Grüße
Julia - die sich weggeschmissen hat
 
K

Klopfstock

Gast
Jetzt, da mich die Winde nicht mehr plagen - jetzt gebe ich Dir auch gerne meine 10 ;)

Es grüßt Dich, liebe Julia
das Klopfstöckchen ;)
 

B.Wahr

Mitglied
Pure Arbeit nach dem Lesevergnügen

Hallo Julia,
bei meiner Textarbeit kam ich drauf: Singulare sind fast immer erträglicher als Plurale....

Dein "Wenn..." ist ein schönes und interessantes Gedicht, zu dem es eigentlich kein "Aber" gibt.

Trotzdem empfinde ich die 3. und 4. Zeile irgendwo als Schwachstelle. Ein undurchgearbeiteter Änderungsvorschlag:

Wenn Glocken fern von Mitternacht
die Dämmerung verkünden
und sich die Götter unbedacht
mit allem Hass verbünden,
dann lausche meiner Weise.

Liebes Textarbeiten wünscht
B.Wahr

__________________________
Schaffe, schaffe - Textle mache...
__________________________
 

La Luna

Mitglied
Lieber B.Wahr,

zunächst einmal lass mich dir für deine konstruktive Kritik danken.
Mit sicherem Gespür hast du dir das herausgepickt, was auch ich als Schwachstelle bezeichnen würde.
Anstelle des Hasses hatte ich in der ersten Fassung "Fürsten" stehen, die natürlich Höllenfürsten darstellen sollten. Das allerdings war nicht klar genug erkennbar, und so wurde der "Hass" daraus.
Das Wort an sich ist mir selbst zu hart. Es ist ein Kompromiss, und nicht der beste, dessen bin ich mir gewiss.
Nur... mir fiel beim besten Willen nichts Besseres ein.
Dein Vorschlag hingegen, es in "allem Hass" zu ändern, ist allerdings auch nicht das Nonplusultra, denn den Hass gibt es nur einmal, genauso wie den Tod. Weißt du was ich meine?
Um den Hass mit den Göttern zu vereinen, kann ich ihn nicht als Menge (allem) kennzeichnen, sondern muss ihn personifizieren. Naja, und dadurch kann er eben nur als Einzelperson auftreten.
Die Zeile darüber ist kein Problem; sobald die 4. geklärt ist, wird sie angepasst.
Ich überlege mir derweil einen Ersatzbegriff.
Falls dir was dazu einfällt, sag es ruhig. Ich bin wirklich für jeden Vorschlag dankbar.


Herzliche Grüße
Julia
 

Trasla

Mitglied
Erstaunlich! :)

Beim Lesen hat sich in mir exakt der gleiche Vorschlag manifestiert, den auch B.Wahr angebracht hat - interessant. Deine Ausführung zum Hass kann ich allerdings nachvollziehen, daher vielleicht:

[blue]und sich die Götter unbedacht
mit Wut und Hass verbünden[/blue]

Oder alternativ ein anderer Mitstreiter für den Hass, zum Beispiel Tod?

Im zweiten Teil stocke ich auch ein wenig, flüssiger scheint mir (zumindest in meinem Kopf) etwa diese Variante (mit je einer Silbe weniger im Mittelteil):

[blue]Wenn die Himmel voller Geigen,
und ein jeder Engel flieht,
Geister sprechen, Herzen schweigen
deines mit dem Winde zieht,
dann komm zu mir ganz leise. [/blue]


In Teil drei finde ich die zweite Zeile zu unelegant (und die dritte eine Silbe zu kurz). "Säte" ist als Wort irgendwie viel sperriger als das ansonsten geschmeidige Werk. Mein Vorschlag:

[blue]Wenn Müdigkeit die Häupter neigt
vom Sturme eines Blinden
und noch kein Ende Hoffnung zeigt,
solang kein Licht wir finden,
dann halt' ich deine Hand. [/blue]

Den letzten Absatz finde ich wunderschön, insbesondere "Wenn der tag die Welt verneint." ist hervorragend!
 



 
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